Protocol of the Session on February 26, 2014

Doch, Sie haben das hier sehr deutlich gesagt!

Sie haben dann auch gefordert, dies solle nun zur Chefsache gemacht werden. Dazu muss ich Ihnen sagen, das würde ja suggerieren, wir könnten hier weltweite Marktprobleme mit Mitteln Bremens lösen. Es ist auch für uns nicht angenehm, wenn ein Konzern oder ein Unternehmen ankündigt, 150 Arbeitsplätze hier abzubauen. Deswegen sprechen wir mit der Geschäftsleitung darüber, und wir sprechen auch mit den Betriebsräten und den Arbeitnehmervertretungen. Ich habe heute Abend ein Gespräch mit den Beschäftigten von Max Bahr, die in wenigen Tagen entlassen werden. Natürlich versuchen wir, sie

beim Finden eines neuen Arbeitsplatzes zu unterstützen, wie wir auch zuvor versucht haben, Wege zu finden, damit es nicht zu Entlassungen kommt. Genauso sprechen wir auch mit Beck’s. Ich will Ihnen dazu sagen: Wir haben einen weltweiten Standortwettbewerb, bei dem auch wir als Senat gefordert sind; das ist völlig klar. Wir sind von Beck‘s häufiger kritisiert worden, weil einige Kosten hier zu hoch sind. Die Frischwasserproblematik haben wir gehabt und vieles andere. Wir versuchen, die Infrastruktur so herzurichten, dass Unternehmen, weltweit tätige Konzerne, Bremen als einen guten Standort ansehen. Das sagt Beck‘s auch von Bremen. Dabei werden wir bleiben. Das ist unsere Aufgabe. Wir sprechen mit den Betriebsräten, und wir wollen versuchen, dass es konstruktive, lösungsorientierte Dialoge zwischen der Geschäftsleitung, den Betriebsräten und den Gewerkschaften gibt.

Dies ist ein Markenzeichen des Standortes Bremen, und dabei soll es bleiben.

Der Senat ist also jederzeit bereit, mit den Betriebsräten und mit den Gewerkschaften zu sprechen. Wir nehmen uns dieser Themen an. Wir sind aber nicht allmächtig.

Was Sie von Bremens früherem Bürgermeister Henning Scherf gesagt haben, ist einfach schlichtweg falsch. Er hat keine Garantie gegeben, dass dieser Standort in vollem Umfang – das haben Sie gesagt – erhalten bleiben würde. Das hat auch der frühere Bürgermeister nicht gesagt, weil wir das überhaupt nicht sagen könnten. So ist die Welt nicht.

Bremen ist ein attraktiver Standort. Deswegen haben wir Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen. Aber wir können nicht jeden Arbeitsplatzabbau verhindern. Wir stehen auf der Seite der Beschäftigten – das sage ich Ihnen ganz deutlich –, und wir wollen im Rahmen unserer Möglichkeiten versuchen, den Betriebsrat und die Gewerkschaft mit zu unterstützen, aber auch im Dialog mit den Unternehmensleitungen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe nun auf das zweite Thema in der Aktuellen Stunde auf Antrag des Abgeordneten Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU:

„Rot-grüner Urnenkult – ein Fall für den politischen Friedhof“

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp, Fraktion der CDU. – Bitte, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit nunmehr gut einem Jahr diskutieren wir in Bremen

über die Reform des Bestattungsrechts. Anlass dafür ist ein Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die eine Vielzahl von Veränderungen im bremischen Bestattungsrecht vorschlagen, wobei der Senat darum gebeten wird, dem Parlament einen Vorschlag zu unterbreiten, das Gesetz entsprechend zu ändern.

In vielen der Punkte, glaube ich, ist der Antrag unstrittig. Es ist unstrittig, dass wir in der Bestattungskultur den geänderten Anforderungen der Menschen an den Umgang mit Trauer und Erinnerung an verstorbene Menschen gerecht werden. Auch in Bremen gehört für die CDU-Fraktion selbstverständlich dazu, dass wir andere Orte der öffentlichen Trauer finden müssen und dass wir dem wachsenden Bedürfnis von besonderen Bestattungsformen und mehr Freiheit von Bestattungsarten Rechnung tragen. Ich glaube, alle diese Punkte sind innerhalb dieses Hauses unstrittig.

Entzündet hat sich eine politische Debatte im Wesentlichen an zwei Punkten, nämlich an dem Ansinnen der rot-grünen Regierungsfraktionen, die Bestattungspflicht von Urnen aufzuheben oder zumindest zu lockern und auf nicht öffentlichen Friedhöfen das Verstreuen der Asche von Verstorbenen zuzulassen. Diese Debatte hat vor gut einer Woche eine neue Dynamik erfahren, weil das vom Senat in Auftrag gegebene Gutachten von Professor Schefold zu dem Ergebnis kommt, dass die von den rot-grünen Koalitionsfraktionen vorgesehene zweijährige Befristung für die künftige Verwahrung von Urnen zu Hause mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei.

Wir als CDU-Fraktion haben schon frühzeitig gesagt, dass wir die beiden Vorschläge, die Gegenstand der politischen Debatte sind, ablehnen. Auch der Bürgermeister hat anlässlich des Willehad-Empfangs in Bremen im Rathaus deutlich zu verstehen gegeben, dass er insbesondere von der privaten Aufbewahrung der sterblichen Überreste nichts hält.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass das Gutachten dazu geeignet ist, die Debatte über diese beiden Punkte endlich zu beenden, um zu dem zu kommen, was uns im Parlament eint, nämlich die notwendige und auch gewünschte Reform des Bestattungswesen vorzunehmen und die ideologisierte und aus unserer Sicht unsinnige Debatte über die Frage, wer welche Urne wo aufbewahren darf und wessen Überreste wo verstreut werden dürfen, endlich zu beenden. Diese Debatte ist unwürdig, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Sie ist insbesondere aus zwei Gründen unwürdig.

Der eine Grund ist rechtlicher Natur. Darauf hat der Bürgermeister im Rathaus seinerzeit hingewiesen, und mit dieser Frage beschäftigt sich ja auch das

Gutachten von Professor Schefold. Unsere Verfassung, das Grundgesetz, beginnt in Artikel 1 Abs. 1 mit der Feststellung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieses Grundgesetz, dem Bremen zu Recht seine Zustimmung gegeben hat, bringt damit zum Ausdruck, dass nicht nur während der Dauer des Lebens, sondern auch nach dem Tod die Würde der Verstorbenen unantastbar ist. Nicht zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht dazu in der berühmten MephistoEntscheidung sehr weitreichende Feststellungen getroffen und festgestellt, dass die Würde eines Menschen eben nicht auf die Dauer seines Lebens beschränkt ist, sondern über den Tod hinausführt. Deswegen heißt Satz 2 des Artikel 1 Abs. 1 unseres Grundgesetzes auch: „Sie zu achten“ – also die Würde des Menschen – „und zu schützen ist Verpflichtung und Aufgabe aller staatlichen Gewalt.“

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das ist so!)

Das heißt, die Frage, wie wir mit der Würde des Menschen umgehen, wie wir mit der Würde der Toten umgehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht in die Dispositionsbefugnis von privaten Abkömmlingen und Erben gestellt.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen, Herr Tschöpe, verwahre ich mich – –.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Ich auch!)

Ja, ich kenne Herrn Schefold noch von der Uni. Vielleicht hat er auf Sie einen prägenderen Einfluss gehabt als auf mich. Das will ich ja gar nicht ausschließen! Aber ehrlicherweise kommt auch er zu dieser Feststellung und lehnt deswegen die Befristung ab, weil er das für einen unzulässigen Eingriff hält. Er hält das andere für zulässig, es ohne Befristung zu machen.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Genau!)

Darüber können wir rechtlich sicherlich trefflich streiten. Aber wichtig ist, er kommt zum Ergebnis, dass das, was Sie vorschlagen, auf keinen Fall geht.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das ist richtig!)

Deswegen reden wir nur noch über zwei Alternativen, nämlich die völlige Privatisierung von Urnen auf der einen Seite und die öffentliche Bestattungskultur auf der anderen Seite, meine Damen und Herren. Dazu ist die Auffassung der CDU-Fraktion völlig klar: Wir wollen nicht, dass das Sterben in dem Umfang privatisiert wird, wie Sozialdemokraten und Grüne das für Bremen vorschlagen.

(Beifall bei der CDU)

Ich will das auch ausdrücklich noch anhand von Dingen, die mich in der politischen Debatte stören, festmachen. Sowohl in Ihrem Antrag als auch heute in der „taz“ wird der Eindruck vermittelt, dass die Bestattungspflicht Ausfluss von nationalsozialistischer Rechtsgebung gewesen ist.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das ist auch so!)

Nein, Frau Dr. Schaefer, es ist eben nicht so! Es mag sein, dass es zuletzt nationalstaatlich 1934 geregelt worden ist. Aber es ist Ausdruck des Preußischen Landrechts, das schon seit 1802 gegolten hat, und insbesondere ist es Ausdruck einer Bestattungskultur von christlicher und jüdischer Überzeugung. Es ist kein nationalsozialistisches Unrecht, meine Damen und Herren, es ist Kulturgut in Deutschland, wie wir mit unseren Menschen umgehen!

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ärgert es mich maßlos, dass Sie versuchen, die Bestattungspflicht und das Beharren auf der Bestattungspflicht, das unsere christlichen Kirchen auch in vielen Resolutionen zum Ausdruck gebracht haben, in eine Reihe mit nationalsozialistischem Unrecht zu stellen. Das wird der Debatte nicht gerecht, Frau Dr. Schaefer, um das so deutlich zu sagen!

(Beifall bei der CDU)

Ich will die Urnen auf dem Kaminsims gar nicht bemühen. Aber die Frage ist ja nicht nur, ob auf Friedhöfen bestattet wird, sondern auch, was damit erreicht wird, meine Damen und Herren. Mit der Bestattungspflicht auf Friedhöfen wird erreicht, dass die Würde der Verstorbenen über einen langen Zeitraum auch einen Ort der Erinnerung für alle gewährleistet. Es geht nicht darum, Einzelinteressen zu befriedigen. Es geht nicht darum, den Menschen zu ermöglichen, um ihre Hinterbliebenen, Freunde, Bekannte, Lebenspartner zu trauern. Trauer und Schmerz sind Dinge, die sich nicht gesetzlich regeln lassen. Die lassen sich übrigens auch nicht gesetzlich fixieren. Wie jemand mit dem Tod einer ihm nahe stehenden Person umgeht, ist seine ganz persönliche, private Angelegenheit, genau wie die Trauer seine private und persönliche Angelegenheit ist.

Aber, meine Damen und Herren, das ist doch mit der Frage, wie wir mit der Würde der Verstorbenen umgehen, überhaupt nicht zu vergleichen. Wir ermöglichen den Menschen doch auch in Zukunft, um die ihnen lieb gewesenen Menschen zu trauern. Wir wollen eben nur, dass mit dem Verstorbenen und seiner Würde angemessen umgegangen wird. Wir wollen nicht, dass eine Privatperson darüber entscheidet, was mit der Asche von Verstorbenen passiert, ob sie im Garten vergraben wird, ob sie auf einer Hundeaus

laufwiese verstreut wird oder was sonst Unwürdiges mit der Asche von Verstorbenen stattfinden kann. Das ist unsere Überzeugung als CDU. Das ist keine Privatangelegenheit von Einzelnen, sondern das ist Ausdruck der Kultur und des Umgangs mit der Würde von Menschen auch nach ihrem Tod. Deswegen halten wir Ihren Vorschlag für abwegig.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus gibt es eine ganze Menge von praktischen Fragen. Wer sich ein bisschen mit dem Tod und dem, was Erben manchmal nach dem Tod Verstorbener miteinander treiben, auskennt, der weiß, dass gerade diese Dinge mit vielen Konflikten belastet sind. Natürlich geht es nach dem Sterben von Menschen auch ganz häufig um Erben, Nachlass, Geld und all diese Dinge. Aber häufig geht es auch um die Frage, wer eigentlich die Erinnerung an den Toten bekommt. Da wollen Sie, dass der Verstorbene in Zukunft selber noch zu Lebzeiten verfügt, wer nach dem Tod die Dispositionsbefugnis über seine Urne erhält. Meine Damen und Herren, damit schließen Sie viele Menschen von der Möglichkeit, persönlich zu gedenken und Abschied zu nehmen, definitiv aus. Das ist nicht vereinbar mit unserer Bestattungskultur, die wir seit Jahrhunderten in Deutschland auf christlicher und jüdischer Grundlage miteinander pflegen! Das ist schlicht eine Privatisierung von Tod, wie wir als CDU-Fraktion sie auf keinen Fall wollen!

(Beifall bei der CDU)

Natürlich sollen wir auch darüber reden, dass es vielleicht andere Flächen in Bremen geben kann als nur die öffentlichen oder kirchlichen Friedhöfe. Natürlich muss es andere Orte geben. Es gibt beispielsweise die Idee, die in Deutschland zum Teil schon praktiziert wird, in ehemaligen Kirchengebäuden Bestattungsmöglichkeiten zu schaffen. Es muss ja nicht immer der Friedhof sein.

Meine Damen und Herren, aber eines muss aus unserer Sicht gewährleistet sein: Die vom Grundgesetz garantierte Würde des Menschen darf nach seinem Tod nicht Privatangelegenheit seiner Erben werden. Die Würde des Menschen muss über den Tod hinaus gelten. Deswegen ist die Frage, wie wir mit Verstorbenen umgehen, nicht nur eine Frage der Befriedigung von Individual-, von Einzelinteressen, sondern sie ist Ausdruck unseres Gemeinwesens über den Umgang mit der Würde des Menschen. Deswegen ist unser Appell, meine Damen und Herren: Beenden Sie diese unwürdige Diskussion endlich! Konzentrieren Sie sich auf die notwendige Liberalisierung des Bestattungsrechts auch in Bremen! Geben Sie den Menschen mehr Möglichkeiten, in anderer Form Verstorbener zu gedenken und von Verstorbenen Abschied zu nehmen! Aber hören Sie auf mit dem Privatisierungswahn von Urnen und der Privatisie

rung von Leid und Erinnerung! Das ist Ausdruck unserer Kultur und deswegen nicht nur rechtlich, sondern ehrlicherweise auch gesellschaftlich völlig inakzeptabel! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren heute, ob wir in Bremen den Friedhofszwang für Urnen abschaffen. Herr Röwekamp, uns geht es ganz sicher nicht um die Privatisierung von Urnen,