Wir leisten mit diesem Antrag einen weiteren Beitrag zur dringend notwendigen Agrar- und Ernährungswende. Diese Agrar- und Ernährungswende ist so gewichtig und bedeutsam wie die Energie- oder die Mobilitätswende. Ich erwarte auch den gleichen Einsatz für sie von uns als Politikerinnen und Politiker, als Personen, die sich öffentlich positionieren, schlicht von uns auch als Verbraucher, die täglich einkaufen.
Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher formulieren nicht nur an der Ladenkasse beim Einkauf, sondern auch auf der Straße, wie zuletzt eindrucksvoll in Berlin bei der großen Demonstration gegen Agrarindustrie während der Grünen Woche geschehen, deutlich den Wunsch nach einer anständigen Ernährung, nach einer Ernährungswirtschaft ohne Gammelfleisch, ohne Tierqual, ohne systematische Antibiotikagabe, ohne Dioxin im Futtermittel, ohne Hormonfleisch und ohne gechlorte Hühnchen aus Amerika.
Diese Forderungen sollten sich auch in der Politik eines Stadtstaates, in unserer täglichen Arbeit widerspiegeln. Lassen Sie uns also gemeinsam Schritte tun: weg von der Massentierhaltung und hin zu einer anständigen Agrarwirtschaft, hin zu Essen ohne Schande und ohne Gewalt! – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie haben ja einen Antrag vorgelegt, und der hat die Überschrift „Einflussmöglichkeiten auf Intensivtierhaltung nutzen und vorantreiben“. Als ich den Antrag und die Einleitung durchgelesen habe, habe ich mich gefragt: Warum debattieren wir eigentlich in den ganzen Jahren, die ich jetzt hier bin, oder vor allem in den Jahren, in denen Rot-Grün an der Regierung ist, immer negativ über die Landwirtschaft?
Das hat man eben auch anhand der Debatten gesehen. Wir haben gehört, was Herr Jägers gesagt hat, und Herr Saffe hat das in seinen Ausführungen noch
einmal dargelegt. Das ist immer eine Negativdiskussion, was ich eigentlich nicht verstehen kann, denn man kann das auch ganz normal, ganz anders sehen.
In Deutschland haben wir die höchsten Anforderungen an das Wohl der Tiere, die es weltweit in der Tierhaltung gibt – die höchsten Anforderungen! Wir haben in Deutschland zum Beispiel die am besten kontrollierten, gesündesten und vielfältigsten Lebensmittel, die hier produziert werden. Herr Jägers – das dürfte auch Sie interessieren –, wir haben über 5 Millionen Arbeitsplätze in den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Bereichen – über 5 Millionen Arbeitsplätze! Jedes Jahr kommen 300 000 neue Berufseinsteiger im Agrarbereich dazu. Das ist nicht unwesentlich. Ich finde, da kann man sich nicht hier hinstellen und sagen: Exportieren dürfte die Landwirtschaft nicht, weil das für die Dritte Welt oder andere Länder nicht gut ist!
Nein, nein! Es geht hier um Export. Wir sind Exportland Nummer eins weltweit, und Sie von den Grünen und Herr Jägers wollen, dass wir nicht mehr exportieren sollen.
Wohin kommen wir denn da? Wohin kommen wir denn, wenn am 20. eines Monats Mercedes 100 Prozent Selbstversorgung erledigt hat?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht dass Sie mich falsch verstehen – das tun Sie eigentlich ganz gerne, zumindest bei dem Thema –: Nein, ich ärgere mich. Auch ich weiß, dass einige Entwicklungen in der Landwirtschaft und in der bäuerlichen Landwirtschaft in Deutschland nicht immer in Ordnung sind, keine Frage! Aber wir müssen damit umgehen, und wir können nicht alles verteufeln. Was mich dabei vor allen Dingen ärgert, ist, dass Ängste geschürt werden und dass eine ganze Berufsgruppe ins Abseits gestellt wird.
Doch, aber das wird grundsätzlich impliziert, auch Herr Saffe eben! Ich hätte erwartet, dass, wenn man hier von den ganzen Skandalen spricht, auch sagt: Wo sind denn die Skandale passiert? Die sind doch in den der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Bereichen passiert. Die sind nicht auf den Höfen passiert. (Beifall bei der CDU)
Das Gammelfleisch: Es ist von der Lebensmittelindustrie falsch deklariert worden. Das dioxinverseuchte Futter: Woher kam das denn? Von der Futtermittelindustrie. Sie tun aber immer so, als wenn die Landwirte schuld sind, und das ist nicht in Ordnung, nein! (Beifall bei der CDU)
In dem ersten Punkt, den Sie aufgeschrieben haben, begrüßen Sie die Novellierung des Baugesetzbuches, stellen aber zugleich fest, dass Handlungsbedarf besteht. Das ist ein toller Punkt. Den beschließen wir natürlich. Ich hätte fast gesagt, so etwas kann man immer beschließen.
Kommen wir dann auf den zweiten Punkt: Die Bürgerschaft möchte sich bei der gemeinsamen Landesplanung gegen die Ansiedlung von Intensivhaltungsanlagen aussprechen. Die gemeinsame Landesplanung will schon seit 20 Jahren, dass wir einen Wanderweg von Strom nach Hasbergen kriegen. Die hat noch nichts erreicht. Aber wir fordern jetzt, dass Sie in Bremen auf die Baugenehmigungen im niedersächsischen Umland Einfluss nehmen sollen. Na, herzlichen Glückwunsch! Ich sage Ihnen, damit werden Sie keinen Erfolg haben.
Das sind aber nur so kleine Beigaben bei Ihrem Antrag. Sie wollen in Wirklichkeit etwas ganz anderes erreichen. Sie wollen, dass die Tierärzte keine Medikamente mehr an die Landwirte abgeben.
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Keine Medikamente mehr? – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: An die Landwirte abgeben!)
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Keine! Darum geht es mir! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Hören Sie mal zu!)
In Dänemark sind die apothekenpflichtig: Ich kann nur sagen: In Dänemark sind die Antibiotikazahlen nicht rückläufig gewesen. Im Gegenteil: Die sind im ersten Moment erst einmal angestiegen. Die haben ein super Überwachungsprinzip, aber die Zahlen sind angestiegen. Wenn man hier so einen Antrag stellt, dann muss man auch wissen, dass in fünf Wochen ein neues Arzneimittelgesetz in Kraft tritt, das explizit den Antibiotikaeinsatz senken soll. In diesem neuen Gesetz ist festgeschrieben, dass, wenn der Landwirt Medikamente einsetzt, das den Behörden gemeldet werden muss. Die Behörden werden Statistiken führen. Wenn ein Landwirt oberhalb einer statistischen Zahl ist, wird er mit seinem zuständigen Tierarzt aufgefordert, einen Maßnahmenplan zu erarbeiten, damit er diese Medikamente herunterfährt, zum Beispiel durch andere Anwendungsmethoden. Ich denke, das ist doch ein guter Weg, und da müssen wir hier nicht mit einem solchen Antrag zur Weitergabe und zum Verkauf von Medikamenten durch Tierärzte kommen. Das sehen wir nicht so.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir fällt es richtig schwer, die Intensivtierhaltung, die es heute gibt, überhaupt noch als Landwirtschaft anzusehen. Das ist ja das eigentliche Problem.
Für jemanden, der sich lange damit getragen hat, in die Landwirtschaft zu gehen und Agrarökonomie zu studieren – –. Ich habe mir das in Bayern damals vor 30 Jahren wirklich intensiv angeguckt, wie ich sagen muss. Intensivtierhaltung hat für meine Begriffe überhaupt nichts mit dem zu tun, wie ich mir eigentlich Landwirtschaft vorgestellt habe, also so, wie sie sich heute entwickelt hat. Das ist heute zumindest der Regelfall in der Nahrungsmittelproduktion. Die Mehrzahl kommt tatsächlich aus dieser industriellen Fertigung. Das ist faktisch gar nicht mehr Landwirtschaft.
Intensivtierhaltung ist auch in Bereichen auf dem Vormarsch, in denen wir uns das überhaupt nicht in der Weise vorgestellt haben. Das ist etwa beim Fisch so. Mehr als ein Drittel der weltweiten Fischproduktion kommt heute aus der Aquakultur. Es ist der am schnellsten wachsende Bereich momentan in der Nahrungsmittelproduktion.
Auch hier ist das ein ganz ähnliches Problem. Es ist nun einmal keine nachhaltige Form der Nahrungsmittelproduktion. Sie ist billiger als konventionelle Tierhaltung. Sie ist nicht wirtschaftlicher, jedenfalls nicht, wenn man den Gesamtrahmen betrachtet.
Die FAO definiert Intensivtierhaltung danach, dass weniger als 10 Prozent des Futters aus dem eigenen Betrieb kommen. Das heißt, Intensivtierhaltung verbraucht Nahrungsmittel. Sie nimmt Futtermittel Platz weg. Das sieht man, wenn man sich das anguckt. Das heißt, sie nimmt Flächen in Beschlag. Das ist auch global ein Riesenproblem, und das unter dem Gesichtspunkt von Klimapolitik, Gesundheitspolitik, Welternährung. Das Eindämmen dieser Massentierhaltung gehört ganz nach oben auf jegliche Agenda von zukunftsfähiger Entwicklung. Das ist doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Momentan ist es etwas ruhiger geworden. Das ist aber ausschließlich von medialen Konjunkturen gelenkt. Intensivtierhaltung – ich finde ganz schön, dass das hier erwähnt wurde – ist ein Hauptproduzent resistenter Keime. Wir haben das im Untersuchungsausschuss rauf und runter diskutiert. Es ist ein Riesenproblem, das wir momentan überhaupt nicht in den Griff bekommen. Das gilt für die Geflügelfarmen in China genauso wie letztendlich für unsere Nahrungsmittelindustrie vor Ort. Die Wellen von Vogelgrippe sind uns noch in Erinnerung. Es ist insofern überhaupt nicht erstaunlich, dass man in Windschneisen von Abluftanlagen alle möglichen resistenten Keime findet. Das ist ja eine logische Entwicklung. Hier werden im großen Stil Kosten externalisiert, weil hohe gesellschaftliche Folgekosten entstehen, die im Preis des Hähnchenschnitzels nicht enthalten sind.
Langfristig wird es bei der Tierhaltung nur so gehen wie bei der Energiewende: Es muss eine gezielte Förderung von naturnaher Fleischproduktion geben, eine Ausstiegsplanung aus dieser Massentierentwicklung. Dazu wird auch gehören, dass wir insgesamt weniger Fleisch essen – selbstverständlich! Dazu wird es in den kommenden Jahren auch Initiativen auf Bundesebene geben müssen. Demgegenüber konzentriert sich der vorliegende Antrag zumindest auf einige Punkte, die man auf Landesebene in Angriff nehmen kann, auch wenn es hier nicht gerade den Hauptsitz von Massentierhaltung gibt.
Was den Einsatz von Medikamenten betrifft, finde ich den Antrag, ehrlich gesagt, schon sehr zurückhaltend. Dass nicht derselbe Tierarzt die Antibioti