Abschließend kann ich sagen, dass die im Antrag der CDU-Fraktion geforderte Einbeziehung der Elternvereine in die Planung und Verhandlung zum Aus
bau, zur Weiterentwicklung und zur Finanzierung der Kindertagesbetreuung in Bremen längst erfolgt ist und dass wir auch eine transparente Darstellung der künftigen Finanzierung unterschiedlicher Trägerstrukturen nach Abschluss der eingeleiteten Untersuchung vorlegen werden.
Ich finde auch – Frau Ahrens, das ist ein wichtiger Punkt, den Sie ansprechen –, wir müssen Transparenz herstellen, was wir für welche Leistungen bezahlen. Spätestens im Haushalts- und Finanzausschuss werden mir sonst als Senatorin die Ohren langgezogen, wenn ich Zusammenhänge nicht erklären und begründen kann. Das wird in den nächsten Jahren nicht leichter werden, wenn wir dafür werben müssen, mehr Gelder für diesen wichtigen Bereich einzuwerben. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir transparent machen, warum wir mehr Geld an bestimmten Stellen im Jugendhilfesystem und im Bereich der Kinder ausgeben wollen.
Ich hoffe dabei auf die Unterstützung dieses Hauses, weil ich finde, das Geld, das wir in diesem Bereich ausgeben, ist sehr gut investiertes Geld, es mobilisiert Freiwilligenarbeit in Bremen, die nicht zu unterschätzen ist. Wir haben immerhin in Bremen 40 000 Menschen, die sich freiwillig engagieren, und das ist eine Zahl, auf die wir auch stolz sein können. – Danke schön für die Aufmerksamkeit!
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 18/43 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Zuwanderinnen und Zuwanderer aus Bremerhaven. Seien Sie herzlich willkommen in diesem Hause!
Ich hätte auch sagen können, sie sind Gast des Sozialamts Bremerhaven! Sie kommen aber alle aus Bremerhaven.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit fünf Jahren existiert nun das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Seit 2006 sind damit Diskriminierungen aufgrund von Herkunft, Rasse, Geschlecht, sexueller Identität, Behinderung, Glauben oder Alter untersagt. Das AGG deckt alle Lebensbereiche des Berufs- und Privatlebens ab. Seine Anwendung gestaltet sich jedoch schwierig. Das hat mehrere Gründe.
Erstens, viele Betroffene kennen ihre Rechte nicht. Nach Information der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat sich jede dritte Person schon einmal diskriminiert gefühlt. Diskriminierungen sind also eine weit verbreitete gesellschaftliche Realität. Dass es dagegen Schutzmechanismen und Unterstützung gibt, wissen die Wenigsten. Bei einer Umfrage in Berlin kannte über die Hälfte der Befragten das AGG überhaupt nicht. 48 Prozent wussten von der Existenz des Gesetzes, aber nur 16 Prozent fühlten sich ausreichend über ihre Rechte informiert. So bleibt das AGG ein zahnloser Tiger, und viele Betroffene bleiben allein mit ihrer Diskriminierungserfahrung.
Zweitens, die Erfahrungen haben gezeigt, dass viele Betroffene primär Bedarf an psychosozialer Beratung haben. Der juristische Weg wird selten eingeschlagen, denn viele Betroffene sehen erstens keine Chancen in einer Klage, zweitens können sich viele die Gerichtskosten nicht leisten. Zwischen 2006 und 2009 haben deswegen nur 400 Klageverfahren stattgefunden. Der Antidiskriminierungsverband Deutschland bilanziert deswegen, dass die Umsetzung des AGG mangelhaft ist. Das wird noch dadurch bestärkt, dass ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Der Antidiskriminierungsverband kritisiert, dass es immer noch zu wenig Beratungsstellen in Deutschland gibt. Bei der erwähnten Umfrage in Berlin wussten nur 25 Prozent der Befragten, an wen sie sich wenden können, wenn sie diskriminiert werden. Theoretisch sind sich alle einig, dass ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen dringend nötig ist. In der Realität gibt es aber nur vereinzelt zentrale Beratungsstellen wie in Köln, Berlin, Aachen, Hamburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen.
Auch in Bremen gibt es Beratungsstellen, an die sich Betroffene wenden können. Sie haben sich auf die Beratung einzelner Diskriminierungstatbestände spezialisiert. Mit dem Projekt ADA gibt es außerdem eine Beratungsstelle, die alle Diskriminierungsmerkmale in der Arbeitswelt abdeckt. Eine horizontal angelegte Beratungsstelle, die alle Diskriminierungen wie Geschlecht, Alter oder Herkunft berücksichtigt und gleichzeitig auf alle Lebensbereiche eingeht, gibt es in Bremen nicht. Dabei hat sich in der Beratungserfahrung gezeigt, dass viele Menschen mehrere Diskriminierungsmerkmale aufweisen, die gar nicht klar voneinander zu trennen sind. So werden zum Beispiel muslimische Frauen, die ein Kopftuch tragen, nicht nur aufgrund ihrer Religion, sondern auch aufgrund ihres Geschlechts und ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert. Darauf kann eine Beratungsstelle nur angemessen eingehen, wenn sie einen horizontalen Ansatz verfolgt.
Eine zentrale und unabhängige Antidiskriminierungsstelle soll die bestehenden Beratungsangebote ergänzen und mit ihnen kooperieren. Sie soll eine Anlaufstelle für Betroffene sein und Lobbypolitik in ihrem Sinne machen. Sie kann eine Antidiskriminierungskultur fördern, denn Diskriminierungen sind nicht nur ein individuelles Problem, sondern auch ein gesellschaftliches. Wir brauchen eine Gesellschaft, die für Diskriminierungen, Ausgrenzung und Rassismus sensibel ist und die das nicht zulässt.
Dieses Thema muss mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung gerückt werden. Dafür kann eine zentrale Antidiskriminierungsstelle sorgen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nichts ist so schwer, wie verinnerlichte Verhaltensweisen zu verändern, vor allem nicht, wenn sie über Generationen bestehen. Ein Beispiel dafür ist die Benachteiligung der Frauen oder aber die Tatsache, dass es Rassismus und Antisemitismus gibt.
Für ein Umdenken und Umlenken muss man viel Geduld haben. Das haben wir aus der Gleichstellungsbewegung gelernt. Wir müssen positiv und gegen den „inneren Schweinehund“ der Gesellschaft handeln. Genau deshalb wollen wir von bloßer Antidiskriminierung hin zu Diversity, zu Vielfalt. Nicht immer nur gegen etwas sein, Herr Tuncel, sondern auch für etwas!
Wir wollen der Diskriminierung entgegenwirken, indem wir die Gleichbehandlung fordern, Gleichbehandlung ist nicht Gleichmacherei. Wir wollen gleiche Rechte und Chancen einräumen, ohne die Unterschiede einzuebnen. Deshalb ist auch die eigene Initiative der betroffenen Frauen, Menschen mit Behinderung oder Migranten gefordert, und wir wollen nicht vergessen, dass Diskriminierung auch eine Verletzung der Menschenwürde und deshalb auch eine Frage der Menschenrechte ist.
Wie es soeben erwähnt wurde, haben wir seit August 2006 ein neues Gesetz in Deutschland, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt. Wir, also die Grünen und die SPD, haben gemeinsam einen Antrag zur Bildung eines Netzwerks gegen Diskriminierung und auch für eine erneute Offensive einer diskriminierungsfreien Gesellschaft gestellt. Ich möchte begründen, warum wir ein solches Netzwerk brauchen und was genau für uns in Bremen daraus folgt. Gleichzeitig liegt auch der Antrag der LINKEN vor, die ja auch für eine Einrichtung einer unabhängigen zentralen Antidiskriminierungsstelle plädiert. Ich will darauf eingehen, warum wir meinen, dass dieser Antrag ins Leere geht.
Es gibt zwei Gründe, diesen Antrag abzulehnen. Erstens, unserer Auffassung nach genügt er nicht der parlamentarischen Anforderung der Transparenz. Dem Antrag zufolge soll der Senat aufgefordert werden, die Absichtserklärung für die Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu unterzeichnen und umzusetzen. So weit, so gut! Es wird dabei aber gar nicht benannt, was dies konkret beinhaltet. Wir halten es für wesentlich, dass schon im Beschluss ganz deutlich wird, was für Bremen damit verbunden ist.
Zweitens – das ist noch gravierender –, es bestehen bei genauem Hinsehen große Zweifel daran, ob die Einrichtung einer zentralen Stelle zur Bekämpfung der Benachteiligung und Diskriminierung der richtige Weg ist. Lassen Sie mich das erklären! Wenn ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Nichtdiskriminierung im Wertekanon unserer Gesellschaft so fest verankert wäre, wie zum Beispiel, sagen wir einmal, Pünktlichkeit, dann hätten wir gar kein Problem. Kein Mensch würde einen anderen wegen seiner Hautfarbe, Herkunft, Religion, seines Geschlechts, Alters oder einer Behinderung diskriminieren. Wenn es einem doch einmal passieren würde, dass man später ankommt, dann kann man sich an Ort und Stelle bei den Beteiligten entschuldigen, und es ist alles gut.
Beim Thema Diskriminierung sind wir aber weit davon entfernt. Menschen werden im Alltag in der Schule, am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsmarkt und in Behörden diskriminiert. Welch Mammutstelle müsste das sein, die sich mit all diesen Fragen der Lebensbereiche befassen müsste? Meiner Ansicht nach würde daraus rasch eine Art Oberbehörde der Political Correctness werden, ganz abgesehen davon, dass sie ein Heer, eine große Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Detailkenntnisse über all diese verschiedenen Bereiche benötigen würde, in denen Diskriminierung vorkommt.
Meine Damen und Herren, den gesetzlichen Rahmen haben wir. Wir haben ein Antidiskriminierungsgesetz, wir haben Artikel 16 des Grundgesetzes, und wir haben auch unsere Bremische Landesverfassung. All diese Gesetze verbieten Diskriminierung, aber sie schaffen es nicht, dies auch als Wert in den Köpfen der Menschen einzupflanzen, und das schafft schon gar nicht eine zentrale Antidiskriminierungsstelle.
Wer Diskriminierung erlebt, braucht wirksame, nachhaltige Hilfe an Ort und Stelle. Wir verfügen in Bremen über verschiedene Einrichtungen, zum Beispiel die Gleichstellungsstelle, das DGB-Projekt ADA, die Interessenverbände und auch eine ganze Reihe von Mitbestimmungsorganen, Personal- und Betriebsräte. Einige von ihnen beschäftigen sich mit dem Thema und beraten auch die Menschen, die davon betroffen sind. Diese Stellen – das wurde auch gerade erwähnt – bedienen bestimmte Zielgruppen, manchmal nur Frauen, manchmal nur Menschen mit Behinderung.
Ich komme langsam zum Schluss! Deshalb müssen wir alle dafür sorgen, diese Einrichtungen für Chancengerechtigkeit zu gewinnen. Das ist auch der Sinn unseres Antrags. Wir wollen eine Zusammenarbeit und Vernetzung all dieser Einrichtungen erreichen, damit sie das Problem besser wahrnehmen und auch dafür sensibilisiert werden.
Ich schlage vor, den Antrag der LINKEN abzulehnen und unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen herzlichen Dank!