Protocol of the Session on May 16, 2013

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir halten das aus grundsätzlichen Erwägungen und aus ganz praktischen Gründen für eine schlechte Idee, und die Erfahrungen anderer Länder bestärken uns darin.

Herr Röwekamp hat uns im April auch vorgeschlagen, alternativ das Beamtentum weitgehend abzuschaffen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein, das habe ich nicht vorgeschlagen!)

Ach so, das haben Sie gar nicht vorgeschlagen?

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich habe gesagt, wenn Sie so weitermachen, können Sie es auch gleich abschaffen!)

Nein, das Gegenteil ist der Fall! Ich komme einmal auf das Argument zurück.

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Sie sollen nicht das Wort verdrehen, Herr Dr. Kuhn! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da kommt Ihre Ver- gangenheit ein bisschen wieder durch!)

Ich habe da eine lange Vergangenheit! Wir haben eine lange Geschichte der Forderung nach einem einheitlichen Dienstrecht, und auf diese Tradition bin ich stolz, und ich hoffe, wir nehmen das wieder einmal auf.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir hatten in Bremen gerade bei den Lehrern heraus aus der Verbeamtung gute Schritte gemacht, bis dann unter der CDU-Mitregierung die Rolle rückwärts in der Verbeamtung angestellter Lehrer gemacht wurde.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und was haben Sie jetzt gemacht?)

Die Zauberzahl war damals vor zehn Jahren 400 Euro. Das verdiente man nach der damaligen Faustformel als Beamter monatlich mehr als ein angestellter Lehrer. Damit wurde für die Verbeamtung getrommelt, auch und gerade in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, meine Damen und Herren. Deswegen sollte es gerade die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am besten wissen. Gerade bei den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch insgesamt dort, wo es um vergleichbare Tätigkeiten geht, vergrößern wir mit unseren Maßnahmen nicht den Abstand in der Bezahlung zwischen Arbeitnehmern und Beamten, sondern wir verkleinern ihn. Um das deutlich zu sagen, wir behandeln gegenwärtig Ungleiches auch in gewissem Umfang ungleich.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Aber Beamte müssen auch länger arbeiten!)

Auch das machen wir aber differenziert bis zur Besoldungsgruppe A 10, das heißt, auch für die übergroße Zahl der Polizistinnen und Polizisten übernehmen wir das Tarifergebnis ab der Jahresmitte voll.

Ich will bei der Gelegenheit auch einmal darauf hinweisen, weil das in den Protestbriefen immer wieder falsch behauptet wird, dass wir in den vergangenen sechs Jahren die Tarifergebnisse am Ende immer auf die Beamtinnen und Beamten übertragen haben. Am Ende, habe ich gesagt, ich weiß das sehr gut, ich habe gesagt, am Ende.

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Aber immer ein halbes Jahr später!)

Ja, Herr Knäpper, ich weiß, ist ja gut!

Deswegen – darauf wollte ich hinaus, und das wissen Sie sicherlich noch besser als ich – werden

die Polizisten in Bremen gegenwärtig keinen Deut schlechter bezahlt als ihre Kollegen in Niedersachsen. Ich wollte sagen, etwas besser, aber ich will mich darum nicht streiten, jedenfalls nicht schlechter als die Kollegen in unserem Nachbarland. Das sind einfach Tatsachen,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

und ich möchte, dass das nicht infrage gestellt wird. Wenn uns eine Gruppe dieser Polizei öffentlich erklärt, sie habe die „innere Kündigung jetzt ausgesprochen“, und weiß, dass sie tatsächlich unkündbar ist, dann ist eine Grenze überschritten. Ich finde, die Kolleginnen und Kollegen sollten darüber noch einmal nachdenken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich will auch noch etwas zu der Aktion heute früh sagen. Wir sollten mit dem Transparent aufgefordert werden und gezwungen werden, das auch tatsächlich zu tun, „Ihr tretet uns mit Füßen“. Ich darf Ihnen sagen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe das nicht getan. Auch als sie mich zwingen wollten, beim Hineinkommen so zu tun, als wäre das der Fall, ich tue das nicht, ich werde das in Zukunft nicht tun, und ich finde, sie sollten mit solchen Aktionen aufpassen, dass sie auch die Würde dieses Hauses wahren und respektieren, weil auch wir einen Anspruch auf gleichberechtigte Diskussion haben. Diese Art von Nötigung war schon an der Grenze.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es ist völlig in Ordnung, die Losung, als ich dann gerade hineinging, war, „wir wollen mehr Geld“, völlig in Ordnung, das kann jeder vertreten, ich habe lange genug als Gewerkschafter gearbeitet. Das aber mit Fragen der grundsätzlichen Wertschätzung zu vermengen und mit der Frage – –.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Ge- nau darum geht es! Aber das haben Sie nicht verstanden!)

Ja, das ist ein Irrtum! Die Wertschätzung von Menschen misst sich nicht an der Bezahlung von 5,2 Prozent, 5,6 Prozent oder anderen Prozentzahlen. Das ist ein ganz anderes Thema.

Dieser Senat, diese Bürgerschaft behandelt den öffentlichen Dienst ordentlich. Wir schätzen ihn, und es hat mit der notwendigen Bezahlung nichts zu tun.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. H i n n e r s [CDU]: Herr Kollege Dr. Kuhn, Sie sind ja wenigstens durch den Vordereingang hineingegangen! – Glocke)

Ich bin aufrechten Hauptes durch den Vordereingang hineingegangen, da können Sie sicher sein, Herr Hinners! Ich lasse mich von niemandem an den Hintereingang bringen, da können Sie ganz sicher sein, obwohl das so gedacht war.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Glocke)

Ich lasse jetzt einige Dinge aus, ich komme zum letzten Absatz, Herr Präsident! Ich muss das dann noch einmal aufnehmen. Ich bin mit meinem Gedankengang nicht ganz am Ende.

(Unruhe – Glocke)

Interessante Debatte, aber vielleicht können wir das doch geordnet weiterführen!

In einer Diskussion am Montag in der Fraktion hat uns ein Kollege aus der Gewerkschaft gesagt, es wäre ein schönes Zeichen, wenn die Tarifergebnisse eins zu eins übertragen würden. Da hat er recht! Da hat er vollkommen recht, und ich wäre auch froh, wenn wir das Geld für solch schöne Zeichen hätten. Wir haben es nicht. Die leichte Politik der schönen Zeichen hat uns insgesamt in die Lage gebracht, in der wir uns heute befinden. Unsere Aufgabe ist, uns da wieder herauszubringen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat legt uns heute einen Gesetzentwurf zur Anpassung der Besoldungs- und Beamtenversorgungsbezüge vor. Anlass ist der im März ausgehandelte Tarifabschluss für die Angestellten der Länder. Nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung soll das Tarifergebnis für die unteren und mittleren Besoldungsgruppen zwar inhaltsgleich, allerdings um einen Zeitraum von sechs Monaten versetzt übernommen werden. Allein diese zeitliche Verzögerung würde beispielsweise für einen verheirateten Beamten in der Besoldungsgruppe A 9 einen Verlust von etwa 1 000 Euro brutto betragen. Für die Staatsdiener in den Besoldungsgruppen A 11 bis einschließlich A 12 a sieht der Gesetzentwurf eine Erhöhung des Grundgehalts von lediglich einem Prozent vor. Für höhere Besoldungsgruppen soll es keine Ta––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

riferhöhung geben. Von dieser Doppelnullrunde sind immerhin 25 Prozent aller Bremer Staatsdiener betroffen.

Herr Böhrnsen und Frau Linnert nennen diese Besoldungsanpassung in einer Senatspressemitteilung eine sozial annehmbare Lösung. Für uns Bürger in Wut ist dieser Entwurf alles andere als sozial. Er treibt einen Keil in die Beamtenschaft, denn das vorgelegte Papier spielt die Besoldungsgruppen gegeneinander aus. Deshalb lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf ab.

Es ist zwar richtig, dass Bremen ein Haushaltsnotlageland ist, und ja, unser Bundesland muss sparen, aber gerade die Landesbediensteten haben in den letzten Jahren genug Entbehrungen zur Haushaltskonsolidierung hinnehmen müssen. Es wurden Tarifergebnisse nicht zeitgleich übernommen, Urlaubsund Weihnachtsgeld sind gekürzt und weggefallen, die finanzielle Vergütung von Mehrarbeitsstunden zum Beispiel bei der Polizei wurde gestrichen, Beihilfeleistungen wurden verringert und ein Eigenbehalt eingeführt. Stellenstreichungen sorgten überdies für mehr Arbeitsbelastungen bei den Landesbediensteten.

Meine Damen und Herren, Beamte stehen in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis. Für dieses Rechtsverhältnis gilt bekanntlich der Alimentationsgrundsatz. Das heißt, die vom Staat zu zahlenden Dienstbezüge sind so festgelegt, dass sie den Beamten einen angemessenen Lebensunterhalt gewähren. Wenn wir uns dann einmal die Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes in Bremen in den Jahren von 1993 bis 2012 anschauen und die Inflationsrate in diesem Zeitraum zugrunde legen, die insgesamt immerhin 35 Prozent betrug, dann liegen die inflationsbereinigten Gehaltssteigerungen für Landesbeamte von 1993 bis 2012 bei annähernd null Prozent.

Deshalb ist es an der Zeit, den Landesbeamten eine angemessene Besoldungserhöhung zu gewähren, die sich inhalts- und zeitgleich an den Tarifabschlüssen der Angestellten orientiert und für alle Besoldungsgruppen gilt. Andere Länder wie zum Beispiel Bayern und Hamburg übernehmen das Tarifergebnis der Angestellten uneingeschränkt, Niedersachsen zumindest vorerst für das Jahr 2013, Sachsen-Anhalt wird eine Erhöhung inhaltsgleich, wenn auch zeitverzögert beschließen.

Besonders mit unseren Nachbarn Niedersachsen und Hamburg konkurriert Bremen aber um den besten Nachwuchs bei der Polizei, der Feuerwehr, im Schuldienst, in der Justiz und in allen anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Sollte der Gesetzentwurf heute beschlossen werden, dann ist zu befürchten, dass wir den Wettbewerb um die besten Köpfe für den öffentlichen Dienst zukünftig verlieren, zumal andere Bundesländer, gemessen an der Besoldung, schon jetzt finanziell für zukünftige Leistungsträger im Landesdienst attraktiver sind als Bremen. Da ist

es nur ein schwacher Trost, dass der Senat in dem vorliegenden Gesetzentwurf eine inhaltsgleiche Übernahme der Tarifergebnisse auf die Anwärtergrundbezüge vorschlägt.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Böhrnsen, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Linnert, Sie haben in den letzten Wochen sehr viel Post aus den Reihen der Polizei, der Justiz und der Hochschulen bekommen. Einige Schreiben wurden auch an uns Bürgerschaftsabgeordnete in Kopie übermittelt. Wenn Sie die zahlreichen Briefe tatsächlich aufmerksam gelesen haben, dann können Sie wie ich den Eindruck gewinnen, dass viele der Betroffenen mit hohem Engagement ihren täglichen Dienst verrichten, welches deutlich über das normale Maß hinausgeht. Dass die Beamtinnen und Beamten mit diesem persönlichen Einsatz insbesondere den Stellenabbau im öffentlichen Dienst in den letzten Jahren kompensiert haben, ist dabei unstrittig.

Um nur ein Beispiel zu nennen, alleine bei der Polizei haben sich auch aus Personalmangel 260 000 Überstunden angesammelt. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! Ohne diese zusätzliche und in hohem Maße freiwillige Mehrarbeit der Beamten würden große Bereiche der Kriminalitätsbekämpfung längst am Boden liegen.

Es ist daher an der Zeit, den Landesbeamten eine angemessene Wertschätzung entgegenzubringen, und diese Wertschätzung kann nicht nur aus warmen Worten bestehen, sondern bedarf auch Taten in Form einer angemessenen Tariferhöhung für alle Beamtengruppen. Die vom rot-grünen Senat vorgeschlagene Besoldungsanpassung, die eher den Titel einer Besoldungsabkopplung verdient, ist ein Schlag in das Gesicht der Staatsdiener höherer Besoldungsgruppen bei der Polizei, im Schuldienst, bei der Feuerwehr, in der Justiz, an den Universitäten und in allen anderen staatlichen Einrichtungen des Landes Bremen und seiner beiden Städte.

Folgen wir Abgeordneten also dem guten Beispiel aus Hamburg, Niedersachsen und Bayern und gewähren den Beamtinnen und Beamten des öffentlichen Dienstes eine Tariferhöhung für alle Besoldungsgruppen als angemessene Wertschätzung ihrer täglichen Arbeit! Insbesondere die SPD-Bürgerschaftsfraktion, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit aufstellt, (Beifall bei der CDU)

kann sich eigentlich einer inhaltsgleichen Übernahme der Tarifabschlüsse auf die Beamten nicht entziehen. – Vielen Dank!