In Bremen konnte die Anzahl der Menschen, die in Abschiebungshaft genommen wurden, sehr deutlich reduziert werden. Im vergangenen Jahr befanden sich insgesamt 32 Menschen in Bremen in Abschiebungshaft, und die durchschnittliche Haftdauer lag bei 10,4 Tagen. Diese Zahlen sind gut und richtig, denn Menschen in Haft zu nehmen, um ihre Ausreise aus Deutschland zu organisieren, darf, wenn überhaupt, nur das allerletzte Mittel sein.
In einem Rechtsstaat sollten Menschen eigentlich nur in Haft genommen werden dürfen, wenn sie sich einer Straftat schuldig gemacht haben, die durch das Strafgesetzbuch mit Gefängnisstrafe bedroht wird. Menschen ihre Freiheit zu nehmen und sie einzusperren, greift zutiefst in die Rechte eines Menschen ein, sie ist die schwerste Sanktion, die ein Rechtsstaat gegen seine Bewohner aufbietet. Inhaftierung löst bei den Betroffenen Stress und Ängste aus, und so sind auch Suizidversuche in Abschiebungshaft in Deutschland leider keine Seltenheit. Gemäß bundesgesetzlicher Regelung kann die Abschiebungshaft dennoch nach wie vor bis zu 18 Monaten dauern. Das erscheint uns völlig unangemessen und unverhältnismäßig.
Deshalb ist es an der Zeit, klar zu regeln, dass Abschiebungshaft nur als allerletztes Mittel angeordnet werden darf, und darüber hinaus ist zu prüfen, inwieweit nicht andere rechtsstaatliche Mittel bestehen, die die Abschiebungshaft vermeidbar machen. Klar geregelt sein muss deshalb auch, dass Minderjährige, Schwangere, Alleinerziehende, Eltern mit minderjährigen Kindern, traumatisierte und psychisch Kranke oder behinderte Menschen in Abschiebungshaft nichts zu suchen haben.
Klar geregelt werden muss auch, dass eine Abschiebungshaft nur so lange vollzogen werden darf, wie sie nötig ist, um die Ausreise durchzuführen. Das heißt, dass vor der Inhaftierung geklärt sein muss, dass die Ausreise überhaupt möglich und zeitnah durchführbar ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ist. Das heißt konkret, dass eine Abschiebungshaft aus unserer Sicht nicht länger als zwei Wochen dauern darf, so wie wir es in Bremen bereits praktizieren. Deutlich machen wir mit unserer Initiative aber eben auch, dass aus unserer Sicht noch gar nicht klar ist, ob wir das Instrument der Abschiebungshaft zukünftig weiter brauchen werden oder ob es nicht humanitärere, bestenfalls einvernehmliche Ansätze gibt, Menschen bei ihrer Ausreise aus Deutschland zu begleiten.
Deshalb ist die zweite Aufforderung an den Senat, sich auf Bundesebene für Alternativen zur Abschiebungshaft einzusetzen und aktiv an der Entwicklung von Alternativen zur Abschiebungshaft mitzuarbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach unserer Meinung ist Abschiebungshaft eines der größten Übel deutscher, aber auch europäischer Flüchtlingspolitik. Menschen, die nach allen möglichen, teilweise auch nach Schikanen nicht freiwillig ausreisen, werden in polizeiliche Haft genommen, bis sie zwangsweise ausgewiesen werden. Die allermeisten von ihnen haben keine Straftaten begangen. Der Titel Abschiebungshaft suggeriert fälschlicherweise jedoch etwas anderes.
Eine kleine Bemerkung zu den Menschen, die aus der Strafhaft abgeschoben werden! Ich denke, das Strafrecht sieht im Kern die Resozialisierung vor. Dies gilt auch für Flüchtlinge, Migranten und jemanden, der aus einem anderen Land kommt. Das muss im Aufenthaltsrecht an einer anderen Stelle geregelt werden. Daher lasse ich mich jetzt gar nicht weiter darauf ein.
Ich komme noch einmal auf den Kern der Abschiebungshaft zurück. Die Menschen, das haben auch meine beiden Vorredner gesagt, bleiben teilweise monatelang in Haft. Nach offizieller Auskunft der Bundesregierung haben sich zwischen den Jahren 2008 und 2012 sechs Menschen in Abschiebungshaft das Leben genommen. Das sagt eigentlich alles über den Charakter dieses Instrumentes, es ist eigentlich nur menschenverachtend. Ich muss an dieser Stelle noch einmal betonen, dass auch das Gesetz vorschreibt, dass vor einer Abschiebungshaft alle anderen Schritte unternommen werden sollen, bevor Abschiebungshaft überhaupt verhängt wird. Die Abschiebungshaft soll nämlich vermieden werden, und das passiert zum größten Teil, vor allen in anderen Bundesländern, oft nicht. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Ich komme auf ein paar Bremer Zahlen zurück. Im Jahr 2012 wurde in Bremen in 33 Fällen Abschiebungshaft verhängt, und unter diesen Fällen befand sich auch ein Minderjähriger. Das finden wir besonders problematisch, weil der Bremer Abschiebungsgewahrsam nicht für Minderjährige geeignet ist, unter anderem auch deswegen nicht, weil die vorgeschriebenen Bildungsmöglichkeiten fehlen. Es gibt außerdem Berichte von Gerichtsverhandlungen – auch in Bremen, wenn auch nicht in diesem Ausmaß wie zum Beispiel aus Niedersachsen –, bei denen die Ausländerbehörde mit keinem Wort dargelegt hat, inwiefern sie vorher Möglichkeiten unternommen hat, um die Abschiebungshaft zu vermeiden. Pro Asyl hat in einem Gutachten festgestellt, dass bundesweit rund ein Drittel aller Fälle der Abschiebungshaft rechtswidrig ist.
Dies allgemein vorausgeschickt, komme ich zum Antrag der Koalition. Erstens sagen Sie, alle Spielräume auf Landesebene sollen im Sinne der Flüchtlinge genutzt werden, ein neuer Erlass soll das regeln. Das finden wir völlig richtig, das muss so sein.
Zweitens, die Ausländerbehörde soll die Abschiebungshaft vermeiden. Das ist sowieso gesetzlich vorgeschrieben. Offenbar muss auch hier die Bürgerschaft zum wiederholten Mal feststellen, dass die Ausländerbehörde in einigen Teilen dann doch noch ein Eigenleben führt, und zwar zum Nachteil der Betroffenen. Ich hoffe, dass Herr Innensenator Mäurer da auch noch einmal durchgreift.
Drittens, die Höchsthaftdauer der Abschiebungshaft soll auf einen Monat reduziert werden. Das ist auch in Ordnung, wobei bei den vorliegenden Zahlen auch eine Höchstdauer von zwei Wochen möglich gewesen wäre, aber wie gesagt, das machen wir mit.
Viertens, zuletzt soll auf Bundesebene nach Alternativen zur Abschiebungshaft gesucht werden. Das finden wir grundsätzlich richtig, denn die Abschiebungshaft – das hatten wir hier schon zu dritt vorausgestellt – ist ein inhumanes Instrument und muss abgeschafft werden. Das unterstützen wir an dieser Stelle ausdrücklich.
Wir werden daher den Antrag unterstützen. Wir finden die genannten Punkte positiv und sind gespannt, wie der neue Erlass aussieht. Wir hoffen, dass sich die Situation, dass zum Beispiel noch letztes Jahr ein Minderjähriger in Abschiebungshaft genommen wurde, auch hier nicht mehr wiederholt. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag von Rot-Grün, Alternativen zur Abschiebungshaft zu schaffen, geht weitestgehend an der Realität und der aktuellen Gesetzeslage vorbei.
Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie schon ein solch wichtiges Thema im Rahmen unserer Zuwanderungs- und Einbürgerungspolitik aufgreifen, dann sollten Sie sich wenigstens bemühen, inhaltlich objektiv aufzuklären, auf vorhandene Probleme insgesamt hinzuweisen, aber nicht nur ideologische Ziele zu verfolgen.
Ihre Darstellung der Alternativen zur Abschiebungshaft ist demzufolge einseitig, Herr Fecker, und wird den vorhandenen Problemen in keiner Weise gerecht. Darüber hinaus unterlassen Sie es, in Ihrem Antrag darauf hinzuweisen, dass die Abschiebung Teil des Ausweisungsverfahrens ist und die Abschiebungshaft in die Vorbereitungs- und Sicherungshaft zu unterteilen ist. Ebenso weisen Sie nicht darauf hin, dass eine Verlängerung der Abschiebungshaft, die Sie immer wieder hier zitieren – Frau Vogt hat sie auch zitiert –, auf maximal 18 Monate nur bei vorsätzlicher Verhinderung der Ausweisung durch den Ausreisepflichtigen überhaupt möglich ist.
Die Ausreisepflicht, von der ich eben gesprochen habe, ist nach dem Aufenthaltsgesetz genau geregelt. Eine Abschiebungshaft kann gemäß Paragraf 58 Absatz 3 zur Überwachung der Ausreise erforderlich sein. Natürlich setzt sich auch die CDU-Fraktion dafür ein, dass jede Form der Abschiebungshaft nur das letzte Mittel sein kann.
Das hat auch schon der Kollege Senkal hier deutlich gemacht. Es ist dabei natürlich auch zu berücksichtigen, dass eine humane Einzelfallprüfung – wenn hier von Minderjährigen gesprochen wird, gilt das insbesondere – durchgeführt werden muss.
Für die CDU-Fraktion ist es aber genauso wichtig, dass auch in Zukunft in Deutschland straffällig gewordene Ausländer, Personen, von denen eine konkrete Terrorgefahr ausgeht, und Personen, die im Rahmen des Menschenhandels, hier insbesondere der Schleusungskriminalität, straffällig geworden sind, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, das heißt, mit Richtervorbehalt – das bedeutet, ohne richterlichen Beschluss geht es nicht – ausgewiesen werden können. Dabei ist auch die Möglichkeit der Sicherungshaft im Rahmen der Abschiebungshaft zu nutzen. In den Paragrafen 53 folgende des Aufenthaltsgesetzes ist detailliert geregelt, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen eine Ausweisung beziehungsweise eine Abschiebung möglich ist. Auch für die CDU-Fraktion steht außer Frage, dass solche gesetzlichen Regelungen einer permanenten Überprüfung auf Sinnhaftigkeit und Übereinstimmung mit dem europäischen Recht unterzogen werden müssen. Für die CDU-Fraktion steht aber außerdem völlig außer Frage, dass wir auch in Zukunft in Deutschland in Einzelfällen – und das betone ich – nicht auf die Ausweisung von bestimmten Ausländern verzichten können und dabei das Instrument der Abschiebungshaft aus den genannten Gründen unverzichtbar sein wird. Meine Damen und Herren, wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Wort zu den Zahlen! Wenn ich zurückblicke, so hatten wir in Bremen vor zehn Jahren 440 Menschen in der Abschiebungshaft, 440! Im Jahr 2012 waren es 18 Menschen. Ich muss sagen, das ist eine erfreuliche Entwicklung.
Mein Ziel ist es, die Zahlen zu reduzieren und insbesondere die Haftdauer einzuschränken. Wir haben uns die Zahlen angeschaut, Sie haben es auch in der Debatte erwähnt, bundesweit sitzen Menschen in der Regel einen Monat in Abschiebungshaft, in Bremen liegen wir bei 10,4 Tagen. Dennoch habe ich die heutige Debatte abgewartet, weil der Entwurf einer neuen Regelung bereits seit einigen Tagen auch bei uns in der Schublade liegt. Ich würde Ihnen das Werk heute Nachmittag per E-Mail zusenden können. Ich erlaube mir, Ihnen die wesentlichen Eckpunkte heute vorzustellen. Sie müssen nicht mehr auf den Senat warten, sondern Sie werden sehen, dass diese Koalition nicht nur über Dinge redet, sondern sie auch anpackt.
Die Ausgangsposition war, Inhaftnahme nur als Ultima Ratio, das heißt, als letztes Mittel zur Durchsetzung einer Ausreiseverpflichtung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Das ist unser Leitmotiv! Das heißt auch, zweitens, keine Abschiebungshaft, wenn eine freiwillige Ausreise glaubhaft gemacht wird, und das heißt, drittens, die sorgfältige Prüfung des Einzelfalles! Wenn erkennbar ist, dass in kurzer Zeit keine Abschiebung möglich ist – wir haben gestern das Problem der Passlosigkeit beziehungsweise die fehlende Mitwirkung der Heimatländer diskutiert –, wenn also klar erkennbar ist, dass beispielsweise im Libanon oder in Ghana niemand bereit ist, den Inhaftierten aufzunehmen, dann gehört derjenige nicht in die Abschiebungshaft.
Deswegen sind alle diese Fragen vorher zu klären. Wir wollen verhindern, dass die Verweildauer unverhältnismäßig ist.
Das erreichen wir dadurch, dass wir sagen – und das ist der Auftrag an die Ausländerbehörde –, es gibt im Einzelfall keinen Antrag über 14 Tage. Eine Haft wird ja nicht durch die Ausländerbehörde angeordnet, sondern sie bedarf immer auch der gerichtlichen Entscheidung, und unsere Ansage ist sehr eindeutig. Im Erstfall 14 Tage und nicht länger! Wenn man länger braucht, muss man das sehr sorgfältig begründen.
Wir haben dann gesagt, wir wollen den Kreis der schutzbedürftigen Personen erweitern. Wir hatten schon vorher die Minderjährigen aus dieser Regelung herausgenommen, natürlich auch Schwangere, wir haben jetzt ältere Menschen ab 65 Jahren darin, wir haben auch gesagt, Eltern mit minderjährigen Kindern gehören da zum Beispiel auch nicht hinein. Der Katalog erweitert sehr eindeutig den Kreis der Schutzbedürftigen.
Wenn man das zusammennimmt, werden wir in Bremen eine Situation haben, in der wir die beiden Ziele erreichen, weniger Menschen in die Abschiebungshaft zu nehmen, und wenn es notwendig sein sollte, dann sehr kurzfristig. Ich sage aber an dieser Stelle auch, das bedeutet nicht, dass wir nun die Abschiebungshaft gänzlich abschaffen, denn es gibt Einzelfälle, und das sind genau die Fälle, Herr Hinners, die Sie erwähnt haben.
Wir diskutieren natürlich nicht, ob Straftäter nicht abgeschoben werden oder ob Terroristen hier verbleiben können. Deswegen muss es natürlich auch in der Praxis eine Regelung geben, zum Beispiel für Täter, die aus der Haft entlassen werden. Normalerweise – ich spreche da aus meiner eigenen Erfahrung – schafft man das, wenn am 15. Februar das Straf
ende ist, dann kann man es auch in der Regel organisieren, dass dann am 15. Februar ein Flugzeug bereitsteht.