Protocol of the Session on April 17, 2013

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Frehe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe bei der Herleitung, welche Bedeutung Naturerfahrung für Kinder hat, nicht die Absicht, mit Herrn Dr. Schlenker in Konkurrenz zu treten. Die Naturerfahrung hat in der Tat eine wirklich prägende Bedeutung für alle Kinder. Ich kann mich an meine Kindheit noch erinnern, wie ich als Fünfjähriger zu den Pfadfindern gekommen bin und dort durch vielfältige Ausflüge die Natur kennengelernt habe, Fährten gelesen habe, mich intensiv dort mit der Natur auseinandergesetzt habe. Das hat mir sehr gut getan, und es war eine wichtige Erfahrung.

Wir haben insbesondere bei den Kitas, die über große Grünflächen verfügen, eine gute Möglichkeit, genau die Vorschläge umzusetzen, die Sie machen, zum Beispiel Wildnisecken einzurichten. Bei einigen Räumlichkeiten, die zum Beispiel Elternvereine nutzen, wird es schwierig werden, wenn kein Grüngelände vorhanden ist, umso wichtiger wird es aber dann ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sein, Ausflüge zu ermöglichen. Ich denke, da darf auch die Frage, ob jemand Hartz IV bezieht, keine ausschließende Bedeutung haben. Ich glaube, dass wir das Bildungs- und Teilhabepaket dabei sinnvoll und zielgerichtet nutzen können, um gerade auch diesen Personen und diesen Kindern Naturerfahrung zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie haben uns mit Ihrem gemeinsamen Antrag ein umfangreiches und anspruchsvolles Programm aufgegeben, das regelmäßig evaluiert werden soll. Ich hoffe, wir können diese Erwartungen erfüllen. Wir werden jedenfalls alles tun, um diese Erwartungen zu erfüllen, weil auch wir der Auffassung sind, dass die Naturerfahrung eine wesentliche, bildende Kraft auch bei der Entwicklung der Kinder spielt.

Wir strengen uns also an, und wir werden dann nach der ersten Evaluation sehen, was wir von dem, was Sie von uns erwarten, auch umsetzen konnten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU mit der DrucksachenNummer 18/866, Neufassung der Drucksache18/781, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

„Bremer essen regional“

Antrag der Fraktion der CDU vom 5. März 2013 (Drucksache 18/800)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Lohse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bremer CDU-Fraktion hat den Antrag „Bremer essen regional“ gestellt, erstens, weil durch die kurzen Transportwege der Lebensmittel das Klima entlastet wird, zweitens, weil die heimischen Betriebe gestärkt werden und drittens sich die Lebensmittelsicherheit erhöht.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns Menschen ist in der heutigen Zeit der Masse das Gefühl für das Verständnis für Lebensmittel abhandengekommen. Spätestens seitdem die Discounter mit ihren globalisierten Wertschöpfungsketten unsere Versorgung mit billigen Konsumgütern und Lebensmitteln übernommen haben – immer billiger, immer undurchsichtiger –, entstehen durch die Gier Einzelner immer mehr Lebensmittelskandale, die immer mehr Menschen aufhorchen und die Sehnsucht nach regionalen Lebensmitteln wachsen lassen.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Jetzt fragt sich der eine oder andere, warum gerade regionale Lebensmittel! Der wahre Grund für die Attraktivität regionaler Produkte liegt in der Sicherheit, die sie ausstrahlen. Es ist die Sehnsucht nach einem lebenswerten Umfeld mit einem Zirkelschlag um uns herum, und zwar in einem überschaubaren Maßstab. Hier in unserer Nähe liegen unsere Arbeitsplätze, hier gehen unsere Kinder zur Schule, und hier kennen wir unsere Nachbarn. Eine solche Umgebung bietet den Menschen Identifikation, und sie ermöglicht soziale Kontrolle, das ist auch genau das, was es ausmacht.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Man muss auch sagen, je näher der Hersteller am Verbraucher ist, desto weniger kann er ihm Märchen erzählen, weil dies für den Hersteller nämlich riskant ist, und das wiederum spricht für die regionalen Produkte. Was in der Region passiert, ist überschaubar, das kann man einschätzen, und man hat es vielleicht auch selbst schon einmal gesehen. Das ist bei einem anonymisierten globalen Produkt des Discounters nicht der Fall. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich bin überhaupt nicht gegen den Genuss von Spezialitäten, die nicht bei uns wachsen, aber es muss doch nicht der Apfel aus Neuseeland sein, wenn wir doch selbst über 800 verschiedene Apfelsorten in Deutschland haben!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. An diesem Beispiel sehen Sie, dass man ruhig die Vorzüge der Globalisierung genießen kann, aber bitte mit Augenmaß und mit Verstand. Es müssen der Spargel nicht im Januar und die Erdbeeren nicht im März gegessen werden. (Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, ein Thema, das wir in unserem Antrag noch nicht aufgegriffen haben, ist das Problem der Label- und der Siegelflut. Viele einzelne Regionen in Deutschland haben ihr eigenes Regionallabel eingeführt. Davon gehen einige besser, und manche gehen gar nicht. Diese Regionallabel für heimische Lebensmittel sind zwar gut gemeint, sie sind leider doch zu unterschiedlich und so häufig, dass sie schon wieder unübersichtlich sind. Hier muss die Politik noch eine Lösung finden. Ich bin auf das Ergebnis des Testlaufs des regionalen Fensters gespannt, das von der Bundesministerin Aigner ins Leben gerufen worden ist. Es ist übersichtlich. Wir müssen jetzt erst einmal abwarten, wie die Verbraucher in den verschiedenen Testregionen dies annehmen.

Lassen Sie mich jetzt noch konkret zu unseren Antragspunkten kommen. Erstens, wir möchten, dass der Senat eine Kampagne durchführt, die die Vorteile regionaler Lebensmittel den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt. Warum wir dies möchten, habe ich Ihnen eben schon erklärt. Zweitens, wir möchten, dass ein Konzept entwickelt wird, mit dem die Bremer Lebensmittelproduzenten bei ihrer Selbstvermarktung unterstützt werden. Wie diese Unterstützung oder dieses Konzept aussehen kann, haben wir gestern ja schon diskutiert.

Wir haben viele Milchbauern hier im Land Bremen. Eine Überlegung wäre zum Beispiel, dass es mehr Rohmilchtankstellen gibt. Da müsste man die Landwirte einfach noch weiter aufklären und ihnen vielleicht auch sagen, wie sie es besser umsetzen können. Genauso wäre vielleicht eine Idee, die man in die Diskussion einbringen könnte, die Kooperation mit dem niedersächsischen Landwirten oder Erzeugern, die praktisch die Attraktivität der Bremer stadtnahen Vorteile nutzen können, um daran partizipieren zu können. Es gibt viele Ideen. Diese Ideen müssen in einem Konzept zusammengeführt werden. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass die Unterstützung der Produzenten praktisch von der Landwirtschaftskammer organisiert wird.

Ich habe gehört, dass das Haus dem Antrag zustimmen wird, und das freut mich sehr. Ich bin gespannt auf Ihre Beiträge und bedanke mich für das Zuhören!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Saffe.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Imhoff, ich bin noch ganz angetan von dem Antrag. Mit Ihrem Antrag „Bremer essen regional“ rennen Sie bei uns natürlich offene Türen ein, Herr Imhoff. Ihr Antrag ist nicht nur aus den von Ihnen schon genannten Gründen, wie weniger Verkehr, Stärkung der Wirtschaftskraft vor Ort, Arbeitsplätze sichern und Klimaschutz, ganz besonders wichtig und nötig, sondern auch vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse bezüglich der Ernährungsskandale. Ich freue mich, dass diejenigen, die Ihrem Antrag heute zustimmen werden, erkannt und begriffen haben, was zu tun ist, und auch richtig abstimmen werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Bezug regional erzeugter Nahrungsmittel ohne lange Lieferketten, ohne lange Lieferwege, ohne viele Stationen auf diesen Wegen ist eine der nötigen Antworten, und zwar nicht nur auf die Lebensmittel- und Futtermittelskandale aus dem März, sondern überhaupt auf das völlig aus den Fugen geratene System der mittlerweile globalen und nicht mehr zu kontrollierenden Nahrungs- und Futtermittelproduktion.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dieses System setzt auf eine möglichst kostengünstige Erzeugung, auf Nichtrückverfolgbarkeit der Erzeugungs- und Lieferketten, auf Anonymität, schlicht gesagt, auf Masse statt Klasse und auf das Nichtwissen und auf die Gleichgültigkeit vieler Konsumenten. Der Bezug von in der Region erzeugten Produkten hingegen ist die Gegenbewegung dazu. Er kann wieder Bewusstsein schaffen für das, was es in der Region eigentlich gibt, und dafür, was unsere Landwirte eigentlich so bieten und was sie können. Das ist eine ganze Menge.

Wir sollten dies auch wieder wertzuschätzen und anzuerkennen wissen. Die Besinnung auf heimische Produkte kann dabei helfen. Die heimische Küche hat eine Menge zu bieten. Das zeigt ein Besuch auf den Wochenmärkten, wo Bäuerinnen und Bauern ihre lokalen Erzeugnisse anbieten. Für unsere Grundversorgung ist eigentlich vor allem von Frühjahr bis Herbst alles vorhanden, was der Mensch braucht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Oder Sie suchen direkt die Höfe auf, zum Beispiel im Blockland, in Borgfeld, Oberneuland, Bremen-Nord oder auch in Niedervieland! Es ist eine wunderbare Erfahrung, wieder zu lernen, welche kulinarischen Möglichkeiten hier vor Ort vorhanden sind, welche Gemüse- und Obstsorten wann ihre Zeit haben, und sich auch wieder darauf zu freuen. Ich möchte deshalb „Bremer essen regional“ um „Bremer essen auch saisonal“ ergänzen.

An dieser Stelle möchte ich auf die Saisonkalender für Obst und Gemüse hinweisen, die es in der Verbraucherzentrale und bei Umweltverbänden gibt. Sie geben genau Auskunft darüber, was wann seine Zeit hat. Ich zeige Ihnen den Saisonkalender der Grünen, den Sie kostenlos bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Schlachte bekommen können. Ich habe ansonsten auch einige mitgebracht.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Gibt es da auch Feldsalat? – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Gibt es da auch etwas zu essen?)

Ja, kann hier jemand sagen, wann Feldsalat seine Zeit hat?

(Heiterkeit)

Die Obst- und Gemüsesorten, über die dieser Saisonkalender Auskunft gibt, sind natürlich Erzeugnisse, die hier vor Ort angebaut werden, nicht irgendwo weit weg, und nicht mit dem Flugzeug herangeflogen oder mit dem Lkw herbeigeschafft werden.

Es gibt in Bremen und im Umland auch eine ganze Reihe von Höfen, auf denen Schweine, Hühner oder Kühe artgerecht und zum Teil sogar nach den strengen Bioland- oder Demeter-Richtlinien gehalten werden. Auch diese Höfe können aufgesucht werden. Wer dort sieht, wie mit den Tieren umgegangen wird, wie man ihnen ein Leben vor dem Tod gewährt, auch wenn sie dann für unsere Ernährung getötet werden, begreift, dass es eine Sache ist, Tiere in den Mastfabriken im Expresstempo zu mästen und zu quälen, aber eine ganz andere Sache, anständig mit den Tieren umzugehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Erfahrung macht man auch am einfachsten und am ehesten in der Region, und sie schafft Vertrauen und die Bereitschaft, für eine ordentliche Tierhaltung etwas mehr Geld auszugeben, als wir gemeinhin gewohnt sind.