Protocol of the Session on March 13, 2013

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir hier im Haus öfter beobachten, ist die Tatsache, dass man in relativ kurzen Abständen die immer gleiche Debatte wiederholt. Wie sich das eher negativ auf die beabsichtigte Aufmerksamkeit auswirkt, sieht man daran, dass wir hier beim letz ten Mal eine, wie ich finde, zwar kontroverse, sehr kritische, aber auch sehr inhaltsreiche Debatte vor vollen Besucherrängen besetzt mit wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studierenden aller Hochschulen geführt haben. Die pure Wiederholung dessen heute als Neuauflage in der Aktuellen Stunde lockt aber niemanden mehr in dieses Haus, weil es in der Tat niemanden interessiert, wenn wir uns hier als Parla mentarier permanent einfach nur wiederholen, sehr geehrter Herr Rupp, und das haben Sie heute getan.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es gibt in der Tat wenig Neues, es bleibt – und da

kann man an das Ende der Debatte beim letzten Mal direkt anknüpfen – eine kritische, schwierige Fra ge, wo wir uns auch als Regierungskoalition selbst verständlich kritischen Nachfragen stellen müssen, damals wie heute. Es bleibt aber auch dabei: Bis es überhaupt erst einmal ein Ergebnis der Gespräche zwischen Senat und Leitung der Jacobs University gibt – und das möchte ich ausdrücklich betonen und damit meinem Kollegen Herrn Kottisch beipflichten –, gibt es hier im Haus keine Entscheidung über eine weitere staatliche Finanzierung aus der bremischen

öffentlichen Hand, bevor man diese Kriterien nicht abgeprüft und die Verhandlungen nicht zu Ende geführt hat, ganz egal, was DIE LINKE hier auch immer behauptet.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Diese Kriterien und Bedingungen sind sehr inhalts

reich und vielfältig, sie sind vielleicht aus Sicht der der Jacobs University Zumutungen. Wenn die Jacobs University das so empfinden sollte, dann finde ich – zumindest kann ich das für unsere Fraktion sagen, ich bin mir aber sicher, auch für die Kollegen vom Koalitionspartner SPD –, es sind Zumutungen, die absolut notwendig sind. Wir brauchen Antworten auf alle diese Punkte, die der Senat aufgeschrieben hat, um zu wissen, wohin die Reise der Jacobs Universi ty aus ihrer Sicht gehen soll, und man kann sich vor keinem dieser Punkte drücken, die auf diesem Papier stehen, die, wie gesagt, auch veröffentlicht wurden.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es mir

sehr leid tut und dass ich es sehr problematisch fin de, dass auch die Studierenden, die Lehrenden, die Professoren und die wissenschaftlichen Mitarbeiter aus allen Ländern dieser Erde quasi immer für den Misserfolg des wirtschaftlichen Modells mit an den Pranger gestellt werden. Dieses Haus täte gut daran – und es hat dies auch schon mehrfach bekundet –, dass wir die Studierenden völlig uneingeschränkt hier in Bremen willkommen heißen, dass wir froh sind, dass sie da sind, dass es sich um exzellente Forsche rinnen und Forscher und Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer handelt und dass wir es nicht zulas sen, dass in einer Debatte über die Frage, wie sich eine solche Universität finanziert, hier gleichzeitig mehrere Tausend Studierende und mehrere Hundert Lehrende in eine Ecke gestellt und abgedrängt wer den. Diese Botschaft aus diesem Haus ist vollkommen verkehrt, finde ich. Bremen braucht Studierende und Lehrende aus allen Ländern, sie kommen hierher, und wir heißen sie herzlich willkommen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Kommen wir nun zu dem Geschäftsmodell! Ich

habe mir ein paar Debattenstatements aus der An fangszeit damals noch der International University angeschaut. Diese Euphorie und diese Aussicht, dass eine Anschubfinanzierung reicht – wo leider der DMark- und der Euro-Begriff immer ein bisschen ver wechselt werden, die genannte Anschubfinanzierung war damals in D-Mark ausgewiesen, aber immerhin war es auch in Euro eine sehr stolze Summe –, ist heute weg, weil sich gezeigt hat, und da komme ich zu einem springenden Punkt, dass sich auch die re gionale, die bundesweite, vielleicht sogar die euro päische, aber wir sind jetzt nun einmal in Bremen,

) Vom Redner nicht überprüft.

auch die bremische Wirtschaft nur in einem unzurei chenden Maße an diesem Experiment beteiligt hat.

Ich möchte immer noch sehr gern auch von der

Handelskammer in Bremen hören, was sie eigentlich macht, die doch als Wirtschaft sozusagen im Zentrum der Idee einer auch an die Wirtschaft gekoppelten privaten Universität steht, was sie eigentlich meint, warum dieses Modell so schlecht dasteht, dass jetzt am Ende ausschließlich die Jacobs-Stiftung, die bre mische öffentliche Hand und der bremische Steuer zahler eintreten sollen, während die Beiträge aus der Wirtschaft wirklich sehr weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Hier würde ich mir von der Handelskammer auch einmal im Klartext ein paar Worte wünschen, die bisher vollkommen ausbleiben, und das finde ich sehr bedauerlich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meines Erachtens kann das Modell ohne das Enga

gement der bremischen Wirtschaft nicht funktionie ren. Ich kann mir nichts dafür kaufen, dass die Damen und Herren der Handelskammer in Sonntagsreden verkünden, dass sie zwar hinter solchen Modellen stehen und immer auch ein bisschen andeuten, dass die staatlichen Wissenschaftseinrichtungen ja nicht so ganz das wären, was sie sich vorstellten, aber dann, wenn es darum geht, hier durch Investitionen und Beiträge auch von Unternehmen, durch Aufträge in die Forschung, durch Sponsoren, durch andere wirtschaftliche Beiträge die Wirtschaft dann auch praktisch und nicht nur rhetorisch einen Beitrag zu diesem Modell zu leisten – –.

Ich glaube, eine private Universität ohne das Enga

gement dieser Wirtschaft, nur mit dem Engagement – nur in Anführungszeichen, es sind viele Hundert Millionen Euro – einer Familie und deren Stiftung und dem Rest des Bedarfs von der öffentlichen Hand kann so nicht funktionieren. Hier haben wir ein ganz großes Defizit, das wir an dieser Stelle beklagen müs sen, und das könnte möglicherweise auch heißen, wenn die Wirtschaft sich so verhält, dass es für die se Universität in dieser Konstellation in der Tat sehr schwierig wird. Hier müssen wir meines Erachtens neben den Punkten, die der Senat aufgeschrieben hat, auf Antworten drängen.

Lassen Sie mich noch etwas zu einem letzten

Punkt sagen! Es gibt definitiv keinen Nutzen von dieser Debatte für die öffentlichen Hochschulen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN. Wenn wir die öffentlichen Hochschulen meinen, das dortige Personal, die Investitionen in Gebäude, die Infrastruktur und die Studiengänge, dann müssen wir über die öffentlichen Hochschulen reden und schauen, was wir dort tun können. Es wird auch schon sehr viel getan, vielleicht muss es noch mehr sein, aber das wird Gegenstand der Haushaltsbera tungen und vieler anderer Beratungen sein.

Die Jacobs University schlechtzureden bringt kei

nem Studierenden einen besseren Studienplatz und bringt keinem Dach an einer öffentlichen Hochschule, durch das es regnet, irgendeine Besserung, sondern das müssen wir mit den öffentlichen Hochschulen klären. Das wird keineswegs auch nur im Ansatz besser, wenn wir uns hier auf die Jacobs University konzentrieren, und deswegen sollten wir beides tun: Wir sollten die öffentlichen Hochschulen fördern mit allem, was wir haben, weil sie ein zentraler Baustein unserer Zukunftsfähigkeit sind, und gleichzeitig schauen, ob es für die Jacobs University in dieser Form in Bremen eine Zukunft geben kann. Hier wird es in der näheren Zukunft Ergebnisse von Gesprä chen geben, und ich glaube, dass wir dann einen Schritt weiter sind in der Bewertung dieser Fragen.

Im Zentrum der bremischen Politik, schon gar der

Wissenschaftspolitik, stehen aber unsere bremischen öffentlichen Hochschulen, und denen gilt dort un sere Aufmerksamkeit, wenn es an die Haushalts beratungen und an viele andere Beratungen geht. Hören Sie damit auf, diese Dinge alle in einen Topf zu werfen und den Lehrenden und Studierenden an den Hochschulen zu suggerieren und weiszu machen, dass diese Politik, die Sie betreiben, ihnen irgendetwas nützt! Wir haben einen anderen Plan. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das

Wort der Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Herr Präsident, meine

Damen und Herren! Die Jacobs University ist be kanntlich eine private Institution in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH, also einer gGmbH. Das heißt mit anderen Worten, die Prüfung des Jah resberichts und den Lagebericht legt nicht die Freie Hansestadt Bremen vor, sie wird auch nicht mit uns abgestimmt. Wir erhalten allesamt detaillierte Kennt nis mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger, und das dauert eben eine gewisse Zeit, und deswegen wurde der Jahresabschluss 2011 und der Fehlbetrag, der sich daraus ergibt, auch erst am 26. Februar 2013 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Die Tatsache eines Defizits und auch die Höhe

des Defizits waren für niemanden überraschend, übrigens auch nicht für DIE LINKE. Ich habe mir noch einmal Ihren Antrag angeschaut, den Sie im November letzten Jahres gestellt haben. Dort haben Sie dankenswerterweise ein Schaubild eingefügt, auf dem Sie den Jahresfehlbetrag zwischen den Jahren 2006 und 2010 dargestellt haben, und er lag in dieser Zeit immer bei circa 20 Millionen Euro. Er betrug im Jahr 2009 24,4 Millionen Euro, im Jahr 2010 20,4 Millionen Euro und jetzt im Jahr 2011 23 Millionen Euro. Es ist ein strukturelles Defizit, das

darf man aus dieser Reihe schon ableiten, das diese Universität hat.

Sie befindet sich übrigens nicht in einer ganz spe

zifischen Situation. Vielleicht haben Sie vorgestern dazu einen größeren Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen. Darin wird dargestellt, dass eigent lich alle Einrichtungen dieser Art in Deutschland in einer ähnlichen Situation sind. Die Überschrift über diesem Artikel lautet, wie ich finde, durchaus treffend: „Die Bildungsbettler. Private Unis sollten die Wissen schaft beleben, doch Finanzprobleme beschädigen ihren Ruf. Immer wieder muss der Staat aushelfen, denn es fehlt an Spendern und Gebührenzahlern.“ Soweit die Überschrift der „Süddeutschen Zeitung“!

In diesem Artikel findet die Jacobs University auch

prominente Erwähnung, übrigens unter anderem mit dem Hinweis darauf, dass sie sich von anderen Universitäten insofern unterscheidet, als sie neben Sozialwissenschaften auch von Anfang an auf kos tenintensive Ingenieurs- und Naturwissenschaften gesetzt hat. Wer einmal auf dem Campus war, der weiß, dass das Labore bedeutet und ein ganz kos tenintensiver Apparat ist, der aber natürlich auch für die weltweite Attraktivität einen Beitrag leistet, das muss man in dieser Stelle hinzufügen.

Dem besagten Artikel in der „Süddeutschen Zei

tung“ können Sie auch weiter entnehmen, dass sich mit dieser Frage, mit der wir uns hier beschäftigen, auch andere Landtage in früheren Zeiten beschäftigt haben. Dort gibt es ganz prominente Entwicklungen wie die Universität in Witten/Herdecke, die einmal ohne öffentlichen Zuschuss angefangen hat und bei der das Land Nordrhein-Westfalen mittlerweile mit seinem Zuschuss bei einem Anteil am Etat von fast 70 Prozent angelangt ist.

Wir haben allen Grund, uns ernsthaft damit aus

einanderzusetzen. In der Sache bleibt es bei dem, was ich für den Senat hier an anderer Stelle schon einmal zu anderer Zeit vorgetragen habe, nämlich das, was Frau Bürgermeisterin Linnert und ich in einem Papier niedergelegt haben. Die Jacobs Uni versity leistet einen beachtlichen Beitrag zum Erfolg und zur Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Bre men. Wir freuen uns, und es ist eine Bereicherung in jeder Hinsicht, dass über 1 000 Studierende aus aller Welt in Bremen sind. Genauso ist aber klar, dass diese Universität – und ich möchte das ausdrücklich sagen – nicht nur eine neue finanzielle Perspektive braucht, ein neues finanzielles Fundament, sondern weil es sich um ein strukturelles Defizit handelt, sie braucht auch eine Neuausrichtung, getragen von einer sicheren finanziellen Grundlage, die eine neue Konzeption dieser Universität bedeutet.

Es ist richtig, das ursprüngliche Geschäftsmodell

ist nicht erfolgreich gewesen, und man wird heute sagen, es kann auch nicht erfolgreich sein. Das Po chen auf einen Kapitalstock im Sinne von „man möge etwas ansammeln“, ist angesichts dessen, was man

über den Verbrauch der bisherigen 200 Millionen Euro Spende von Jacobs hört und weiß, keine Per spektive. Die Perspektive muss sein, wir brauchen eine private Universität, die mit den Einnahmen, die sie hat, auch die Ausgaben bestreiten kann, die sie braucht, um eine weltweit attraktive Universität zu sein. Ich wiederhole hier, ich habe es in der Debat te im November oder Dezember auch schon gesagt, ich und der Senat nehmen nicht Abschied von der Gründungsvorstellung – und übrigens auch nicht von dem Argument einer bremischen Anschubfi nanzierung von 230 Millionen DM –, wir wollen eine private Universität auf den Weg bringen, die sich, jedenfalls in der Zukunft, mittelfristig ohne öffent liche Unterstützung behaupten kann.

Eines ist klar, ich wiederhole es noch einmal, Bre