Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Arzt habe ich gelernt, dass vor einer wirksamen Therapie eine differenzierte Diagnose steht. Deshalb ist – bevor wir uns darüber unterhalten können, was denn im Zusammenhang mit den Problemen der GeNo eine wirksame Therapie ist – eine detaillierte und realistische Diagnose der Probleme unvermeidbar, sie ist zwingend.
Ich habe mit großer Zufriedenheit heute wahrgenommen, dass im Hinblick auf die Beschreibung der Probleme, also die Diagnose, hier in diesem Hause eigentlich so gut wie keine Differenzen bestehen. Herr Röwekamp hat ja in seinem Beitrag ausdrücklich hervorgehoben, dass er die in der Senatsvorlage dargelegte Problematik in der Einschätzung voll und ganz teilt. Das ist eine gute Basis, um über die dann daraus
abgeleitete wirksame Therapie gemeinsam zu reden und so weit, wie es eben möglich ist, auch gemeinsame Maßnahmen zu entwickeln.
Herr Röwekamp hatte auch dargelegt, dass es nicht nur hausgemachte Probleme sind, sondern eben auch bundesweite Probleme. Das sage ich auch noch einmal in die Richtung der übrigen Mitglieder der CDU-Fraktion, weil bei einem anderen Redner dieser Hinweis eher kritisch kommentiert worden ist. Ich verstehe das so, dass es eigentlich, zumindest auf der Ebene der Fraktionsspitzen und der gesundheitspolitischen Sprecher, was diese Einschätzung angeht, auch Einvernehmen gibt.
Das kann auch gar nicht anders sein, weil in der Frage der unzureichenden Systematik der Finanzierung der Krankenhäuser in Deutschland heute nicht nur länderübergreifend – darauf ist ja schon hingewiesen worden –, sondern auch parteiübergreifend Einigkeit besteht.
Die Tatsache, dass das reiche Bayern über seine Bundestagsabgeordneten auf der Klausur in Wildbad Kreuth eine Milliarde Euro Nachschlag von der eigenen Regierung fordert, zeigt ja schon, dass wir hier tatsächlich auch aus deren Sicht ein ernsthaftes Problem haben. Man muss an der Stelle allerdings auch sagen, dass der gesundheitspolitische Sprecher der CDU im Deutschen Bundestag, Jens Spahn, in allen seinen öffentlichen Äußerungen bis zum heutigen Zeitpunkt eine offene Diskussion über die Finanzierung der deutschen Krankenhäuser abgelehnt hat. Es kann also nicht davon gesprochen werden, dass die heutige Bundesregierung die Bereitschaft zeigt, die strukturelle Unterfinanzierung der deutschen Krankenhäuser anzugehen und hier einen Ausweg aufzuzeigen.
Das ist deshalb besonders bedenklich, weil anders als bei anderen ehemaligen öffentlichen Betrieben – wie zum Beispiel der Deutschen Bahn, die ihre Kostensteigerungen, zum Beispiel im Rahmen von Tarifabschlüssen, durch Preisaufschläge bei den Tickets refinanzieren kann – den Krankenhäusern in Deutschland ein solcher Weg versperrt ist. Wir haben nämlich politisch administrierte gedeckelte Preise und Erlöse für die Krankenhausleistungen, während wir bei der Kostenentwicklung keinerlei Bremse haben. Das ist das strukturelle Problem bei der Finanzierung der deutschen Krankenhäuser, und diese ist überall unauskömmlich. Auch das hat Herr Röwekamp dargelegt, und er hat auch mit dieser Diagnose vollständig recht, wir sind uns einig.
Ich darf vielleicht hier erwähnen: Von der strukturell unzureichenden Finanzierung der Krankenhäuser in Deutschland sind nicht nur, auch nicht vor allem die kommunalen Krankenhäuser betroffen, sondern es trifft vor allem die kleinen, freigemeinnützi
gen Krankenhäuser in Deutschland in der Fläche. Das ist der Grund, warum in Niedersachsen heute mehr als 50 Prozent der kleinen Krankenhäuser rote Zahlen schreiben und kurz vor der Insolvenz stehen. Das ist der Grund, warum zum Beispiel im Landkreis Vechta die vier Krankenhausstandorte eines katholischen Krankenhausträgers vor der Insolvenz stehen und der katholische Krankenhausträger die Entscheidung getroffen hat, zwei Standorte zu schließen in der Hoffnung, mit dieser Konzentration auf die anderen beiden Standorte das Problem der Insolvenz lösen zu können.
Möglicherweise ist das eine vergebliche Hoffnung, aber – und das ist mir wichtig an dieser Stelle zu sagen – es sind finanzielle Probleme, die nichts zu tun haben mit der kommunalen Trägerschaft, sondern die vor allem in der Breite Krankenhäuser aller Träger, inzwischen ja sogar private Krankenhausträger, in Sorge treiben. Also, wir haben ein Problem, das gelöst werden muss, und soweit die politische Debatte auf der Bundesebene verfolgt werden kann, ist die jetzige Bundesregierung nicht bereit, bis zur nächsten Bundestagswahl ihren Beitrag zur Lösung dieser Probleme zu leisten.
Wir haben in den kommunalen Krankenhäusern aber tatsächlich ein Problem im Wettbewerb mit den nicht kommunalen Krankenhäusern. Das liegt vor allem daran, dass in den kommunalen Krankenhäusern die Tarifauseinandersetzungen ausgetragen werden, bis hin zu Streikmaßnahmen, die dann zu Tarifsteigerungen/Lohnsteigerungen im Gesundheitsbereich führen. Das führt in den kommunalen Krankenhäusern dazu, dass uns streikbedingt Erlöse wegbrechen, während in den nicht kommunalen Krankenhäusern, in den Tendenzbetrieben nicht gestreikt werden darf. In dieser Zeit kann natürlich weitergearbeitet werden, sogar zulasten der kommunalen Krankenhäuser, weil ein Teil der Patienten die Entscheidung trifft, nicht zu warten, sondern sich stattdessen in einem freigemeinnützigen Krankenhaus behandeln zu lassen.
In anderen kommunalen Krankenhäusern in Deutschland geht man mit den Problemen, die wir gerade hier besprechen, auch so um, dass man zum Beispiel Notlagentarifverträge mit den Beschäftigten abschließt, wie zum Beispiel bei den städtischen Vivantes-Kliniken in Berlin. Bremen hat auf Notlagentarifverträge verzichtet, weil es eine besondere soziale Verantwortung auch für die Beschäftigten in den kommunalen Kliniken für wichtig hält.
Wir haben auch auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet, die ja zum Beispiel im Rahmen der Zentralisierung der bettenfernen Bereiche auch rechtlich möglich gewesen wären. Wir haben auch heute vor allem ein Problem der relativ starken Personalausstattung in den bettenfernen Bereichen, die man mit dem Instrument der betriebsbedingten Kündigung kurzfristig vielleicht hätte besser lösen können, aber auch hier gilt, der kommunale Träger fühlte sich ver
pflichtet, aus sozialer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern das Instrument der betriebsbedingten Kündigung nicht zu nutzen.
Richtig ist, auch das hat Herr Röwekamp richtig gesagt, die negativen Umfeldbedingungen, die sich durch Rahmensetzung auf der Bundesebene für uns alle ergeben – alle Krankenhäuser in Deutschland, auch alle Krankenhäuser in Bremen und Bremerhaven, da gibt es überhaupt keine Differenzen zwischen verschiedenen Trägergruppen –, also diese Probleme allein erklären einen Teil unserer Probleme in der GeNo, aber nicht alle. Es gibt auch die hausgemachten Probleme, und wenn man das Klinikum Bremen-Mitte als das größte Krankenhaus nimmt, dann muss man sagen: Der Keimvorfall im Klinikum Bremen-Mitte hat im vorletzten Jahr bei den Fallzahlen massiv negativ durchgeschlagen.
Dies ist nicht so sehr der Fall bei den Patienten, die besonders schwer erkrankt waren. Diese kommen nämlich nach wie vor in die städtischen Kliniken, weil sie gar keine Alternative haben. Bei den Patienten der sogenannten Grundversorgung, also bei den leichter erkrankten Patienten, müssen wir feststellen, dass nicht zuletzt aufgrund der Keimproblematik immer mehr Patienten die Entscheidung getroffen haben, sich an anderen Standorten behandeln zu lassen und nicht in den kommunalen Kliniken. Wir haben es also hier mit einem deutlichen Vertrauensverlust zu tun, und es muss eine unserer Hauptaufgaben sein, diesen Vertrauensverlust zu korrigieren, wieder Vertrauen der Öffentlichkeit für unsere Kliniken herbeizuschaffen.
Wir haben auch weitere Probleme, auch im Klinikum Mitte. Wir haben im Klinikum Mitte einen hervorragend ausgestatteten großen OP, der nicht vollständig genutzt wird und nicht vollständig genutzt werden kann, weil das Management der OP-Nutzung defizitär ist.
Diese Unterauslastung des OP führt zu Erlösminderungen, die vermeidbar wären, es ist also ein konkretes Problem, das man angehen muss und das auch angegangen werden kann.
Dann haben wir ein Problem in der GeNo, das etwas mit Mängeln in der Geschäftsführung zu tun hat. Wir haben die Zentralisierung der bettenfernen Bereiche beschlossen, wir haben sie durchgesetzt. Wenn man aber von einer Struktur in eine andere übergeht,
dann braucht man das, was in der Literatur in der Regel als Change Management bezeichnet wird, das heißt, diese Umwandlungsprozesse von einer Struktur in die nächste müssen durch intensive Managementbegleitungen glatt und gängig gemacht werden. Diese Umwandlungsprozesse sind nicht in ausreichender Weise begleitet worden, und unter den Fehlern und Problemen, die sich daraus ergeben, leidet die GeNo heute noch. Das ist eine wichtige Aufgabe für die nächste Zeit.
Bremen-Mitte ist eigentlich ein Standort, der aufgrund seiner Leistungsstruktur gesund sein kann und gesund sein muss und auf dessen starken Schultern die gesamte GeNo eigentlich ruhen könnte. Das sieht am Standort Bremen-Nord anders aus. Am Standort Bremen-Nord haben wir aufgrund der Größe des Hauses und dessen Struktur ein dauerhaftes strukturelles Problem. Dahinter stehen nicht so sehr falsche Entscheidungen des Managements, sondern dahinter steht ein standortbezogenes, wahrscheinlich kaum zu korrigierendes Problem.
Das heißt nicht, dass das Klinikum Bremen-Nord überflüssig wäre. Das Klinikum Bremen-Nord erfüllt eine echte, wichtige Grundversorgungsaufgabe im Norden dieser Stadt, und Bremen-Nord hat eine wesentliche Aufgabe auch im Gesamtverbund der GeNo, was die Organisation des nahtlosen Übergangs aus der Grundversorgung in die Schwerpunktversorgung an den anderen Standorten angeht. Deshalb ist der Standort Bremen-Nord trotz dieser strukturellen Probleme dauerhaft unverzichtbar,
und deshalb gilt die Aussage des Senats nach wie vor: Alle vier Standorte haben eine Bestandsgarantie. Außerdem habe ich heute mit großer Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass Sie, Herr Röwekamp, von Ihrer alten Forderung, einen Standort zu schließen – das hatten Sie in der letzten Legislaturperiode mehrfach hier vorgetragen –, inzwischen offenbar Abstand genommen haben.
Dass wir nur die aktuellen Liquiditätsprobleme mit dem Senatsbeschluss zum unechten Cash-Pooling und der Eigenkapitalerhöhung gelöst haben, dass damit aber nichts Nachhaltiges mittel- oder langfristig gewonnen ist, kann man in dem Beschluss des Senats selbst lesen, und der Vortrag, dass es so ist, fügt dem Erkenntnisstand nichts Neues hinzu, darin sind wir uns alle einig. Inwieweit das aber ein Taschenspie
lertrick ist, vermag ich nicht zu erkennen, denn dass beide Instrumente nur die Liquidität verbessern sollen, ist ausdrücklich benannt.
Hat sich die Prognose der CDU aus dem Jahr 2008 bestätigt, dass das alles auf Sand gebaut war? Aus meiner Sicht nicht, denn im Jahr 2008 haben wir sowohl im Hinblick auf die Erlöse als auch im Hinblick auf die Kostenentwicklung für die nächsten Jahre eine Prognose zugrunde gelegt, die sich auf realistischen Annahmen stützte, und die Prognose war in ihrer Validität nicht vom BDO, wie Sie gesagt haben, sondern von PWC seinerzeit geprüft und für valide erachtet worden.
Was sich nach dem Jahr 2008 nicht bestätigt hat, war die prognostische Annahme der Entwicklung der Kostenstruktur, vor allem der Personalkosten. Wir hatten die Entwicklung der Tarifabschlüsse für die letzten zehn Jahre vor dem Jahr 2008 empirisch zugrunde gelegt und haben angenommen, dass wir die vorherigen zehn Jahre als Durchschnitt für die kommenden zehn Jahre hochrechnen können. Das haben alle deutschen Krankenhäuser gemacht, und diese Annahme ist an der Realität gescheitert, weil die Tarifabschlüsse, vor allem im Bereich des Marburger Bundes für die Ärzte, eine ganz andere Dimension hatten, als jeder überhaupt nur erahnen konnte. Insoweit kann man nicht sagen, dass Sie im Jahr 2008 recht hatten. Man kann und muss es anders formulieren: Die bundesweiten Prognosen im Hinblick auf die Kostenentwicklung im Krankenhaus sind so nicht eingetreten.
Zur Frage der vier Wochen! Ich habe versucht darzulegen mit den Hinweisen auf einzelne Problemfelder, dass die Schwierigkeiten in der GeNo relativ kompliziert und komplex sind. Hier innerhalb von vier Wochen eine wirksame Therapie zu entwickeln und zu präsentieren wird zu nichts führen.
Ich rede jetzt über die Phase und die Zeit, die ich selbst überblicke und zu denen ich mich überhaupt nur äußern kann! Die Probleme, die wir haben, müssen so mit den Maßnahmen verkoppelt werden, dass klar ist, dass wir mit dem, was wir dort tun, auch die Ziele erreichen, die wir erreichen wollen, und das kann man nicht in vier Wochen machen, dazu brauchen wir länger Zeit.
Wir werden deshalb im Mai oder Juni den Senat mit einer Beschlussvorlage befassen, in der sehr konkret und dann auch nachvollziehbar einzelne Problembereiche unterlegt mit einzelnen Projekten dargelegt werden und es für alle nachvollziehbar sein wird, dass
dieser Weg in eine dauerhafte, nachhaltige Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage der GeNo führen wird. Wir haben drei Problembereiche, die wir in dieser Beschlussvorlage angehen müssen, das ist zum einen das Problem der Defizite in unserem Kerngeschäft der Krankenversorgung. Diese Defizite im Bereich des Kerngeschäfts der Krankenversorgung liegen nicht bei 33 Millionen Euro, sondern sie liegen im Jahr 2012 bei 14 Millionen Euro. Von den 14 Millionen Euro fangen wir mit den 10 Millionen Euro jetzt den größten Teil auf, ein Teil bleibt bei der GeNo. Die Differenz zwischen 14 Millionen Euro und 33 oder 34 Millionen Euro liegt in der Finanzierung der Investitionen im Klinikum Mitte. Die GeNo wird auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, über ihr Kerngeschäft Zinsen und Tilgungen für diese Kredite zu finanzieren. Wir brauchen deshalb ein Paket, das eine dauerhafte Finanzierung dieser Investitionen sichert. In welchem Umfang und vor allem mit welchen Wegen, mit welchen Instrumenten das zu realisieren ist, wird zurzeit intensiv geprüft. Dass man auch das nicht innerhalb von vier Wochen machen kann, wird jedem klar, wenn er die Kompliziertheit des EU-Beihilferechts zugrunde legt.
In Ordnung! Die zukünftigen Investitionen, die noch vor uns liegen, vor allen im Klinikum Bremen-Ost, sind ein weiteres Problem, das wir lösen müssen. Zusammengefasst: Wir haben eine Perspektive aufzeigt, die realistisch ist, wir haben die Probleme beschrieben, aber wir haben die Instrumente zur Lösung dieser Probleme noch nicht präsentiert, weil sie noch nicht präsentiert werden können. Wir werden dies im Mai oder Juni machen, und die Debatte darüber, ob das ein solider Weg ist und was das für die Zukunft der Kliniken bedeutet, werden wir im Mai oder Juni führen. Alles, was zu dieser Frage heute beigetragen wurde, ist Polemik, ist nicht gestützt durch Entscheidungen des Senats, trägt auch zu einer sachlichen und problemlösungsorientierten Debatte wenig bei, aber ich darf trotzdem sagen, ich bin froh, dass wir im Hinblick auf die Diagnose der Probleme eine offenbar weitgehende Einigkeit zwischen allen Fraktionen haben. – Ich danke Ihnen!