Er liegt Ihnen vielleicht auch wirklich fern, das ist das Erschreckende, das Traurige. Sie müssen die Grundlage in einer guten Bildungspolitik legen, davon, das wissen wir, verstehen Sie auch nicht so viel. Sie haben dann eine gute Ausbildung anzuschließen und dann die Schaffung von Arbeitsplätzen. Das sind große Defizite der bremischen Politik, und die haben Sie als Sozialdemokraten im Wesentlichen zu verantworten. Da können Sie lamentieren, solange Sie wollen.
Das sind Fakten, die Ihnen jeder von außen auch bestätigen wird. Wir wollen, um jetzt auch noch etwas versöhnlich zu werden,
wir wollen auch nicht so brutal sein wie Sie als Koalition. Die LINKEN haben hier einen Antrag vorgelegt, und das tut mir innerlich schon fast so ein bisschen weh, aber darin steht auch etwas Richtiges. Diesen Antrag werden wir noch nicht einmal ablehnen, sondern wir werden uns enthalten.
Der Hinweis ist ja richtig, Sie werden im Rahmen der Haushaltsberatungen diese Projekte finanziell auch unterfüttern müssen, aber diese Projekte von den LINKEN – und da springen sie wieder zu kurz –, sind ja eben nicht alles. Wie sieht es denn im Bereich der Qualifizierungen aus, im Bereich der Bildung? Die Koalition hat ja nun gerade gestern hier vorgeführt, wie sie eben keine gute Bildungspolitik macht. Ich darf an das Beispiel Grundschule Pfälzer Weg in Osterholz-Tenever erinnern.
Frau Garling, Sie brauchen hier jetzt kein langgezogenes „Ah“ in den Raum zu werfen. Das ist schlicht und einfach das Gegenteil von zukunftsorientierter Politik, und Sie haben eben wieder an den Tag gelegt, dass es Ihnen in Wahrheit um Überschriften geht, aber nicht um profunde Inhalte. – Vielen Dank!
(Beifall bei der CDU – Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sehr inhaltsreich fand ich das eben nicht!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kollegin––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nen und Kollegen! Ich wollte mich eigentlich nicht melden, aber zwei, drei Äußerungen, auch die Frage des Kollegen Möhle, wie es eigentlich sein könne, dass wir in einer wirtschaftlich reichen Region lebten und trotzdem relativ viele Leute armutsgefährdet seien, haben mich doch noch einmal dazu bewogen, das eine oder andere zu sagen.
Erstens: Das Wunderheilmittel Arbeitsplätze wird in der Wirtschaft geschaffen. Wir haben auch öffentliche und kommunale Arbeitgeber, das heißt, auch da gibt es Arbeitsplätze, und man kann dort Arbeitsplätze schaffen.
Zweitens: Wenn ich die Entwicklung in den letzten zehn Jahren, also die Lohnstückkosten und die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben betrachte, dann ist die Anzahl der Arbeitsplätze, vor allen Dingen der qualifizierten Arbeitsplätze, nicht gestiegen, sondern jedes Jahr weiter gesunken. Wir haben es mit zwei Dingen zu tun. Wir haben es mit einer Automatisierung, mit der Einführung von EDV zu tun, also mit Rationalisierung, und wir haben es über die Senkung der Zahlen der Arbeitsplätze auch mit einer vergleichsweise intensiven Entwicklung der Tarifflucht, Minijobs und so weiter zu tun.
Zu behaupten, eine einzelne Landesregierung könnte gegen diese Konzepte irgendetwas unternehmen, finde ich schwierig. Das, glaube ich, kann keine Landesregierung dieser Bundesrepublik, vielleicht können es die Bayern, ich weiß es nicht. Wahr ist aber auch, dass diese Entwicklung durch die rot-grüne Bundesregierung seit dem Jahr 1998 begünstigt worden ist. Ich nenne einmal Hartz IV, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, Steuersenkungen und Privatisierungen. Deswegen ist es jetzt richtig, darüber nachzudenken, wie man es wieder anders regelt.
Ich weise darauf hin, dass wir in der Tat dieses Problem nicht allein durch die Projekte lösen, die wir aufgelistet haben. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass selbst diese Projekte in den letzten Monaten, in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen gefährdet waren. Wenigstens bei denen, das hätte ich jetzt gedacht, kann man sagen, das ist unsere politische Absicht, diese wollen wir erhalten, es stehen ja auch noch keine Zahlen darin, das ist die rote Linie, die wir nicht unterschreiten. Diese Projekte werden erhalten. Ich hatte gehofft, dass man solch einem Antrag hier zustimmen kann. Das das nicht reicht, ist klar!
Wir müssen über die Zunahme von Leiharbeit sprechen und wie man sie begrenzen kann. Wir müssen über prekäre Beschäftigung, Minijobs, Niedriglöhne oberhalb des Mindestlohns, aber eben knapp darüber, reden. Wir müssen uns über Arbeitsmarktpolitik unterhalten. Reicht es eigentlich noch, hier und da diesen und jenen Kleinkram zu machen? Gibt es nicht eine
Chance für irgendeine Form auf dem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor für existenzsichernde Löhne? Wir müssen über Auslagerungen in verschiedenen Werken reden. Wir führen ja jetzt gerade die Debatte über die Lloyd Werft, wo die Menschen sozusagen irgendwie abgeschoben oder gezwungen werden, niedrigere Löhne zu akzeptieren.
Wir müssen auch über den Personalabbau im öffentlichen Dienst und in den Krankenhäusern sprechen. Ist das wirklich günstig für die Entwicklung der Armut in Bremen? Wir müssen über die Stadtteilprojekte reden. Wir müssen auch darüber reden, welche Chancen die Rekommunalisierung bietet. Es darf kein Wirtschaftsbetrieb entstehen, der gnadenlos auf Profit ausgerichtet ist und der deswegen seine Beschäftigten schlecht bezahlt und möglichst viele entlässt. Ich sehe in der Rekommunalisierung auch eine Chance, in bestimmten Bereichen auch wieder vernünftige Arbeitsplätze zu schaffen.
Das alles müssen wir berücksichtigen, deswegen erinnere ich noch einmal daran. Wenn wir Arbeitsarmut ernst nehmen und ernsthaft bekämpfen wollen, werbe ich noch einmal dafür, unsere Idee von vor einigen Jahren aufzugreifen, nämlich die eines Masterplans zur Armutsbekämpfung. Das hört sich vielleicht nur wie ein Schlaglicht an, aber ist es nicht so, dass genau das gefordert ist, dass wir auf unterschiedlichen Ebenen, mit unterschiedlichen Facetten an unterschiedlichen Strängen ziehen müssen, um überhaupt den Hauch eines Erfolges zu haben?
Es ist meine Bitte, dass wir dieses Thema noch einmal aufgreifen mit der Palette, die wir in unseren Antrag geschrieben haben, und mit den Dingen, die ich eben noch gesagt habe, und da kommt bestimmt noch etwas hinzu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Rohmeyer, wenn Sie wenigstens gesagt hätten, sozial ist, was Arbeit schafft, von der man leben kann, dann wäre ich Ihnen viel näher.
Das Problem ist, dass wir Arbeitsplätze brauchen, die nicht mit einer Aufstockung von staatlicher Seite begleitet werden. Das sind unbeschreibliche Kosten, die wir im Sozial- und Arbeitshaushalt am Ende des Tages nämlich zu bewältigen haben. Das hat damit ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
etwas zu tun, dass in der Tat Arbeitsplätze eben nicht ausreichend be- und entlohnt werden. Hätte ich gewusst, dass die LINKE mit ihrer staatssozialistischen Wirtschaftstheorie argumentiert, wenn man über die Wirtschaft redet, hätte ich vielleicht einen anderen Einstieg gewählt, das muss ich ehrlich sagen, weil das, was Herr Rupp hier vorträgt, weit von dem entfernt ist, wie ich mir die Wirtschaft vorstelle.
Ich glaube, wir brauchen eine vernünftige Privatwirtschaft, und wir brauchen soziale Leitplanken, die diesen Kapitalismus bändigen, denn sonst könnten wir hier die Fahnen hissen und sagen,wir wollen eine Revolution machen, und ich bin nicht mehr dafür.
Ja, ja, das meine ich schon so! Es gab Zeiten, da habe ich das genauso gesehen, und ich kann Ihnen versichern, ich habe Karl Marx sehr gründlich gelesen und „Das Kapital“ auch. Ich sage Ihnen, in der Analyse steht vieles ökonomisch Vernünftiges. Tun Sie nicht so, als wäre das alles Unsinn, was Karl Marx in seiner Analyse geschrieben hat! Die Frage ist, was man daraus macht. Ich bin heute an dem Punkt angekommen, dass ich sage, jawohl, die Privatwirtschaft ist in Ordnung, aber sozialpolitische Leitlinien müssen wir definieren, weil wir sonst genau das bekommen, was Hedgefonds und ähnliche Modelle machen, und das wollen wir aus sozialpolitischen Erwägungen heraus nämlich gerade nicht.
Lassen Sie mich dann auch noch einen Punkt ansprechen: Bremen hat in der Wirtschaftsförderung sehr große Fortschritte gemacht, und da will ich im Übrigen die Zeit der Großen Koalition auch nicht einfach nur schlechtreden.
(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Warum schau- en Sie uns dabei immer an, die SPD war auch in der Großen Koalition!)
Mit Ihnen jedoch, Herr Röwekamp, rede ich über solche Dinge immer außerordentlich gern. Es gibt da auf jeden Fall ein paar Fortschritte. Die ganze Windindustrie ist doch eine große Chance für Bremerhaven und Bremen. Das wäre doch nicht ohne politische Begleitung passiert. Man muss doch nicht glauben, dass sie einfach so entstanden wäre. Da gibt es das Erneuerbare-Energien-Gesetz und wirtschaftspolitische Flankierungsmaßnahmen, die geholfen haben. Das alles führt am Ende dazu, dass die Wirt
schaft in Bremen gut dasteht. Nur, die Wirtschaft steht gut da, und wir haben dennoch das Problem der drohenden Armut in einigen Bereichen dieser Gesellschaft, und da will ich, dass die Wirtschaft auch darüber nachdenkt, welchen Beitrag sie leisten kann, dieses Problem zu lösen.
Es ist nämlich nicht so, dass die Politik die Wirtschaft macht, das macht die Wirtschaft schon selbst. Sie muss aber auch eine Verantwortung dafür tragen. Es ist für mich eine ganz entscheidende Standortfrage, ob ich in der Lage bin, eine vernünftige Kinderversorgung und Bildung zu organisieren und eine vernünftige Sozialstruktur zu haben. Das sind Standortfaktoren, von denen man früher gesagt hat, dass es weiche Standortfaktoren seien. Welch ein Unsinn! Diese Faktoren sind in Wirklichkeit knüppelhart. Jeder Unternehmer orientiert sich daran und schaut, wo er sich ansiedelt.
Wir haben Sorge dafür zu tragen, dass Bremen eben nicht an den Rändern explodiert und sozial auseinanderfliegt. Dafür ist das Konzept der Maßnahmen, die Frau Stahmann aufgeschrieben hat, hilfreich, es löst aber das Problem am Ende des Tages wahrscheinlich nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Bremer Senat hat auf die Situation, die DIE LINKE angesprochen hat, bereits mit seiner zweiten Koalitionsvereinbarung reagiert, und es findet sich auch schon in der ersten Koalitionsvereinbarung wieder, dass uns sehr bewusst ist, dass die Lebensbedingungen in der Großstadt und im Land Bremen auseinanderdriften, dass wir Menschen haben, die unterhalb der Armutsgrenze leben, und dass wir auch sehr reiche Menschen in dieser Stadt haben. Gestern debattierten wir das Thema Umverteilung, und da konnte man feststellen, wie schwer das in manchen Detailfragen ist, und das war noch nicht einmal eine richtige Umverteilungsdebatte, die wir an der Stelle geführt haben.
Herr Rohmeyer, wenn Sie sagen, 65 Jahre Sozialdemokratie, zeitweise mit der CDU und zeitweise mit den Grünen, dann bedenken Sie bitte, das Volk hat das so entschieden, das Volk ist der Souverän! Ich glaube, man muss auch akzeptieren, dass sich die Bremer Wählerinnen und Wähler für die SPD entschieden haben. Man kann daran herummäkeln, es ist alles falsch gelaufen, ich glaube, man kann auch viele Fehler suchen, aber ich glaube, manche Probleme hat eben auch nicht die SPD verursacht, sondern der Niedergang der Werften in Bremerhaven, der zu einer ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Massenarbeitslosigkeit geführt hat. Die Ölkrise hat nicht die SPD verursacht, sondern die hatte ganz andere Ursachen, und damit muss man sich auch ganz detailliert auseinandersetzen. Bremen ist das einzige Bundesland in der Bundesrepublik, das ein Mindestlohngesetz hat, um eben der Armut entgegenzutreten.
Das ist gut so, und zwar nicht nur, weil Herr Sommer Bremen dafür lobt und auch Frau Düring als DGBVorsitzende sagt, das sei eine gute Sache, sondern weil wir damit einen Weg beschreiten, der von einigen sehr kritisch beäugt wird – von der Handelskammer, von der Kreishandwerkerschaft und auch von der CDU –, von dem ich glaube, das ist der richtige Weg, den man beschreiten muss, um Menschen vor der Armutsfalle zu schützen, gerade Menschen, die in diesem Lohnbereich tätig sind. Mit der Antwort auf die Große Anfrage zeigen wir deutlich auf, wie viele Maßnahmen es in Bremen gibt, 320 Projekte allein im Bereich „Wohnen in Nachbarschaften“. Wir versuchen, mit unseren Projekten sehr nahe an die Menschen heranzukommen, und wir erreichen unterschiedliche Zielgruppen. Wir müssen uns aber auch immer die Frage stellen: Welche Auswirkungen haben die beschlossenen Maßnahmen? Ich glaube, dass wir bei 320 Maßnahmen sehr genau hinschauen müssen, ob sie effektiv sind. Wenn sich etwas nicht bewährt, dann müssen wir auch den Mut haben, Maßnahmen einzustellen, um Neues, wie beispielsweise jetzt das Projekt George-AlbrechtStraße in Bremen-Nord – dort haben wir uns entschieden, dass wir etwas tun wollen –, auf den Weg zu bringen. Nur so kann es gelingen!
Ich glaube, es gibt keine einfache Antwort darauf, wie man Armut entgegentritt. Armut ist auch eine Frage, die ganz stark Frauen betrifft, sie betrifft aber auch ältere Menschen in Bremen. Wir haben eine wachsende Zahl von Menschen, die von der Grundsicherung leben. Wir haben Alleinerziehende, die es durch die Erziehungszeiten oft nicht schaffen, sich die Rentenanwartschaften zu erarbeiten, und da müssen wir mit einem Bündel von Maßnahmen und auch mit bundespolitischen Initiativen vorangehen. Wir setzen uns als Bundesland Bremen auch dafür ein, dass Kindererziehungszeiten bei der Rentenberechnung stärker anerkannt werden, nämlich die Kindererziehungszeiten der Frauen, die vor 1992 Kinder erzogen haben. Die müssen bei der Rente berücksichtigt werden, damit diese Frauen nicht in der Armutsfalle landen.
Ich finde es ausdrücklich gut, Herr Erlanson, dass Sie uns auch für das Thema präventive Schuldnerberatung loben. Wir versprechen uns auch viel davon, dass man Menschen nicht erst berät, wenn sie bis über beiden Ohren in den Schulden stecken, sondern dass man Menschen schon im Vorfeld berät. Das hat auch etwas mit Verbraucherschutz zu tun, und es ist wichtig, dass uns das gelingt. Wir werden auch in der Deputation über die Erfolge berichten. Ich habe gehört, es ist gut angelaufen. Wenn es da einen größeren Bedarf gibt und wir die Möglichkeit sehen, bin ich auch dafür, dass wir die Schuldnerberatung ausbauen, weil sie nachgefragt wird. Die Menschen wollen sich nicht verschulden, sie brauchen professionelle Beratung, und es ist gut, dass der Bremer Senat beziehungsweise das Ressort mit Ihnen zusammen in der Sozialdeputation diesen Vorschlag gemacht hat.
Bremen vergleicht sich nicht nur mit anderen Bundesländern – in dem Vergleich schneiden wir wirklich sehr schlecht ab –, sondern wir vergleichen uns auch mit anderen Großstädten. Es ist hier noch einmal deutlich geworden, dass der sogenannte Armutsfaktor dann immer Berücksichtigung findet. Andere Städte kämpfen auch mit einer Armutsgefährdungsquote und hatten einen noch stärkeren Anstieg zu verzeichnen als wir, es sind Hannover, Dortmund und Duisburg. Ich will damit nur deutlich machen, dass sich gerade in Städten auch Menschen treffen, die in bestimmten Problemlagen leben und die bestimmte Unterstützungsbedarfe haben.