Protocol of the Session on November 22, 2012

Da bin ich dabei, aber ohne Wiesenhof!

Sie wissen, dass sich Nordrhein-Westfalen unter der rot-grünen Koalition für einen umfassenden Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern entschieden hat. Im europäischen Ausland funktioniert ein vernünftiger Schutz vor passivem Rauch problemlos. Bei einer Reise einiger Mitglieder unserer Fraktion nach Kopenhagen haben wir uns vor Kurzem nicht nur von den wunderbaren Möglichkeiten des Fahrrad- und Fußverkehrs inspirieren lassen, sondern konnten auch beobachten, wie ein völlig selbstverständlicher Umgang mit rauchfreier Gastronomie funktioniert.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Vorschläge und Vorstellungen der Grünen für einen besseren Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in Bremen und Bremerhaven sind durch die Berichterstattung hinreichend bekannt, und es ist auch bekannt, dass wir uns mit unseren geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der SPD bisher nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Novellierung des bestehenden Nichtraucherschutzgesetzes einigen konnten. Unterschiedliche Auffassungen zu komplexen Sachverhalten kommen in den besten Familien vor.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das haben Sie aber schön gesagt! – Abg. T s c h ö p e [SPD]: In schlechten auch!)

Auch dort, aber wir sind doch eine gute Familie, Herr Kollege!

Natürlich ist es ein komplexer Sachverhalt, wenn der Konsum eines starken Suchtmittels an bestimmten Orten weiter eingeschränkt werden soll, gerade wenn mit diesem Suchtmittel sehr viel Geld verdient wird. Es gibt naturgemäß erhebliche Widerstände sowohl bei den Konsumentinnen und Konsumenten als auch bei den Produzenten und Anbietern, das ist doch völlig klar. Dennoch ist es natürlich die Aufgabe der Politik, das große Ganze im Blick zu haben, vor allem auch die Interessen derer, die hier zu schützen sind.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Welches ist nun der richtige Weg, mit unterschiedlichen Vorstellungen umzugehen? Natürlich weiter miteinander zu reden, weiter zu diskutieren und weiter gute Argumente auszutauschen, um einen möglichst guten Kompromiss zu finden! Genau das schlagen wir vor. Wir schlagen vor, das Bremische Nichtraucherschutzgesetz in seiner bisherigen Form für zunächst weitere sechs Monate zu verlängern, damit wir zumindest diesen bestehenden Schutz weiterhin gewährleisten können. Diese so gewonnene Zeit müssen wir nach Auffassung der Grünen folgendermaßen nutzen: Wir müssen das bestehende Nichtraucherschutzgesetz auf seine Effektivität hin umfassender bewerten. Das Vorkommen von Herz- und Kreislauferkrankungen ist beispielsweise seit Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes gesunken, und das ist doch gut.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das zeigt, dass solche Gesetze sinnvoll sind, und es muss natürlich bewertet werden, ob eine solche günstige Entwicklung durch eine Verbesserung des Gesetzes auch noch weiter vorangetrieben werden kann. Wir müssen das kommende halbe Jahr außerdem für konstruktive Gespräche mit möglichst vielen Beteiligten nutzen, um der Bremischen Bürgerschaft dann zum Juli 2013 ein novelliertes, verbessertes Gesetz zur Verabschiedung vorschlagen zu können.

Der heute vorliegende Vorschlag der CDU-Fraktion greift einen wichtigen Punkt für die bevorstehende Novelle auf. Auch wir Grüne halten ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen für sinnvoll und geboten. Wir wissen doch aus der Suchtprävention, dass sowohl die Vorbildfunktion als auch die Gewöhnung an Geruch, Geschmack und habituelle Vorgänge eine große Rolle für die Bereitschaft spielt, später gegebenenfalls auch ein Suchtmittel zu konsumieren. Es muss aber noch abschließend rechtlich bewertet werden – darauf hat Herr Tschöpe hingewiesen –, ob ein Rauchverbot auf Spielplätzen auch verhängt werden kann. Um diese rechtlichen Zweifelsfragen zu klären und notwendige Bewertungen unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes für die Bevölkerung vorzunehmen, schlagen wir vor, Ihren Antrag sowohl dem Rechtsausschuss als auch der Gesundheitsdeputation zur weiteren Beratung vorzulegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bitten also um Zustimmung zum Antrag der Koalition zur Verlängerung des bestehenden Nichtraucherschutzgesetzes um zunächst sechs Monate, und ich hoffe, dass wir dieses halbe Jahr für konstruktive Gespräche nutzen, um zu einer besseren Gesundheitsversorgung und einem besseren Gesundheitsschutz für alle in Bremen zu kommen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fünf Jahren haben wir das Bremische Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet. Damals schlug es hohe Wellen – Sie wissen es noch –, allerdings wird es in der Nachbetrachtung und den heutigen Kommentaren zufolge heute weitgehend akzeptiert.

Bei den damaligen Entscheidungen waren für uns verschiedene Kriterien wichtig. Erst einmal ist sehr wichtig: Wir wollen einen nachhaltigen und langfristigen Gesundheitsschutz.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen ein geschätztes Nebeneinander von Rauchern und Nichtrauchern, es soll ein Nichtraucherschutzgesetz sein und kein Raucherbekämpfungsgesetz.

(Beifall bei der SPD)

Es soll ein Gesetz mit Augenmaß sein und berücksichtigen, welche Vorleistungen auch die Gastwirte in ihren Gaststätten erbracht haben, und ganz wichtig, es soll sich in die Phalanx der norddeutschen Nachbarländer einbetten. Das waren unsere Kriterien, und aus unserer Sicht gelten diese Parameter heute noch. Wir sagen, Gesetze sollten sorgfältig überprüft werden, bevor wir sie ändern.

Inzwischen gibt es auch hier in Bremen positive Effekte durch das gültige Nichtraucherschutzgesetz. Es rauchen immer weniger Jugendliche und Kinder, das stellt man fest, und die Rate der Herzinfarkte in Bremen ist laut einer Studie seit der Einführung des Gesetzes schon um 16 Prozent gesunken. Diese Studie wurde auf dem Kardiologentag bestätigt, und wenn man sich andere internationale Untersuchungen anschaut, sind dort die Ergebnisse ähnlich. Wer von uns kennt niemanden, der inzwischen aufgrund dieses Gesetzes das Rauchen aufgegeben hat oder nicht mehr im Wohnzimmer rauchen darf und immer auf den kalten Balkon gehen muss? Ich finde, hier haben wir doch einiges erreicht, und wir wollen uns mit Augenmaß an die Änderungen begeben.

Natürlich gibt es eine Untersuchung des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg, die von einigen Missständen in Bremen berichtet. Hiernach soll es bei uns Umsetzungsprobleme beim Nichtraucherschutz in den Rauchergaststätten geben. Dem widerspricht das Stadtamt mit seinen Überprüfungen. Wir sagen, wenn es ein Umsetzungsproblem gibt, dann muss es schnell behoben werden.

Die SPD-Fraktion will am gültigen Nichtraucherschutzgesetz grundsätzlich festhalten, Änderungsbe––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

darf sehen wir bei den Spielhallen und Klarstellungsbedarf bei der Verabreichung von Essen in Raucherlokalen. Bei den sogenannten Eckkneipen ist es aus unserer Sicht eine Frage der Zeit, bis ihr Angebot nicht mehr angenommen wird. Die Jugend sucht heute andere Alternativen, das kann man durchaus feststellen.

Wir brauchen weiterhin mehr Prävention und gesetzliche Regelungen, auch auf EU-Ebene, und Gegenmaßnahmen bei der Werbung für Zigaretten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Sichtweise muss man auch immer im Auge behalten, denn nur so kann man das Rauchen weiterhin verhindern.

Jetzt zu den vorliegenden Anträgen! Wir möchten den Antrag der CDU auch an den Rechtsausschuss und an die Gesundheitsdeputation überweisen, federführend soll der Rechtsausschuss sein, wir wollen eine rechtliche Beurteilung zu einem Rauchverbot auf öffentlichen Spielplätzen. Wir wollen auch, dass dort nicht geraucht wird, aber öffentliches Rauchen kann laut Aussagen von Juristen nach gegenwärtiger Rechtslage nicht verboten werden. Hier gibt es also unterschiedliche Rechtsauffassungen, und unsere Fraktion möchte hier Rechtsklarheit. Wir wollen auch, dass auf öffentlichen Spielplätzen nicht geraucht werden darf, aber das Verbot muss auch umsetzbar sein. Zigarettenkippen dürfen schon heute auch hier in der Stadt nicht weggeworfen werden.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wenn man gar nicht erst raucht, dann fallen die Kippen doch gar nicht an! – Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Das nennt man Prävention!)

Das ist genau richtig, aber, wie gesagt, wir wollen das im Rechtsausschuss prüfen lassen und danach unsere Entscheidung treffen.

Für den Gesetzesantrag der Koalition bitten wir um Ihre Zustimmung in erster und zweiter Lesung, damit das jetzige Nichtraucherschutzgesetz weiterhin Gültigkeit hat – Frau Dr. Kappert-Gonther hat es schon gesagt –, und wir möchten die Möglichkeit haben, weitere Überprüfungen und Klarstellungen wahrzunehmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bei dem Problem ganz pragmatisch. Wir haben das Nichtraucherschutzgesetz damals sehr stark unterstützt, wir fanden das Bremische Nichtraucherschutzgesetz gut, und wir finden es heute immer noch gut. Ich muss sagen, was ich von den Grünen gehört habe, was sie dort alles novellieren wollen – zumindest das, was ich gehört habe, denn man muss ja schauen, was dann irgendwann einmal schriftlich vorliegt –, das fand ich doch sehr unheimlich. Ich glaube, das wollen wir auch nicht.

Die angesprochenen Dinge mit dem Spielplatz finde ich zwar überzeugend, aber Frau Ahrens hat ja deutlich gefragt: Wer soll das denn kontrollieren? Natürlich kann man diese Schilder herstellen, und dann stellt man Tabaksheriffs auf jeden Spielplatz – ich weiß nicht! Ich bin zwar immer für Arbeitsplätze, aber es gibt auch Grenzen. In dem Fall sagen wir ganz deutlich, wir wollen, dass das jetzige Nichtraucherschutzgesetz in der Form bestehen bleibt, alles andere soll man gern weiter in den Ausschüssen diskutieren, und deshalb stimmen wir einer Verlängerung der Gültigkeit des Gesetzes zu. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will gar nicht viel inhaltlich ergänzen, aber, Frau Ahrens, Sie haben ja, ich glaube, zum dritten Mal den Antrag gestellt, dass die Kippen auf Spielplätzen weg müssen, und weil sie weg müssen, müsse es ein Rauchverbot geben. Ich wollte einfach einmal aufklärerisch tätig werden. Ich finde Kippen auf Spielplätzen absolut ekelig, und ich glaube, sie müssen dort weg.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben in der letzten Debatte schon gesagt, Prävention wäre gut, am besten wäre es, wenn sie gar nicht dorthin kommen.

Welche Rechtsgrundlagen haben wir denn eigentlich? Ich möchte nur noch einmal in Erinnerung rufen, dass wir Paragraf 61 Absatz 1 Kreislaufwirtschaftsund Abfallgesetz haben: „Eine Ordnungswidrigkeit begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig Abfälle, die er nicht verwertet, außerhalb einer Anlage nach Paragraf 27 Absatz 1 Satz 1 behandelt, lagert oder ablagert.“ Man könnte denken, dieser sei nicht einschlägig, aber dann schlage ich dazu den entsprechenden gemeinsamen Erlass des Senators für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa und des Senators für Inneres und Sport über die Neufassung des Bußgeldkatalogs zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich des Umweltschutzes vom 11. Dezember 2008 auf und finde hier die eindeutige Klarstellung, dass es sich bei dem

Wegwerfen von Zigarettenkippen um eine Ordnungswidrigkeit handelt, egal übrigens, wo ich sie wegwerfe,

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Und wenn er einen Taschenaschenbecher hat, dann kann er sie trotzdem wegwerfen! Das löst aber nicht das Problem!)

ob ich sie vor die Treppe der Bürgerschaft, auf den Marktplatz, in fremde Gärten oder auf Spielplätze werfe. Das heißt, der Teil Ihrer Forderungen ist erfüllt. Es handelt sich hierbei um ein Vergehen, das der Staat ahndet, wenn er über die Kapazitäten verfügt und auch die Mittel hat. Ich finde, damit könnten wir diese Begründung einfach herauslassen, und dann unterhalten wir uns in der Tat darüber – und darüber gibt es Differenzen, die gibt es innerhalb der Fraktion der Grünen, innerhalb meiner Fraktion, innerhalb dieses Hauses und auch bei der LINKEN –, ob es gut und richtig ist, dass aus Gründen des Vorbildcharakters auf Kinderspielplätzen nicht geraucht wird. Ich erinnere daran, dass wir dies einmal gemacht haben. Wir haben uns einmal dazu entschieden, aus Gründen des Vorbildcharakters ein Rauchverbot zu verhängen, nämlich auf den Freigeländen von Kindertageseinrichtungen. Uns war damals allen klar, dass wir keine Gesetzgebungskompetenz hatten, das Rauchen unter freiem Himmel auf dem Freiluftgelände von Kindertageseinrichtungen zu verbieten. Wir haben es trotzdem gemacht, weil wir gesagt haben, wir haben die Kompetenz im Schulbereich, und im Schulbereich wollen wir sie nutzen, auf den Schulgeländen wollen wir das Rauchen verbieten, und da wäre es völlig absurd gewesen, das auf dem Außengelände im Kindertagesbereich nicht zu machen. Eine Gesetzgebungskompetenz hatten wir nicht, aber nach meinen Informationen hat es auch kein einziges Ordnungswidrigkeitenverfahren in diesem Zusammenhang gegeben, alle Leute haben das akzeptiert. Vor dem Hintergrund ist tatsächlich die Frage zu stellen, ob eine Fortschreibung für Kinderspielplätze auch möglich ist, ob dies auf eine entsprechende Akzeptanz stoßen und ob es zum Thema Prävention beitragen wird. Alles das wird mit Sicherheit die staatliche Deputation für Gesundheit erörtern, sofern wir überhaupt eine Gesetzgebungskompetenz haben. Ich wollte Sie, Frau Ahrens, nur ein wenig beruhigen, dass die Frage der Kippen, die Sie hauptsächlich bewegt, schon sehr lange geklärt ist. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ahrens.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Tschöpe, herzlichen Dank für die Informationen, doch ich halte es dort mit Frau Dr. Kappert-Gonther, das sage ich hier an dieser Stelle ganz deutlich: Wir wollen schon das Rauchen verbieten, damit es die Kippe gar nicht erst gibt.

(Beifall bei der CDU)