Protocol of the Session on September 13, 2012

Vor allen Dingen bekommen wir dann möglicherweise 1,5 bis zwei Millionen Euro mehr in den Haushalt. Wir haben vorhin die Debatte gehabt, dass wir das Geld brauchen. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die Worte von Herrn Dr. Güldner aufgreifen, mit denen er gesagt hat, es gibt nur zwei Alternativen für die Koalition, entweder das Gesetz, so wie es vorgeschlagen ist, aufzuheben oder die Trennung zwischen der beruflichen und privaten Veranlassung vorzunehmen.

In der Konsequenz würde das aber bedeuten, wenn Sie die 3,6 Millionen Euro im Haushalt darstellen wollen – wir wissen, dass die Verteilung zwischen privat und geschäftlich nicht nur in Bremen, sondern bundesweit zwischen 70 zu 30, 65 zu 35 pendelt –, dann müssen Sie die Pauschalen, die Sie pro Nacht und Gast erheben, an der Stelle natürlich verdreifachen. Gerade im privaten Bereich ist es so, wenn man dann mit der Partnerin oder dem Partner verreist, dann kommen da ganz andere Beträge heraus, deswegen muss man genau schauen. Dann kommen Sie natürlich in Regionen, wo Sie von dem Ärgernis in der Branche zu richtigen Blockaden kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Deswegen fordere ich Sie auf: Nehmen Sie von diesem Gedanken Abstand!

(Beifall bei der CDU)

Unabhängig davon ist der bürokratische Aufwand, der dahintersteckt. Sie haben es ja eben gerade richtigerweise gesagt. Wie läuft es an der Rezeption beim Check-in ab? Da wird die Frage gestellt: beruflich oder privat? Was antworten die Gäste dann? Darüber muss ich doch nicht lange nachdenken, dass auf einmal auch am Wochenende unheimlich viele beruflich veranlasste Übernachtungszahlen in Bremen stattfinden werden. Wie wollen Sie dies denn überprüfen? Sie müssten dann nämlich Ihren Bürokratieaufwand gegenrechnen, den Sie damals in der Begründung zu dem Gesetz mit 100 000 Euro angesetzt haben. Ich sage Ihnen, der wird sich verdreifachen oder vervierfachen, weil Sie jeden einzelnen Beleg, der da eingereicht wird, überprüfen müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie gesagt, wir stimmen der Überweisung zu. Ich bin aber davon überzeugt, dass der Weg konsequenter wäre, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

jetzt das Gesetz aufzuheben, weil es im Augenblick auch eine unheimliche Unruhe beim Check-in gibt und natürlich alle, die sich in dem Bereich bewegen, wissen, dass es nicht zulässig ist. Die Beträge müssen trotzdem erhoben und eventuell zurückgezahlt werden. Wenn Sie wissen, dass dies allein auf privat veranlasste Übernachtungen bezogen so nicht funktioniert, dann wären Sie letztendlich besser beraten, in diesem unhaltbaren Zustand das Gesetz aufzuheben und sich dann über Alternativen mit der Branche und mit den im Tourismus und im kulturellen Bereich Beteiligten über eine andere Variante Gedanken zu machen, um das Einnahmeloch zu kompensieren. Damit hätten Sie dem Standort einen viel größeren Gefallen getan, als das jetzt hier zu verschieben. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Bausch und Bogen gescheitert, Herr Kastendiek, so kann man das, glaube ich, nicht sagen. Erst einmal: Die Bremer Regelung war gar nicht beklagt, sondern die Kommunalsatzungen von Trier und Bingen. Als das Urteil ergangen ist, hat der Senat sofort aus dem Wortlaut des Urteils Schlüsse gezogen und die Vollziehung ausgesetzt, und das finde ich auch in Ordnung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist für nicht richtig erklärt worden, dass berufliche Übernachtungen mit dieser Citytax belegt werden dürfen, aber ausdrücklich bestätigt worden ist, dass es bei privaten Übernachtungen erlaubt ist. Man kann sich jetzt auch fürchterlich darüber aufregen, aber wenn man rechtliches Neuland betritt, dann kann es einmal passieren, dass nicht alles so klappt, wie man es sich vorgenommen hat.

Seit dem 11. September 2012 liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor. Wir werden dies jetzt auswerten – Teile davon sind auch schon fertig – und dem Haushalts- und Finanzsausschuss vorlegen. Wir haben aber – jemand hat es hier auch schon gesagt – nicht den Eindruck, dass vor dem Hintergrund dieses Urteils jetzt all jene, die solche Abgaben oder Steuern erheben, die Segel streichen, sondern diejenigen, die das erheben, werden jetzt schauen, welche Konsequenzen das für ihre Gesetze hat, und sie werden dann einen neuen Anlauf machen.

Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass es am Ende schöner ist, wenn man nicht zu viele unterschiedliche Steuerarten hat und wenn man den Verwaltungsaufwand in Grenzen hält, der ja bei dieser Steuer allerdings in der Tat doch ganz vertretbar gering ist. Wir sind aber nicht in einer Lage, in der man

solchen steuerpolitischen Purismus hier handlungsleitend werden lassen kann, sondern – die Debatte von eben steckt Ihnen vielleicht auch noch in den Knochen – wir müssen leider sehen, woher wir vertretbar noch Geld bekommen können, und in diesem Fall halte ich dies für vertretbar.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nicht nur diese Kommunalsatzung für verfassungswidrig erklärt, sondern hat auch gesagt, was in Ordnung ist. Es ist nämlich in Ordnung, die Kultur- und Tourismusabgabe für Übernachtungen als Steuer – nämlich als indirekte örtliche Aufwandssteuer – auszugestalten. Die Einrichtung der Steuer für privat veranlasste Übernachtungen ist erlaubt, da sie als Ausdruck der Gestaltung der persönlichen Lebensführung anzusehen sind und damit eine gewisse Leistungsfähigkeit bedeuten. Es ist möglich wie für die Stadt Trier, die Satzung unter Beachtung der Entscheidungsgründe, nämlich Trennung privater und beruflich veranlasster Übernachtungen, nachzubessern. Das steht ausdrücklich im Urteil, Trier darf weiter diese Abgabe erheben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass eine einheitliche Besteuerung in Höhe von einem Euro für jegliche Übernachtung dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit nach Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz zuwiderlaufen könnte, da nämlich kostengünstigere Übernachtungen – Herr Rupp hat es hier auch angesprochen – wesentlich stärker belastet würden als teurere Übernachtungen. Ein gestaffelter Pauschalbetrag, wie Bremen ihn hat, würde den verfassungsrechtlichen Anforderungen eher entsprechen. Das macht mich eher gelassen.

Ich finde nicht, Herr Kastendiek, dass Sie hier eine Verdreifachung der Beträge in die Welt setzen sollten. Ich habe bisher von niemandem gehört, dass das geplant ist,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat ja auch keiner vorgehabt!)

sondern es ist doch völlig offensichtlich, vielleicht hätte ich bei der Nennung der Haushaltsrisiken die Einnahmeausfälle der Citytax auch noch erwähnen sollen, dass wir auf die Beträge, die wir geplant haben und die im Haushalt stehen, so nicht kommen werden und wir da eine andere Deckung versuchen müssen. Daran arbeiten wir jetzt auch gemeinsam. Wenn es dazu kommt, dass wir das Gesetz nicht außer Kraft setzen, sondern ändern, dann werden wir sicherlich vor allen Dingen den Urteilsgründen, nämlich dass für beruflich veranlasste Übernachtungen keine Citytax erhoben werden darf, Rechnung tragen.

Von erhöhten Beträgen ist aber bisher aus meiner Sicht nicht die Rede gewesen, und das darf man auch nicht übertreiben – das ist doch völlig klar –, wenn man eine Akzeptanz für diese Steuer will, und die

braucht man doch am Ende. Glauben Sie doch nicht, dass wir jetzt an jede Hotelrezeption einen Aufpasser stellen. Mein Menschen- und Weltbild ist, dass man es in aller Regel mit Menschen zu tun hat, die einsehen, dass Steuern nötig sind, und die uns nicht betrügen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Falls das passiert, was die CDU jetzt hier gern möchte, nämlich dass wir das Gesetz außer Kraft setzen, also ersatzlos streichen, kann es sein – darauf will ich auch hier jetzt schon hinweisen –, dass die rechtliche Prüfung Hinweise darauf ergibt, dass wir zu Schadenersatz verpflichtet werden. Auch das muss man in das, was jetzt in Zukunft passiert, mit einbeziehen. Jedenfalls bitte ich hier darum.

Frau Bürgermeisterin, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Rupp?

Bitte Herr Rupp!

Ich habe nur eine Frage. Prüfen Sie eine Pauschalierung dieser Angelegenheit? Ich kann mir vorstellen, wenn ich 20 Betten habe, 30 Tage, Auslastung 80 Prozent, davon 30 Prozent beruflich, dann ergibt das ungefähr 150 bis 170 Euro. Möglicherweise ist das eine Möglichkeit, bürokratische Hürden zu umgehen, und das ist auch ein Vorhaben, worauf sich die Hotels vielleicht einlassen, weil sie dann auch keine Arbeit damit haben.

Ich habe irgendwann verstanden, dass ich von diesem Teil des Steuerrechts nur den Hauch einer Ahnung habe. Deshalb traue ich mich nicht, Ihnen hier eine Auskunft zu geben. Wir werden das aber im Haushalts- und Finanzausschuss besprechen. Das ist auch das Gute an den Überweisungen in Ausschüsse, dann können Sie das mit Herrn Dr. Schwieger diskutieren, der wirklich ein ausgewiesener Steuerexperte ist. Ich werde ihm auch sagen, dass es Ihre Anregung ist, und dann werden wir es uns anschauen. Vom Gefühl her würde ich Nein sagen, weil die Vorschriften, glaube ich, so sind, dass es sehr individualisiert gerechnet werden muss. Wir können es aber selbstverständlich herausfinden, gern sogar!

Das war jetzt auch das Letzte, was ich sagen wollte. Vertrauen Sie Herrn Dr. Schwieger im Haushalts- und Finanzausschuss, der wird Ihnen alle Fallstricke, die sich in dem Sachverhalt noch befinden, erläutern und auch die schriftliche Urteilsbegründung erklären. Ich bin mir ganz sicher, dass es einen Weg geben wird, der dann rechtskonform sein kann. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Einigung darüber erzielt worden, die erste Lesung zu unterbrechen und das Gesetz zur Aufhebung der Tourismusabgabe zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer der Unterbrechung der ersten Lesung und der Überweisung des Gesetzesantrags an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE)

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

Seelischen Erkrankungen besser vorbeugen durch umfassende Gesundheitsförderung und Prävention

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 4. Mai 2012 (Drucksache 18/404)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 5. Juni 2012

(Drucksache 18/441)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Sehr geehrte Frau Senatorin, ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten wollen, sodass wir gleich in die Aussprache und Debatte eintreten können. – Ich sehe, das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Kappert-Gonther.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen,

die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen: Wie hört sich das an? Ich finde, das hört sich ziemlich verlockend an. So definiert die WHO die psychische Gesundheit. Zwischen diesem Idealzustand und einer schweren seelischen Erkrankung liegen natürlich viele Möglichkeiten der individuellen Befindlichkeit.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)