Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/448 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Zukunft der Pflege im Land Bremen Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 17. April 2012 (Drucksache 18/339)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir aufgrund dieses wahrlichen Zukunftsthemas eine größere Aufmerksamkeit auch der Medien gewünscht, aber die Ereignisse des Tages und auch spannende Tagesordnungspunkte sorgen leider dafür, dass dem nicht so ist. Umso mehr freue ich mich, dass Herr Schierenbeck als Geschäftsführer der Arbeitnehmerkammer bei unserer Veranstaltung zugegen ist.
Warum eigentlich eine Große Anfrage, vor allem auch mit diesem Umfang von 22 Fragen? Wir als CDU haben eine Priorität, was Pflege angeht, und diese vier Punkte sind, glaube ich, konsensfähig. Ich will sie einmal ganz kurz darstellen.
Zu allererst ist für uns von höchster Bedeutung, dass hier in Bremen und Bremerhaven Pflegebedürftige nicht nur ein gutes Zuhause haben, sondern möglichst lange auch in den eigenen vier Wänden wohnen können. Das Zweite ist, dass Bremen und Bremerhaven sich zu Wohnstandorten für Pflegebedürftige entwickeln, wo Menschen mit Demenz nicht nur wertgeschätzt und professionell begleitet werden, sondern auch menschenwürdig gepflegt werden. Der dritte Punkt sind die Beschäftigten in der Pflege. Sie brauchen gute Rahmenbedingungen, eine bessere Entlohnung, aber auch sie brauchen Wertschätzung und Anerkennung. Das Vierte sind die pflegenden Angehörigen, die die Hauptlast tragen. Wir sind dafür, dass pflegende Angehörige mehr entlastet werden, noch mehr gestärkt und vor allem vielfach unterstützt werden. Deshalb unsere Große Anfrage!
Die Antworten werden eine sehr gute Grundlage dafür bieten, dass wir hier im Parlament, aber auch in den Fachdeputationen quasi auf Augenhöhe mit gleichem Wissen diskutieren, streiten und entscheiden können, um für eine verbesserte Pflege in Bre––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
men zu sorgen. Bremen muss sich mit seinen beiden Städten angesichts der demografischen Entwicklung auf den Weg machen, und Bremen muss auch aus dieser demografischen Entwicklung Konsequenzen ziehen.
Wenn wir über die Zukunft der Pflege sprechen, dann beinhaltet das eine ganze Reihe von Einzelaspekten. Wenn wir über die Heimplätze sprechen, dann sagen die einen, es reicht völlig aus, was wir jetzt haben, und es reicht auch für ein paar Jahre. Andere sagen aber, verteufelt uns nicht die Heime, sprecht sie nicht schlecht! Wenn wir über die ambulante Pflege sprechen, müssen wir darüber reden, was wir tun können, um wirklich den gesetzlichen Grundsatz ambulant vor stationär auch umzusetzen. Wenn wir über die Infrastruktur sprechen, dann sprechen wir über Pflegestützpunkte und über Dienstleistungszentren. Von den drei Pflegestützpunkten wissen wir, dass zwei gut angenommen werden und einer nicht so gut, und wir wissen, dass wir 17 Dienstleistungszentren haben, in denen wirklich geballte Kompetenz zu Hause ist.
Wir werden über das Schicksal von Menschen mit Demenz sprechen müssen, und zwar nicht erst dann, wenn sie in Heimen sind, sondern wenn sie zu Hause in ihren eigenen Wohnungen sind, Menschen mit Migrationshintergrund, wir müssen über das Halten und das Gewinnen von Beschäftigten sprechen, und es gibt noch eine ganze Reihe von Aspekten mehr.
In der letzten Woche haben die Profis – das sind diejenigen, die in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege zu Hause sind – eine Pressekonferenz gegeben und dort ihr Papier mit ihren Kernforderungen vorgestellt. Es mag nicht verwundern, dass wir uns als demokratische Parteien alle diesen Forderungen sicherlich auch anschließen können.
Unsere Vorstellungen als CDU sind zumindest eng an denen der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege angelehnt, und ich möchte Ihnen diese fünf Stichworte nennen. Das Erste ist, wir wollen dafür sorgen, dass der Pflegeanstieg, also die Vermehrung an Pflegebedürftigkeit, schlichtweg eingegrenzt und gemindert wird, und das geht vor allem durch Prävention und Rehabilitation. Zweiter Punkt: Die Infrastruktur – sie wurde eben schon einmal genannt – muss wirklich streng geprüft werden, es muss gegebenenfalls nachjustiert werden, und es muss eine passgenaue Lösung her. Das, was in Bremerhaven gut läuft und in Bremen-Nord leider nicht, nämlich der Pflegestützpunkt, verlangt einfach nach passgenauen Lösungen, und das heißt, das muss alles schonungslos auf den Prüfstand.
Drittens: Vor allem darf man die Heime nicht schlechtreden, sondern, ähnlich wie es die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege gesagt hat, man könnte sie zu qualifizierten Kompetenzzentren weiterentwickeln. Vierter Punkt, der aus Sicht der
CDU-Fraktion zukunftsweisend ist: Wir müssen alles dafür tun, um die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern. Wir müssen den Arbeitskräftebedarf sichern, wir müssen dafür sorgen, dass Pflege endlich ein Beruf wird, der von der Gesellschaft die notwendige Anerkennung erfährt. Fünftens: Die pflegenden Angehörigen tragen trotz Pflegeversicherungsgesetz immer noch die Hauptlast. Wenn ich pflegende Angehörige sage, dann können wir das alle sein. Pflegeprofi ist vielleicht der eine oder andere von uns, aber pflegender Angehöriger kann wirklich jeder werden, auch wenn nicht jeder von uns selbst Kinder hat. Wir selbst sind aber alle Kinder, und wir können alle in die Lage kommen, unsere pflegebedürftigen Eltern eines Tages versorgen zu müssen. Wir werden uns hier im Parlament, das lässt diese Große Anfrage der CDU auch erwarten, weiterhin pragmatisch parlamentarisch einbringen, um dazu beizutragen, dass Bremen und Bremerhaven als Pflegestandorte vorangebracht werden. Sollten Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition und vom Senat, noch in dieser Legislaturperiode den ganz großen Wurf vorhaben, so können Sie sicher sein: Sollte sich dieser große Wurf an den Strategieempfehlungen der LAG oder auch denen der CDU orientieren, dann haben Sie uns an Ihrer Seite. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anforderungen an die Pflege steigen, das haben wir gerade gehört. Ich will mich hier aber auf einen wichtigen Punkt beschränken, das heißt, die Fachkräfte werden in dem Bereich knapp, und wir können auch hier in Bremen feststellen, dass ein großer Bedarf an Pflegefachkräften besteht. Eine Pflegekraft betreut in Bremen 3,3 Pflegefälle, und diese Zahl steigt. Wie gesagt, wir haben enorme Herausforderungen im ambulanten und stationären Bereich, denn die Menschen werden viel älter und haben einen höheren Pflegebedarf, auch wenn sie dann stationär untergebracht werden. Man kann inzwischen feststellen, dass hier großer Nachholbedarf besteht und dass hier die Anforderungen steigen. Ich will aber doch noch einiges ansprechen, was Sie vorhin nicht angesprochen haben, Herr Bensch! Wir müssen auch einmal die Bundesebene betrachten. Im Jahr 2008 gab es in der Großen Koalition noch einen guten Beschluss, was die Pflege betrifft, es wurden Leistungsverbesserungen, bessere Vergütungen und so weiter beschlossen. Was ist aber seitdem geschehen? Die schwarz-gelbe Koalition hat im Pflegebereich nicht allzu viel bewegt, nicht einmal die Definition des Begriffs der Pflegebedürftigkeit wurde auf den
Weg gebracht. Es blieben lediglich leichte Verbesserungen für Demenzkranke, höhere Beitragszahlungen und jetzt auch noch eine Subvention für die private Versicherungswirtschaft. Deshalb muss, glaube ich, auf Bundesebene einiges nachgearbeitet werden.
Laut Antwort des Senats auf die Große Anfrage wird die Zahl der stationären Plätze in Bremen bis zum Jahr 2020 in etwa gleich bleiben, allerdings wird die Zahl der Pflegebedürftigen steigen. Laut Auskunft des Senats wird inzwischen auf diese Situation konkret eingegangen. Es gibt zum Beispiel Messen, Informationsveranstaltungen oder Beratungsangebote wie die drei Pflegestützpunkte, von denen – Sie haben es gesagt – zwei laufen und der in Bremen-Nord etwas schleppend läuft. Hier muss man noch die Evaluation abwarten, die durchgeführt wurde, und dann entsprechende Maßnahmen einleiten.
Es gibt Modellversuche wie die aufsuchende Altenarbeit in Hemelingen und Obervieland. Ich weiß, sie wird sehr gut angenommen und ist wirklich ein vorzeigbares Modell. Allerdings besteht auch in diesem Bereich wie überall die größte Herausforderung darin, Pflegekräfte zu rekrutieren. Auch im Krankenhausbereich brauchen wir bis zum Jahr 2020 ungefähr 400 zusätzliche Pflegekräfte in Bremen. Insgesamt besteht hier die zentrale Herausforderung. Die Arbeitnehmerkammer lässt gerade den Bedarf ermitteln, und dann sehen wir, was konkret dabei herauskommt.
Sie haben vorhin die Frage angesprochen: Wie kann man die Attraktivität der Pflegebereiche steigern, damit wir hier ausreichend Arbeitskräfte erhalten und die Verweildauer der Pflegenden – in der Altenpflege liegt sie bei 8,4 Jahren und in der Krankenpflege im Krankenhaus bei 13,7 Jahren – nicht weiter fällt, sondern eher ausgedehnt werden kann? Hier ist ein großes Arbeitsfeld, denn die Pflegekräfte sind größten körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Diese Arbeit ist aus unserer Sicht Schwerstarbeit und hat unsere Anerkennung verdient.
Inzwischen lässt sich dies auch an den Fehlzeiten im Pflegebereich ablesen. Große Verantwortung, ständige Aufmerksamkeit, Termin- und Leistungsdruck machen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Pflegebranche deutlich mehr zu schaffen als den Beschäftigten in anderen Bereichen, das hat die Berufsgenossenschaft Pflege herausgefunden.
Wir meinen, die Bezahlung muss stimmen. Für gute Arbeit muss ordentlich gezahlt werden, die Arbeitszeiten müssen familienfreundlich und flexibel gestaltet werden, und das Image des Berufs muss positiver werden. Das heißt, der Pflegeberuf ist heute hochprofessionell und erfordert eine gute Ausbildung. Die Aussage, bei der Pflege sei die Schulausbildung nicht entscheidend, die Menschen bräuchten Herzensbildung, ist aus unserer Sicht verfehlt, aus unserer Sicht ist beides nötig. Es muss Schluss sein mit der Aussage, dass Pflege jeder leisten kann. Dieser Beruf hat hochprofessionelle Anforderungen.
Wir benötigen Maßnahmen zur Verbesserung der betrieblichen Qualität in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, damit die Mitarbeiter dort auch länger gehalten werden. Ich denke an eine optimierte Arbeitsgestaltung, ein verbessertes Personalmanagement, neue Wege in der Gesundheitsprävention und einen arbeitsorientierten Technikeinsatz. Wir brauchen aber auch eine Reform der Ausbildung. Sie muss generalistisch sein, das heißt, Gesundheits-, Krankenund Kinderkrankenpflege werden in der Grundbildung zusammengefasst, und dann gibt es eine Spezialisierung. Hier gibt es zwar schon die ersten Eckpunkte auf Bundesebene, die müssen jetzt aber schnell umgesetzt werden. Die Pflegeausbildung muss zudem durchlässig bis zu einem Studienabschluss sein. Das alles sind hohe Anforderungen, aber sie müssen umgesetzt werden.
Dann kommt natürlich der entscheidende Punkt: Wie kann man dies nachhaltig finanzieren? Es sind hohe Ausgaben, und aus unserer Sicht ist hier auch in der Pflege eine solidarische Bürgerversicherung notwendig. Ihre Effekte wären noch besser und erfolgreicher als in der Krankenversicherung. Ich muss auch noch einmal sagen, es wird immer über die Kosten in der Pflege geredet. Bei uns betragen sie 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, im Gegensatz zu Schweden, wo für die Pflege 5,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufgewendet werden. Sie sehen also, hierin ist noch sehr viel Spiel.
Die Pflege ist, wie gesagt, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die es zu bewältigen gilt. Deshalb unterstützen wir auch weiterhin den Senat bei seinen Aktivitäten in diesem Zukunftsbereich und erwarten, dass endlich auch auf Bundesebene eine Pflegereform verabschiedet wird, die ihren Namen verdient. Wir haben dazu entsprechende Vorschläge vorgelegt. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche heute zum CDU-Antrag zur Zukunft der Pflege im Land Bremen. Der Pflegekräftemangel ist kein neues Thema, sondern bekannt. Durch den demografischen Wandel werden wir Deutschen immer bunter und immer älter, und das finde ich gut.
Die Zahl der zu Pflegenden wird kontinuierlich steigen, das ist aus der Großen Anfrage hervorgegangen. Deshalb sind wir sicher, dass wir noch mehr Pflegekräfte brauchen. Das ist schon von meinen beiden Vorrednern so festgestellt worden, und es ist auch die Feststellung, die sich aus der Antwort auf die Große Anfrage der CDU ergibt. Eine Frage ist natürlich, wo wir diese Pflegekräfte herbekommen und wie wir sie ausbilden sollen, darauf ist Herr Brumma schon eingegangen. Ich möchte noch einmal darauf eingehen, dass es kein guter Vorschlag ist, wenn zum Beispiel Frau von der Leyen sagt: Es gibt jetzt arbeitslose ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen, ab in die Pflege oder ab in die Erziehung! Damit bringt man diesen Berufen keine Wertschätzung entgegen und nimmt diesem Berufsstand die Wertschätzung, die er genießen müsste.