Protocol of the Session on March 22, 2012

und dies in mehreren Punkten!

Der ARD-Finanzausgleich ist so alt wie das System der Anstalten selbst. Von Beginn an wurde Radio Bremen finanziell unterstützt. Seit dem Jahr 1953 ist der Ausgleich offiziell ARD-Gemeinschaftsaufgabe. Circa 25 Prozent seiner Einnahmen bestreitet Radio Bremen aus dieser Quelle. Ähnlich wie bei dem Länderfinanzausgleich haben der Ton untereinander und anscheinend auch der Solidargedanke in den vergangenen Jahren jedoch gelitten. Eine Zwischenlösung jagt die nächste. Ein zukunftssicheres System wird zwar immer wieder eingefordert, ist aber nicht in Sicht.

Es ist schon angesprochen worden, Radio Bremen hat als kleinste Anstalt in den vergangenen Jahren die prozentual größten Sparbeiträge geleistet. Allein die Stellenzahl wurde seit dem Jahr 2004 beinahe um die Hälfte reduziert. Dies hat keine andere Anstalt erreicht. Weitere Einsparungen würden jedoch den eigenständigen Charakter von Radio Bremen zunichte machen. Der Fernsehbeitrag zur ARD wurde im Jahr

2009 auf gerade noch 0,75 Prozent reduziert. Die Summe der Erträge für Radio Bremen aus dem Finanzausgleich ist in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Der von der KEF prognostizierte Anstieg bis zum Jahr 2016 würde nicht einmal ausreichen, um die Inflation auszugleichen. Die Gewährung von Überbrückungskrediten, wie es jetzt geplant ist, löst keine Probleme, sondern vergrößert nur die Abhängigkeit von den anderen Anstalten. Kredite müssen schließlich irgendwann zurückgezahlt werden und verschieben die Schwierigkeiten in die Zukunft.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Allerdings!)

Sehr erfreulich, dass die Opposition das auch erkannt hat!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Niemand kann prognostizieren, wie sich das neue Beitragsmodell genau auf die Ertragslage auswirken wird. Eine nachhaltige Verbesserung der Ertragslage von Radio Bremen ist aufgrund der schwierigen Sozialstruktur Bremens jedoch nicht wahrscheinlich. Trotzdem fordert die CDU den Senat auf, dem neuen Staatsvertrag nicht zuzustimmen. Ich frage mich die ganze Zeit, ob Sie eigentlich nicht verstanden haben, dass das Parlament Staatsverträgen zustimmt! Das kann Ihnen doch nicht verborgen geblieben sein, dass wir vor wenigen Wochen hier schon einmal einem Staatsvertrag zugestimmt haben. Das macht nicht der Senat!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Insofern könnten Sie diese Aufforderung nur an uns selbst richten, und das werden wir dann sehen, wenn es tatsächlich um die Abstimmung eines Staatvertrags geht, ob Sie dann sagen, das Haus möge dem Staatsvertrag nicht zustimmen. Das warte ich ab!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben hier zwei ähnliche Anträge vorliegen, einen rot-grünen Antrag und einen Antrag der CDU, die sich inhaltlich eigentlich nur in einer Frage unterscheiden! Wir als Koalition sind der Meinung, dass man die Verhandlungen erst einmal aufnehmen sollte, bevor man damit droht, dass man sie platzen lässt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Genauso ist es!)

Denn, Frau Motschmann, dies sei an dieser Stelle gesagt, wer den Verhandlungstisch verlässt, der ist auch an den Ergebnissen nicht mehr beteiligt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die CDU-Forderung nach Ablehnung ist absurd! Radio Bremen ist auf die Solidarität der anderen angewiesen. Eine Ablehnung von Staatsverträgen würde keine Verbesserung der Lage von Radio Bremen bewirken.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das war auch abenteuerlich!)

Man hat zwar eine starke Position, wenn man ein Veto einlegt, aber man hat eine destruktive Position. Wir brauchen aber eine konstruktive Position, wir müssen etwas erreichen, das Radio Bremen so nämlich nutzen soll, und deswegen sind wir auf Mitstreiter angewiesen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bisher war es in der Bremischen Bürgerschaft gute Tradition, immer gemeinsam für Radio Bremen einzutreten. Dies sollte auch fortgesetzt werden. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zum Antrag von Rot-Grün! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Werner.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Vertreter des NDR!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nein, ich komme nicht vom NDR, und ich war auch noch nie öffentlich-rechtlich beschäftigt!

Natürlich wollen wahrscheinlich wir alle hier im Raum – oder ganz sicher alle hier im Raum, die Bremer FDP ist nicht da, die ist inzwischen gegen eine öffentliche Rundfunkfinanzierung – die Lage von Radio Bremen verbessern und halten, allein dazu braucht es eine deutliche Veränderung des ARDFinanzausgleichs. Da sind wir uns auch sicher. Frau Motschmann, wir hätten gern Ihren Antrag mitgemacht, das haben wir Ihnen auch gesagt, aber wir wollten einige Details sprachlich und faktisch etwas besser machen.

Sie sprechen in Ihrem Antrag – einen Teil hat Frau Grotheer gerade zitiert – ausdrücklich vom 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Womit der sich zu befassen hat, können Sie aber der Ministerpräsidentenkonferenz von hier – und das kann wahrscheinlich auch der Bürgermeister nicht – nicht vorschreiben, und das können wir auch der ARD nicht vorschrei

ben. Ich glaube auch nicht, dass Sie etwas dagegen hätten, wenn sich der 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit Jugendmedienschutz oder mit dem Medienkonzentrationsrecht und vielleicht der 17. oder 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sich mit dem Finanzausgleich beschäftigen würden. Dagegen spricht nichts. Sie definieren da einfach einige Dinge, Sie haben da etwas aufgeschrieben, Sie wollen vorschreiben, wie das Ergebnis aussieht: Sie sagen, es muss eine Verdoppelung des Volumens des Finanzausgleichs sein.

(Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Wer nichts fordert, bekommt auch nichts!)

Richtig! Es fordern ja alle dasselbe!

Vor einem Jahr oder zwei Jahren ist zum Beispiel der RBB innerhalb der ARD aus dem Finanzausgleich ausgeschieden und bekommt seitdem kein Geld mehr. So etwas wollen Sie der ARD auch erzählen. Deswegen konnten wir uns nicht einigen, es sind einige sprachliche Formulierungen, und das ist das ganze Problem; daraus machen Sie eine nachgeholte Haushaltsdebatte und eine Intelligenzdebatte und sonst was für Veranstaltungen hier. Das finde ich relativ absurd!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die KEF, die Kommission zu Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, hat in ihrem 18. Bericht festgestellt – und zwar ausdrücklich und nicht zwischen den Zeilen –, dass die Arbeit der öffentlichrechtlichen Sender mit der GEZ-Gebühr nach ihrer Meinung und Einschätzung so knapp auskömmlich zu finanzieren ist. Dem haben wir nicht widersprochen, dem wollen wir auch nicht widersprechen. Sie hat auch ausdrücklich festgestellt, dass der ARDFinanzausgleich in seiner jetzt gültigen Gestaltung die Lebens- und Funktionsfähigkeit der kleinen ARDAnstalten – das sind Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk – nicht sicherstellen kann. Das steht wortwörtlich darin, also nicht irgendwo zwischen den Zeilen.

Die KEF bestätigt, dass Radio Bremen – auch das ausdrücklich ein Originalzitat! – „gravierende Sparmaßnahmen“ umgesetzt hat und sich die Finanzlage des Senders aber dennoch „verschärft“ hat. Radio Bremen bekommt aus dem Finanzausgleich etwa 26 Millionen Euro im Jahr, etwas weniger als der Saarländische Rundfunk, von einem Gesamtgebührenaufkommen für die ARD von 5,5 Milliarden Euro.

Die KEF hat die ARD – wiederum ausdrücklich und wörtlich – gemahnt, die kleinen Anstalten finanziell in der Zukunft besserzustellen und handlungs- und überlebensfähig zu machen. Das entspricht genau der Forderung der Ministerpräsidentenkonferenz vom Oktober und den Bemühungen des Senats und den

Bemühungen des Bremer Vertreters in der KEF, unserem ehemaligen Staatsrat Hubert Schulte, die alle seit Langem eine Verbesserung des ARD-Finanzausgleichs für Radio Bremen einfordern und die das im vergangenen Herbst noch einmal bekräftigt hatten. Auch die ARD teilt diese Einschätzungen im Grundsatz, sonst hätte sie die ARD-internen Kredite für die Jahre 2013 und 2014 gar nicht bewilligt.

Also, bis klar ist, wie sich der neue GEZ-Beitrag auf die Einnahmen der ARD wirklich auswirkt, und bis ein neuer Finanzausgleich verhandelt und beschlossen ist, sollten wir nicht warten, sondern weiter argumentieren und appellieren. Aber wir müssen denen nicht sagen, was sie tun müssen, und wir müssen denen auch nicht vorwegnehmen, wie sie rechnen sollen. Das ist Frau Motschmanns Milchmädchenveranstaltung, und ansonsten hat es einfach, glaube ich, keinen Sinn, es ist nicht unsere Aufgabe, den ARD-Finanzausgleich zu konzipieren, und zum Glück auch nicht Ihre!

Es sind sich in der Analyse und im Ziel auch alle einig, jetzt muss der Weg dorthin errechnet werden. Wir gehen – anders als Sie offenbar – ganz sicher davon aus, dass der Senat dieses Ziel mit der Bürgerschaft teilt und dass er sich dafür einsetzt. Das halten wir für selbstverständlich, und deshalb halten wir es nicht für notwendig, das noch einmal zu beschließen. Der Senat hat mit Hubert Schulte – das habe ich gerade schon gesagt – einen in der medienpolitischen Welt wirklich bestens vernetzten Fachmann aus Bremen in die KEF geschickt, auch das ist, glaube ich, ein gutes und deutliches Zeichen, was wir da erreichen wollen. Außerdem halten wir es nicht für so klug, der ARD aus Bremen vorschreiben zu wollen, wie der Finanzausgleich geht.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Der ARD nicht, den Ministerpräsidenten!)

Den Ministerpräsidenten wollen wir das auch nicht vorschreiben!

Natürlich muss man etwas fordern, wenn man etwas erreichen will, aber man muss auch gesprächsbereit bleiben und einen gemeinsamen Plan machen. Man kann den ersten Schritt tun, bevor man den zweiten tut und ruft, hoppla, jetzt kommt Bremen, und wir hätten es gern einmal so. Das ist der einzige Dissens zwischen Ihren und unseren Formulierungen. Im Ziel sind wir uns tatsächlich einig, das haben Sie uns in den Diskussionen über Ihren Antrag übrigens auch gesagt.

Vielleicht können wir noch kurz überlegen, warum wir uns da eigentlich so einig sind. Die Koalition, die CDU, die Linkspartei und die Ministerpräsidenten aller Länder, die KEF und die ARD, das ist ja eine ganz schöne Koalition. Aus Bremer Sicht ist das klar, Radio Bremen ist ein ganz wichtiger Teil der politischen und der demokratischen Infrastruktur in

unserem kleinen Land und für das Umland auch. Nicht zuletzt ist Radio Bremen ein großer Arbeitgeber, auch für die Ausgegründeten, auch für die Freien – ich bin dann ja doch auch ein Vertreter der Freien –, und kann, glaube ich, auch wieder ein interessanter, spannender, wichtiger Netzwerkknoten – mehr, wenn Sie mich fragen, und wirksamer, wenn Sie mich fragen – für die Kreativwirtschaft in Bremen werden, wenn der Sender nicht mehr nur hauptsächlich um das Überleben kämpfen müsste.

(Glocke)

Ich bin sofort fertig! Dann haben die anderen ARDAnstalten auch etwas davon, für die ist Radio Bremen zumindest ein Stück weit dasselbe in der ARD, was Bremen im Bund ist, ein Akteur, der die Stimme der Städte in den Bund trägt. Radio Bremen ist wie Bremen ein kleiner Vorreiter in einigen Bereichen für das große Ganze, manchmal auch ein Experimentierlabor mit allen Risiken.

Radio Bremen hat immense Sparmaßnahmen umgesetzt, in zeitgemäße Betriebsstrukturen investiert und diese verändert, hat inzwischen ein crossmediales, übergreifendes Arbeiten etabliert. Zumindest ab und zu – und in Zukunft hoffentlich mit dem neuen Programmdirektor Jan Weyrauch wieder spürbarer als in den vergangenen Jahren – wird hier auch wieder ein richtig innovatives Programm erarbeitet und experimentiert mit einer Platt-App für Herrn Imhoff, mit einer Web-Tagesschau, dem Stream-Sender Bremen Vier Next, mit der Digitalen Garage als Formatlabor, mit dem digitalen Newsdesk als neue Arbeitsform.

(Glocke)

Es ist nicht immer attraktiv und einfach, das wissen wir in Bremen sehr gut, eine verhältnismäßig große altehrwürdige gewachsene Verwaltungs- und Anstaltsstruktur zu verändern und mit neuen Angeboten zu kommen. Da hat Radio Bremen an best practice, glaube ich, inzwischen einiges zu bieten, viel gelernt und auch viel zu lehren. Den Kollegen der etwas behäbigeren großen und komplizierteren Anstalten, denen können sie zeigen, wie man es macht und auch wie man es vielleicht besser nicht macht. Dazu sind Labore da, und wir wollen Radio Bremen auf diesem Weg stützen und darin bestärken! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Joachim.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es wurde hier vieles gesagt, und man hat den Eindruck, dass hier sehr große Einigkeit herrscht bis auf die Tatsache, dass man meint,

hier Leute zum „Jagen tragen“ zu müssen. Radio Bremen ist von zentraler Bedeutung für das Land Bremen, es gibt auch kaum einen Sender, der so mit der Region verwurzelt ist, wie es bei Radio Bremen der Fall ist.