Protocol of the Session on February 22, 2012

Es gibt aber trotzdem noch andere Ausschüsse, wie zum Beispiel den Gleichstellungsausschuss, in dem ich zufälligerweise den Vorsitz habe. Es gibt natürlich einen verantwortlichen Job, den ich auch mache. Ich habe zum Beispiel auch so etwas wie Familie, man glaubt es kaum!

(Abg. Frau G r o t h e e r [SPD]: Ich habe vier Kinder!)

Schön und gut, aber es gibt eine Art von Vereinbarkeit, die insofern nicht mehr gewährleistet werden kann.

Ja, Frau Grotheer, es ist doch für Sie auch eine Belastung, das kann man doch gar nicht anders sehen, aber ich kann letztendlich meinen Kolleginnen und Kollegen nicht alles abgeben, was ich tue, das ist faktisch nicht möglich. Es sind objektive Bedingungen, an denen ich momentan wirklich mehr oder weniger fast verzweifle, weil ich nicht weiß, wie ich es schaffen soll, wenn ich nachts Akten lesen muss, natürlich!

Ich frage mich allen Ernstes, warum es nicht möglich sein kann, an diesem Punkt, an dem wir doch jetzt quasi eine Art Kompromiss ausgehandelt haben, zu sagen, die Sitzungstermine werden mit dem Einverständnis aller abgestimmt. Warum ist denn das eine solch unmögliche Forderung? Ich kann nicht nachvollziehen, wo hier das Problem sein soll. Hamburg

hat ein Halbtagsparlament. Wissen Sie, wie oft dort der Untersuchungsausschuss tagt? Alle vier Wochen dreimal! Das ist kein Rhythmus, den ich bevorzugen würde, aber ich meine, dass Hamburg sein Halbtagsparlament ernst nimmt, und das sollten wir hier auch tun, wenn es schon darum geht.

Ich hätte ganz gern, dass man auch die kleinen Fraktionen so weit einbezieht und ernst nimmt, dass man sagt, einverstanden, dann beteiligen wir alle daran, wie wir diese Sitzungstermine legen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: DIE LINKE packt es nicht!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch meine Fraktion war ja schon unterschiedlich groß, aber dass ein Untersuchungsausschuss und der Erfolg der Arbeit in solch einem Gremium davon abhängig ist, wie groß eine Fraktion ist, ist für mich völlig neu, denn die Zusammensetzung richtet sich ja ehrlicherweise auch nach der Größe der Fraktionen. Sie haben nur einen Sitz,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Und Sie bekommen noch Mitar- beiter dazu!)

und Sie bekommen noch zusätzlich Unterstützung. Wenn Ihnen das schon zu viel ist, stellt sich die Sinnfrage von Untersuchungsausschüssen für Ihre Fraktion insgesamt.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist wohl wahr!)

Wir waren alle an diesem Abgeordnetengesetz beteiligt, uns war doch völlig klar, dass es dabei immer Ausnahmesituationen geben kann, die es erfordern, von der Starrheit des Prinzips von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr abzuweichen. Wir machen es ja auch! Auch die Deputationen und Ausschüsse machen es. Wenn Deputationsreisen stattfinden, ist es irgendwie auch möglich, dass Abgeordnete daran teilnehmen und nicht morgens hinfliegen und abends wieder zurück, weil sie nur von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr arbeiten.

Es ist doch völlig klar, dass es Ausnahmesituationen des parlamentarischen Alltags gibt, und deswegen haben wir auch in unsere Abrede, wie wir miteinander Parlamentsabläufe organisieren wollen, hineingeschrieben, es soll grundsätzlich von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr sein. Allein daraus kann man doch schließen, dass es Situationen geben muss, in denen man unter den gegebenen Voraussetzungen etwas anders machen will.

Was ich überhaupt nicht verstehe, ist: Ich habe wahrgenommen, es gibt eine Verständigung unter den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja! – Abg. Frau G r o t h e e r [SPD]: So ist das!)

alle sind mit dem Zeitplan einverstanden,

(Abg. Frau G r o t h e e r [SPD]: Sogar ein- stimmig!)

einstimmig sogar, dann frage ich mich: Was sollen wir noch mit diesem Gesetz? Wenn es mit dem Gesetz so funktioniert, dass alle damit leben können, dann finde ich, ist es doch in Ordnung, dass man es auch entsprechend handhabt.

Ich will noch einmal etwas zum Vorsitz sagen, weil sich auch dort, finde ich, ein bisschen das unterschiedliche Verständnis von Parlamentarismus widerspiegelt. Ich persönlich bin der Auffassung, dass wegen des Status eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses jedes Mitglied, sowohl Vorsitz als auch Stellvertreter als auch jedes ordentliche Mitglied, diesen besonderen Auftrag des Parlaments in sich spüren sollte, sodass die Frage, ob man zur Regierung gehört oder nicht, wirklich zweitrangig ist.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind nicht nur ein Mittel der Opposition, sondern eine Untersuchungsmöglichkeit des gesamten Parlaments. Es gibt in der Geschichte Bremens, aber auch vieler anderer Untersuchungsausschüsse darüber hinaus, viele Erfahrungen, dass man sich mit dem Vorsitz eines Untersuchungsausschusses – sehen Sie mir das nach, Frau Grotheer! – nicht zum Liebling der eigenen Partei macht, aber trotzdem einen wesentlichen Beitrag zur parlamentarischen Demokratie leisten kann.

Deswegen ist es vollkommen egal, wer den Vorsitz eines solchen Ausschusses innehat. Wenn der Ausschuss insgesamt das unbedingte Aufklärungsinteresse hat, finde ich, braucht man nicht festzulegen, dass es nur jemand aus der Opposition machen kann. Jemand aus der Regierung kann es häufig genauso gut wie jemand aus der Opposition.

Deswegen sehe ich für die Gesetzesinitiative, neben dem ganzen Irrsinn, der darin steht, ehrlicherweise überhaupt keinen Anlass. Wenn es doch jetzt läuft, dann kann es auch aus meiner Sicht weiter so laufen. Doch wenn aus diesem Untersuchungsausschuss die Konsequenz gezogen wird, dass in Zukunft nur noch dienstags und donnerstags getagt werden darf, dann machen wir uns ehrlicherweise zum Gespött der ganzen Republik, wenn wir unser Aufklärungsinteresse auf acht Stunde pro Woche reduzie

ren. Was passiert denn, wenn Sie um 15.30 Uhr fertig sind, weil alle die Aussage verweigert haben? Müssen Sie dann bis 18.30 Uhr sitzen bleiben, um Ihre vier Stunden voll zu bekommen?

Also, diese zeitliche Flexibilität wohnt dem Status eines Abgeordneten nun einmal inne, da hat man keine festen Zeiten, da gibt es auch keine festen Pausenzeiten, man kann auch nicht sagen, dass man alle zehn Minuten eine Zigarette rauchen muss. Dann ist es eben so, dass man sich in einer besonderen Situation des Parlaments auch besonders verhalten muss. Für die Mitglieder unserer Fraktion ist das zumindest kein Problem.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen, Drucksache 18/219, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt das Gesetz in erster Lesung ab. Damit unterbleibt gemäß Paragraf 35 Satz 2 unserer Geschäftsordnung jede weitere Lesung.

Einrichtung einer Stelle eines Opferschutzbeauftragten

Antrag der Fraktion der CDU vom 13. September 2011 (Drucksache 18/51)

Wir verbinden hiermit:

Anspruch auf Beratung und Hilfe für Opfer von Gewalt

Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und DIE LINKE vom 21. Februar 2012 (Neufassung der Drucksache 18/261 vom 21. Februar 2012) (Drucksache 18/267)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Günthner, ihm beigeordnet Herr Staatsrat Professor Stauch.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Opferschutz geht uns alle an! Im Jahre 2010 wurden in Bremen 90 000 Straftaten polizeilich registriert, auf 100 Einwohner kommen 13 Straftaten. Sie können sich vorstellen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass auch einer von Ihnen Opfer einer Straftat wird. Fast 25 Prozent der Opfer von Gewaltverbrechen entwickelten innerhalb der ersten drei Monate nach der Tat eine posttraumatische Belastungsstörung. Acht Prozent der Raubopfer – wir haben gerade über Raub und den Anstieg der Raubdelikte in der Zeitung lesen können – sind so traumatisiert, dass sie in Rente gehen.

Deswegen meinen wir, dass Opferschutz eine Staatsaufgabe ist. Opfer brauchen eine schnelle und unbürokratische Hilfe, im Mittelpunkt eines Strafverfahrens steht aber in der Regel der Täter. Viele Opfer von Straftaten fühlen sich schutzlos und ohnmächtig, gerade dann, wenn es sich um solche Opfer handelt, die besonders schweren Straftaten zum Opfer gefallen sind wie zum Beispiel Sexualdelikten, Menschenhandel oder auch Zwangsprostitution.

In der Gesetzgebung ist es in der Vergangenheit schrittweise zu einer Verbesserung des Opferschutzes gekommen. Ich sage nur Videovernehmung, Anwaltsbeistand oder jetzt auch der Gesetzentwurf zur Stärkung der Rechte von Opfern von sexuellem Missbrauch! Belastende Mehrfachvernehmungen sollen vermieden werden, der Opferanwalt wurde verstärkt eingeführt und auch eine Verlängerung der Verjährungsfrist im Zivilverfahren.

Es hat sich eine Menge getan, aber Rechte allein, das ist unsere Überzeugung, genügen nicht. Opfer von Straftaten müssen ihre Rechte auch durchsetzen können, das heißt, sie müssen einen Zugang zu einer Opferhilfe bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Wie sieht die Lage aus? Wir haben eine Anhörung im Rechtsausschuss durchgeführt, zu der sehr viele Opferhilfeorganisationen erschienen waren. Mich hat erschreckt, dass das Versorgungsamt selbst gesagt hat, dass 80 Prozent der hilfebedürftigen weiblichen Opfer von den bestehenden Hilfestrukturen nicht rechtzeitig erreicht würden. Wenn wir daran etwas ändern wollen, ist es, denke ich, Zeit zu handeln. In Bremen gibt es viele hervorragende Opferhilfeeinrichtungen, die wir angehört haben. Sie bieten für die Opfer von Straftaten eine Menge an, und ich kenne viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Organisationen persönlich und weiß, dass sie mit hohem persönlichem Engagement und mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln dabei sind.