Protocol of the Session on January 26, 2012

Nur im Rahmen der aus der Polizeireform erwachsenden Veränderung, nämlich der Schaffung einer Flexiblen Ermittlungsgruppe, aber auch der Schwerpunktmaßnahmen durch Züge der Bereitschaftspolizei, sollte – ich wiederhole ausdrücklich sollte – es möglich sein, diese regionale Kriminalität besser be

kämpfen zu können. Das ist natürlich nach der Auflösung der Flexiblen Ermittlungsgruppe allein mit den regionalen Zügen der Bereitschaftspolizei kaum möglich, weil Letztere durch den Einsatz bei anderen Veranstaltungen, zum Beispiel Fußballeinsätzen, CastorTransporten, Veranstaltungen hier in der Stadt und – nicht zu vergessen – Naziaufmärschen und so weiter kaum noch in der Lage sind, ihren originären Aufgaben in der Region nachzukommen. Damit fehlt auch das zweite Instrument völlig, das dafür sorgen soll, in der Region Polizeipräsenz zu zeigen.

Alles in allem besteht dadurch genau das Problem weiter, das durch die Polizeireform beseitigt werden sollte: In den Regionen bestehen keine oder kaum Möglichkeiten, Herr Fecker hatte es angesprochen, täterorientiert, nur in solch einem Rahmen ist es möglich, an die Täter nach Einbrüchen neben der Sachbeweisführung heranzukommen!

Ein dritter Aspekt ist aus unserer Sicht die Bekämpfung der Drogenkriminalität! Wir wissen alle, und auch der Senat hat es in mehreren Antworten zugegeben, dass ein großer Teil der Eigentumskriminalität von Drogenabhängigen verübt wird. Demzufolge müsste der Senat, wenn er konsequent dagegen vorgehen wollte, die beiden Bereiche zur Bekämpfung der Drogenkriminalität, auf der einen Seite den repressiven, auf der anderen Seite den präventiven Teil, sehr viel intensiver aufgreifen, als das bisher geschehen ist. Auch darauf hat die CDU-Fraktion bereits im Jahr 2009 hingewiesen. Der präventive Teil ist an der Stelle natürlich besonders wichtig, um die soziale Verelendung dieses Personenkreises zu unterbrechen und zu unterbinden und diesen Menschen eine vernünftige soziale Perspektive zu bieten.

Sie haben in der Forderung der Koalition auch das Projekt „Stopp der Jugendgewalt“ angesprochen, ein an sich gutes Konzept, das werden alle Fachleute bestätigen. Es muss allerdings dann auch umfangreich gelebt werden. Dazu fehlen noch sehr viele Bereiche, insbesondere die Fallkonferenzen, die in der Art und Weise, wie sie einmal angedacht worden sind, überhaupt nicht stattfinden. Ich will nicht tiefer in das Thema einsteigen, aber es geht dabei um die Genehmigungspraxis und den Datenschutz, der immer wieder als Grund genannt wird, warum diese Fallkonferenzen nicht im erforderlichen Ausmaß stattfinden können.

Ich will noch zwei aus meiner Sicht wichtige Bereiche ansprechen. Wir haben am Beispiel dieses Raubüberfalls in Walle feststellen müssen, dass es keinen Haftgrund gegeben hat, die Täter in Untersuchungshaft zu nehmen. Wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, dass diese Haftgründe auch bei vielen Einbrechern nicht vorhanden sind, weil eine vorherige Verurteilung wegen anderer Straftaten nicht vorliegt und der Vorermittlungsrichter deshalb nicht auf gleichartige rechtskräftige Verurteilungen zurückgreifen kann. Wenn wir uns aber unsere Verurteilungspraxis in Bremen anschauen, die hier ja auch

bereits mehrfach diskutiert wurde, so haben wir bei Jugendlichen eine Verurteilungsquote von 15 Prozent, während im Bundesgebiet bei Jugendlichen eine Verurteilungsquote von 45 Prozent vorliegt. Wenn wir von 45 Prozent ausgehen, hätte man –

(Glocke)

sofort, Herr Präsident! – deutlich mehr Möglichkeiten, auf die Wiederholungsgefahr zurückzugreifen, weil entsprechende Urteile bereits vorlägen. Im Übrigen, Herr Senkal, kann die Polizei Verdächtige nicht 24 Stunden im Gewahrsam behalten, sondern es heißt „bis zum Ende des darauf folgenden Tages“. Das könnten, rein theoretisch, fast 48 Stunden sein, aber natürlich nur, um bestimmte polizeiliche Maßnahmen durchzuführen. Dieser Prozess der Verurteilungsquote sollte auf jeden Fall weiter ins Auge gefasst werden,

(Glocke)

damit die Wiederholungsgefahr beurteilt werden kann. Abschließend fordern wir den Senat auf, endlich die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Eigentumskriminalität einzuleiten oder den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt mitzuteilen, dass diese Aufgabe für den Senat keine Priorität hat. – Vielen Dank! (Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man weiß gar nicht, wo man zuerst anfangen soll. Ich werde trotzdem ein bisschen das arbeiten, was hier von Teilen der Opposition gesagt wurde. Die Bewertung der künstlichen DNA haben wir in unseren Antrag aufgenommen, Herr Timke! Wenn Sie schon zitieren, dann sollten Sie richtig zitieren, vor der Weiterentwicklung steht in dem Antrag nämlich die klare Frage, welche Erfolge man mit dieser Maßnahme erzielt. Zu einem ehrlichen Debattenbeitrag hätte das sicherlich gehört. Im Übrigen sei mir der Hinweis gestattet, da Sie ja auf Bremerhaven hingewiesen hatten, dass durch den Einsatz der künstlichen DNA in den Schulen Bremerhavens die Einbrüche und Diebstähle tatsächlich massiv zurückgegangen sind!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das könnten Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Stadtverordnetenversammlung genauer hinterfragen.

Der nächste Punkt, der mich massiv ärgert, ist die Frage der nächtlich geschlossenen Polizeireviere! Ich hatte ein wenig vermutet, dass wir mit dem Ausscheiden der FDP diesen Mythos hier nun endlich verloren hätten, aber dem ist nicht so. Mir hat bisher noch niemand erklärt, welchen Sinn es hat, wenn zwei Polizeibeamte hinter einem Tresen stehen und die ganze Nacht hindurch kein Mensch kommt, um irgendeine Serviceleistung nachzufragen. Wir brauchen diese Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auf der Straße, um unserem Anspruch gerecht zu werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zuruf des Abg. T i m k e [BIW])

Es ist schlichtweg falsch, wenn Sie auch noch von der Schließung von Polizeirevieren sprechen. Die Öffnungszeiten sind geändert worden, weil in der Tat nachts, um Mitternacht oder morgens um drei Uhr, niemand in ein Polizeirevier geht, um eine Anzeige zu erstatten. Das ist schlichtweg Unfug!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Natürlich kann man sich stets mehr Polizei wünschen. Selbstverständlich! Wer aber in dieser Stadt lebt und Zeitung liest, sollte doch mitbekommen haben, dass die Einstellungszahlen bei der Polizei trotz der schwierigen Haushaltslage seit 2007 massiv erhöht worden sind. Man kann doch dann nicht so tun, als ob gar nichts passiert wäre, Herr Timke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Obwohl wir um die Belastung der Polizei wissen, haben wir heute den Ansatz zu sagen, wir wollen, dass das ein Schwerpunkt wird. Wer einen Schwerpunkt setzt, weiß, dass dafür andere Dinge durchaus einmal in den Hintergrund treten müssen. Das ist uns bewusst, aber das ist es uns in diesem Fall auch wert: Wir möchten, dass die Polizei einen Schwerpunkt in diesem Bereich setzt, und dafür werden dann wahrscheinlich auch andere Maßnahmen – Verkehrskontrollen, Fahrscheinkontrollen bei der BSAG oder Ähnliches – entfallen. Dafür stehen wir aber auch ein!

(Zurufe)

Nein, ich kann die Herren Fraktionsvorsitzenden gern berichtigen: Bei Fahrscheinkontrollen der BSAG sind bei Schwerpunktmaßnahmen auch Polizeibeamte anwesend.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Ich habe ihm das gerade gesagt!)

Wenn Sie von Augenwischerei sprechen, müssen Sie vielleicht erkennen – Lesen hilft ja immer –, dass dieser Antrag zwei Seiten hat und dass auf der Rückseite eine ganze Menge Vorschläge vorhanden sind, die man umsetzen kann. Man kann doch hier nicht behaupten, darin steht nichts, wenn ganz konkret darin steht, dass wir es unter anderem im Bereich der Prävention hinbekommen müssen, dass Vermieter ihrer Aufgabe gerecht werden und das Eigentum derjenigen schützen, die bei ihnen zur Miete wohnen. Warum kann ein Vermieter nicht bei einem Mehrfamilienhaus in den ebenerdigen Wohnungen dafür sorgen, dass dort Außenjalousien angebracht werden, die man nicht einmal eben hochhebeln kann? Es ist doch nicht zu viel verlangt, wenn man das Eigentum seiner Mieter schützt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Kollege Tuncel, das Placebo in Ihrer Rede fand ich auch wunderschön. Es ist immer dumm, wenn man seine Rede schon im Vorfeld fertig hat und dann den Rednerinnen und Rednern nicht mehr zuhört. Ich glaube, das Thema Prävention hat in meiner Rede einen nicht gerade kleinen Teil eingenommen. Dann sagen Sie noch, das Wort Prävention taucht dort gar nicht auf. Ich meine, zuhören und Ihre Rede ein bisschen anpassen müssen Sie an dieser Stelle schon.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. T u n c e l [DIE LINKE]: Im Antrag!)

Ich danke Ihnen, Herr Hinners, für Ihren sachlichen Beitrag, was das Konzept „Stopp der Jungendgewalt“ angeht. Darauf, das wissen Sie, hat die grüne Fraktion auch immer einen sehr kritischen Blick. Ich bin dafür, dass wir uns das in dieser Legislaturperiode auch noch einmal sehr genau anschauen. Ich weiß auch, dass mein Kollege Senkal das sehr gern mitmachen wird, das können wir an dieser Stelle gern vereinbaren.

Abschließend! Ich glaube – Augenwischerei, Placebo –, wenn wir als Koalition Sachen vertuschen wollten, dann würden wir sie hier doch nicht benennen, dann würden wir doch nicht einen entsprechenden Antrag stellen und ganz klar zum Ausdruck bringen, wir sind mit diesen Zahlen nicht zufrieden, diese Zahlen sind besorgniserregend, und Bremen steht insgesamt nicht gut da. Das sagen wir hier heute ganz deutlich! Wir sagen, dass wir diesen Umstand auch ändern wollen. Es ist richtig, das zum Thema zu machen. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann eigentlich nichts mehr sagen, weil alles, was ich zu Herrn Timke sagen wollte, und alles, was ich zu Herrn Tuncel sagen wollte, von Herrn Fecker jetzt gesagt worden ist.

Noch eine kleine Anmerkung! Ich finde es schade, bei diesem Thema eine vorgezogene Haushaltsdebatte zu führen. Ich glaube, das entspricht dem Thema nicht und auch nicht den Menschen dort draußen, die das gar nicht hören wollen, was wir hier für ein Geplänkel haben. Dann bleibt mir aber noch eines zu sagen, ich möchte mich bei Herrn Hinners ausdrücklich für die sachgerechte und inhaltlich gute Debatte bedanken. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das müssen Sie sich nicht gefallen lassen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, das muss man sich wirklich nicht gefallen lassen. Trotz allem, vielen Dank!

(Heiterkeit)

Ich will, weil ich vorhin mit meiner Zeit nicht so richtig zurechtgekommen bin, Herr Präsident, doch noch den einen oder anderen Aspekt aufgreifen. Natürlich ist die Einführung der künstlichen DNA hilfreich gewesen, insbesondere was die Prävention angeht, gar keine Frage! Allerdings darf man darin auch kein Allheilmittel sehen, natürlich dürfen deswegen Maßnahmen der Polizei und der Justiz nicht heruntergefahren werden, denn wir haben an der Stelle ein Phänomen, dass wir in Bremen trotz der künstlichen DNA eine Steigerung der Einbruchskriminalität haben. In anderen Großstädten gibt es den Einsatz der künstlichen DNA nicht, sie haben aber trotzdem nicht diese extremen Steigerungen. Ich hatte vorhin davon gesprochen, dass es Bremer Gründe geben muss, weswegen wir diese massiven Steigerungen haben.

Ich will auf den Antrag der Koalition zumindest in zwei wichtigen Punkten eingehen! Punkt drei, der von der Koalition dahingehend formuliert worden ist, die Vermieter aufzufordern, mehr in Richtung Sicherheitsmaßnahmen an ihren Objekten durchzuführen: Dass das geprüft wird, damit können wir leben. Wir ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

glauben aber, dass es keine rechtliche Möglichkeit geben wird, die Vermieter dazu zu zwingen, deswegen werden wir uns bei diesem Punkt enthalten.

Auf Punkt sieben, das ressortübergreifende Konzept, bezogen: Es ist natürlich ein bisschen merkwürdig, wenn wir schon Konzepte dieser Art haben und Rot-Grün auch wieder einmal darauf hinweist. Natürlich sind diese Konzepte wichtig, wir haben das schon im Jahr 2009 und am Beispiel des Handlungskonzepts „Stopp der Jugendgewalt“ umfangreich diskutiert. Das immer wieder zu fordern, macht die Sache nicht besser, da muss auch endlich einmal etwas passieren. Ich glaube, das ist ganz entscheidend.

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Inhaltlich will ich noch auf einen Aspekt eingehen, der mit dem korrespondiert, den ich vorhin schon angesprochen habe, nämlich welche Möglichkeiten es denn tatsächlich gibt, die Kriminalität durch Polizei und Justiz besser und vielleicht auch erfolgreicher aufzuklären! Ich hatte darauf hingewiesen wie auch Herr Fecker, dass es natürlich über täterorientierte Ermittlungen geht. Das ist sehr aufwendig, das weiß auch jeder. Wenn wir aber in der Region Serien haben, dann kann man auch davon ausgehen, dass diese Serien vielleicht von einem relativ kleinen Täterkreis begangen werden. Dafür ist beispielsweise die Flexible Ermittlungsgruppe ein sehr sinnvolles Instrument. Sie hat in Bremen-Nord, in Huchting und auch in anderen Teilen der Stadt schon sehr erfolgreich gearbeitet.

Das erklärt ein bisschen den Hinweis, der hier vorhin gekommen ist, nämlich dass in Mehrfamilienhäuser eingebrochen wird. Diese Mehrfamilienhäuser stehen natürlich häufig in Vierteln wie beispielsweise Hemelingen; dort haben wir jetzt auch einen Schwerpunkt. Ein alter kriminalistischer Grundsatz besagt, dass die Täter aus einem Wohnumfeld von zwei bis drei Kilometern um den Tatort herum stammen. Es macht also doch Sinn, auch direkt vor Ort und intensiv in diese Szene einzusteigen. Dafür braucht man Personal.

Wir müssen aber auch an dieser Stelle wieder darauf hinweisen, dass die Personalstärke der Bremer Polizei innerhalb der letzten vier Jahre von 2 600 auf 2 480 Personen gesunken ist. Natürlich werden Sie jetzt wieder sagen, das liegt an den Einstellungszahlen aus früherer Zeit, keine Frage, ich kenne ja Ihre Antworten. Gleichwohl sind Sie als Koalition seit dem Jahr 2007 für die Einstellungen zuständig, und daher müssen Sie sich dies auch als Versäumnis zuschreiben lassen. – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn ich jetzt vier Jahre dabei bin, fällt es mir immer noch sehr schwer, als Letzter sprechen zu müssen. Ich würde gern vorher in diese Debatte eingreifen.