Protocol of the Session on May 12, 2011

Wir fordern daher mit unserem Antrag den Senat auf, genaue Daten über die polizeilichen Festnahmen zur Vorbereitung einer Abschiebung und die Anzahl der tatsächlich Abgeschobenen sowie die Gründe für eine Nichtabschiebung zu erfassen. Auf eine Kleine Anfrage der CDU musste der Senat nämlich antworten, dass solche Daten nicht erhoben werden und damit auch keine Auswertung vorliegt.

Wir fordern ferner, die Anstrengungen zu verstärken, schwerkriminell gewordene Ausländer mit rechtsstaatlichen Mittel auch tatsächlich auszuweisen. Wir fordern weiterhin, eine klare Regelung über die Zuständigkeit bei einer erforderlichen medizinischen Untersuchung von Abzuschiebenden festzulegen. Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen!

(Beifall bei der CDU)

Zum Abschluss möchte ich mir aber noch einen Hinweis an den zuständigen Senator gönnen. Die Mitarbeiter des Ausländeramts vermissen laut Beitrag in der Zeitung „Deutsche Polizei“ die Fürsorge des Arbeitgebers und klagen über mangelnde Unterstützung bei ihrer höchst sensiblen Arbeit. Herr Senator, mit der Androhung disziplinarrechtlicher Maßnahmen und der Auflösung von Team 5 lösen Sie solche Mitarbeiterprobleme nicht.

(Beifall bei der CDU)

Wir fordern Sie deshalb auf: Gehen Sie auf die Mitarbeiter zu, und hören Sie sich deren Probleme an, und lösen Sie diese möglichst einvernehmlich! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Endlich einmal besteht kein Konsens in der Debatte, und das ist in dieser Frage eigentlich schade, denn, Herr Hinners, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass das ein Thema ist, das durchaus emotional ist. Ich finde es nicht ideologisch, sondern ich finde es emotional, und das ist auch begründbar, weil Abschiebungen immer bedeuten, dass man Menschen in eine ungewisse Zukunft schickt, dass man sie teilweise in Lebensverhältnisse schickt, die nicht gerechtfertigt sind. Deswegen, glaube ich, ist es auch so, dass sich Kirchen, dass sich Schülerinnen und Schüler, ganze Schulen, ganze Gemeinden immer ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wieder engagieren, wenn es darum geht, Abschiebungen zu verhindern, und das finden wir Grünen bemerkenswert und nicht ideologisch vorbelastet, Herr Hinners!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will kurz und knapp sagen, dass wir Ihren Antrag nicht befürworten, weil uns auch die gesamte Ausrichtung des Antrags nicht passt, das sage ich auch so deutlich. Sie fangen bereits im Vorspann an, von effektiven Systemen erforderlicher Abschiebungen zu sprechen, gehen dann weiter, dass man möglichst schnell und zügig all das abhandeln muss, und ich glaube, dass die Fälle der Vergangenheit auch in Bremen gezeigt haben, dass es sinnvoll ist, genau zu prüfen, bevor es zu rechtlich notwendigen Abschiebungen kommt. Ich glaube, es täte der Bürgerschaft, aber auch der CDU gut, wenn sie, anstatt massive Abschiebungen zu fordern, sich endlich einmal auch auf Bundesebene für ein vernünftiges Aufenthaltsrecht einsetzen würde.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich glaube auch, es ist sinnvoll, dass wir bei Abschiebungen in der Tat das rechtsstaatliche Verfahren, das Sie nicht bestritten haben, das aber natürlich durch eine gewisse Eile immer leidet, beachten, denn wir in Bremen haben nicht so gute Erfahrungen gemacht.

Sie haben gerade eine Organisationseinheit in der Ausländerbehörde angesprochen. Wenn ich da an eine Debatte erinnere, die wir hier über Reisefähigkeit, erst in der Deputation und dann auch noch einmal im Parlament, geführt haben, dann finde ich es ganz gut, dass wir uns die Zeit genommen haben und es Gerichte gibt, die dann notfalls auch noch einmal einschreiten können, und es eine neutrale Beobachtung am Ende eines solchen Prozesses gibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

All dies führt bei uns dazu, dass wir Ihren Antrag heute ablehnen werden.

Ich möchte die verbliebene Redezeit dazu nutzen, und das, was Innensenator Mäurer bereits gesagt hat, auch aus Sicht der Grünen-Fraktion zu bestärken. Lieber Herr Ehmke, als wir zusammen in sehr frühen Jahren in der Gesamtschülervertretung im Vorstand gesessen haben, hätten wir beide uns wahrscheinlich nicht träumen lassen, dass wir irgendwann einmal im Parlament und dann auch noch in die gleiche Richtung laufend Politik machen. Sie sind sowohl bei mir als auch in der Grünen-Fraktion fachlich anerkannt als Mensch sowieso. Ich glaube, dass Sie diesem Parlament fehlen werden. In meinem Namen, aber auch im Namen der Grünen-Fraktion wünsche

ich Ihnen für den weiteren Lebensweg alles Gute! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ehmke.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Mäurer, so schnell werden Sie mich dann doch noch nicht los, einmal komme ich noch. Das gibt mir aber die Gelegenheit, gleich noch einmal auf Sie zu antworten. Ich will aber vorher ein paar Sätze zum Antrag der CDU verlieren. Herr Fecker hat das Geheimnis schon gelüftet: Die Koalition wird Ihrem Antrag trotz Ihrer freundlichen Bitte nicht zustimmen und ihn aus verschiedenen Gründen ablehnen.

(Abg. F o c k e [CDU]: Typisch!)

Zum einen: In den Punkten 1 bis 3, so glaube ich, ich habe ihn jetzt gar nicht mitgenommen, verlangen Sie die Erhebung verschiedener Daten. Zum anderen erschließt sich uns noch nicht so ganz, was Sie mit den Daten vorhaben. Was aber ohne Frage klar ist: Im Ausländerrecht gibt es eine Menge Daten, die in diesem Bereich erhoben werden. Das ist gesetzlich festgelegt. Solche Daten sind richtigerweise zu erheben. Für die Erhebung weiterer Daten fehlt es nicht nur an der gesetzlichen Grundlage, sondern wir finden es auch nicht sinnvoll, massenweise Daten zu sammeln, von denen wir nicht genau wissen, was wir damit sollen, insbesondere da Sie ja zu Recht auf die hohen Belastungen der zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingewiesen haben, und diese Daten sammeln sich nicht von allein, sondern das müssen Menschen machen, die ohnehin genug zu tun haben. Wir wären froh, wenn sie sich auf ihre Arbeit im Wesentlichen konzentrieren könnten, ohne dass wir sie hier mit Dingen, die wir für eher unnötig halten, weiter belasten. Zum letzten Punkt muss ich allerdings sagen, eine klare Regelung zur Begutachtung der Reisefähigkeit finde ich nicht ganz falsch. Ich weiß, dass an dieser Frage gearbeitet wird. Ich finde das deshalb nicht ganz falsch, weil wir insbesondere in der letzten Legislaturperiode die eine oder andere unangenehme Erfahrung mit der Begutachtung von Reisefähigkeit und mit dem Einkaufen von Gutachten in anderen Bundesländern gemacht haben, von denen wir nicht den Eindruck hatten, dass die fachlich hervorragend waren und uns nach vorn gebracht haben. Insofern glaube ich, das ist etwas, das man sich in der nächsten Legislaturperiode, wer auch immer das dann macht, noch einmal anschauen soll, wie da der Stand ist. Ich fände schon, es macht Sinn, das zu standardisieren. Wenn ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wir jetzt noch ein wenig mehr Zeit miteinander gehabt hätten, hätte ich gesagt, wir nehmen es noch einmal mit in die Innendeputation. Jetzt haben wir gar keine Sitzung mehr. Insofern bleibt es dabei, wir lehnen es ab. Ich will ganz kurz im Anschluss an den Kollegen Fecker noch einmal sagen, auch wir finden, dass die Stoßrichtung des Antrags nicht unsere ist. Wir wollen, dass ausländerrechtliche Maßnahmen, die erforderlich sind – dazu kann im Übrigen auch die Abschiebung gehören –, die verhältnismäßig sind und denen keine Abschiebegründe entgegenstehen, auch durchgeführt werden. Wir finden aber, dass es nicht darum gehen kann, um jeden Preis und bei allen möglichen Zweifeln Menschen in eine ungewisse Zukunft abzuschieben, sondern im Zweifel für die Humanität. Das ist unser Grundsatz auch im Ausländerrecht! Wenn nicht klar ist, in welche Situation die Menschen geführt werden, wenn begründet die Annahme besteht, dass Ausreisehindernisse, Abschiebungshindernisse vorliegen, dann darf man das nicht wegtricksen, dann muss man das ernst nehmen, und das ist die Ausländerpolitik, für die wir stehen. Auch wenn es jetzt nicht so laut knallt, es ist auch meine letzte Rede, aber hier haben wir einen richtigen inhaltlichen Dissens. Wir wollen schlicht eine andere Ausländerpolitik als Sie, und ich stimme dem Kollegen Fecker zu, es wäre sehr wichtig, in den bundesgesetzlichen Regelungen weiterzukommen. Das würde uns viel mehr helfen als die Gefechte, die wir hier an dieser Stelle führen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das soll es dann aber auch von mir gewesen sein. Hiermit sage ich dann wirklich Tschüss. Ich sage Danke, Herr Mäurer, für Ihre Worte. Ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen für die Zusammenarbeit. Zehn Jahre habe ich es gemacht. Ich fand es nett. Ich bin gespannt, was ich in Zukunft machen werde. Ich werde ab und zu einmal schauen, wer von Ihnen hier wiedergekommen ist, und das ist einmal eine andere Perspektive auf Politik. Darauf freue ich mich aber auch. – Danke!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zu einer Kurzintervention der Abgeordnete Hinners. – Bitte!

Ich möchte eine Kurzintervention dahingehend machen, dass auch wir von der CDU uns und ich mich ganz persönlich bei Ihnen, Herr Ehmke, für die faire Zusammenarbeit hier im Parlament, in der Innendeputation und auch im Rechtsausschuss bedanken. Das war eine ausgesprochen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

angenehme Zusammenarbeit mit Ihnen, und auch wir wünschen Ihnen natürlich für Ihren weiteren Lebensund Berufsweg alles Gute!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann sage ich noch einmal Danke und schließe damit. Erstens: Tschüss! Zweitens: Schön, dass wir auch in der inhaltlichen Kontroverse hier ein versöhnliches Auseinandergehen gefunden haben. Das ist doch auch etwas Feines.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich will es kurz machen. Man könnte hier natürlich sehr viel über das Thema Abschiebung sagen. Die Debatte lädt geradezu dazu ein. Für uns als Liberale steht im Vordergrund, dass es selbstverständlich mit rechtsstaatlichen Mitteln passieren muss.

Wir sind mit Blick auf den Antrag der Kollegen der CDU aber zu dem Schluss gekommen, dass es ausreichende Informationsquellen im Bereich des Ausländerrechts gibt. Ihr Antrag zielt in drei von vier Punkten auf Datenerhebungen ab. Es steht das Ausländerzentralregister zur Verfügung, wo umfangreiche Datenbestände vorhanden sind. Aus diesem Datenbestand können Auskunftsstatistiken auch für einzelne Ausländerbehörden abgerufen werden, und wir gehen eigentlich auch davon aus, dass das hinreichend ist, was dort dokumentiert ist, um alle geforderten Sachverhalte dann auch bewerten zu können.

Im Übrigen will ich darauf hinweisen, dass bereits im April 2009 eine Kleine Anfrage in diesem Haus sich mit diesem Thema beschäftigt hat und der Senat diese zwar nur in Teilen beantwortet hat, aber eindeutig auch den Hinweis gegeben hat, dass das mit sehr hohem Aufwand verbunden ist, sehr spezifische Daten zusätzlich zu erheben. Da wir uns dafür entschieden haben, die Priorität in den nächsten Jahren da auch eindeutig darin sehen, dass Behörden von unnötigen Aufgaben entlastet werden sollen, die vielleicht an anderer Stelle schon einmal erledigt worden sind beziehungsweise hier im Bereich der Datenerfassung, liegt es für uns auf der Hand, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können.

Ich will aber auch eindeutig sagen, der Punkt 4, das ist auch schon in Ihrem Antrag angesprochen worden, in dem Sie eine klare Regelung für die Zuständigkeit sowie die Beauftragung bei der medizi––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nischen Untersuchung der abzuschiebenden Personen einfordern, ist auch sicherlich ein Thema, das nicht unwichtig und relevant ist. Allerdings fehlt uns ein wenig der Zusammenhang zu dem übrigen Teil Ihres Antrags!

Herr Kollege Hinners, Sie haben heute hier eine Reihe von durchaus richtigen und wichtigen Punkten auch aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit diesem Thema beschäftigen, angeführt. Ich glaube, es hätte der Debatte gutgetan, wenn man dies auch in Zusammenhang mit einem Antrag gebracht hätte, weil dann klarer geworden wäre, wie auch die Perspektive für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort ist, dass es darum geht, dort tatsächlich Verwaltungsprozesse effizienter, das fordern Sie ja, zu organisieren. Ich will aber auch deutlich hinzufügen, dass Effizienz nicht auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit gehen darf, insofern lehnen wir den Antrag ab.

Auch ich darf mich am Ende meiner Rede bei dem Kollegen Thomas Ehmke für die Zusammenarbeit bedanken. Wir haben mehrere Jahre im Rechtsausschuss zusammengearbeitet, und ich wünsche Ihnen im Namen der Kollegen der FDP hier im Hause alles Gute für den weiteren Lebensweg und viel Erfolg! Ich freue mich, wenn wir uns bald wiedersehen.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch zwei Worte zu dem, was gesagt wurde! Ich glaube, es ist klar, dass es in dieser Bürgerschaft keine Mehrheit für die Richtung dieses Antrags und die Forderung, zusätzliche Daten zu erheben, gibt, weil hier nicht das Problem liegt. Wir haben Daten wie Sand am Meer, aber wir haben Defizite in vielen anderen Bereichen.

Wir haben in der Tat über dieses Thema in den letzten Monaten häufig diskutiert, und es waren für mich keine erfreulichen Stunden, weil häufig Kritik am Verhalten der Ausländerbehörde geübt worden ist. Ich erinnere mich an den durchaus beachtlichen Fall eines indischen Staatsbürgers, der über fünf Monate in der Abschiebehaft mit einem gravierenden Herzklappenfehler geblieben ist. Wir haben ihn, als das bekannt wurde, sofort entlassen, weil das Ganze für mich unverhältnismäßig war, auch wenn es rechtlich möglich gewesen ist. Solche Maßnahmen werden in der Regel auch von gerichtlichen Entscheidungen begleitet, aber das ist keine Gewähr dafür, dass es eine sinnvolle Maßnahme ist, und daran habe ich Kritik geübt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Rechtlich haben wir auch das nicht zum Anlass genommen, um Mitarbeiter zu kritisieren, sondern ich habe den Mitarbeitern vorgeworfen, dass sie das nicht getan haben, was ich von ihnen erwarte, nämlich die klare Ansage, wenn Personen inhaftiert werden, in Gewahrsam sind, die Krankheitsprobleme haben, dann möchten wir darüber informiert werden. Das war eine sehr klare und eindeutige Botschaft, und dagegen ist verstoßen worden, und ebenso auch in den Fällen, die Sie soeben erwähnt haben, in denen es darum ging, die Reisetauglichkeit zu bescheinigen. Da hat sich die Verwaltung an die Stelle von Ärzten gesetzt. Auch das ist nicht in Ordnung gewesen, und das haben wir kritisiert.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mir ist aber auch nach, ich glaube, 35 Jahren im öffentlichen Dienst völlig klar, dass man allein mit Dienstanweisungen und Kritik eine Behörde nicht führen kann, sondern dazu gehört mehr. Dazu gehört, dass man die Mitarbeiter mitnimmt, sie qualifiziert und sie auch wirklich in diese Arbeit hineinbringt. Daran arbeiten wir. Ich sage nach drei Jahren, dass da noch sehr viel zu machen ist. So, wie die Lage heute ist, ist das nicht das, wie ich mir das als Endziel vorstelle.

Ausländerbehörde ist für viele immer noch ein Begriff, der negativ besetzt ist und der in der Regel mit Abschiebung verbunden wird. Ich würde diesen Namen auch schon ganz gern irgendwann in der nächsten Legislaturperiode ändern. Eine Einheit, eine Abteilung für Aufenthalt und Einbürgerung, das müsste es eigentlich sein.