Damit wohnen die Schülerinnen und Schüler nicht immer in der jeweiligen Region. Das spricht auch gegen eine regionale Zuordnung, was die Schulweglänge angeht. Selbst wenn es einzelne Schulen gibt, die überwiegend Schülerinnen und Schüler aus dem jeweiligen Stadtteil haben, können wir dies nicht für eine einzige Schule regeln. Das würde eine Ungleichbehandlung bedeuten. Das zeigt wieder Ihr Rechtsverständnis. Es wäre rechtlich überhaupt nicht haltbar, wenn Sie für eine einzige Privatschule etwas regeln und das für alle anderen nicht gilt. Das halte ich nicht für rechtskonform.
(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Die Schulen müssen ja erst einmal wollen! Ein Teil möch- te, und dafür müssen wir eine Lösung fin- den!)
Im Übrigen wird ja auch im Grundgesetz zu Recht die Gründung von privaten Grundschulen erschwert. Gestern gab es ja das eine oder andere Bekenntnis in der Debatte, sich für die im Verfahren befindenden privaten Grundschulen einzusetzen, unter anderem vom Koalitionspartner. Ich finde, sich auf der einen Seite für eine integrative und gemeinsame Beschulung einzusetzen und sich auf der anderen Seite für die Gründung von privaten Grundschulen einzusetzen, ist Vorantreiben von sozialer Entmischung. Das muss jeder mit seiner politischen Glaubwürdigkeit vereinbaren.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R o h m e y e r [CDU]: Das ist bildungspolitischer Kommunismus!)
Privatschulen, gerade im Grundschulbereich, wirken sozial entmischend. Warum steht im Grundgesetz wohl Volksschule? Schauen Sie es sich doch einfach noch einmal an!
Anders ist das bei der Genehmigung von Privatschulen, was die Sekundarstufe I angeht. Das wird von Ihnen ja auch gern einmal durcheinander gebracht,
zum Beispiel auch, was die Genehmigung der EdithStein-Schule in Bremerhaven angeht. Das ist, so wie Sie es immer formulieren, eigentlich reines Verwaltungshandeln. Eine Privatschule ist laut Gesetz eine Ersatzschule, und diese muss es meines Erachtens
auch im staatlichen System geben. Hier wurden soeben unterschiedliche Rechtsauffassungen, was das angeht, vorgetragen, aber ich glaube, das ist nicht Aufgabe des Parlaments. Wenn Sie hier versuchen, mit einem Antrag diese Genehmigung zu erreichen, finde ich das schon abenteuerlich. Sie versuchen sich ja regelmäßig, als selbsternannte Vertreter der Privatschulen aufzuspielen und den Eindruck zu erwecken, hier würde die Behörde blockieren. Nein, das ist keine politische Frage, das ist Verwaltungshandeln, das ist eine juristische Frage, und ich gehe davon aus, wenn der Antrag rechtskonform vorliegt, wird dieser auch genehmigt. Ihren parlamentarischen Antrag können wir aber nur ablehnen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Güngör, Sie haben hier behauptet, dass zu Recht die Dinge im Grundgesetz eingeschränkt werden. Nein, sie sind im Grundgesetz wegen Erfahrungen historischer Art eingeschränkt, wo man überlegen muss, ob sie so noch greifen. Sie konstatieren, dass Privatschulen zu einer Entmischung führen. Zur Entmischung führt Schulgeld, zu dem Privatschulen gezwungen werden, weil sie nicht ausreichend in unserem Gemeinwesen finanziert werden. So muss man diese Sache sehen, und das Pferd hier von hinten aufzuzäumen, ist völlig falsch! Außerdem gewährt das Grundgesetz eine Privatschulfreiheit, und dazu gehören natürlich auch eine organisatorische und eine Gestaltungsfreiheit. Das lässt sich daraus herleiten. Wenn Sie das weiter leugnen, verkennen Sie damit etliches, was Juristen dazu sagen. Ich weiß, dass immer wieder Landesministerien versuchen, die Privatschulfreiheit einzudämmen, und Privatschulen wegen der Finanzierungszusammenhänge dann darauf verzichten, dagegen zu klagen. Sie sind halt alle am Geld auch packbar. Das ist ja der Weg über den Minister und Senatoren versuchen, das dann hinzubekommen. In dem Sinne sind Sie dort auf einem falschen Dampfer und werden, glaube ich, irgendwann auch lernen müssen,
dass Privatschulen und Schulen in freier Trägerschaft eine Bereicherung des Bildungssystems sind und pädagogisch diese Welt und dieses Land vorangebracht haben. – Herzlichen Dank!
Doch, das darf ich schon sagen, da es ja auch ganz fruchtbare Auseinandersetzungen sind, die wir miteinander führen.
Das Thema, das Verhältnis zwischen staatlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft, ist eines, das in diesem Haus höchst umstritten ist. Es gibt hier verschiedene Fraktionen, und jede Fraktion hat dazu eine eigene Meinung. Das ist in der Politik erlaubt. Ich finde, das ist sogar sehr wichtig, da man nur über eine politische Auseinandersetzung auch zu guten Lösungen kommt.
So mag es Sie auch nicht verwundern, und das wissen auch alle, die hier im Haus sitzen, dass auch die grüne Fraktion eine andere Auffassung zum Thema freie Schulen als die SPD-Fraktion hat. Wir mögen uns aber trotzdem und haben in den letzten Jahren in der Bildungspolitik gut zusammengearbeitet.
Ich bedauere auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir das Privatschulgesetz noch nicht auf den Weg gebracht haben. Ich finde, das muss in der nächsten Legislaturperiode ganz zügig auf die Tagesordnung einer Bildungsdeputation oder eines Bildungsausschusses kommen. Es muss eine klare Diskussion über die Frage, die hier aufgeworfen wurde, geben: Müssen Schulen in freier Trägerschaft das, was wir im Schulgesetz verabschiedet haben, so abbilden, oder räumt man den Schulen in freier Trägerschaft dort eine größere pädagogische Freiheit ein?
Das ist heute noch nicht entschieden. Dazu müssen sich Fachausschüsse befassen, dazu muss es Anhörungen geben, dazu müssen Argumente ausgetauscht werden. Die Senatorin hat dazu eine Meinung, ich ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
habe dazu eine Meinung, Herr Rohmeyer hat dazu eine Meinung, und das muss auf den Tisch und miteinander verarbeitet werden, um eine Novelle auf den Weg zu bringen.
Das Aufnahmeverfahren, das wir jetzt durchgeführt haben, wir haben jetzt – –. Ich habe gestern gesagt, wir sind im zweiten Jahr der Umsetzung des Schulgesetzes. Es ist richtig, dass man nach einer gewissen Zeit die Erfahrungen damit auswertet. Die Deputation hat sich in öffentlicher Sitzung damit befasst, hat auch schon aufgekommene Kritik aus den Schulen mit aufgenommen. Die Senatorin hat das Aufnahmeverfahren von Schulen in freier Trägerschaft und öffentlichen Schulen angepasst. Das war ein Punkt, der uns wichtig war, nicht dass es unterschiedlich läuft, sondern es gibt jetzt einen Parallellauf, und es gibt weniger Doppelanmeldungen. Dort sind schon ganz viele Probleme ausgeräumt worden. Den Punkt, den der Kollege Rohmeyer jetzt anspricht, eine bevorzugte Aufnahme, sehen wir in der Tat kritisch. Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir nicht die Notwendigkeit, eine bevorzugte Aufnahme zu beschließen. Deswegen lehnen wir diesen Antrag auch heute ab.
Jetzt kommen wir zu dem zweiten Antrag! Ich weiß nicht, warum Sie den gemacht haben, Herr Rohmeyer, so unter dem Motto: Hallo, ich war vier Jahre hier, ich will mich hier vorn noch einmal präsentieren. Ich glaube, das ist eigentlich der wahre Grund. Wenn wir jetzt schon in der Situation sind, dass wir als Parlament eine Verwaltung auffordern müssen, einen Antrag zu entscheiden, den diese Verwaltung auch entscheiden wird – –.
Nein! Das ist praktisch, ich sage einmal, ein ziemlich durchsichtiges und transparentes Manöver von Ihnen, um hier noch einmal zu zeigen, dort ist sich Rot-Grün nicht einig, die CDU hat diese Position, und das ist alles. Sie wollen hier einfach nur wieder Streit säen und provozieren. Dieser Antrag ist eigentlich gar nicht ernst gemeint, und deswegen ärgert er mich auch, weil die Schule das nicht verdient hat.
Herr Rohmeyer, ich sehe es auch so, dies ist eine genehmigte Schule in freier Trägerschaft. Wenn ein begründeter und fachlicher Antrag vorliegt, eine Oberstufe zu gründen, hat diese Schule auch einen Anspruch darauf, dass in angemessener Zeit, so wie in anderen Behörden auch, ein Antrag bearbeitet wird.
Wir haben aber, und das wissen Sie ganz genau, in den letzten Jahren eine umfassende Debatte um das Verhältnis zwischen freien und staatlichen Schulen gehabt. Die Senatorin wird das sicherlich auch noch einmal begründen, warum sie es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht entschieden hat. Sie selbst haben aber ja gesagt, es geht um den Zeitraum 2012/2013. Es ist eine erfahrene Schule.
Wenn die Behörde den Antrag in den kommenden Wochen und Monaten genehmigt, kann ich jetzt auch nicht ausmachen, warum dort ein großes Problem an dieser Stelle entstehen soll.
Im Grundgesetz wird den Bürgerinnen und Bürgern das Recht auf freie Schulen eingeräumt. Ich habe es gestern gesagt, das gilt für konfessionelle Schulen. Die Grünen haben dazu die Haltung – das unterscheidet uns dann von der SPD –, dass wir sagen, wir als Land müssen auch ein Interesse an Schulen haben, die ein besonderes pädagogisches Konzept vorlegen, zum Beispiel Waldorfschulen. Es gibt aber auch andere Elternvereine, die sagen, sie haben ein spannendes Konzept im Technologiepark, eine Forscherschule. Ich finde, man sollte dort nicht gleich die Tür zuschlagen und sagen, darüber sprechen wir gar nicht erst. Das finde ich total falsch! Wir sind mit dem bremischen Schulsystem nicht in der Komfortzone. Wir brauchen Impulse, und aus dem Bereich der freien Schulen hat es in den letzten Jahren in Deutschland auch viele Impulse gegeben, die letztlich im staatlichen Schulsystem umgesetzt wurden.
Die Anträge, die hier heute vorliegen, lehnen wir beide ab. Gleichwohl, ich habe es gestern auch schon gesagt, werden wir nochmals eine Diskussion über das Verhältnis, wie eine Schulentwicklung aussehen soll und wo wir unsere reformpädagogischen Impulse herbekommen wollen, führen. Ich bin sehr dafür, so wie die Senatorin, und wir haben im Schulgesetz dazu den Paragrafen 13, der auch den Schulen unter staatlicher Obhut die Möglichkeit gibt, sehr fortschrittliche Pädagogik zu machen, und dahinter stehen wir auch voll. – Danke schön für die Aufmerksamkeit!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R o h m e y e r [CDU]: Die Sozialdemokra- ten haben Sie aber nicht überzeugt!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich vertrete hier keine ideologischen Positionen. Das können wir uns vielleicht hier in der Debatte um die Ohren schlagen, aber bei mir geht es um eine rationale Politik im Umgang auch mit Schulen in freier Trägerschaft. Ich nenne sie bereits so, obwohl sie in unserem Gesetz noch Privatschulen heißen. Diese Schulen in freier Trägerschaft beinhalten allerdings die Gefahr, das ist ja schon gesagt worden, einer sozialen Sonderung, weil sie einen anderen Anteil der Schülerschaft haben als unsere öffentlichen Schulen. Das ist auch eine Gefahr, die bereits in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus den Neunzigerjahren – ich habe sie bereits zitiert – durchaus gesehen wird, und ich habe Ihnen auch die Zahlen vorgetragen, wie viele Kinder mit ausländischem Anteil wir in diesen Schulen haben. Es ist eine besondere Zusammensetzung, die wir in diesen Schulen haben, und die Verfassung sieht ja auch vor, dass es besondere Schulen sind. In der Grundschule – das ist soeben schon gesagt worden – muss natürlich noch einmal eine besondere Prüfung sein, um diese soziale Sonderung gerade im Grundschulbereich auszuschließen.
Das flammende Plädoyer, das ich hier von Herrn Dr. Buhlert gehört habe, geht in die Richtung: Lasst alle Schulen zu! Ja, wir können die Schulen zulassen, wenn sie Ergänzungsschulen werden. Wenn sie aber eine staatliche Finanzhilfe bekommen, das heißt, vom Staat finanziert werden, dann sind sie Ersatzschulen. Sie können ganz viele Schulen als Ergänzungsschulen gründen, kein Problem, aber in dem Augenblick, in dem sie von uns mit Steuergeldern alimentiert werden, sind sie Ersatzschulen. Das heißt, sie müssen das abbilden, was im öffentlichen Schulwesen vorhanden ist. Dort beißt keine Maus den Faden ab. Das ist in allen Bundesländern so.