Protocol of the Session on January 27, 2011

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie setzen sich nur für die Autofahrer ein und postulieren, was angeblich die Wirtschaft will. Ich sage Ihnen eines, wir sind nicht wirtschaftsfeindlich.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Doch!)

Wir nehmen es ernst, wir sprechen mit der Wirtschaft, aber Bremen ist keine reine Autostadt, wie es einige immer wieder betonen, sondern eine Stadt, in der Menschen leben, und die haben ein Anrecht auf Lärmschutz und auch auf die Einhaltung der Luftschadstoffgrenzwerte.

Bremen ist kein komplettes Gewerbegebiet, sondern auch und vor allem ein Wohngebiet für Hunderttausende Menschen. Wenn wir nicht wollen, dass junge, Steuer zahlende Familien ins Umland abwandern, weil es dort für ihre Kinder eine höhere Wohnqualität gibt, es dort leise und sicher ist und die Luft dort gesünder ist, dann müssen wir nicht nur immer die Autofahrer – in Bremen sind das im Übrigen nur etwa 40 Prozent aller Verkehrsteilnehmer – berücksichtigen, sondern auch endlich, wie es sich für eine moderne Großstadt gehört, etwas für die Wohn- und Lebensqualität sowie den Gesundheitsschutz der hier wohnenden Bevölkerung tun, und zwar unter der Berücksichtigung von Wirtschaftsinteressen. Das ist für mich auch ein sozialer Aspekt, denn gerade einkommensschwache Familien leben oft an den vielbefahrenen Straßen und können sich eben kein Haus hinter dem ruhigen Deich leisten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir als Politik habe eine Verantwortung für die Logistikbetriebe und die Wirtschaft, aber auch für unsere Bürgerinnen und Bürger.

Dann sage ich Ihnen auch noch, ich komme dann auch zum Schluss: Unsere Stadt ist störungsfrei zu erreichen, wenn man sich anschaut, wie voll die Innenstadt zur Weihnachtszeit war! Sie von der CDU machen mit Ihrer Negativpropaganda wirklich AntiWerbung für Bremen. Sie schüren die Ängste in der Wirtschaft, und das ist, glaube ich, ein ziemlich gefährliches Spiel. Davor warne ich!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das werden wir auch weiter machen! Auf die Defizite dieser Regierung werden wir auch weiter hinweisen!)

Sie stehen für den Autoverkehr, Sie verwechseln Verkehrspolitik mit reiner Autopolitik. Wir stehen für eine Verkehrspolitik, die versucht, alle Interessen zu berücksichtigen, und da gibt es neben den Autofahrern und der Wirtschaft eben noch andere Bedürfnisse und Interessengruppen. Das alles, die ganze Gemengelage, muss abgewogen werden.

Ich würde mir wünschen, Herr Strohmann, dass Sie differenziert und mit uns gemeinsam konstruktiv Verkehrspolitik betreiben

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das würden wir uns von Ihnen auch wünschen!)

und nicht Ihre ideologische einseitige Autovorrangpolitik hier propagieren. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. – Herzlichen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der letzte Beitrag – wir reden diesen Standort kaputt – erinnert mich an die Zeiten, als Herr Dr. Scherf hier immer stand und den Grünen gesagt hat, sie seien Nestbeschmutzer. Na ja, das Sein bestimmt das Bewusstsein, es ist so. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich finde, die Redebeiträge haben auch noch einmal bestätigt, dass es richtig war, diesen Antrag so, wie er ist, darzustellen.

Natürlich hätten wir auch im Kleinsten noch einmal alles abwägen und hineinbringen können. Hier geht es aber um etwas ganz anderes. Sie haben es so lapidar gesagt, Frau Dr. Schaefer: Na ja, wegen drei Ampeln wandern die doch nicht ab. Die Signale sind aber doch ganz deutlich: Die Resolution der Handelskammer – dass sie diese Resolution in so einem klaren Ton schon gemacht hat – ist doch eine Ohrfeige für die Verkehrspolitik!

(Beifall bei der CDU)

Das Grundproblem ist doch auch ein psychologisches. Wie Sie hier mit den Unternehmen umgehen, wie ignorant Sie Ihre Projekte mit der Wahrheit, was wir machen, ist die Wahrheit, alles andere ist völlig falsch und übertrieben – –. Wenn Unternehmen laut darüber nachdenken, dass sie die Absicht haben, vielleicht von hier wegzuziehen oder zumindest hier nicht mehr neu zu investieren, muss das doch für uns alle ein Warnsignal sein.

(Beifall bei der CDU)

Die Handelskammer bemängelt doch zu Recht, dass Ihnen ein grundsätzliches Verständnis für ihre Positionen fehlt. Sie fühlen sich nicht richtig wahrgenommen. Das ist das Problem.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben das Gefühl, es ist immer so, Unternehmen sind schlecht, der sozial Schwache ist gut, und das spielen Sie gegeneinander aus. Das hat Herr Kasper gemacht, und Sie haben es zum Teil ja auch gemacht. Dass so sozial schwache Familien oder Familien nicht abwandern sollen, ist doch nicht die Problematik. Was nützt es denn den sozial Schwachen oder den Familien, wenn sie keinen Arbeitsplatz haben? Was nützt denen das denn?

(Beifall bei der CDU)

Wollen Sie jetzt aus der Richard-Boljahn-Allee eine Spielstraße machen, oder was haben Sie vor? Das ist doch die Frage!

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das ist ja schlimmer als bei Anne Will!)

Hier geht es doch nicht darum! Da sind wir schon viel weiter, dass wir klar sagen, es war doch unter CDURegierungsbeteiligung auch das Bestreben, den öffentlichen Personennahverkehr weiter auszubauen, auch über die Landesgrenzen oder Stadtgrenzen von Bremen hinaus auszubauen, wo einige auch gesagt haben, das ist ja toll, nach Oslebshausen gibt es keine Straßenbahn, aber nach Kirchweyhe oder nach Lilienthal! Da haben wir klar gesagt, ja, das wollen wir, weil das zu einer Großstadt gehört. Auch der Lärmschutz ist ein wichtiger Punkt. Aber was Sie hier machen, ist, bewusst strukturell den Unternehmen das Wasser abzugraben, und das machen wir nicht mit. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kasper.

Im Gegensatz zu einigen anderen Abgeordneten halte ich mein Versprechen: Ich bin wiedergekommen!

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte gern wieder ein wenig herunterfahren und auf den zweiten Beschlussvorschlag aus Ihrem Antrag zurückkommen! Sie wollen, dass der Senat bis zur April-Sitzung der Bremischen Bürgerschaft einige Antworten gibt, umsteuert, den Kurs ändert und besonders sechs Punkte, die Sie dort aufgeführt haben, berücksichtigt.

Im ersten Punkt stellen Sie die These auf, dass die Innenstadt und einige Wirtschaftsstandorte in ihrer Erreichbarkeit gestört sind. Ich gestehe Ihnen in Teilen zu, dass es Bereiche in dieser Stadt gibt, die nicht optimal an das überörtliche Straßennetz angebunden sind. Allen ist hier die Autobahn 281 an beiden unfertigen Enden ein Beispiel dafür, ganz klar!

Im zweiten Spiegelstrich geht es um die Sicherstellung einer optimalen Hinterlandanbindung. Hierzu gibt es einvernehmliche Beschlüsse des Parlaments, und allen ist klar, dass diese Verbindungen, egal, durch welchen Verkehrsträger auch immer abgedeckt, sehr wichtig für die Häfen in unserem Lande sind.

Nun muss ich mir die Frage stellen, ob wir uns tatsächlich damit noch in der Bremischen Bürgerschaft beschäftigen sollten, denn ob eine Küstenautobahn A 22 gebaut wird, die Mittel- und Oberweser neue Schleusen erhält oder die Y-Trasse zügig geplant wird, zuständig sind die Bremische Bürgerschaft und das Land Bremen nicht. Somit laufen wir Gefahr, eine Ersatzdebatte zu führen. Ein Zitat aus dem „WeserKurier“ vom 19. Januar 2011, in einem Interview mit den drei Fraktionsvorsitzenden der Opposition, Dr. Möllenstädt: „Zu dem Problem der Opposition gehörte unter anderem auch, dass auf die Tagesordnung der Bürgerschaft nicht selten Themen gesetzt werden, die mit Bremen entweder nichts zu tun haben oder bei denen Bremen allenfalls eine begrenzte Zuständigkeit hat oder sogar keine. Da wird Zeit im Plenum durch Ersatzdebatten genommen, die beispielsweise die Bundespolitik angehen.“

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Da hat er recht!)

Da hat er recht! Das ergibt für mich die Gleichung: Hinterlandanbindung ohne Zuständigkeit gleich Ersatzdebatte. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass wir uns über diese Themen in diesem Haus nicht mehr unterhalten sollten! Das ist Ihr Ernst?

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Das haben Sie überhaupt nicht verstanden, aber Sie sind ja Sozialpolitiker! – Abg. Frau B ö - s c h e n [SPD]: Ist das ein Schimpfwort?)

Ich habe noch eine Frage, wo wir gerade so gemütlich zusammen sind: Wer hat eigentlich wen angerufen? Sie den Kollegen Röwekamp oder Herr Erlanson Herrn Röwekamp, oder wie ist es dazu gekommen, oder war das eine Idee der Journalisten?

Haben die gesagt, wir nehmen alle drei Fraktionen auf einmal, weil eine allein es nicht bringt? Ich kann Ihnen sagen: Nach dem, was ich im Interview gelesen habe, auch zu dritt bringen Sie es nicht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der dritte Spiegelstrich, und jetzt wird es dann ganz aktuell: Geeignete Übergangslösung am Neuenlander Ring Abschnitt 2.2 der A 281! Der Senat soll in der April-Sitzung 2011 der Bürgerschaft zu den Punkten aus Ihrem Antrag berichten. Wenn mein Terminkalender stimmt, wird der Landtag am 6. und 7. April 2011 zusammenkommen. In der vergangenen Woche, am 20. Januar 2011, wurde der Baudeputation berichtet, dass am 18. Januar 2011 – also zwei Tage vorher – die Konstituierung des runden Tisches erfolgt ist. Im Bericht der Verwaltung wird ausgeführt, dass der runde Tisch bis Ende April 2011 einen Vorschlag für die weitere Planung des Bauabschnitts 2.2 vorlegen wird.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Mit Beteiligung der CDU!)

Meine Damen und Herren der CDU, wie ernst nehmen Sie die bisherige Diskussion zur Autobahn 281?

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Sie haben es nicht verstanden!)

Wie ernst nehmen Sie die Gerichtsurteile des Bundesverwaltungsgerichts, wenn sie vorliegen? Wie ernst nehmen Sie Ihre eigenen Vertreter am runden Tisch? Was sagen Sie Ihrem CDU-Beiratsmitglied aus Obervieland, Herrn Sachs, auf die Frage an Sie, ob es nur eine Ersatzdebatte ist? Letztendlich, wie erklären Sie den Anwohnerinitiativen, dass Sie die geeignete Lösung am Neuenlander Ring gefunden haben, obwohl der runde Tisch noch nicht abschließend beraten hat und beendet ist? So sieht aus unserer Sicht ernsthafte Politik nicht aus!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der nächste Spiegelstrich ist aus meiner Sicht unspektakulär. Es gibt einen beschlossenen Nahverkehrsplan, einen Kontrakt und einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag mit der BSAG, in dem es um die Straßenbahnverlängerung geht.

Zum Spiegelstrich Umweltzone gibt es auch klare Aussagen. Die Frage nach der Überprüfung der Umweltzone hätten Sie sich leicht mit einem Blick in die Mitteilung des Senats vom Juni 2008 beantworten können. Auf Seite zwei der Deputationsvorlage steht unter „Zeitliche Abfolge“ im dritten Spiegelstrich Folgendes: „Drei Jahre nach Inkrafttreten

der dritten Stufe, das heißt in der zweiten Jahreshälfte 2014, wird die Notwendigkeit des Fortbestands der Umweltzone überprüft. Die Einrichtung der Umweltzone ist nicht als Dauereinrichtung geplant und kann entfallen, wenn sich die Fahrzeugflotte bundesweit deutlich verbessert hat, sodass keine Grenzwertüberschreitungen von Feinstaub und Stickstoffdioxid mehr zu befürchten sind.“

Doch Vorsicht, ich hege jetzt ein wenig den Verdacht, dass die FDP insgeheim doch für die Umweltzone ist! Wir hatten schon die Wahlprogramme! Im Entwurf Ihres Wahlprogramms – dort heißt es Bürgerprogramm – steht auf Seite 19 die Forderung: Anreizsysteme für Pkw und Lkw mit hohen Umweltstandards, zum Beispiel durch bevorrechtigtes Parken in der Innenstadt.

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Ein positives System!)

Damit meinen Sie nicht die Umweltzone, Sie meinen dann vielleicht etwas Positives, das heißt, Sie wollen da belohnen. Sie wollen nicht verbieten und wollen dann vielleicht kostenfrei das Parken erlauben und so weiter.