Protocol of the Session on January 27, 2011

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Blödsinn!)

Das ist kein Blödsinn, das sind klare Aussagen, die wir im Grunde genommen vermissen, und das ist genau das Problem.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen dieses Bekenntnis zu dem Industrieund Wirtschaftsstandort, und nicht in Reden, sondern in Taten, nein, nicht wir als CDU, sondern die Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Bisher haben wir nur Taten gegen diesen Standort gesehen, und danach kamen dann ein paar Lippenbekenntnisse von Wirtschaftssenator Günthner oder von Bürgermeister Böhrnsen. Es wird ja alles

nicht so schlimm, sie haben es nicht so gemeint. Was Sie im Moment machen, ist im Grunde genommen das Gleiche, wie wir in den Siebzigerjahren mit falschen strukturellen Entscheidungen genau in den Niedergang und die Misere hineingeraten sind, und das erkennen Sie nicht!

(Beifall bei der CDU)

Sie erkennen nach wie vor nicht die Notwendigkeiten, was man braucht, mit Infrastrukturmaßnahmen die notwendigen Arbeitsplätze zu erhalten und auch gleichzeitig auszubauen. Da brauchen wir ein klares Bekenntnis, eine klare Strategie, und die muss ideologiefrei sein, und die muss an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet sein.

Noch einmal abschließend: Was sollen die Unternehmen in dieser Stadt denn davon halten, wenn Sie zum Beispiel die Umweltzone einführen, nicht nachweisen können, dass es ökologisch sinnvoll oder notwendig ist zum Beispiel der Malermeister, der 3 000 Kilometer im Jahr Auto fährt, und Sie sagen ihm, nein, es ist zwar nicht nachgewiesen, dass es benötigt wird, aber du musst dir trotzdem ein neues Auto kaufen, weil du eben 100 Meter durch die Umweltzone fahren musst, oder ein Schokoladenhersteller, der eine mobile Kühlanlage von einer Betriebsstätte zur anderen einmal am Tag hinüberfahren muss, muss für etliche Hunderttausende so eine Anlage neu bauen? Was sind denn das für Botschaften? Das sind keine Botschaften! Wir brauchen klare Botschaften, und wir brauchen ein klares Konzept. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Aus meiner Sicht ist der von der CDU-Fraktion eingebrachte Antrag als eine Art Störfeuer anzusehen. Er soll suggerieren, dass in unserem Land das Handwerk und die Wirtschaft über eine ausnahmslos fehlgeleitete Verkehrspolitik gefährdet sei.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Ja, genau!)

Meine Damen und Herren, natürlich gibt die eine oder andere Entscheidung der Koalitionsregierung zu denken, aber ein ausnahmsloses Scheitern sehe ich hier nicht. Die im Antragstext eingewobenen Beispiele sind nicht gerade als fehlgeleitete Entscheidungen anzusehen. Hier spreche ich vom Parken im Concordia-Tunnel, der Einführung von Tempolimits auf Einfallstraßen und Autobahnzubringern und der angeblichen Verzögerung des Ausbaus der Cherbourger Straße.

Zur Entscheidung des Parkens im Concordia-Tunnel ist festzustellen, dass hier keinerlei Bedenken vorliegen. Dies wurde bereits im Schwachhauser Beirat aufgrund eines Antrags der CDU-Beiratsfraktion ausgiebig diskutiert, und der Antrag wurde daraufhin mehrheitlich abgelehnt. Zur Behauptung der CDUBeiratsfraktion erklärte Frau Hegner, Mitarbeiterin des Amtes für Straßen und Verkehr, ich zitiere: „Es liegt keine Beeinträchtigung vor.“ Warum nun die CDU-Bürgerschaftsfraktion die irrige Behauptung der CDU-Beiratsfraktion in die Bürgerschaft einbringt, möchte ich nicht weiter kommentieren und überlasse Ihnen die Beantwortung der Frage.

Aber auch der Hinweis auf eine Fehleinschätzung der Verkehrspolitik bezüglich der Einführung des Tempolimits auf Einfallstraßen und Autobahnzubringern ist abwegig, denn genau die Einführung des Tempolimits hat das Gefahrenpotenzial der ein- und ausgehende Verkehre gesenkt und hat geholfen, Gefahren für die Bevölkerung unser beider Städte zu mildern.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich ist es für Transportunternehmer ärgerlich, wenn sie sich an Geschwindigkeitsregelungen halten müssen und nicht wie auf der Rennstrecke fahren können. Aber ist dies ein Grund, die Bevölkerung unserer beiden Städte zu Grabe zu tragen?

(Unruhe)

Ich denke wohl, dass auch Sie mir beipflichten werden, wenn ich dies negiere.

Aber mit der Behauptung einer angeblichen Verzögerung des Ausbaus der Cherbourger Straße schießt die CDU-Fraktion vollends über das Ziel hinaus. Natürlich ist es richtig, dass die bremischen Häfen möglichst bald eine zukunftsträchtige und erweiterbare Hafenanbindung erhalten müssen. Meine Damen und Herren, nicht, dass Sie mich hier falsch verstehen: Natürlich bezweifelt DIE LINKE weiterhin, dass es sich bei der favorisierten Variante 3.1 + E um eine nachhaltige und erweiterbare Hafenanbindung handelt und würde viel lieber eine Nordumgehung als Hafenanbindung umgesetzt sehen. Aber ist es nicht auch die Bremerhavener CDU-Fraktion, die sich immer wieder zu Wort meldet und bestimmte Entscheidungen nicht mittragen will?

(Abg. B ö d e k e r [CDU]: Sie haben von nichts Ahnung! – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Aber davon eine ganze Menge!)

So ist sie der Meinung, und da möchte ich ihr ausdrücklich zustimmen, dass eine Kostenbeteiligung Bremerhavens ausgeschlossen werden muss.

Zusätzlich kommt noch dazu, dass die Sicherung der Gesamtfinanzierung des Projekts noch ungeklärt

ist, aber auch die Auswirkungen einer Kostenexplosion der Tunnellösung, die aus Sicht der Bundesregierung mit bis zu 100 Prozent der Gesamtkosten für Großprojekte veranschlagt wird, sind noch nicht betrachtet worden. Aber auch die Planung der Landesregierung, dass Bremerhaven für die Erhaltungs- und Betriebskosten des Hafentunnels aufkommen soll, stellt das Projekt wiederum auf den Prüfstand. Trotz alledem soll nun laut Senat gebaut werden.

Warum will nun die CDU-Bürgerschaftsfraktion dies alles als ein Blockieren der bremischen Verkehrspolitik darstellen? Meine Damen und Herren, die Antwort lautet: Es ist Wahlkampf. Ich bin der Auffassung, dass die Aussagen des CDU-Antrags fehlerhaft und somit ungeeignet für eine Zustimmung sind. Aufgrund dieser Tatsache wird die Fraktion DIE LINKE den Antrag der CDU-Fraktion ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kasper.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nun ist es endlich so weit, er ist eröffnet, nicht der Winterschlussverkauf, sondern der Wahlkampf 2011 am 22. Mai zur Bürgerschaftswahl, dank dieses Antrags der CDU! Ich denke, wir reden immer noch über diesen Antrag, Kollege Strohmann, den Sie hier eingebracht haben. Es wäre nett, wenn wir ihn dann auch vernünftig gemeinsam abarbeiten können und nicht alles in einen Topf werfen, es durchrühren, in Richtung Senat auskippen und sagen: verfehlte Verkehrspolitik. Das ist, glaube ich, nicht gut. Bleiben wir bei diesem Antrag, da gibt es genug zu reden!

(Beifall bei der SPD)

Außerdem gibt mir dieser Antrag auch die Gelegenheit, die von CDU und FDP angezündeten Irrlichter eines nach dem anderen auszupusten, weil ich glaube, dass das alles nichts bringt.

Zum Antrag: Im ersten Punkt fordern Sie den Senat auf, der Verkehrspolitik als Standortfaktor höchste Priorität einzuräumen. Für mich ist es wichtig, die Worte auf ihren Ursprung zurückzuführen. Also, Priorität bedeutet soviel wie Vorrang, Vorrecht. Wenn es die höchste Priorität gibt, gibt es nichts mehr darüber. Das ist also der Kurs, den Sie einschlagen wollen, die höchste Priorität für den Verkehr in dieser Stadt, das haben Sie ausgedrückt und hineingeschrieben.

Wie ist denn der Kurs der Koalition und des Senats? Es gibt dazu ganz einfach die Möglichkeit, einmal in den Koalitionsvertrag und dort in die Präambel zu schauen. Dann nenne ich Ihnen nur die drei gleichberechtigten Spiegelstriche. Erster Spiegel

strich, kraftvolle Wirtschaft, ökologische Innovation und soziale Arbeitsplätze, zweiter Spiegelstrich, Bremen und Bremerhaven, Kollege Bödeker, Städte des sozialen Zusammenhalts, dritter Spiegelstrich, Selbstständigkeit und finanzielle Lebensgrundlagen sichern. An welchem dieser drei Spiegelstriche haben Sie etwas auszusetzen? Sollten das nicht gleichberechtigte Prioritäten politischen Handelns für unsere Städte und für unser Land sein? Es gab einmal einen Wahlkampfslogan, ich weiß gar nicht mehr, wer ihn geprägt hat, „Kurs halten“. Wir halten Kurs, da können Sie sicher sein!

(Beifall bei der SPD)

Der Text und der Beschlussteil Ihres Antrags versuchen, dem Senat und der Koalition zu unterstellen, dass wir uns der Bedeutung der Verkehrspolitik nicht bewusst sind. Das ist falsch.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Dann ma- chen Sie das mutwillig?)

Wer was mutwillig macht, da würde ich mir an Ihrer Stelle ganz persönlich einmal Gedanken machen!

Gerade in jüngster Zeit betont der Präsident des Senats, Bürgermeister Böhrnsen, dass Bremen eine Autostadt ist. Die lange Tradition im Fahrzeugbau in Bremen hat viele Arbeitsplätze geschaffen und auch gesichert. Im Bremer Mercedes-Werk, dem weltweiten Kompetenzzentrum für die C-Klasse, sind derzeit 13 500 Menschen beschäftigt. Eine fast gleich große Anzahl arbeitet im Bereich der Zulieferindustrie. Dazu gesellen sich noch weitere Menschen aus dem Bereich der Logistik, bis hin zur BLG und den CKDFahrzeugen. Bremen ist eine Autostadt, Bremen ist aber keine autogerechte Stadt.

Jetzt bin ich an einem Punkt angekommen, der mich doch ein wenig nachdenklich stimmt: Mir fehlt in Ihrem Antrag einiges an Begrifflichkeiten. Zum Beispiel taucht nicht auf anwohnerverträglich, es taucht nicht auf lärmmindernd, es taucht nicht auf bürger- oder kinderfreundlich, nicht ein Wort oder ein Satz in Richtung Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner der beiden Städte Bremen und Bremerhaven. Welchen Stellenwert hat für Sie in dieser Verkehrsdebatte der Mensch? Offensichtlich nicht die höchste Priorität!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Für uns hat der Mensch die höchste Priorität, und deshalb wird es auch keinen Kurswechsel geben.

Wären Sie, meine Damen und Herren der CDU, an dieser Stelle wie auch sonst der Handelskammer gefolgt – die ist Ihnen weit voraus –, dann würde es besser sein. In der Resolution des Plenums vom De

zember 2010 schreibt die Handelskammer, ich zitiere: „Die Handelskammer unterstützt in diesem Gesamtzusammenhang auch Bemühungen zur Verringerung der verkehrsinduzierten Umweltbelastungen und zur Vermeidung unnötiger Durchgangsverkehre.“ Und an anderer Stelle: „Die Handelskammer erkennt darüber hinaus an, dass auch für den Verkehr in Wohnquartieren Handlungserfordernisse bestehen.“ Auch bei Einfallstraßen gibt es Wohnbevölkerung.

Das ist der erste Teil meiner Rede. Wir haben ja noch zweimal fünf Minuten. Ich komme mindestens einmal noch wieder. – Bis gleich!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bevor ich dem nächsten Redner, Herrn Dr. Buhlert, das Wort erteile, begrüße ich auf dem Besucherrang auch in diesem Jahr wieder eine Delegation aus Staffordshire, einer Grafschaft in der Mitte Englands, mit der Bremen seit langem freundschaftliche Kontakte verbindet. Intensiv unterstützt wird diese internationale Beziehung durch die Aktivitäten des Bremer Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge. Wir freuen uns, die Gäste begrüßen zu dürfen und wünschen Ihnen allen einen angenehmen Aufenthalt in Bremen. In this year again: Welcome to our friends from Staffordshire! Welcome in Bremen and have a nice stay! Thank you for being here!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sicherlich hat so eine Debatte immer etwas mit Wahlkampf zu tun, aber sicherlich ist so eine Debatte auch immer wieder wichtig, weil es darum geht zu sagen, wo die Parteien positioniert sind und wo es den Parteien um wichtige Dinge für die Menschen in dieser Stadt geht. Wenn hier Aspekte wie Lärmschutz, menschengerechtes Leben und dergleichen im Antrag nicht erwähnt sind, bringt uns als FDP das noch lange nicht dazu, den Antrag abzulehnen, denn wir wissen, selbst die CDU denkt an solche Aspekte und setzt sich für Lärmschutz ein, wie wir als FDP das schon seit Beginn dieser Legislaturperiode tun.