Protocol of the Session on October 18, 2007

Der letzte Absatz in dem Änderungsantrag bezieht sich auf finanzielle Fragen, und da sind wir der Meinung, sofern wir das auf die Schnelle innerhalb von

einer Viertelstunde beurteilen können: Es macht keinen Sinn, dass wir ausgerechnet für Fragen der Integration jetzt die finanziellen Entscheidungen vor die Klammer ziehen und schon vorab, bevor wir uns mit anderen Fragen des Haushaltes beschäftigen, hier Beschlüsse dazu fassen. Das ist unfair gegenüber den anderen Politikbereichen, und deshalb werden wir das nicht machen. Ich bitte Sie also um Zustimmung zu dem Antrag! Den Ergänzungsantrag lehnen wir ab. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Bartels.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Mohammadzadeh, lassen Sie mich vorweg sagen: Persönlich gratuliere ich Ihnen zu dieser ersten Rede hier, ich fand sie sehr gelungen!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Ebenso gelungen ist auch Ihr Antrag. Deshalb sind wir auch mit Freude diesem Antrag beigetreten. Lassen Sie mich deshalb auch nur noch einige wenige generelle Anmerkungen machen!

Bremen ist das Bundesland mit einem der höchsten Anteile von Personen mit Migrationshintergrund, der nämlich insgesamt bei knapp einem Viertel liegt. In dem Alterssegment der 6- bis unter 18-Jährigen liegt der Anteil in der Stadt Bremen bereits über 40 Prozent, im Alterssegment unter 6 Jahren liegt er bereits über 50 Prozent. Dies, meine Damen und Herren, ist eine echte Herausforderung, aber auch eine Chance.

Das Thema Integration von Migranten beinhaltet unterschiedliche Facetten, wobei der Spracherwerb, die berufliche Integration und die Einbürgerung von herausgehobener Bedeutung sind. Wir müssen Integration als eine partnerschaftliche Aufgabe ansehen, die nicht nur, aber natürlich auch, den Zuwanderern zufällt, aber gleichzeitig eine Aufgabe ist, die eine große Herausforderung für viele staatliche Institutionen darstellt. Integration fordert die aufnehmende Gesellschaft ebenso wie die aufzunehmenden Migrantinnen und Migranten. Sprache ist dabei die Schlüsselqualifikation. Bislang haben wir viele Anstrengungen in der Integration gemacht: Sprachstandserhebungen im Kindergarten, Förderunterricht in deutscher Sprache, Vorkurse für die Grundschulen, es gibt die Sprachintensivkurse, an denen sehr viele Migrantenkinder teilnehmen. –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Das ist wichtig, denn wir müssen unsere Mittel auf den Erwerb der Zweitsprache, also Deutsch, konzentrieren. Zu oft ist ja die Motivation, Deutsch als Zweitsprache zu erlernen, nicht sehr ausgeprägt. Warum? Weil in vielen Fällen Deutsch leider nicht im Alltag gebraucht wird. Zuhause und unter Freunden wird die Muttersprache benutzt, was auch gut ist, aber Deutsch zu lernen, ist eben die zentrale Aufgabe, wenn man hier auch selbstbestimmt eine Existenz und eine Zukunft haben will.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in Bremen in der Integration in den letzten Jahren eine Menge erreicht, das habe ich gesagt, aber wir können damit nicht zufrieden sein. Die Schulvergleichsstudien haben gezeigt, dass wir gerade bei Migrantenkindern deutliche Lerndefizite haben. Im internationalen wie nationalen Vergleich hat sich gezeigt, dass gerade Zuwandererkinder in ihrem schulischen Leistungsvermögen deutlich hinter dem zurückbleiben, was Kinder in anderen Ländern können, die aus Zuwandererfamilien kommen. Wir haben 40 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund. Das wächst auch in den Generationen hoch. In den Schulen und im vorschulischen Bereich ist die Tendenz steigend. 15 Prozent aller Kinder benötigen Sprachförderung in unseren Schulen, davon kommen 80 Prozent aus Migrantenfamilien.

Meine Damen und Herren, aber nicht nur in der jungen Generation stehen wir vor großen Herausforderungen, auch bei den älteren Migranten. Wir haben damit angefangen, spezielle Informationen und Angebote für Migranten höheren Alters bereitzustellen. Wir versuchen, bei den Begegnungsstätten auch wirklich Angebote zu machen, die dazu führen, dass Migranten an der Pflegeausbildung teilnehmen, weil wir wissen, dass die entsprechende kulturelle Sensibilität ein wichtiger Faktor dafür ist, dass ältere Menschen sich auch tatsächlich pflegen lassen. Hier müssen wir auch mit der Fortschreibung des Integrationskonzeptes einen weiteren Schwerpunkt setzen.

Unsere staatlichen Institutionen haben einen ganz erheblichen Anteil an der Bewältigung von Integrationshemmnissen. Auch bei der Polizei wurde deutlich, dass man sich aufgemacht hat, bewusst Beamtinnen und Beamte mit Migrationshintergrund auszubilden, und man muss feststellen: Sie machen einen sehr guten Job dort.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich finde, dass das noch einmal ein ganz wichtiges Signal ist, dass wir uns auch bei diesen originären staatlichen Aufgaben – und dazu gehört gerade die Polizei sehr deutlich – diese Ambition zu eigen machen. Wir haben in den vergangenen Jahren ausdrücklich – wie im Polizeidienst – betrieben, dass verstärkt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migra

tionshintergrund in der bremischen Verwaltung angekommen sind. Ich halte das für einen sehr positiven Schritt. Wir haben hier insbesondere die Integrationskurse, die mit einem hohen Maß an Verbindlichkeit auch eine Qualität haben. Die CDU hat die Einführung dieser Integrationskurse und auch die Verpflichtung zur Teilnahme immer begrüßt. Bei mangelnden Deutschkenntnissen sind sie verpflichtend, sonst freiwillig. Dies führt eindeutig zu leichterer Orientierung und besserer Integration in unserer Gesellschaft. Zu begrüßen ist auch die Teilnahme von hier schon länger lebenden Migrantinnen und Migranten, denn auch in dieser Gruppe gibt es noch große Defizite im kulturellen und sprachlichen Bereich. Machen wir also in diesem Sinne und Stil weiter, um die Integration hier weiter zu fördern! Ich möchte aber auch darauf hinweisen: Migranten selbst müssen auch bereit sein, sich einzubringen. Nur dann können diese Arbeiten zum Erfolg führen. Ich finde, es ist dadurch, dass die Beteiligung an den Integrationsangeboten eine so hohe Qualität und Quote und ein solches Maß an Freiwilligkeit erreicht hat, auch deutlich geworden, dass auch die Zuwanderer hier im Land ein großes Interesse daran haben, sich auf den gemeinsamen Weg der Integration zu machen. Ich glaube, generell kann man sagen, dass wir auch gemeinsam hinter der Umsetzung und Fortentwicklung des Bremer Integrationskonzeptes stehen. Ich glaube, angesichts der Bedrohung, die es ja von bestimmten politischen Richtungen gibt, ist das auch hier heute ein ganz wichtiges Signal. Entstanden ist das Senatskonzept aus der Erkenntnis, dass es notwendig ist, die Problemlagen aufzugreifen und konkrete Arbeitsrichtlinien zu erstellen. Dazu hat es regelmäßig Zwischenberichte gegeben, die auch hier im Hause regelmäßig debattiert wurden. Diese Konzeption weiterzuentwickeln ist eine Herausforderung, der wir uns in der Sozialdeputation gern stellen. Ich habe es gesagt: Elementar für uns ist der Spracherwerb. Ausländische Eltern müssen alles dafür tun, dass ihre Kinder Anteil an den Lebens- und Arbeitschancen unseres Landes haben. Um Integration konsequent zu leben, müssen aber auch alle die Ausländer die deutsche Sprache erlernen, für die dies nicht mehr automatisch mit der Schulung der Sprachfähigkeit einhergeht. Deshalb werden wir die Teilnahme an Integrationskursen konsequent einfordern. Wir als CDU-Bürgerschaftsfraktion werden uns in der Fortentwicklung dieses Integrationskonzepts sehr engagiert und konstruktiv-kritisch einbringen. Wir freuen uns da auch auf die Zusammenarbeit im Unterausschuss und hoffen, dass wir hier für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einen wichtigen Beitrag leisten können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist keine Frage, die wir in unserer Gesellschaft stellen müssen, ob wir Integration wollen oder nicht, sondern es ist doch nur noch eine Frage, wie wir sie vernünftig hinbekommen. Wir als FDP wollen Integration, und wir wollen uns mit dafür einsetzen, dass sie stattfindet. Deswegen können wir es hier auch kurz machen: Wir werden den Antrag unterstützen.

Wir wissen doch, dass in Grundschulen mehr als 50 Prozent der eingeschulten Kinder einen Zuwanderungshintergrund haben, und wir wissen genauso, dass die Anzahl der Zuwanderer groß ist und die Anzahl der binationalen Ehen steigt. Wir wissen also, dass sich hier in unserer Gesellschaft etwas tut. Diese Gesellschaft ist eben dynamisch, sie verändert sich und wechselt. Wenn ich schaue, wie es hier vor Jahren noch in der Bürgerschaft aussah und wie es heute aussieht, wer hier heute sitzt, ist das doch das beste Beispiel, bis hin zu der Rede, die wir vorhin am Anfang hörten, wie gut Integration funktioniert. Aber es geht eben noch in vielen Bereichen weiter.

Ich finde es gut, dass sich der Senat und die Regierungskoalition hier auf den Weg machen. Wir werden mit auf diesem Weg gehen. Wir werden uns dann im Einzelnen vielleicht in der einen oder anderen Frage anders stellen, aber im Prinzip ist das der richtige Weg, und den unterstützen wir.

Nur eines möchte ich noch zu Ihnen sagen, Frau Mohammadzadeh! Sie haben sehr viel Wert auf die Frage gelegt, dass man das mit Monitoring begleitet. Ich denke, viel wichtiger als das wissenschaftliche Begleiten des Ganzen und des Aufarbeitens in Zahlen ist das Machen, und ich hoffe, wir tun sehr viel. Das ist der Schwerpunkt dessen, was unseres Erachtens passieren sollte. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns in diesen Tagen des Öfteren die Frage der Dringlichkeit, Schnellschuss und Hüftschuss um die Ohren gehauen. Wir mussten uns ja auch gefallen lassen, dass man so etwas nicht tut! Können wir uns darauf einigen, dass wir akzeptieren, wenn so ein Antrag vorliegt, dass es Gründe gibt, einen so umfangreichen und sehr tief gegriffenen Antrag zu einem Zeitpunkt vorzulegen, zu dem man relativ wenig Chancen hat, darauf einzugehen, und dass Sie –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

dann vielleicht akzeptieren, wenn wir uns irgendwie an dieser Debatte beteiligen wollen, dies möglicherweise auch schnell machen müssen oder zumindest in einer Zeit, die uns bleibt, und möglicherweise dann auch hin und wieder einmal Dinge hineinschreiben, die vielleicht in dem Antrag gewesen sind?

(Beifall bei der Linken)

Wir haben auch überhaupt kein Problem damit, wenn wir in einem solchen Verfahren sind, einmal einzugestehen wie der Kollege Beilken, der heute sagte, okay, das hat sich erledigt! Wir hatten ein Anliegen, das hat sich erledigt. Ich finde, es würde dem Haus gut anstehen, wenn man davon nicht immer so ein Theater machen würde, sondern einfach versucht, auf einer bestimmten Ebene sachlich zusammenzuarbeiten und dann sozusagen die Sachen abhandelt, und dann stimmt man etwas gemeinsam ab oder auch nicht, aber es ist irgendwie nicht Gegenstand von Theater! Zweitens: Es gibt etwas, was mich mit dem Kollegen Röwekamp verbindet.

(Abg. W o l t e m a t h [FDP]: Nein!)

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Jetzt bin ich aber aufgeregt!)

Er hat nämlich neulich einen ganz guten Satz gesagt, er hat gesagt: Er habe gelernt, dass man bei Sozialdemokraten immer ganz genau hinschauen muss, was sie schreiben. Ich finde, er hat recht!

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Weil es so gut ist!)

Deswegen beurteilen wir Anträge der – –.

(Zuruf)

Unter anderem, weil es gut ist, ja, und möglicherweise, weil ich – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Das hat er nicht gesagt! Im Ernst: Es ist mir schon ein Anliegen zu sagen, ich lese solche Anträge mit Blick auf das, was darin steht, und auch auf das, was nicht darin steht. Wenn jemand beantragt, dass der Senat aufgefordert wird, ein Konzept zu erstellen, dann habe ich den Eindruck, die Antragstellerin, der Antragsteller will, dass es der Senat macht.

(Beifall bei der Linken)

Dann wage ich zu kritisieren: Es gibt einen Ausschuss, eine Deputation, was ist eigentlich mit denen? Wenn

es nicht darin steht, ist es offensichtlich nicht gewollt, und dann kann man sich sozusagen auf Tradition und sonst etwas berufen. Ich finde, man muss es hineinschreiben!

Ich will einmal kurz unsere Änderungen begründen! Erstens finden wir, dass Menschen mit ungenauem oder ungesichertem Aufenthaltsstatus eine Zielgruppe sind, die in der ganzen Konzeption bisher ungenügend berücksichtigt war. Wir wollen, dass sich das ändert. Richtig ist, dass die Frage der Öffnung der öffentlichen Dienste im Antrag berücksichtigt ist, aber die nächsten beiden Punkte sind uns eben wichtig: Ich glaube, dass es eben nicht nur Aufgabe des Senats ist, ein solches Konzept zu erstellen, sondern eine solche Konzeption muss mit dem Unterausschuss, Expertinnen und Experten und Betroffenen organisiert werden, und dafür haben wir diesen Änderungsantrag gemacht.

Ganz zum Schluss wage ich noch einmal einen Ausflug in die Finanzen! Ich halte es nicht für verfehlt, dass man, wenn man ein Konzept erstellt, auch einmal sagt, mit welchem Geld es eigentlich noch finanziert werden kann. Wir wissen, es sind von 2003 bis 2007 ungefähr 27 Millionen Euro aus EQUAL-Mitteln hier nach Bremen geflossen. Unserer Meinung nach ist dieses Programm ausgelaufen. Es soll ein Stück weit über den Europäischen Sozialfonds abgefedert werden, aber auch der wird gekürzt. Ich halte es nicht für unzulässig, den Senat zu fragen: Kannst du uns auch bei der Entwicklung der Konzeption sagen, ob wir das alles selbst finanzieren müssen oder ob es andere Mittel gibt? Deswegen haben wir gesagt, wir wollen den Senat auch auffordern zu sagen, mit welchen Mitteln man eigentlich Integrationsaufgaben lösen kann.

Zum Schluss will ich noch einmal sagen, dass mir etwas aufgefallen ist, was Herrn Buhlert auch aufgefallen ist: Es gibt hier eine ganze Reihe von Punkten, die in einer Sprache geschrieben sind, die ich immer aus Zusammenhängen kenne, wenn es darum geht, mögliche Kürzungen im Sozialbereich einigermaßen wortreich zu begründen. Es kann jetzt sein, dass das nicht gemeint ist, aber wenn hier sozusagen Ressourceneinsatz und Überprüfung und all das genannt wird und das nahezu allein steht, bin ich skeptisch, ob nicht ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzeptes kein Integrationskonzept, sondern ein Kürzungskonzept ist. Ich sage, das geht nach hinten los! Wir müssen sehen, dass es eben kein Kürzungskonzept wird. Wir müssen Geld für diese Sachen haben.

Ich sage es noch einmal, auch wenn es zum vierundzwanzigsten Mal ist: Wir werden uns auch bei dieser Thematik die Frage stellen müssen, welche Form von Schulden wir haben wollen, gerade in der Integration. Auch dort werden wir jeden Euro, den wir nicht einsetzen, irgendwann in Form von sozialen Schulden zurückbekommen. Diese Frage müssen wir beantworten, deswegen wäre meine Bitte, dass Sie trotzdem unseren Änderungsanträgen zustimmen.

Wenn es nicht der Fall ist, dass Sie dem Antrag zustimmen – das heißt überhaupt nicht –, heißt das nicht, dass wir uns nicht in diesen Prozess einbringen oder uns in diesem Prozess wie Gegner gegenüberstehen, sondern wir werden dann an den Stellen mitarbeiten, wo es geht. – Vielen Dank!

(Beifall bei der Linken)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Rosenkötter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern ist eine alltägliche Aufgabe, es ist hier schon gesagt worden, eine Querschnittsaufgabe und die Notwendigkeit einer klugen Zusammenarbeit zwischen staatlichen, kommunalen Stellen, zwischen freien Trägern, Vereinen und Einrichtungen und einer klugen Zusammenarbeit in einem Miteinander aller Bürgerinnen und Bürger unserer beiden Städte. Frau Dr. Mohammadzadeh, Sie haben dies hier auch eindrucksvoll vorgetragen. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall)