Protocol of the Session on October 18, 2007

(Beifall bei der Linken und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort erhält der Abgeordnete Imhoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir freuen uns über den Antrag, weil wir bereits im Februar 2007 einen Brief an den damaligen Senator Neumeyer zu der Problematik geschrieben und ihn aufgefordert haben, die bremischen Interessen beim Land Hessen zu vertreten. Dies ist bei der entsprechenden Anhörung auch erfolgt. Die Dringlichkeit ist natürlich etwas schwierig, denn das Problem ist ja eigentlich schon seit einem Jahr da, aber dennoch ist das natürlich kein Grund, dass wir den Antrag nicht unterstützen und unterschrieben haben. Wir machen da natürlich gern mit, das ist ein wichtiges Thema, und es ist immer dringlich!

(Beifall bei der CDU)

Fast noch wichtiger als der eigentliche Antrag, dessen einzelnen Punkten wir voll zustimmen können, ist die Solidarität, die das Land Bremen den 21 Kommunen aus den vier Bundesländern zusagt, die gegen die Salzpipeline klagen. Es ist auch kein Geheimnis, dass die Salzkonzentration natürlich vor dem Zusammenfluss von Werra und Fulda in Hannoversch Münden wesentlich höher ist als im eigentlichen Bereich der Weser, sodass insbesondere die Anrainerkommunen in Thüringen und Hessen unter der Realisierung einer derartigen Pipeline zu leiden hätten. Für die Landwirte im Bremer Umland und in Bremen wäre eine stärkere Versalzung der Weser auch mit Nachteilen verbunden, ist doch das Weserwasser oftmals auch die entscheidende Trinkwasserquelle für das Vieh. Über den Nahrungsmittelkreislauf wären des Weiteren auch wir als Verbraucher wieder von einer höheren Salzkonzentration betroffen.

Zudem wäre es vor dem Hintergrund, dass sich die Umweltdeputation am 8. Februar 2007 für das Projekt „Lebensader Weser“ ausgesprochen hat, in dem Möglichkeiten von naturnahen Badestellen entlang der Weser vorgestellt werden, kontraproduktiv, wenn nicht alles darangesetzt wird, dass die Weser auch im kommenden Jahr noch sauberer wird. Mit dem Rablinghauser Uferpark haben wir eine erste, exzellente Badestelle an der Weser in Aussicht. Weitere wurden in der Verwaltung an einer Vielzahl von Stellen wie Hemelinger See, Schönebecker Sand, Peterswerder oder Grohner Yachthafen identifiziert. Dies alles sind überaus interessante Projekte, bei deren –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Verwirklichung wir jedoch auch davon abhängig sind, dass die Wasserqualität in der Weser gut ist.

Auch im Interesse der Arbeitnehmer der K+S wünschen wir, dass das Unternehmen sich möglichst schnell und konstruktiv mit den gemachten Alternativvorschlägen zur Entsorgung der Salzlaugen auseinandersetzt und nicht, wie bisher, auf stur schaltet. Natürlich haben wir bis zu einem gewissen Grad Verständnis dafür, dass Unternehmen in dieser Branche nach kostengünstigen Möglichkeiten suchen, ihre Salzlaugen zu entsorgen. Gleichwohl haben wir in erster Linie das Allgemeinwohl von Mensch, Tier und Umwelt zu beachten.

Daher kommen wir zu der Ansicht, dass sich die Meinung des Umweltberaters Breuer als richtig erweist, wenn er bei der Klagebegründung stellvertretend für die 21 Kommunen deutlich macht, dass die Genehmigung der Salzpipeline gegen deutsches und europäisches Wasserrecht verstößt. Die Werra hatte aufgrund ihres Verlaufs einmal auf der einen, einmal auf der anderen Seite der innerdeutschen Grenze 40 Jahre lang darunter zu leiden, dass sich Ost und West immer wieder gegenseitig die Schuld an den hohen Schadstoffbelastungen zugeschoben haben. Seit 1990 sind wichtige Schritte für einen Rückgang der Belastungen getan worden, und das sollten wir auch in Bremen hier weiterhin tun. Insofern haben wir einen guten Antrag, den wir alle unterstützen. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ach so, Entschuldigung, Frau Dr. Mathes!

(Heiterkeit – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da sitzt ja auch immer jemand anderes!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben in der Tat hier eine Sache, die nicht gerade neu ist, aber dringlich ist in dem Sinne, dass das Problem einer Lösung bedarf, denn die K+S hat das Problem – und das muss man erst einmal so wahrnehmen –, dass sie das Abwasser nicht mehr in den Untergrund verpressen kann, wohinter man auch ökologische Fragezeichen setzen kann, sondern wo man hingehen und sagen muss, sie will für ihre Produktion eine andere Lösung. Da muss es eine umweltverträgliche Lösung geben, und die kann in der Tat nicht so aussehen, dass die Belastung der Werra und Weser mit Salz erhöht wird. Deswegen ist es sehr wichtig, auch nach unserer Auffassung, dass dort etwas getan wird.

Man muss dann beispielsweise über eine andere Pipeline nachdenken, nämlich eine Pipeline, die die

ganzen Abwässer von dem Süßwasser der Werra und Weser fernhält und dann direkt in das Salzwasser der Nordsee einleitet. Man muss aber auch andere Fragen stellen, nämlich: Welche weiteren Kaliproduktionen haben wir in dem Bereich, welche anderen Produktionen haben wir bis hin nach Nordenham, die Salz in die Weser und Werra einleiten, wo wir einfach hingehen und schauen müssen, dass die Salzfracht der Weser insgesamt gesenkt wird?

Eines ist uns doch bekannt: Es ist ein Süßwasserfluss, und ein Süßwasserfluss mit Salz ist ein Widerspruch in sich. Deswegen ist es richtig, dort im Sinne eines Süßwasserlebensraums dafür zu sorgen, dass dort auch entsprechend Süßwasser ist und dass nicht nur die Fracht gesenkt wird, sondern auch die Einleitungen verstetigt werden.

(Beifall bei der FDP)

Einem Fisch, der immer wieder mehr oder weniger Salz bekommt, bekommt das schlechter als einem Fisch, der einer gleichmäßigen Belastung ausgesetzt ist. Auch darum müssen wir uns kümmern.

Ein weiteres Problem, das wir nicht vergessen dürfen, ist, dass es hier nicht nur um die Situation von diesem einen Werk geht. Es geht um die Gesamtsituation. Sicherlich ist die Salzbelastung gesenkt worden. Wir haben am Ende der Zeit der DDR eine Belastung von 40 000 Milligramm pro Liter gehabt, insofern haben wir viel erreicht. Aber wir haben eine jahrtausendelange Belastung aus den Halden, auch dort ist dafür zu sorgen, dass die Abwässer vernünftig gefasst werden und eben nicht durch den Regen von den unabgedeckten Halden in Werra und Weser laufen.

(Beifall bei der FDP)

Dieses Problem ist eben nicht nur in Hessen eines, sondern auch in Thüringen und Niedersachsen. Auch in diesem Sinne, Herr Senator Loske, bitte ich, dass Sie tätig werden, dass auch der letzte Aspekt, der zehnte Punkt in unserem gemeinsamen Antrag, den wir noch mit aufgegeben haben, entsprechend Berücksichtigung findet, dass insgesamt auch das Gesamtproblem der Produktion heute und der früheren Produktion, sprich der Halden, mit in Betracht gezogen wird. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Garling.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach so vielen qualifizierten Bei–––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

trägen weiß ich eigentlich gar nicht, was ich dazu jetzt noch beitragen soll!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. B e i l k e n [Die Linke]: Süßwasser!)

Deshalb fasse ich mich an der Stelle kurz! Ich freue mich natürlich auch sehr darüber, dass es uns gelungen ist, dass alle Fraktionen sich diesem Antrag anschließen. Das macht deutlich, dass es für dieses Thema insgesamt eine hohe Sensibilisierung gibt. Das hätte vor ein paar Jahren vielleicht noch ganz anders ausgesehen. Auch in allen anderen betroffenen Anrainerländern liegen ähnliche Anträge vor, und ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg. Es kann nicht darum gehen, wie viel Salz verträgt ein Fluss, sondern wie schnell gelingt es uns, die Flüsse wieder in naturnahe Gewässer zu verwandeln.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der Linken und bei der FDP)

Dabei ist entscheidend, dass die Europäische Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 umgesetzt wird. Uns ist natürlich auch klar, dass die Anforderungen an die Firma Kali und Salz hoch sind, das ist sicherlich auch ein Spagat, den sie da vollziehen müssen, denn es geht letztlich um 6000 Arbeitsplätze, die gesichert bleiben sollten, ohne den jetzt schon stark belasteten Fluss weiter zu verschmutzen. Kali und Salz ist, wie gesagt, der wichtigste Arbeitgeber, und es dürfen nicht Arbeitsplätze gegen Umweltgesichtspunkte ausgespielt werden.

(Beifall bei der SPD)

Vielmehr geht es darum, gemeinsame Lösungen zu finden. Dann muss man andererseits auch sehen, dass dort eine Menge Arbeitsplätze in der Tourismusregion entlang von Werra und Weser entstanden sind, und diese Region ist natürlich dringend darauf angewiesen, dass es eine unbelastete Naturlandschaft ist.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der Linken und bei der FDP)

Der Hessische Landtag hat eine Fortschreibung des noch bis zum 2012 geltenden Grenzwertes für Chlorid abgelehnt. Das ist auch schon einmal ein Zeichen. Trotzdem muss man sich die Frage stellen, ob dieser Grenzwert, der bis 2012 gelten soll, Frau Dr. Schaefer hat es schon gesagt, eigentlich richtig ist. Man müsste eigentlich viel eher anfangen, diese Grenzwerte zu verändern.

Die Alternative zu dieser 63 Kilometer langen Abwasserpipeline in die Werra, die bisher bekannt ist, ist möglicherweise eine direkte Einleitung in die Nordsee. Das wiederum ist mit sehr hohen Kosten verbun

den. Wir hoffen auf eine gemeinsame konstruktive Lösung und werden den Prozess bis dahin alle gemeinsam weiter begleiten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der Linken und bei der FDP)

Das Wort erhält Herr Senator Dr. Loske.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie können sich vorstellen, dass wir als Senat diese einhellige Beschlusslage begrüßen und uns darüber freuen. Wir betrachten es als Unterstützung unserer Position.

Ich möchte vielleicht nur noch einige kleine Aspekte einbringen, als Erstes die Rechtslage! Die europäische Rechtslage sieht vor, dass das wesentliche Ziel der Wasserrahmenrichtlinie darin besteht, dass bis zum Jahr 2015 alle Gewässer den guten Zustand erreichen sollen. Das bedeutet, es besteht ein Verbesserungsgebot für die Gewässer der Gemeinschaft. Gleichzeitig gibt es ein Verschlechterungsverbot, das beinhaltet, dass die natürlichen Gewässer so zu bewirtschaften sind, dass eine nachhaltige Veränderung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden wird. Ich glaube, es ist offenkundig, dass das, was dort jetzt geschehen soll, ein klarer Verstoß gegen diese Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Bremischen Wassergesetzes wäre.

Zweitens: Bereits heute steht fest, dass sich der gute ökologische Zustand an der Werra unter den derzeitigen Verhältnissen nicht erreichen lässt. Der Orientierungswert für den guten ökologischen Zustand, von dem ich eben sprach, wird mit 200 Milligramm pro Liter angegeben. Ab Konzentrationen von 500 Milligramm pro Liter Chlorid ist von einer Veränderung der Süßwasserlebensgemeinschaften auszugehen. Allerdings muss man hinzufügen, dass der gegenwärtige Chloridgrenzwert von 2500 Milligramm pro Liter Chlorid bereits deutlich über dem liegt, was wünschenswert für einen guten ökologischen Zustand ist. Offenkundig ist aber auch, dass jede zusätzliche Einleitung dazu führt, dass die Zielverfehlung noch größer wird.

Der dritte Punkt, der auch schon von Herrn Dr. Buhlert angesprochen wurde – das ist sehr wichtig –, es geht eben nicht nur um die aktuellen Einleitungen. Diese sind in einigen Dekaden vorbei. Man weiß es nicht genau, aber das wird nicht mehr ewig dauern. Doch mit den Halden und den Auswaschungen auf den Halden werden wir noch Jahrtausende zu tun haben oder mindestens Jahrhunderte. Insofern ist die diskutierte Lösung einer Salzpipeline in die Nordsee in der Tat ein Weg, der, glaube ich, auch kostengünstig darstellbar ist. Wie es genau zu gestalten ist, wird man dann sehen. Vielleicht für unsere, die bremische Seite, noch einmal: Wir sind an den Gesprächen beteiligt, ein Mitarbeiter meines Hauses bringt die Position, die

Sie hier auch einhellig zum Ausdruck gebracht haben, in die Gespräche ein. Unsere Position entspricht der Ihrigen.

Zum Schluss noch einmal – wenn man dort auf der Bank sitzt und Zeit zum Nachdenken hat –, es heißt ja so schön: Wo Werra und Fulda sich küssen, sie ihren Namen büßen müssen, so heißt es, glaube ich, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, oder lassen müssen. Das könnte man vielleicht als Vision formulieren, dass man sagt: Wo aus Werra und Fulda die Weser wird, da badet’s sich wieder ganz ungeniert! Das wäre, glaube ich, ein gutes Leitbild! – Danke!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bünd- nis 90/Die Grünen, bei der Linken und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der FDP, Die Linke und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/99, Neufassung der Drucksache 17/91, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!