Protocol of the Session on January 26, 2011

(Beifall bei der CDU)

Bürgerarbeit ersetzt keine Maßnahmen. Bürgerarbeit ist vorerst ausschließlich ein Modellprojekt. Was passiert? Nach einem vierstufigen aufeinander aufbauenden System wird jedem Arbeitslosen, unabhängig von seiner Rechtskreiszugehörigkeit, ein auf seine individuelle Situation zugeschnittenes Angebot gemacht. Ich spare mir die Aufzählung zu den einzelnen vier Stufen. Bemerken sollte man jedoch, dass während des gesamten Verlaufs immer die Eingliederung erwerbsfähiger langzeitarbeitsloser Menschen in den ersten Arbeitsmarkt das Ziel ist und absoluten Vorrang hat. Über die Vergütung kann man sich mit Sicherheit streiten. Sie kann zum Beispiel, wie hier auch schon angeführt wurde, durch bestimmte Möglichkeiten, die das Gesetz hergibt, verändert werden. Sie kann, braucht es aber nicht. Die Bürgerarbeit wurde nicht bundesweit eingeführt, die Städte mussten sich darum bewerben. Hier sage ich auch einmal Danke für die gute Arbeit des Senats, denn das ist keine Selbstverständlichkeit gewesen, dieser Zuschlag war eben nicht selbstverständlich. Die Städte, die den Zuschlag für ihre Bewerbung für Bürgerarbeit erhalten haben, können einen großen Teil der Form der Umsetzung der Bürgerarbeit, insbesondere was die Bezahlung betrifft, selbst bestimmen. Bremen geht einen Weg, durch den es möglich ist, durch Anpassung an die örtlichen Tarife der spä

teren Institutionen, die diese Menschen beschäftigen, für den einzelnen Arbeitsplatz eine finanzielle Erhöhung durch Zahlung des dort gültigen Tarifs zu erhalten, die dann den Betroffenen zugutekommt.

Bremerhaven geht da einen anderen Weg. Hier wird Bürgerarbeit über Träger durchgeführt, die natürlich – das muss man ganz deutlich sagen – über viel Erfahrung und Kompetenz und auch über die Unterstützungsmöglichkeiten verfügen, die diese Menschen während der Maßnahme benötigen. Das bedeutet aber, dass Zuverdienstmöglichkeiten hier nicht gegeben sind. Ein Land, meine Damen und Herren, zwei Städte und zwei verschiedene Verfahren, das macht es mit Sicherheit nicht einfacher.

Die erste Phase der Bürgerarbeit ist angelaufen, und wir können davon ausgehen, dass in beiden Städten die geplanten Zahlen – in Bremerhaven 210, in Bremen 200 – umgesetzt werden. Bürgerarbeit – auch das muss gesagt werden – ist freiwillig, was gut ist, weil Freiwilligkeit auch etwas mit Motivation zu tun hat. Deshalb kann man sich aber trotzdem nicht selbst herbeigeführte Verfehlungen leisten. Wenn das der Fall ist, greift das Prinzip des Forderns und Förderns, und die Betroffenen haben wie auch bei anderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen mit Sanktionen zu rechnen. Hier sehen wir die Chancen, die dieses Programm für Langzeitarbeitslose beinhaltet. Über den gesamten Zeitraum wird immer die Integration in den ersten Arbeitsmarkt angestrebt. Bürgerarbeit macht keinen Unterschied zwischen Jung und Alt, zwischen Mann oder Frau, Bürgerarbeit kann für jeden eine Chance sein.

Für DIE LINKE ist das alles zu schlecht. DIE LINKE fordert die Dinge, die weder finanzierbar noch umsetzbar sind, und verspricht, dass sie auch nur den geringsten Teil dieser Versprechungen umsetzen können, bleibt immer zweifelhaft. Man muss sich fragen, warum diese Anfrage in dieser Form überhaupt in diesem Haus gestellt wurde. Die Antworten hätten Sie doch umgehend aus der Verwaltung erhalten können. Nein, Sie wollen dieses Projekt einfach auf diesem Weg grundsätzlich schlechtmachen. Eine solche Vorgehensweise ist einfach zu wenig, zu durchsichtig und vor allen Dingen nicht angebracht. Es gibt genügend Städte – Sie haben es angeführt –, in denen DIE LINKE mitregiert. Wir werden sehen, wie Sie sich dort, wo Sie in der Verantwortung stehen, verhalten werden. Sie haben das Beispiel Berlin genannt, schauen wir uns doch auch einmal die anderen Städte an! Wie gesagt, wir sehen in diesem Programm Chancen. Diese Chancen werden wir unterstützen, und ich hoffe, dass auch in diesem Haus für die Bürgerarbeit ein großer Konsens herrscht. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Bürgerarbeit ist ein neues, zusätzliches Instrument geschaffen worden. Ich möchte auch ausdrücklich sagen, dass ich das Instrument gut finde. Aus meiner Sicht gibt es schlechtere Instrumente. Ich finde es gut, dass es sich dabei um sozialversicherungspflichtige Jobs handelt, die über drei Jahre laufen. In Bremen wird es 200 Stellen geben, in Bremerhaven 210. Zumindest in Bremen werden sie nah am ersten Arbeitsmarkt organisiert, was ich ausdrücklich gut finde. Es ist eine Startphase von einem halben Jahr davor geschaltet, da sind in Bremen 1 000 Arbeitslose beteiligt und in Bremerhaven 600.

Ich würde es per se nicht so sagen, wie Sie es sagen, Frau Nitz, da würden Arbeitslose drangsaliert, sondern ich schaue da erst einmal so darauf: Es ist ein neues Instrument, und es muss eine Chance haben. Ich schaue darauf eher so, dass ich sage, da wird geschaut, welche Möglichkeiten und welche Potenziale haben Menschen, um am ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Gerade vor den Hintergrund des Fachkräftemangels – Frau Ziegert ist darauf eingegangen – müssen wir sehen, dass wir deutlich mehr Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt bekommen, und dafür ist das eine Chance, und die sollten wir da auch wahrnehmen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Für diejenigen, die das über diesen Weg nicht schaffen, sind dann diese Bürgerarbeitsplätze vorgesehen. Ich sagte es schon, sie werden zumindest in Bremen sehr nah am ersten Arbeitsmarkt organisiert, in Bremerhaven ist das leider nicht der Fall. In Bremerhaven werden sie organisiert beim Arbeitsförderungszentrum, bei der Bremerhavener Beschäftigungsgesellschaft Unterweser und bei faden e. V., was landläufig unter Beschäftigungsträgern läuft. Ich finde, da wird eine Chance vertan. Daher finde ich auch, wie Bremen das macht – –. Da ist ja geplant, dass es bei der GEWOBA der Fall sein wird, bei der BSAG und so weiter, bei kommunalen Unternehmen. Sie sollen auch zusätzlich sein und keine regulären Arbeitsplätze verdrängen.

Dass die Bezahlung sehr gering ist, darauf ist hier hingewiesen worden, das teile ich. Bei den kommunalen Unternehmen in Bremen ist aber auch geplant, dass das zum Tarifgehalt aufgestockt werden soll, was ich ausdrücklich gut finde. Ausdrücklich schlecht finde ich, dass das – zumindest nach der Senatsvorlage – in Bremerhaven nicht der Fall ist. Da würde ich mir wünschen, dass an der Stelle dann auch nachgearbeitet wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

) Von der Rednerin nicht überprüft.

Es ist genau nicht das Ziel dieser Bürgerarbeitsplätze, sie bei den Beschäftigungsträgern zu organisieren, weil wir auch einen größeren Trägermix haben wollen, mehr Chancen für die vielfältigen Situationen von arbeitslosen Menschen, und deswegen brauchen wir eben auch unterschiedliche Träger, bei denen wir dann Bürgerarbeitsplätze einsetzen können.

Ich komme zum Fazit, weil das meiste hier in diesem Raum auch schon gesagt worden ist: Ich finde das Instrument erst einmal gut, ich finde, es sollte evaluiert werden, ob es letztendlich das hält, was wir uns davon versprechen. Ich freue mich, dass wir 200 sozialversicherungspflichtige Jobs hier in Bremen bekommen werden, die nah am ersten Arbeitsmarkt sind. Ich freue mich, dass wir in Bremerhaven 210 Jobs bekommen werden, wo sicherlich die Chancen noch einmal optimiert werden können. Dann schauen wir uns das in einem halben Jahr an, ob die ganzen Befürchtungen von Frau Nitz eintreten werden oder ob zusätzliche Menschen zusätzliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt bekommen haben. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ziegert.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Noch einmal kurz zu Ihnen, Herr Nestler! Herr Dr. Möllenstädt hat nun schon darauf hingewiesen, dass ich hier schon ziemlich lange in der Arbeitsmarktpolitik tätig bin und viele Programme habe kommen und gehen sehen. Die meisten Beschäftigungsprogramme wurden mit denselben Worten angepriesen, die Sie jetzt auch wieder für die Bürgerarbeit genannt haben: Sie sollten auch immer Chancen bieten, den Arbeitslosen einen Sinn geben und ihren Tag strukturieren und was Sie da noch alles aufgezählt haben. Ich habe nicht gesagt, wir hätten uns darum nicht bewerben können oder sollen, im Gegenteil, das finde ich gut. Ich finde es aber ziemlich sinnlos, einerseits hier in der Arbeitsmarktpolitik drastisch zu kürzen, wie es die Bundesregierung getan hat, und uns andererseits dann wieder mit einem Modellprojekt zu beglücken, statt die Arbeitsmarktpolitik anständig auszustatten und eine größere Flexibilität der Instrumente für den Einsatz vor Ort sicherzustellen, je nachdem, wie es notwendig ist. Das ist das, was mir vorschwebt.

Jetzt zu den Bürgerarbeitsplätzen! Frau Nitz, Sie haben nun selbst auf Ihre Große Anfrage eigentlich die Antwort bekommen: dass hier im Gegensatz zu den Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze entstehen, die auch arbeitsrechtlichen Bestimmungen unterliegen und auch allen dazugehörigen Mitbestimmungsanforderungen, dass sie tariflich oder betriebsüblich bezahlt werden sollen. Da, finde ich, ist es richtig,

dass wir das hier in Bremen so machen, und jetzt nicht sagen, da soll jetzt wieder die öffentliche Hand einspringen, sondern wenn wir die Leute bei der BSAG einsetzen oder wenn sie in Krankenhäusern eingesetzt werden oder wo auch immer, dass dann auch die Betriebe, die etwas davon haben, das entsprechend aufstocken. Ich sehe überhaupt nicht ein, warum wir immer Steuergelder in die Hand nehmen müssen, wenn wir hier bei Unternehmen Arbeitskräfte einsetzen und diese Unternehmen dann schließlich auch ihren Beitrag leisten können.

Von daher finde ich es ein durchaus erst einmal ehrgeiziges Vorhaben, 200 Plätze bei öffentlichen Unternehmen zu akquirieren. Ich bin aber eigentlich auch noch ganz zuversichtlich, dass wir hier in Bremen dieses Potenzial haben und dass das auch gelingen wird. Ich finde es jedenfalls richtig, dass hier nicht voreilig auf öffentliche Träger zurückgegriffen wird.

Nun will ich noch einmal etwas zu Herrn Dr. Möllenstädt sagen! Wenn man sich die Arbeitslosen einmal anschaut, dann sind sie eben unterschiedlich, und sie müssen unterschiedlich eingesetzt werden. Ein-Euro-Jobs zum Beispiel sind vor allen Dingen für sehr benachteiligte Arbeitslose auf dem Arbeitsmarkt, für die wir häufig erst einmal „tagesstrukturierende“ Maßnahmen anbieten müssen. Es gibt Arbeitslose, die an sich leistungsfähig sind, im Prinzip auch eine Qualifikation haben, aber aufgrund verschiedener Merkmale – weil sie krank sind, weil sie ein bestimmtes Alter haben – im Augenblick einfach auf dem Arbeitsmarkt nicht unmittelbar zu vermitteln sind. Vornehmlich für diese Menschen ist gedacht, sie über dieses Instrument Bürgerarbeit über drei Jahre – was auch eine gewisse Anforderung bedeutet – an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen, auch dann mit der Aussicht, gerade hier in diesen Betrieben auch eine wirkliche Chance zu bekommen.

Ich finde es übrigens richtig – und das ist sowieso die Richtung, die die Beschäftigungspolitik in Bremen nehmen soll –, künftig in einem stärkeren Maß auch solche Beschäftigungsmaßnahmen an die „Echtbetriebe“ heranzuführen, sie wirtschaftsnäher zu gestalten und sie nicht immer in dem abgeschotteten Raum eines zweiten Arbeitsmarktes der Träger zu lassen.

Ich würde im Prinzip diesen Ausdruck „zweiter Arbeitsmarkt“ ehrlich gesagt gar nicht so gern nehmen, für mich gibt es einen Arbeitsmarkt. Ich bin im Übrigen auch der Meinung, es ist nicht so, dass wir einmal den richtigen Arbeitsmarkt haben und dann haben wir den zweiten, um den sich die öffentliche Hand kümmern muss und wohin die Unternehmen auf gut Deutsch gesagt diejenigen abschieben, die sie nicht mehr gebrauchen können. Ich denke, es ist eine Verantwortung der Wirtschaft und der Unternehmen, auch den Menschen, die zunächst einmal benachteiligt sind, nach Möglichkeit und natürlich auch mit entsprechender Unterstützung die Möglichkeit zum Arbeiten zu schaffen und zu geben.

Ich denke, in diese Richtung sollte auch unsere Beschäftigungspolitik künftig gehen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Nitz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, wenn ein neues arbeitsmarktpolitisches Instrument eingeführt wird, dann ist es legitim, dieses Instrument zu hinterfragen, dieses Instrument zu durchleuchten, auch Befürchtungen zu äußern und vielleicht auch Kritik, wo sie angebracht erscheint, vorzutragen. Ich finde, man muss hier wirklich einmal auf den Prüfstand stellen, was das arbeitsmarktpolitische Instrument der Bürgerarbeit von den restlichen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, die wir bislang in der Anwendung haben, unterscheidet.

Sicher, wir haben jetzt eine Sozialversicherungspflicht dabei. Das heißt aber: Aufgrund der niedrigen Bezahlung müssen wir hier quasi von sozialversicherungspflichtigen Ein-Euro-Jobs sprechen: Wir haben hier auch ein Profiling, das vorab durchgeführt wird. Gut, das haben wir bei den anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten auch. Was ist daran neu? Es ist auch nicht neu, dass eine Fremdvergabe dieses Profilings stattfindet, immer mit dem Ziel, Leute zu qualifizieren, immer mit dem Ziel, Menschen aus der Arbeitslosigkeit heraus in den ersten Arbeitsmarkt, in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und vor allem in eine Beschäftigung zurückzuführen mit einem Lohn, von dem sie tatsächlich auch leben können, sodass sie nicht mehr auf eine Alimentation von staatlicher Seite angewiesen sind.

Genau das ist aber hier der Fall bei dem Instrument der Bürgerarbeit. Nach wie vor wird die staatliche Alimentation, Herr Nestler, nicht gelöst werden können, weil der Verdienst, der hier angesetzt wird, einfach zu wenig ist, als dass man davon Miete, Nebenkosten und Lebenshaltungskosten finanzieren könnte. Das heißt also, irgendwoher muss noch zusätzliches Geld fließen.

Es ist okay, es ist ein neues Instrument. Ich finde das in Ordnung, wenn Frau Schön sagt, dass sie dieses neue Instrument gut findet, dass sie es hier auch zur Anwendung bringen möchte. Ich finde es legitim, wenn wir sagen, wir haben Kritik daran. Wie soll es denn zukünftig aussehen?

Letzte Woche gab es eine Talkrunde des Nordwestradios hier im Haus der Bürgerschaft, und da hat sich der Staatsrat zumindest so geäußert, dass man in Versuchung kommen könnte, ihm zu unterstellen, dass die Bürgerarbeitsplätze hier in Bremen deutlich ausgeweitet werden sollen. Da müssten wir als LINKE natürlich erst einmal im Dreieck springen

und sagen, um Himmels Willen, das wollen wir nicht. Aber wir sind natürlich so realitätsnah, dass wir sagen, die Interessenbekundung und die Vergabe der Bürgerarbeit in die Kommunen ist nun einmal gelaufen, und die Entscheidungen für den Zeitraum 2010 bis 2013 stehen fest. In Bremen gibt es 200 Plätze, in Bremerhaven gibt es 210 Plätze.

Aber trotzdem gibt es auch Äußerungen, zu denen man fragen kann, wie es denn zukünftig – also nach 2013 – aussehen soll, wenn dann die ersten Bekundungen kommen und gesagt wird, die Bürgerarbeit hat sich etabliert, und wir konnten die Arbeitslosenzahlen noch weiter herunterdrücken. Natürlich wissen wir alle, dass es sich dabei um statistische Tricks handelt. Wie soll es denn zukünftig aussehen? Bremen ist pleite, und da kommt etwas Geld vom Bund, man kann trotzdem öffentlich geförderte Beschäftigung weitermachen, also können wir doch einmal überlegen, dieses Instrument weiter auszubauen. Genau das möchte DIE LINKE nicht. Deswegen äußern wir auch mittels einer Großen Anfrage unsere grundsätzliche Kritik an diesem Instrument, und das muss einfach gewährleistet sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Lieber Herr Dr. Möllenstädt, ob wir mit unserer Anfrage den richtigen Fokus gesetzt haben, müssen Sie schon unserer Fraktion überlassen! Wenn Sie meinen, da müsste ein anderer Fokus in den Mittelpunkt gestellt werden, dann stellen Sie selbst eine Anfrage! Die können wir dann auch gern hier diskutieren. Aber Ihre Argumentation dem Sinne nach, Vorfahrt für freie Bürger in einem freien Land, und am besten sollen sich alle in dem großen Haifischbecken im Ellenbogensystem durchsetzen, und Sie stehen noch am Rand und geben den Menschen den Stoß hinein, ist nicht in Ordnung, das wollen wir auch nicht tolerieren. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Schuster.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich muss etwas klarstellen, weil die Debatte doch manchmal etwas, glaube ich, an den Realitäten einfach vorbei geht, zum einen die Äußerung – ich bin mir jetzt nicht mehr im Wortlaut sicher, aber es bezog sich erst einmal darauf –, dass die Bürgerarbeitsplätze in Bremen nicht ausgeweitet werden, weil sie in der Tat erst einmal auf 200 Stellen festgelegt sind.

Auf der einen Seite argumentieren Sie, es ist ein neues Instrument, und auf der anderen Seite sagen Sie, so neu ist das gar nicht. Wenn man sich jetzt ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

einmal genau anschaut, was das Instrument ist, dann ist das keine besonders neue Variante, das ist doch Unsinn! Wenn man sich die Grundvariante für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anschaut, dann ist das die Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante, so heißt das. Sie hat die gleichen Grundprinzipien, das ist also zusätzliches Geld, das aus Bundes-ESF-Mitteln kommt, für die man – für neue Programme muss man immer einen schönen Namen finden – das gemacht hat. Man hat gesagt, das ist eine Möglichkeit, die man damit schafft.

Deswegen war es völlig naheliegend, dass beide Städte bei den arbeitsmarktpolitischen Problemen, die wir haben, natürlich sagen, wir bewerben uns darauf. Wenn wir zusätzliches Geld für zusätzliche Maßnahmen bekommen für ein Problem, das sehr groß ist, dann wären wir dumm, wenn wir das nicht machen. Das sind wir nicht. Deswegen haben beide Städte gesagt, darauf bewerben wir uns sofort, wenn es das gibt, dann machen wir das. Es war insofern nicht mit anderen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten verzahnt, weil es erst einmal etwas Zusätzliches ist, und da haben sich jetzt beide Städte überlegt, was sie eigentlich damit machen.

Man muss auch im Kopf behalten, dass beide Städte etwas unterschiedlich sind und dass deswegen erst einmal unterschiedliche Lösungen zustande kamen. In Bremerhaven hat man in der Tat den Weg über Beschäftigungsträger gewählt. Man muss da allerdings auch wissen, dass die Struktur der Arbeitslosigkeit und vor allen Dingen der Langzeitarbeitslosigkeit in Bremerhaven ziemlich problematisch ist, es gibt einen sehr hohen Anteil an Menschen ohne Schulabschluss oder erst recht ohne Ausbildungsabschluss. Daher haben wir dort ganz andere Probleme, die wir über dauerhaftere öffentlich geförderte Beschäftigung lösen können. Deswegen wurde gesagt, wir machen das über Beschäftigungsträger.

Ich persönlich hätte mir vielleicht gewünscht, sie hätten auch noch etwas Innovativeres gemacht, aber das ist erst einmal ein Weg. Dass sie das natürlich an die Tarife, die in dem System sind, binden, ist auch völlig klar. Man kann nicht über Arbeitsmarktpolitik Menschen, die teilweise mehrere Vermittlungshemmnisse haben, leistungsgemindert sind, höhere Löhne zahlen, als wir am ersten Arbeitsmarkt realisieren. Deswegen kämpfen wir zwar für den Mindestlohn, aber man kann nicht sagen, wir nehmen alles, greifen alles über Arbeitsmarktpolitik vorweg. Das ist die Sache dort. Wenn man ansonsten argumentiert, dass auch InJobs eine hohe Bedeutung für Leute haben, dann kann man, finde ich, auch nicht argumentieren, in Bremerhaven ist es aber verwerflich, dass es Bürgerarbeitsplätze in dieser Richtung gibt. Das ist nämlich für die Leute, die das machen, auch von hoher Bedeutung.

In Bremen haben wir allerdings einen anderen Weg gewählt, und der wird, wenn er funktioniert, durchaus beispielgebend sein und dann natürlich

ausgeweitet werden. Wir haben – Frau Ziegert hat es angesprochen – in Bremen explizit gesagt, wir wollen das viel stärker an den ersten Arbeitsmarkt binden, an Unternehmen, die auch weiter Beschäftigung, und zwar selbst erwirtschaftete, finanzierte Beschäftigung anbieten. Deswegen haben wir gesagt, wir binden das an kommunale Unternehmen oder an kommunennahe Arbeitgeber, und die müssen dann natürlich, wie das die Bürgerarbeit fordert, den Lohn entsprechend aufstocken. Es geht nicht, dass sie dann am Ende noch staatliche Subventionen bekommen, damit sie das machen.

Der Gedanke, der dahinter steht, ist ganz schlicht. Es gibt viele Vorurteile gegen Langzeitarbeitslose nach dem Motto, die können nichts mehr. Wer sich aber einmal die Struktur von Langzeitarbeitslosen anschaut, der sieht, dass manchmal das einzige Vermittlungshemmnis ist, dass sie über 50 Jahre alt sind und deswegen besondere Schwierigkeiten haben. Wer zwei Jahre arbeitslos ist, der bekommt besondere Schwierigkeiten, weil jeder Arbeitgeber im ersten Moment denkt, der kann doch nichts taugen, wenn er zwei Jahre arbeitslos war.

Deswegen ist der Grundgedanke, wenn diese Menschen bei Arbeitgebern zwar zusätzliche, aber reale Arbeit machen, dann werden diese Arbeitgeber, die auch Fluktuation haben, diejenigen, die sie kennen, die entsprechend Leistung bringen, viel leichter einstellen, als wenn es anonyme Menschen sind, die man vorher gar nicht kannte. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen es gezielt bei solchen Arbeitgebern haben. Wenn sich das bewährt, dann werden wir das natürlich ausbauen, weil wir es für wichtig halten, dass die Menschen nach öffentlich geförderter Beschäftigung auch reale Chancen haben, eine ungeförderte Beschäftigung zu erhalten.

Ich kann daran auch nicht den grundsätzlichen Zwang erblicken, dass wir jetzt den Anlass haben, noch einmal für einen Teil der Arbeitslosen dieses Profiling intensiver zu betreiben. Wenn die These richtig ist, und ich vertrete sie, dass die Masse der Langzeitarbeitslosen im Prinzip arbeiten will, nur bisher keine Arbeit in dem sogenannten freien Arbeitsmarkt so leicht bekommt – –. Herr Dr. Möllenstädt, Sie machen es sich so einfach, dass Sie völlig neben der Realität daherschwätzen,