Protocol of the Session on January 26, 2011

(Dafür CDU, FDP, Abg. T i m k e [BIW], Abg. T i t t m a n n [parteilos] und Abg. W o l t e m a t h [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Verfehlung der Leistungsziele Arbeitsplatzschaffung und -sicherung, Flächenvermarktung, Akquisition und Besuchergewinnung durch die bremische Wirtschaftsförderung

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 8. Juni 2010 (Drucksache 17/1320)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 3. August 2010 (Drucksache 17/1377)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Günthner.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 17/1377, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Herr Senator, ich gehe davon aus, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU nicht mündlich wiederholen möchten. – Das ist der Fall.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ende einer Legislaturperiode ist es nicht nur parlamentarischer Brauch, sondern auch politischer Brauch, einmal zu analysieren und genau hinzuschauen, was denn mit den Versprechungen, mit den Zielsetzungen und den Ankündigungen der regierenden rot-grünen Regierung so geworden ist. Nun ist unsere Anfrage schon etwas länger in der Tagesordnungspipeline, da uns aber ja auch die abschließenden Zahlen für das Jahr 2009 nicht vorliegen und wenn man sich die überregionalen Erhebungen, die Bundesländervergleiche, anschaut, glaube ich, dass die Zahlen in unserer Großen Anfrage, die überschrieben ist mit der Verfehlung von Leistungszielen bei der Arbeitsplatzschaffung, an Aktualität und Aussagefähigkeit nicht verloren haben. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Zu Beginn der Legislaturperiode ist Rot-Grün, was die Wirtschaftspolitik angeht, was die Strukturen in der Wirtschaftsförderung angeht, mit doch hoch gesetzten Zielen angetreten. Es müsse sich in den Strukturen erheblich etwas verändern, wir müssten es endlich schaffen, durch die Schaffung von Arbeitsplätzen die soziale Spaltung in dieser Stadt aufzuheben, das Zusammenwachsen der Stadt müsste vorangebracht werden, und da spielt natürlich die Wirtschaftspolitik eine ganz wichtige Rolle, ist ein wichtiges Element.

Vor diesem Hintergrund haben wir uns die Mühe gemacht, uns die zahlreichen Berichterstattungen in den jeweiligen Ausschüssen anzuschauen. Wir haben festgestellt, dass die Planzahlen der letzten Jahren – es waren Planzahlen, die sich Rot-Grün selbst gesetzt hat, sie sind nicht vom Himmel gefallen, sondern die Verwaltung, die Politik von Rot-Grün hat sich diese Ziele gesetzt – hinsichtlich der Arbeitsplatzbeschaffung weitestgehend nicht eingehalten worden sind, meine Damen und Herren, und unabhängig davon, dass diese Zielsetzung auch in Kenntnis von regionalen und überregionalen Entwicklungen getätigt worden sind. So ist der Planwert für die durch Flächenmarketing von Unternehmen geschaffenen und gesicherten Arbeitsplätze für das Jahr 2009 um 40 Prozent verfehlt worden, so wurde der Planwert über Akquisitionstätigkeit der WFB geschaffene und gesicherte Arbeitsplätze im Jahr 2009 um 20 Prozent verfehlt, und so wurde der Planwert über das Standortmarketing der WFB gewonnenen Besucher im Jahr 2009 um 50 Prozent verfehlt. Nun wurde in der Antwort des Senats erläutert, dass bei den Besucherzahlen das mit Darstellungsproblemen begründet worden ist. Man könnte auch meinen, dass das Ziel dem Ergebnis angepasst worden ist. Oder ist es einfach nur eine doch unzureichende Planung gewesen, oder sind die Grundlagen, die die rot-grüne Politik in Bremen und Bremerhaven geschaffen haben, unzureichend?

Wenn man sich dann die Zahl der durch das Landesinvestitionsprogramm, kurz LIP, über Zuschüsse in den Jahren 2007, 2008 und 2009 und Darlehen der Jahre 2008 und 2009 bearbeiteten und bewilligten Förderanträge ansieht, muss man feststellen, dass wir einen kräftigen Rückgang zu konstatieren haben, der sich nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, allein durch die Wirtschaftskrise begründen lässt, schon gar nicht, wenn man sich die Zahlen konkret anschaut. Da hatten wir in den Jahren 2006 und 2007 60 beziehungsweise 73 bewilligte Förderanträge, diese sind inklusive Darlehen und Zuschüsse im Jahr 2009 von über 70 auf 15 zurückgegangen und das, obwohl der Senat selbst in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Grünen am 27. April des vergangenen Jahres zum Thema Ausrichtung der Wirtschaftsförderung selbst festgestellt hat, dass die Unternehmen die Änderungen angenommen haben. So heißt es weiter in der Antwort: „Die entstandenen Kontakte der Unternehmen zur BAB haben trotz der

Folgen der bestehenden Finanzkrise das Fördergeschäft der BAB und damit die Wirtschaftsförderung positiv beeinflusst.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zahlen von vier Jahren Rot-Grün sprechen eine andere Sprache, und sosehr Sie auch versuchen, alle Planverfehlungen auf die Wirtschaftskrise zurückzubrechen, Sie haben bei der Aufstellung der Planzahlen gewusst, welche wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf unser Bundesland, auf unser Land insgesamt zukommen. Wenn man sich diese Zahlen anschaut, muss man feststellen, dass die Instrumente offensichtlich nicht die Unternehmen im ausreichenden Maße erreichen. Die neuen Themensetzungen, die Sie sich auch selbst gesetzt haben, wie IT, Innovation, Existenzgründer- und Fachkräftegewinnung laufen ins Leere, zumindest wenn es darum geht, neue Ansätze umzusetzen. Die Antworten des Senats geben keine ausreichende Erklärung, wie so etwas zustande kommt. Es zeugt von Hilflosigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, und eine Perspektive können wir als CDU-Fraktion in den Antworten nicht erkennen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man sich jetzt anschaut, wie es in anderen Bundesländern gelaufen ist, auch da müssen wir feststellen, dass Bremen abfällt. In den Arbeitszahlen hat Bremen Stillstand zu verzeichnen, obwohl alle anderen Bundesländer eine positive Entwicklung zu verzeichnen haben, in Bremen stagniert die Arbeitslosenzahl bei 11,5 Prozent. Das Wirtschaftswachstum hat in Bremen um 18 Prozent weniger zugelegt im letzten halben Jahr als im Bundesgebiet, und der „Weser-Kurier“ überschreibt seinen Artikel zu den Unternehmensinsolvenzen Bremen – das Land der Firmenpleiten.

Meine Damen und Herren, Rot-Grün verfehlt die selbst gesteckten Ziele im Bereich der Wirtschaftsförderung um Meilen. Sie können den Unternehmen, die die Arbeitsplätze schaffen, offensichtlich nicht ein adäquates Angebot von Förderinstrumenten anbieten, und flankiert durch eine wirtschaftsfeindliche Verkehrspolitik verlieren die Unternehmen insbesondere im Bereich der Logistik das Vertrauen in die Instrumente und in die Zusagen der rot-grünen Wirtschaftspolitik. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vorliegende Große Anfrage ist ein sehr gutes Beispiel für das übliche Spiel zwischen Opposition und Regierung, die einen versuchen sich getreu dem Motto, damals war alles besser, an

möglichst kritischen Fragen, die anderen wiederum antworten möglichst so, dass ihre Arbeit dann im guten Licht erscheint.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Und was machen Sie?)

Wir alle kennen diesen Mechanismus, und er gehört zu einem Parlament dazu, Frau Busch, Sie wissen es, keine Frage, allerdings ist das Ziel der kritischen Auseinandersetzung mit einem Thema jedoch ziemlich danebengegangen.

Ohne Frage, der wirtschaftliche Einbruch und die deutliche Verfehlung der Zielzahlen der Wirtschaftsförderung sind eine Debatte wert. Einfach nur auf die allgemeine Wirtschaftskrise als Grund für schlechte Zahlen zu verweisen, ist zu kurz gegriffen, da hat mein Vorredner eindeutig recht.

(Beifall bei der FDP)

Da kommt man eben auch schnell in Versuchung, eigene Fehler und Versäumnisse gleich der Krise zuzuschreiben, um sich aus der Verantwortung zu stehlen. Leider, meine Damen und Herren, bleibt sowohl bei den Fragen als auch bei den Antworten vieles offen. Es wäre zum Beispiel auch sehr hilfreich gewesen, einmal einen Blick auf andere Städte zu werfen: Sind dort die Zielzahlen ähnlich verfehlt worden, gab es auch dort einen ähnlichen Einbruch bei der Vermarktung von Gewerbeflächen? Aber sowohl die Fragesteller als auch der Senat haben sich gescheut, auch nur einen kurzen Vergleich zu wagen.

Mit dem, was uns jetzt vorliegt, kann man nun, wie Sie es tun, das alte Spiel betreiben, dem wichtigen Thema wird das aber sicherlich nicht gerecht. Wie andere Kennzahlen und wie das Wirtschaftswachstum oder die Entwicklung der Arbeitslosigkeit zeigen, in Bremen ist weitaus nicht alles rosig, meine Damen und Herren.

Es fällt aber auf, dass von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wie auch schon so oft in der Wirtschaftsdeputation, immer wieder nur die Vermarktung der Gewerbeflächen und die Umstellung von einer Zuschussförderung auf eine Darlehensförderung zum Thema gemacht wurden. Beides, die großflächige Ausweisung von Gewerbeflächen und die massive Zuschussförderung, waren ja auch die Markenzeichen der Großen Koalition, mit eher durchwachsenen Ergebnissen, wie ich anmerken möchte.

(Beifall bei der FDP – Abg. B ö d e k e r [CDU]: Sie reden einen Unfug!)

Die Umstellung auf eine Darlehensförderung, wir kommen später noch einmal zu dem Thema, war

notwendig, wir haben sie daher ja auch mitgetragen. Sie ist nun in Bremen ziemlich genau mit einer heftigen Wirtschaftskrise zusammengefallen. Hier herauszufiltern, worauf sich welche Entwicklung nun zurückführen lässt, ist kaum möglich.

Es gibt genügend Angriffspunkte gegen die Wirtschaftspolitik des rot-grünen Senats: Eine noch immer – einige Monate vor der Wahl – ausstehende Neukonzeption der Technologieförderung zum Beispiel, die deutlich zusammenstreichende Existenzgründungsförderung, eine generell wirtschaftsferne Haltung, eine Verweigerungshaltung gegenüber Investitionen in die Infrastruktur, wir können da einiges aufzählen, oder auch die Verfehlung der Planzahlen für 2010, bei deren Aufstellung die Wirtschaftskrise ja bereits im vollem Gange war und die Entwicklungen im Gegensatz zu 2009 absehbar waren.

Die Arbeit der Wirtschaftsförderung in dieser Art zu hinterfragen ist angesichts der Umstände aber untauglich, genauso hat es aber auch der Senat versäumt, die eigene Arbeit kritisch zu hinterfragen, versteckt sich wie immer hinter Allgemeinplätzen. Inhaltlich bringt solch eine Debatte niemanden weiter. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Es kann niemanden verwundern, dass die CDU bei der Großen Anfrage zu den in 2009 nicht erreichten Planungszielen die Finanz- und Wirtschaftskrise allein nicht als Begründung gelten lässt. Dass der Senat seinerseits genau diese Krise als Begründung benennt, dürfte ebenfalls nicht verwundern, denn so bietet sich ihm die Chance, seine Verantwortung zumindest zu relativieren.

Natürlich wird niemand bestreiten können, dass jede Planung mit Risiken behaftet ist und jede Aufgabe noch besser erfüllt werden könnte. Wer jedoch, wie die Senatskoalition, seine Planungsziele um hohe zweistellige Prozentzahlen verfehlt, muss sich schon fragen lassen, warum dies überhaupt möglich wurde. Diese Antwort ist aber relativ einfach: Die Planungen basierten ausschließlich auf der Vorstellung, dass sich der wirtschaftliche Aufschwung bezogen auf die Jahre 2005 und 2007 gleichmäßig fortsetzen würde. Die schon zur Planungszeit vernommenen Warnungen der Wirtschaftsexperten, die von einer einseitigen Ausrichtung auf die Exportwirtschaft und deutlichen Krisenanzeichen sprachen, insbesondere in den USA, wurden einfach ignoriert. Meine Damen und Herren, wenn die Grundlage der Planung nicht stimmt, dann kann sie nur zu unrealistischen Zahlen führen.

Im Vorwort der Senatsmitteilung rechnet sich der Senat den schnellen und konsequenten Einsatz der Investitionsmittel aus den Konjunkturpaketen I und II als besondere Leistung an, da diese die Wirtschaftskrise abgemildert hätten. Meine Damen und Herren, da drängt sich mir die Frage auf: Wo ist da die besondere Leistung dieser Senatskoalition erkennbar, und warum vermeidet der Senat den Hinweis auf die Folgekosten des Konjunkturpakets II, zum einen auf die Verpflichtung zur Schuldentilgung der eingesetzten Wirtschaftsfördermittel, die von der Gesellschaft bezahlt werden müssen, und zum anderen das Verschuldungsverbot Bremens und die daraus resultierende Verpflichtung, den Haushalt um jährlich 112 Millionen Euro zu kürzen?

Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht wird dies zu weiteren Sparhaushalten führen, die uns Böses ahnen lassen. Wer aber, so wie die SPD und CDU in der vergangenen und nun die CDU und FDP in der jetzigen Bundesregierung und SPD und Grünen im Land Bremen, die sogenannte Schuldenbremse für eine tolle Entscheidung hält, muss dann schon die Konsequenzen dafür verantworten. DIE LINKE ist sich sicher, dass als Folge dieser unsäglichen, falschen Schuldenbremse das gesamte Konzept der Arbeits- und Wirtschaftsförderung im Land Bremen nur noch Makulatur werden wird. Die Schuldenbremse ist ein Relikt aus Zeiten der ungebremsten Wirtschaftseuphorie. Sie wird, und wahrscheinlich war dies von Anfang an so geplant, zu weiteren Privatisierungen öffentlichen Eigentums führen. Den demokratischen Institutionen unseres Landes, wie zum Beispiel auch unserer eigenen Bürgerschaft, wird so die politische Handlungsfähigkeit genommen werden. Meine Damen und Herren, die Folgen dieser Entscheidung werden wir in Zukunft noch mehrfach zu diskutieren haben.

Aus der Fragestellung der Großen Anfrage lässt die CDU erkennen, dass sie die Umstellung auf eine überwiegend auf Darlehen basierende Förderung als eine Ursache der nicht erreichten Planziele hält. Natürlich ist es für die Wirtschaft weitaus angenehmer, Investitionsvorhaben mit einem nicht zurückzuzahlenden Zuschuss statt mit einem Darlehen finanziert zu bekommen,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Mensch, Herr Müller!)

aber als Ursache für die Verfehlung der Planungsziele des Senats kann dies wohl eher nicht angenommen werden.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das müsste eigentlich in Ihrem Interesse sein!)

Darüber hinaus sieht DIE LINKE in der generellen Ausrichtung der Frage- und Antwortstellung einen falschen oder zumindest völlig unzureichenden An