Ich nehme das hier einmal als Anregung mit, dass wir uns der Vorbildfunktion, die der öffentliche Bereich in diesem Zusammenhang hat, auch stellen müssen und noch einmal bei Immobilien Bremen klarstellen, dass da eine erhöhte Sensibilität sein soll. Allerdings werde ich auf keinen Fall einen bürokratischen zentralistischen Weg gehen, sondern wir werden den Kontakt zu den Hausmeistern noch einmal suchen. Wir werden sie bitten, darauf doch sensibel zu reagieren, um vielleicht auch unter Beteiligung
der Kinder in den Kindergärten zum Beispiel diese Schäden zu entfernen, damit die Identifikation mit den Gebäuden steigt. Es gibt viele Möglichkeiten, darauf zu reagieren.
Die Grundeinschätzung, dass, wenn man das einfach nur gewähren lässt, das auf Dauer der Stadtatmosphäre schadet, teilt der Senat. Wir werden jetzt versuchen, mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, uns dem Problem wieder verstärkt zu widmen. Insofern sind solche Initiativen auch wichtig, um immer einmal wieder die Aufmerksamkeit auf reale Probleme, die auch die Bevölkerung beschäftigen, zu richten. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1326 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 15. Juni 2010 (Drucksache 17/1350) 1. Lesung 2. Lesung
Gemäß Paragraf 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung findet in der ersten Lesung zunächst eine allgemeine Besprechung statt. Ihr folgt in der Regel die Einzelberatung. Ich schlage Ihnen jedoch vor, dass wir den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/1410, mit in die allgemeine Aussprache einbeziehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Schuften bis zum Umfallen“, das ist die Überschrift über einem Artikel, der in der Mitgliederzeitung der IG BAU erschienen ist. Hier wird über eine Studie zum Thema Kinderarbeit in Indien berichtet. Wenn man das liest, bekommt man schon einen Schreck. Ich will nur ein paar Zahlen nennen, die eine Kinderrechtsexpertin vorgestellt hat. In Indien arbeiten offiziell 45 000 Kinder in Steinbrüchen. 13 Millionen Kinder sind offiziell in ganz Indien beschäftigt. Dazu kommt eine hohe Dunkelziffer. Ich habe da noch eine Zahl gefunden, dass 200 000 Kinder in einer Bergbauregion in Erzminen arbeiten. Das ist für uns kaum vorstellbar. Kinderarbeit ist weit verbreitet, gibt es weltweit, insbesondere zu ausbeuterischen Zwecken. Wir finden, das ist eine Schande.
50 Prozent aller hochwertigen Steine, also auch Grabsteine, kommen aus Indien. Sie sind schlicht 50 Prozent billiger, als wenn man Marmor aus Italien kauft. Das ist der Grund dafür, warum es hier diesen Markt dafür gibt. Für die Kinder und auch für die Erwachsenen dort in den Steinbrüchen in Indien gibt es so gut wie keinen Arbeitsschutz. Helme, Sicherheitsschuhe, Schutz vor Staub sind dort völlige Fremdwörter. So etwas gibt es alles nicht. Kinderarbeit mit Presslufthämmern in Steinbrüchen: Wenn man sich einmal ansieht, wie alt diese Menschen werden, welche Lebenserwartung sie haben, dann kommt man auf eine durchschnittliche Lebenserwartung von 35 Jahren. Die Kinder, die dort im Steinbruch arbeiten, haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von 35 Jahren. Todesursache Nummer eins ist Silikose, gemeinhin bekannt unter Staublunge. Das, was da getan wird, ist also in höchstem Maß auch noch gesundheitsschädlich. So viel zu der Situation in indischen Steinbrüchen! Bremen hat ein fortschrittliches Vergabegesetz. Im Vergabegesetz haben wir hier unseren politischen Willen aufgeschrieben. Wir haben unter anderem aufgeschrieben, dass wir keine Kinderarbeit wollen. Wir wollen auch keine Produkte aus Kinderarbeit bei uns einsetzen und kaufen. Das ist unser politischer Wille, hinter dem wir als SPD – ich weiß, auch Bünd
nis 90/Die Grünen – weiterhin stehen. Der Markt braucht Regeln. Ohne Regeln geht es nicht. Deswegen brauchen wir die Regel, dass es keine Kinderarbeit geben soll, so, wie es im Vergabegesetz geregelt ist.
Rechtliche Regelungen in Friedhofssatzungen sind möglich, wenn es dazu Landesgesetze gibt. Deswegen verabschieden wir heute ein Landesgesetz, rechtliche Regelungen, die sagen, in der Friedhofsatzung kann geregelt werden, wir wollen Grabsteine und Grabeinfassungen haben, die zertifiziert sind. Es gibt einen Zertifizierer, der gemeinhin anerkannt ist. Das ist die Organisation XertifiX. Wer mehr wissen will, möge ins Internet sehen. Da kann man sich auch ansehen, wer dort alles mitwirkt und mitarbeitet. Friedhofsträger können also in der Satzung festlegen, dass sie ein Zertifikat für die Grabsteine haben wollen, die dort aufgestellt werden sollen. Das ist ein weiterer Schritt – so sehen wir das – gegen Kinderarbeit zu ausbeuterischen Zwecken.
Billig einkaufen kommt uns und insbesondere den Menschen dort vor Ort teuer zu stehen. Gefordert sind die Friedhofsträger, das ist auch klar. Wir werden auf diese Friedhofsträger zugehen und haben die Erwartung, dass sie die rechtlichen Möglichkeiten, die wir heute setzen, in ihren Satzungen umsetzen.
Friedhöfe sind Orte der Würde und des Andenkens. Ausbeutung von Kindern ist würdelos und wird von uns verurteilt. Kinder gehören in die Schule und nicht in den Steinbruch. – Schönen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns sicherlich – nicht nur in diesem Haus, sondern ich glaube, da besteht auch ein gesellschaftlicher Konsens – alle einig, dass keine Güter, keine Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen sollten. Dennoch nimmt gerade in Deutschland insbesondere die Verwendung von Naturstein aus indischen Steinbrüchen zu. Dass es sich dabei in der Tat um wirklich sklavenähnliche Kinderarbeit handelt, hat Herr Jägers ja deutlich gemacht. Das will ich nicht wiederholen. Wir wollen mit diesem Koalitionsantrag diesen Tendenzen entgegenwirken. Es ist aber auch klar, und es ist uns allen bewusst, dass es nur ein Minischritt in die richtige Richtung ist, ein Minischritt in die Richtung fairer Handel in dem Bereich des Friedhofwesens.
Aber ein Schritt! Irgendwann muss man anfangen zu gehen, und das ist auch die Verantwortung des Landes. Ich komme aber auch noch einmal darauf zurück, dass Bremen ja schon mehr getan hat. Es ist nämlich so: Um genau dem entgegenzuwirken, hat Bremen im Juli 2010 gemeinsam mit RheinlandPfalz, Berlin und Brandenburg einen entsprechenden Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht. Dieser Antrag wurde im Bundesrat am 9. Juli 2010 beschlossen. Es gibt eine Begründung zu diesem Antrag, aus der ich gleich zitieren möchte, der den Titel trägt: „Entschließung des Bundesrates zur Verhinderung des Marktzugangs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit“.
In dieser Begründung des Antrags, der maßgeblich auch von Bremen aus auf den Weg gebracht wurde, heißt es, ich zitiere: „Die internationale Arbeitsorganisation der vereinten Nationen, ILO, schätzt, dass weltweit immer noch 165 Millionen Kinder zwischen fünf und 14 Jahren unter ausbeuterischen und sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten müssen, die ihre physische und psychische Entwicklung in erheblichem Maße beeinträchtigen. Berichte aus indischen Steinbrüchen zeigen zum Beispiel, unter welchen dramatischen Arbeitsbedingungen Kinder dort Steine brechen müssen, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen.“ Soweit noch einmal zur Begründung insgesamt für diesen Antrag! Natürlich unterlegt sie auch noch einmal die Notwenigkeit unseres Antrags hier zu dem Bereich der Friedhöfe.
Der Bundesratsbeschluss besteht letztendlich aus sechs Punkten, die ich nicht alle wiederholen möchte. Das kann man nachlesen. Ich möchte nur auf den Punkt drei eingehen. Dort heißt es, ich zitiere: „Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich verstärkt international dafür einzusetzen, dass das im Rahmen des ILO-Übereinkommens 182 verabschiedete Verbot der schlimmsten Form der Kinderarbeit weltweit umgesetzt wird und unverzüglich geeignete Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels ergriffen werden.“
Wie man auch hier sieht, muss man auf allen Ebenen agieren: auf Bundesebene, auf Landesebene, aber auch auf europäischer Ebene. Wir haben jetzt schon einiges in die Wege geleitet. Unser Antrag ist ein weiterer kleinerer Beitrag, um zu erreichen, dass ausbeuterische Kinderarbeit verhindert wird.
Was mir aber ein besonderes Anliegen ist: Ich glaube, wir können viele Gesetze machen und Vereinbarungen treffen, ohne dem Ziel maßgeblich näherzukommen, gerade weil es auf dem internationalen Parkett stattfindet! Erstens ist natürlich die Armut in diesen Ländern ein maßgeblicher Faktor, warum es dazu kommt. Es geht hier auch um die Bekämpfung der Armut. Das Zweite ist natürlich auch, dass jeder Einzelne seine Verantwortung als Konsument, als Verbraucher und Verbraucherin wahrnimmt, denn die Macht der Verbraucher wird
letztendlich entscheiden, ob sich die Märkte gemäß sozialen, ökologischen und fairen Standards entwickeln. Deswegen ist es mir – auch wenn Herr Jägers es schon genannt hat – noch einmal ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass es gerade im Bereich der Grabsteine ein Zertifikat gibt und man sich unter www.XertifiX.de informieren kann. Dann kann man auch in der Verantwortung des einzelnen Bürgers und der einzelnen Bürgerin die richtige Kaufentscheidung entsprechend treffen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag, Grabsteine und Grabeinfassungen nur noch aus fairem Handel und ohne ausbeuterische Kinderarbeit zu verwenden, ist bedingungslos zu unterstützen.
Wir fragen uns allerdings, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass Waren aus Kinderarbeit nach Bremen importiert werden. Werden solche Handelsbeziehungen nicht überprüft? Wir fragen den Senat, welche Maßnahmen getroffen werden sollen, dass sich so ein menschenverachtender Handel nicht wiederholt. Daran schließt sich selbstverständlich die Frage an, warum ökologische Aspekte im Antrag keine Beachtung finden. Ist es wirklich notwendig, dass Grabsteine um die halbe Welt transportiert werden, um in Bremen auf Friedhöfen zu stehen, weil es billiger ist?
Zum Antrag selbst! Darin steht: Der Friedhofsträger kann in seiner Satzung festlegen, dass nur Grabsteine verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt sind. Diese Kannbestimmung ist zu wenig, es muss eine Mussbestimmung werden! Wir erwarten, dass der Senat neben diesem Gesetz eine Verwaltungsvorschrift erlässt. In dieser soll festgelegt werden, dass ausschließlich Grabsteine und Grabeinfassungen verwendet werden, die den sozialen Standards der internationalen Arbeitsorganisation genügen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die globale Kinderausbeutung ist verwerflich und muss ein Ende haben. In unserer heutigen modernen Gesellschaft haben wir die Mittel, Kinderausbeutung zu verhindern. Diese Mittel müssen genutzt werden. Deshalb ist auch dieses Änderungsgesetz grundsätzlich zu begrüßen.