Protocol of the Session on August 26, 2010

Liebe Koalitionäre, Sie beantragen nun ein Projekt, wie es Berlin-Pankow durchführt. Der Wirtschaftssenator hat sich dazu vorgestern irgendwie skeptisch geäußert, abgestimmt haben Sie das wohl mit ihm nicht. Der Wirtschaftssenator sieht eine ganze Menge Schwierigkeiten bei dem Smiley-Bewertungssystem. Er hinterfragt auch, ob es überhaupt belastbare Aussagen über einen Nutzen gibt, und er erwähnt, dass gerade die Freiwilligkeit dazu führt, dass eine realistische Einschätzung im Wettbewerb durch den Bürger kaum möglich ist. Ich füge noch hinzu, dass eine Verwässerung der Qualitätskennzeichnung durch allzu viele Smileys oder andere Bewertungen dem Verbraucher auch nicht gerade hilft.

Lieber Herr Richter, wenn Sie jetzt erst einmal das ganze Informationsfreiheitsgesetz mit allen anderen noch dazugehörigen Gesetzen ändern wollen, dann kommen wir hier, glaube ich, überhaupt nicht mehr zu einer Verbesserung der Situation, die wir im Grundsatz gern wollen. Wir wollen sie dann, wenn damit die Sicherheit für Verbraucher erhöht werden kann und wenn damit schwarze Schafe einen Anreiz erhalten, die geltenden Vorschriften einzuhalten. Auch wir finden die ziemlich erschreckenden Bilder aus manchen Küchen nun nicht gerade erstrebenswert und sind dafür, dass wir hier etwas dagegen unternehmen müssen. Aber für ein solches Projekt, und darauf ist Herr Richter auch eingegangen, braucht man klare Kriterien, und diese Kriterien haben weder die LINKEN noch die Koalition aufgezeigt.

Ich darf hier auch noch zwei Kriterien aus dem ganzen Katalog erwähnen, die betreffen die Negativliste, und dabei wird es einer der Hauptpunkte sein, wie man denn mit der Negativliste umgeht und wie man vor allen Dingen wieder davon herunterkommt. Die Verbraucher in Deutschland haben ein Recht auf Information. Gemäß Verbraucherinformationsgesetz darf aber ohne Anhörung des Betroffenen nicht in die Rechte der Beteiligten eingegriffen werden. Deswegen muss immer eine Anhörung durchgeführt werden, bevor jemand auf eine Negativliste kommt. Außerdem sollte ein Betrieb nicht gleich beim ersten unangekündigten Kontrollbesuch auf dieser Liste erscheinen, sondern er müsste im Vorfeld die Möglichkeit haben, dies zu vermeiden. Entscheidend ist natürlich auch, um von der Liste wieder herunterzukommen, in welchen Zeiträumen die Kontrollen bei diesen beanstandeten Gaststätten vorgenommen werden. Auch hierüber muss man sich Gedanken machen.

Letztendlich ist es auch ein bisschen durcheinandergegangen: Was wollen Sie jetzt in dem ersten

Schritt, nur die gastronomischen Betriebe prüfen? So, Herr Oppermann, hatte ich Ihren Antrag verstanden. In der Debatte sind Sie und auch Frau Dr. Mathes weiter gegangen und wollen sämtliche Lebensmittel einzelhandelsgeschäfte und auch den Fachbereich – ich habe es am Dienstag in der Fragestunde auch gesagt – mit einbeziehen. Sie müssen dann natürlich auch alle Großküchen, egal wo, ob in Schulen, in Kindergärten oder wo auch immer, mit einbeziehen, und ob das hier personell leistbar ist und was das kostet, auch dazu habe ich hier keine Erkenntnis. Wegen dieses Schnellschusses, ohne dass wir uns zunächst einmal mit den Einzelheiten auseinandergesetzt haben, können wir die Anträge nicht mittragen. Wir plädieren aber dafür, dass der Senat uns erst einmal die Modelle in Berlin – es gibt ja auch noch andere – hoffentlich auch evaluiert vorstellt und uns eine Konzeption zur Beratung vorlegt. Wenn wir eine solche Basis haben, dann sind wir, egal ob in der Gesundheitsdeputation oder in der Wirtschaftsdeputation, gern bereit, dieses Projekt mit zu beflügeln, gerade wenn es darum geht, Maßnahmen mitzubeschließen, die die Sicherheit der Verbraucher verbessern. Eine bundesweit verpflichtende Smiley-Kennzeichnung lehnen wir ab. Insofern, das ergibt sich dann daraus, lehnen wir den Antrag der LINKEN und auch den Koalitionsantrag ab. Ich darf vielleicht noch letztlich ergänzen, ein solches Vorgehen, zunächst einmal eine Evaluierung uns anzuschauen und einen Projektentwurf zu haben, ist übrigens auch das, was uns die Verbraucherzentrale vorschlägt und was der Wirtschaftssenator am Dienstag vorgeschlagen hat. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte nur noch einmal zur Klarstellung auf die Forderungen unseres Antrags hinweisen, das ist in der Tat ein zweigleisiges Vorgehen. Die eine besagt, jetzt ganz schnell für den Bereich Gastronomie die Positivkennzeichnung, also den Smiley mit Negativlisten im Internet einzuführen. Parallel dazu wollen wir uns auf Bundesebene für ein rechtsverbindliches, bundesweit einheitliches System für die Gastronomie und das Lebensmittelgewerbe einsetzen. Hintergrund ist – ich habe sehr lange darüber nachgedacht, das ist nicht so irgendwie aus dem Bauch gekommen –, dass wir natürlich eine bundesweit einheitliche Regelung haben müssen. Nur, das dauert relativ lange. Es gibt gesetzliche Prozesse. Sie wissen ja, wie auf Bundesebene die Prozesse sind, bis man da ein Gesetzeswerk hat, das dauert einfach ein paar Jahre. Ich finde, die Zeit sollten wir uns nicht geben,

sondern wir sollten parallel schon einmal direkt zeitnah für den Bereich anfangen, in dem die größten Defizite sind. Das ist die Strategie hinter diesem Antrag mit den beiden Forderungen.

Zwei Anmerkungen zu den vorangegangenen Beiträgen möchte ich auch noch machen. Die eine ist zu Herrn Richter, weil er sagt, das ist zu kurz gesprungen. Erst einmal vielleicht, das ist zwar nur Nebenschauplatz, aber Sie meinten, keiner kennt den Smiley. Natürlich, wenn es den Smiley nicht gibt, wie sollen die Menschen ihn kennen? Da zeigt einfach die Evaluation in Dänemark: Die Dänen kennen den Smiley. Sie müssen einfach einmal die Dänen fragen, dann können Sie das vielleicht beurteilen!

Das Zweite, was mich in der Tat jetzt bei der FDPFraktion gewundert hat, ist die Forderung zu sagen: erst einmal mehr Lebensmittelkontrolleure, also zwei! Wir haben in der Tat noch ein Defizit von zwei Lebensmittelkontrolleuren, das war schon einmal viel größer. Ich finde, da sind wir mittlerweile auch sehr gut aufgestellt. Jetzt aber zu sagen, wir brauchen erst einmal mehr Kontrolleure, bevor man so etwas macht, das ist eigentlich der total bürokratische Weg. Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass man völlig unbürokratisch mit dem, was man jetzt schon als Kontrollsystem hat, nur durch diese Kennzeichnung eine höhere Effektivität ohne neuen Bürokratismus erreicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn gesagt wird, es muss klare Kriterien geben, es muss evaluiert werden, und das ist alles jetzt zu schnell und zu kurz gesprungen und nicht so richtig durchdacht, dann stimmt das so nicht. Ich habe gesagt, und das steht im Antrag, in Anlehnung an den Modellversuch in Berlin-Pankow – und ich glaube, richtig strukturell unterscheidet sich Bremen da nicht und auch nicht hinsichtlich dessen, wie hier die Lebensmittelkontrolle gemacht wird –, dann kann jeder sehen, wie das passiert, und das ist eben im Rahmen unangemeldeter Routinekontrollen.

Jetzt aber noch einmal zu einem Problem! Es ist in der Tat so, natürlich können Kontrolleure Fehler machen und könnten dann sagen, der Betrieb muss ins Internet, und der hat keine Möglichkeit, Stellung zu beziehen und so weiter. Das ist ein völlig ausgeklügeltes System: Wenn gravierende Mängel vorhanden sind oder gravierende Mängel im Wiederholungsfall auftreten, dann kann man innerhalb von vier Wochen eine angemeldete Nachkontrolle und eine Anhörung nach dem Verbraucherinformationsgesetz beantragen. Dann gibt es eine Interessensabwägung nach Paragraf 4 Absatz 1 des Verbraucherinformationsgesetzes, und dann erst kommt man zu der Frage: veröffentlichen oder nicht?

(Abg. D r. M ö l l e n s t ä d t [FDP]: Völlig unbürokratisch!)

Das ist unbürokratisch, weil das alles aufgrund der Daten und dessen, was die amtliche Lebensmittelkontrolle sowieso macht, geschieht. Die Prozesse der Kontrolle müssen umstrukturiert werden. Ich bin aber der festen Überzeugung, wenn Sie das System richtig vernünftig implementieren, werden Sie eine höhere hygienische Sicherheit und Sauberkeit mit weniger Aufwand erreichen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Nitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich störe Sie ja nur ungern, Frau Dr. Mathes, in Ihrer Weltveränderungseuphorie. Ist Ihnen denn aber klar, und das war mir bei Ihrem ersten Redebeitrag nicht ganz deutlich, dass es auch eine Berliner Debatte um dieses Smiley-Modell gibt und dass es genügend Kritiker auch innerhalb der Berliner Bezirke gibt, die vor allem den Internetpranger, den Sie hier vehement in Ihrem Antrag unterstützen, ablehnen? Nicht umsonst wird zum Beispiel im ebenfalls Berliner Stadtteil MarzahnHellersdorf eine alternative Kennzeichnung diskutiert, die den Gastronomen einen grünen Berliner Bären geben möchte. Das heißt also, die Forderung nach der Negativliste im Internet ist nicht unumstritten.

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen]: Aber unter Grünen ist es un- umstritten!)

Herr Kollege Oppermann, Sie haben sich darüber aufgeregt, dass wir in der Antragsbegründung, die ja üblicherweise nicht beschlossen wird, auch noch einmal das Modell einer Gebührenerhebung festgestellt haben. Hätten wir sie nicht hineingeschrieben, hätten Sie wahrscheinlich hier vorn gestanden und gefragt, wie wir das Ganze finanzieren wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist ein Vorschlag, und den kann man und sollte man, meine ich, auch diskutieren.

Sehr gut hat mir der Redebeitrag von der Kollegin Frau Winther gefallen, und das meine ich völlig ernst. Es heißt jetzt nicht, dass es mir gefallen hat, dass Sie unseren Antrag ablehnen, sondern mir hat gefallen, dass Sie sich äußerst konstruktiv mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Sie haben Fragen aufgeworfen, Sie haben Hinweise und Anregungen gegeben, die ich mir in weitaus mehr Debatten hier in diesem Haus wünsche.

Insofern war auch unser Antrag zu verstehen, der eben nicht das Korsett aufzwängt, was die Grünen

uns hier zusammen mit dem Koalitionspartner SPD vorgeben möchten, sondern hier wurde aufgefordert im Punkt eins, die Initiative überhaupt erst einmal zu ergreifen. Dazu zählt natürlich, dass wir uns Modelle in anderen Städten, in anderen Kommunen anschauen, indem wir Evaluationen vornehmen und dann natürlich auch beurteilen, welches Modell wir denn nun in Bremen wollen. Zumindest konnte ich aus Ihrem Redebeitrag nicht erkennen, dass Sie das Modell komplett ablehnen. Insofern hätte ich mir hier gewünscht, dass wir vielleicht noch weitaus mehr diskutieren oder überhaupt erst einmal die Stoßrichtung vorgeben und uns nicht dieses enge Korsett gleich anschnallen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner erhält das Wort Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Senat ist eindeutig für mehr Transparenz bei Verbraucherinformationen. Senator Günthner hat Ihnen am Dienstag gesagt, welche Bedenken es bei den Vorschlägen gibt, die im Raum sind, die wir beachten müssen.

Ich will hier auf der anderen Seite sagen, von den Vorschlägen, die da sind, sind einige von uns sinnvoll umzusetzen. Man darf nicht den Eindruck haben, man könnte mit Smileys die Welt verändern, aber es spricht nichts dagegen, dass wir jetzt auf freiwilliger Basis in Bremen mit der Einführung eines SmileySystems beginnen. Wir werden das entsprechend dem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen auch in dieser Weise ins Leben setzen, wenn man das vernünftig macht – wir werden darüber auch mit dem DEHOGA sprechen –, kann das ja vielleicht sogar ein Werbeinstrument für Unternehmen werden.

In diesem Sinn werden wir in den nächsten Wochen und Monaten mit den Unternehmen oder mit den Verbänden sprechen, um zu sehen, wie wir das in Bremen vernünftig einführen können – auf freiwilliger Basis, das ist klar, weil es rechtlich gar nicht anders geht. Es steht auch hier im Antrag „in Anlehnung“. Nun hat niemand gefordert, ich weiß nicht, ob das bei Ihnen so klang, dass wir jetzt erst einmal eine Evaluation von Berlin-Pankow über Nordrhein-Westfalen und Dänemark machen müssen. Wir werden uns natürlich die Bedenken ein bisschen dort anschauen, und insbesondere werden wir natürlich sehr genau darauf achten – das muss dann mein Kollege Dr. Schulte-Sasse machen –, wie wir mit der Internetveröffentlichung umgehen, denn natürlich müssen wir dabei legitimen Interessen von Einzelpersonen und von Betrieben Rechnung tragen.

Insgesamt will ich aber auch einmal sagen: Wir haben, glaube ich, in Bremen – das gilt insbesondere für das Gesundheitsressort – ein gut funktionieren

des Kontrollsystem. Unser Lebensmittelgewerbe schneidet da auch gut ab. Der Kontrollbericht, der gerade veröffentlicht worden ist, ist auch positiv von vielen gelobt worden.

Insofern: Wir sind für die freiwillige Einführung von Smileys. Man müsste mit dem DEHOGA sprechen, wie wir das auch zu einem Werbeinstrument machen können. Dann muss man sehen, wie man das Internet vernünftig nutzen kann. Das Beste und das Ziel sind natürlich, dass am Ende die Betriebe dadurch ein bisschen unter Druck geraten, dass sich diejenigen, die das noch nicht machen, eben von selbst besser aufstellen. Das wäre wünschenswert.

Dann werden wir mit den anderen Verbraucherschutzministerien im Bund darüber sprechen, ob und wie man verpflichtende Regelungen auf Bundesebene, und das geht nur bundeseinheitlich, einführt. Insofern wird der Senat entsprechend diesem Antrag von Rot-Grün handeln. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/1375 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD mit der Drucksachen-Nummer 17/1409 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, FDP und Abg. T i m k e [BIW])