Protocol of the Session on August 24, 2010

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Woltemath.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, wir hätten hier wirklich eine Debatte zu dem Thema führen können, wie wir die kommunalen Finanzen sichern und stärken, und wir hätten wirklich eine aktuelle Debatte darüber erzeugt. Ich bin dem Kollegen Dr. Schrörs ausgesprochen dankbar dafür, das er noch einmal aufgezeigt hat, was in dieser Kommission wirklich beraten werden soll. Wir können das nur immer wieder wiederholen, und ich kann das auch noch ein

mal für die FDP wiederholen, Sie laufen da bei uns ja offene Türen ein.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ach! Können wir nicht erkennen!)

Sie laufen bei uns offene Türen ein! Wir haben immer gesagt, die Finanzen der Kommunen müssen gestärkt werden, und wir können auch nicht weitere Steuerentlastungen hinnehmen, wenn sie zulasten Bremens gehen. Das habe ich hier gesagt, Sie können es in den Protokollen der Bürgerschaft nachlesen. Wir können nämlich in bestimmten Bereichen gar nicht dagegen ansparen. Diese Position haben wir hier vertreten.

Ich hätte mir wirklich gewünscht, weil wir uns in einer schwierigen Situation befinden, viele Kommunen in einer schwierigen Situation sind, dass wir einen Antrag vielleicht auch einmal gemeinsam zustande bekommen, der die Ernsthaftigkeit der Situation widerspiegelt. Aber hier – und deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen – wird ja nur wieder ein Popanz aufgebaut. In dem Antrag sind einige richtige Punkte, aber sonst ist es so, ich habe mir das einmal etwas süffisant aufgeschrieben: Das Einzige, wofür die Bundesregierung nicht verantwortlich ist, ist das schlechte Wetter. Im Übrigen haben wir wieder alles darin, und in der Debatte ist das auch alles erneut zum Vorschein gekommen: Die Bundesregierung hat an allem Schuld. Wir in Bremen müssen nichts verändern. Wir müssen nur irgendwie zusehen, dass wir die Steuern ein bisschen erhöhen, und dann kommt das schon in Ordnung. Ich sage, das ist falsch!

(Beifall bei der FDP)

Wir könnten, wenn wir den richtigen Weg beschreiten, der hier auch beschrieben worden ist, dass wir als Bremen eine besondere Rolle haben als Stadtstaat, der sowohl Land als auch Kommune ist, hätten wir – –.

(Unruhe)

Der Kollege Röwekamp sollte nicht immer dazwischen reden, sondern bei Gelegenheit auch einmal zuhören, das kann manchmal sehr hilfreich sein. – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich habe Frau Stahmann zugehört!)

Ich wollte dazu sagen, es wäre sehr hilfreich gewesen, wenn wir diese Scharnierfunktion Bremens dargestellt hätten. Da hätten wir auch einmal den Kommunen helfen können und einmal deutlich zeigen können, dass wir uns an die Spitze der Bewegung setzen. Aber was machen wir? Das übliche Gejammer, das wir hier seit Monaten in diesem Land

tag von der rot-grünen Koalition hören, die Bundesregierung ist daran schuld, dass wir hier nicht weiterkommen und auf der Stelle treten. Das ist falsch! Wir haben immer noch nicht gesagt, in welchen Bereichen Bremen sparen kann, wo wir die Strukturen verändern und in die Zukunft vielleicht sogar gemeinsam vorankommen können. Das haben wir noch nicht geschafft, deshalb sage ich, können wir diesen Antrag nicht unterstützen.

Konnexitätsprinzip! Da müssen Sie einmal im Programm der FDP nachschauen, das ist 20 Jahre alt. Wir haben immer gesagt, wer die Musik bestellt, muss sie natürlich auch bezahlen.

(Beifall bei der FDP)

Es sind ja nicht nur schwarz-grüne Bundesregierungen, es sind rot-grüne Bundesregierungen gewesen, rot-gelbe Bundesregierungen, schwarz-gelbe Bundesregierungen. Der Bund hat sich immer in sehr – ich sage das jetzt einmal – üppiger Art und Weise zu Zusagen hinreißen lassen, die Kommunen dürfen sie am Ende finanzieren, und die Länder haben dafür einen Ausgleich bekommen. Das müssen wir durchbrechen. Ich warne auch davor, über weitere Steuerbelastungen zu diskutieren. Ich bin überhaupt gar kein Freund davon, im Rahmen der Steuerdebatte zu sagen, wir müssen jetzt einen Zuschlag zur Einkommensteuer haben. Durch unsere Strukturen und die enge Verzahnung mit Niedersachsen haben wir nur wieder einen Bürgermeisterwettbewerb, der uns wirklich am Ende des Tages nicht weiterhilft.

Ich warne auch davor, weil das der Kollege Dr. Kuhn immer so gern wie eine Monstranz vor sich her trägt, dass wir jetzt endlich einmal eine Hotelabgabe einführen müssen, damit wir nun auch ausgleichen können, dass die Bundesregierung für Pensionen und Hotels die Steuern gesenkt hat. Was machen Sie denn, wenn alle Menschen, die Bremen besuchen, im Umland wohnen? Dann haben Sie nämlich mit Ihrer Steuer überhaupt nichts erreicht, außer dass Sie die Menschen aus dem Land getrieben haben.

(Beifall bei der FDP)

Ich warne davor, auf solche kurzfristigen Rezepte zu setzen und einfach nur immer darauf zu schielen, wo man denn schauen kann, bei wem man die Verantwortung abladen kann.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und wie war jetzt Ihre Lösung? Ich habe die nicht so ge- hört!)

Wenn Sie zugehört hätten, Kollege Röwekamp, dann hätten Sie das gehört und zur Kenntnis genommen.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Ich habe es auch nicht gehört!)

Das macht nichts! Unsere Lösung haben wir doch ganz deutlich gesagt. Die CDU-Fraktion hat mit uns diesen Vorschlag beim letzten Mal unterbreitet; wir haben den Antrag hier vorgelegt und haben gesagt – und ich wiederhole es –, wir müssen unsere Strukturen in Bremen überarbeiten. Wir können schauen, wo wir besser werden als die anderen. Wir können mit dem Umland und mit anderen Bundesländern zusammenarbeiten. Wir müssen auch nicht ständig nach Steuererhöhungen rufen. Das sind auch die Forderungen der CDU.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen verstehe ich jetzt die Zwischenrufe überhaupt nicht, aber in Ordnung. Wenn die CDU das nicht weiß, was sie selbst fordert, ist das nicht meine Schuld.

Ich sage es noch einmal, ich finde es schade, dass wir es nicht zustande bekommen haben, hier einen gemeinsamen Antrag vorzulegen, um uns an die Spitze der Bewegung zu setzen. Ich habe auch in der Debatte begriffen, dass es natürlich ein riesiges psychologisches Problem für die einzelnen Kommunen ist, auf ihre Hebesätze zu verzichten. Das bedeutet für uns als Bundesland, wo wir Kommune und Bundesland sind, vielleicht gar nicht so das große psychologische Problem, für andere Städte jedoch viel mehr, denn sie sagen, die Bundesregierung bürdet uns auf der einen Seite die Aufgaben auf, und auf der anderen Seite nimmt sie uns noch unsere Autonomie weg.

Wenn wir das auffangen und darstellen könnten, wenn wir uns damit auch im Bundesrat und bei den anderen Ländern positionieren könnten und unsere eigenen Forderungen noch nach vorn bringen, dann hätten wir hier einen schönen gemeinsamen Antrag zustande bekommen. Was hierbei herausgekommen ist, sage ich noch einmal, das ist eine Nulllösung. – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe den Kollegen Woltemath erneut nicht verstanden. Ich will zwei Sachen richtigstellen, weil ich nicht verstanden habe, warum Sie nach Ihrer Rede sagen, Sie könnten dem Antrag, also dem Beschlussteil, nicht zustimmen. Wir haben keinen Antrag gestellt, der die Arbeit der Gemeindefinanzkommission bewertet. Wir haben den im April gemacht, haben die Probleme, die unter anderem in dieser Kommission bearbeitet werden sollen – unter anderem, aber nicht nur dort – benannt und haben vorgeschlagen, dass Bremen dazu eine Position bezieht. Dass das nicht aktuell sein soll, verehrte Kollegen von der FDP und CDU, kann ich nicht verstehen. Die Inhalte sind zum Teil aktu

eller denn je, denn es ist ja heute erkennbar, dass es zum Teil in der Bundesregierung Kräfte gibt – andere ja wiederum, nicht wie Herr Seehofer –, die die Gewerbesteuer abschaffen wollen. Dann können wir doch als Land Bremen aus unserem Interesse heraus sagen, nein, wir wollen die Gewerbesteuer nicht abschaffen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Was ist daran verkehrt? Das ist aktueller denn je! Ich gebe zu, das Thema Steuersenkungen, da habe ich gedacht, das wäre passé. Ich korrigiere mich und sage, es ist nach wie vor aktuell, wie man jetzt leider wieder lernen musste. Auch da können wir doch gemeinsam bekräftigen, dass wir dagegen sind, dass Steuersenkungen zulasten der Kommunen weiterhin gemacht werden.

Entlastung bei den Sozialabgaben! Ich meine, damit befaßt sich unter anderem der Vermittlungsausschuss. Es gibt ja immer noch die Frage des Anteils der Kosten der Unterkunft, da können wir doch die Landesregierung, die das initiiert hat, mit dabei unterstützen und sagen, da gibt es eine klare Haltung der Länder, die das befürworten. Auch das ist aktuell, da ist noch nichts erledigt.

Des Weiteren, Kita, das wird erst immer noch aktueller! Je mehr Akzeptanz besteht, je mehr Menschen ihre Kinder anmelden, je größer der Bedarf und der Wunsch danach sind, desto größer wird die Lücke zwischen der ursprünglichen Berechnung und dem, was heute wirklich der Fall ist, und desto größer ist die Gefahr, dass die Kommunen etwas aufgebürdet bekommen, das sie mit den bisherigen Finanzmitteln nicht leisten können. Das ist aktueller denn je.

Ich vertrete die Auffassung, die Forderung, dass die Gemeinden und kommunalen Verbände bei Gesetzesvorhaben eingebunden werden, ist wirklich noch nicht erledigt. Ich glaube, Herr Kollege Dr. Schrörs, Sie wollten uns sagen, im Wesentlichen sind Sie mit uns einverstanden, und dann wollten Sie lieber über andere Dinge sprechen, das kann ich akzeptieren. Ich sage aber, in der Sache ist das ein Antrag, dem Sie eigentlich nach Ihren eigenen Reden zustimmen können müssten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fange vielleicht mit Herrn Rupp an! Auch wenn allen klar ist, dass Sie die Schuldenbremse nicht mögen, aber hören Sie auf, falsche Zahlen in die Welt zu setzen! Es ist nicht so, dass wir im Jahr 2020 3,2 Milliarden Euro ausge

ben dürfen, sondern die Faustformel für den Sanierungsweg wird sein, dass wir die Einnahmen Bremens erhöhen und die Ausgaben stabil halten und dass wir im Jahr 2020 bei 4 Milliarden Euro Ausgaben liegen, jedenfalls was die Kalkulation heute, die wir mit der Bundesregierung und den anderen Sanierungsländern selbstverständlich abstimmen müssen, betrifft. Sie stehen auf dünnem Eis, wenn Sie solche Horrorzahlen in die Welt setzen. Am Ende dienen Sie damit auch Ihren eigenen Interessen nicht.

(Abg. R u p p [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Ja, bitte!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Ich möchte Sie fragen, ob Sie registriert haben, dass ich gesagt habe, kaufkrafttechnisch 3,2 Milliarden Euro! Wenn ich mich richtig entsinne, ist das eine Zahl, die am Ende in dem Däubler-Gutachten auch herauskommt.

In zehn Jahren so viel Inflation? Na gut, manche hoffen darauf! Ich glaube nicht daran, aber gut!

Es ist ausdrücklich auch nicht richtig, dass der Senat sich Steuererhöhungen verweigert. Wir haben uns auf Bundesebene, auf allen Ebenen im Bundesrat und auf der Finanzministerkonferenz massiv dafür eingesetzt, dass die Steuergrundlage des Staates nicht weiter zerstört und erodiert wird, sondern dass sie stabilisiert wird. Wenn man sich ansieht, wie die Debatte um die Vermögensteuer verläuft – es gibt ja auch Beschlüsse der Bremischen Bürgerschaft –, tut der Senat auch an dem Punkt nicht das, was Sie ihm gerade wahrheitswidrig unterstellt haben. Bremen agiert im Bundesrat, auf Bundesebene, auf allen Ebenen, wo wir können, im Interesse der Kommunen. Das tun wir ganz bewusst, und das findet auch Anerkennung bei den Kommunen. Übrigens, seit Herr Sarrazin nicht mehr Finanzsenator in Berlin ist, ist es ein bisschen leichter geworden, weil er immer ordentlich auf uns herumgetrümmert hat, das hat jetzt aufgehört.

(Abg. W o l t e m a t h [FDP]: Der war aber bei der SPD!)

Ja, der war bei der SPD!

Diese Gemeindefinanzreformkommission ist zustande gekommen, weil die Koalition in Berlin sich auf die FDP-Forderung „Abschaffung der Gewerbesteuer“ – das wollten sie, ganz hart – nicht einigen konnte. Dann ist ein Kompromiss dabei herausgekommen, und dieser Kompromiss ist, dass man die