Protocol of the Session on October 17, 2007

Der Hamburger Weg einer Enquetekommission hätte den charmanten Vorteil gehabt, dass wir es als Parlament selbst in der Hand gehabt hätten. Sie sagen: Fachausschuss einer Deputation. Ich sage Ihnen: Ich habe den runden Tisch Bildung hier auch mitgemacht. Das Ressort hat unabhängig von der Ressortspitze seit Jahren, seit Jahrzehnten immer eine feste ideologische Ausrichtung.

Ich wünsche Ihnen, Frau Senatorin, im Übrigen auch noch viel Spaß mit Ihrem Ressort. Auch das ist einer der Gründe für meine ganz persönlichen Zweifel, eine Federführung im Bildungsressort ist für mich erst ein

mal nicht die Garantie für einen ergebnisoffenen Prozess. Das Bildungsressort hat sich dort in der Vergangenheit schon ganz eindeutig festgelegt. Wie gesagt, ich wünsche Ihnen viel Kraft in der Auseinandersetzung mit Ihrem Ressort!

Meine Damen und Herren, in Hamburg ist es zu einem Ergebnis gekommen. Frau Jürgens-Pieper hat das so charmant mitgeteilt, Sie haben gesagt: Es hat dann in Parteien zu heftigen Verwürfnissen geführt. Es hat insbesondere in einer Partei, nämlich in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, zu erheblichen Verwerfungen geführt, weil dann die SPD in Hamburg nämlich irgendwann erkannt hat: Wir haben eine fachlich gute Lösung, nur leider sind wir jetzt im Wahlkampf, also müssen wir uns von der Fachlichkeit verabschieden. Das ist zurzeit die Hamburger Realität. Die Grünen haben daran wunderbar mitgearbeitet, auch ganz fachlich und ergebnisoffen. Ich habe den Hamburger Bericht hier, für die Laptop-User gibt es das auch als CD-ROM, das kann ich gern zur Verfügung stellen. Wir haben in Hamburg die einmalige Chance, dies als Vorbild zu nehmen. Wir sagen ja nicht, dass wir das Hamburger Modell übernehmen. Uns wird immer unterstellt, wir wollten das Hamburger Modell eins zu eins übernehmen.

Frau Jürgens-Pieper hat auch den Fall der Bremer Stufenschule, die wir im Übrigen nicht mehr im Schulgesetz so gegossen haben. Das Gymnasium ist schon seit 4 Jahren, von Klasse 5 bis Klasse 12, im Schulgesetz organisiert. Die Umsetzung der Schulbehörde ist dann wieder der Teil zu den Ausführungen, die ich eben hatte.

Meine Damen und Herren, die Organisation der bremischen Schule ist schon eine andere, als die in Hamburg. Wir müssen für bremische Probleme bremische Lösungen finden. Wir sagen nur, der Hamburger Weg ist ein guter, weil er ergebnisoffen und fachlich war, und das Hamburger Ergebnis bietet uns zumindest Hinweise darauf, wie es in Bremen aussehen könnte, weil Hamburg nun ähnliche Problemlagen hat. Auch dort gibt es einen hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund, die wir integrieren müssen, auch dort gibt es große soziale Probleme, und auch dort ist ein Großstadtmilieu. Das bedeutet, wir haben dort andere Voraussetzungen als in einer ländlichen Idylle irgendwo in Deutschland, wo Sie auch andere Antworten für ein Schulsystem brauchen.

Wir haben von Ihnen keine Antworten gehört, warum Sie diesen offenen, guten Weg einer Enquetekommission, die das Parlament stärkt, nicht gehen wollen. Wir haben festgestellt, Sie haben sich hinter Begriffen zum Teil geduckt. Wir wissen aus verschiedenen anderen Debatten, dass wir bei denselben Begriffen zum Teil etwas sehr Unterschiedliches meinen. Natürlich werden wir im Unterausschuss mitarbeiten, Fragen stellen und Vorschläge machen. Ich sage Ihnen aber auch ganz deutlich: Es hat hier in Bremen auch schon Bildungssenatoren gegeben, die

dann auf sehr freundliche Art und Weise versucht haben, komplette Schularten auszurotten.

Sobald wir Hinweise darauf haben – das hat nichts mit Ihnen zu tun, Frau Senatorin! –, dass Sie Ihre Ankündigung, die wir bisher ernst genommen haben und die Sie auch Ihren Wählern vermittelt haben, dass Sie die Schule für alle, die gemeinsame Schule – Herr Güngör spricht vom Gymnasium für alle –, was auch immer Sie unter Einheitsschule verstehen, Einheitsschule für alle, was Sie dort machen wollten, umsetzen wollen, werden Sie auf unseren erbitterten Widerstand stoßen! Dann werden wir auch die große Mehrheit der Eltern in Bremen hinter unserer Position haben, das kann ich Ihnen versprechen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/80 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und der FDP abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/100 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Entwicklung der Ganztagsschule im Lande Bremen rechtlich absichern

Antrag der Fraktion der CDU vom 19. September 2007 (Drucksache 17/63)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper, ihr beigeordnet Herr Staatsrat Othmer.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Entwicklung der Ganztagsschule beschäftigt uns jetzt einmal nicht aus der qualitativen Sicht, worüber wir eben noch sprachen, sondern leider aus einer sehr verwaltungstechnischen Sicht, weil sie Grundlage für unseren Antrag ist.

Bereits vor einem Jahr hat das Verwaltungsgericht Bremen in einer Entscheidung den Ganztagsbetrieb an einer stadtbremischen Schule kurzzeitig unterbrochen. Das Verwaltungsgericht hat der Behörde offengelegt, dass die Rechtsgrundlage für die Ganztagsschulen in Bremen so nicht gegeben sei. In einer von damals drei Fraktionen eilig einberufenen und überparteilichen Beratung haben wir drei Fraktionen dann den damaligen Bildungssenator hier draußen im Foyer davon überzeugt, dass das, was das Verwaltungsgericht seinerzeit angemahnt hat, nämlich die durch die Behörde zu schaffende fehlende Rechtsgrundlage der Ganztagsschulverordnung, sofort zu heilen sei. Diese Ganztagsschulverordnung ist dann zum Halbjahrswechsel am 1. Februar 2007 in Kraft getreten.

Der Fall ist durch die Medien gegangen. Ein einzelner Vater beziehungsweise ein Elternpaar hat gegen diese Ganztagsschulverordnung Rechtsmittel bemüht. Ich muss zu meiner großen Empörung sagen, ich war richtig wütend auf das Ressort! In diesem Fall hat das Oberverwaltungsgericht im September 2007 schon wieder dargelegt, dass die Rechtsgrundlage in dieser Form auch nicht ausreichend sei. Ich muss sagen, hier fühle ich mich als Deputierter vom zuständigen Ressort etwas veräppelt.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es kann nicht sein, dass mehrfach bremische Gerichte diese Ganztagsschulentwicklung stoppen konnten, weil im Bildungsressort handwerklich unsauber gearbeitet wurde. Wir fordern mit diesem Antrag in der Bürgerschaft, dass der Senat eine verlässliche rechtliche Grundlage für die Ganztagsschulen in Bremen zu schaffen hat und dass auch im Bremischen Schulgesetz eine entsprechende Regelung aufzunehmen ist. –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Sie werden es gleich sagen, Frau Senatorin: Ich greife Ihnen jetzt vor. Auch das hätte damals zumindest das Ressort erkennen müssen. Wir haben seinerzeit – Frau Stahmann, Frau Hövelmann und ich – auch auf die „Wasserdichtigkeit“ dieser Regelung hingewiesen, indem wir hier nachgefragt haben. Es hat uns schon richtig genervt, dass das Verwaltungsgericht den Stopp der guten Ganztagsschulentwicklung an dieser Schule bewirken konnte. Ich will ganz deutlich sagen, dass ich in diesem Fall in den Medien die Realität nicht völlig wiedergefunden habe. Es waren hier keine Fehler der Schule, auch das will ich sehr betonen, die zu diesem Stopp geführt haben, sondern es war tatsächlich die mangelnde Rechtsgrundlage, auf die das Oberverwaltungsgericht hingewiesen hat. Ich finde, auch das muss dann einmal dargestellt werden. Ich hätte es gut gefunden, Frau Senatorin, wenn dies auch vom Ressort entsprechend dargestellt worden wäre. Der „Schwarze Peter“ darf hier nicht einseitig der Schule zugeschoben werden!

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen, das nur als grundsätzliche Anmerkung, die Ganztagsschulentwicklung fortentwickeln. Ich bin sehr dankbar, Frau Senatorin, dass Sie in Ihrem vorherigen Beitrag darauf hingewiesen haben, dass Sie sich anscheinend von der Koalitionsvereinbarung absetzen, dass Sie zukünftig nicht nur in sozialen Brennpunkten Ganztagsschulen ausweisen wollen. Ich weise darauf hin, dass das Gymnasium an sich bei dieser Stundentafel – Sie sprachen von der hohen Belastung – eine Ganztagsschule ist. Darum wäre es auch gut, wenn wir möglichst viele Gymnasien so ausstatten könnten, dass sie auch einen hochwertigen Ganztagsunterricht mit einer Rhythmisierung durchführen können und dafür sowohl das erforderliche Personal als auch die nötigen Räume in Zukunft erhalten werden. Dazu benötigen wir aber eine Rechtssicherheit. Es kann nicht sein, das hebe ich auch deutlich hervor, dass eine gute Schulentwicklung von einigen wenigen gestört wird. Darum wollen wir mit diesem Antrag sowohl den Senat auffordern als auch ein politisches Signal setzen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich fand es seinerzeit und finde es immer noch sehr bedauerlich, dass die Eltern eines Jungen den Rechtsweg beschritten haben, weil sie der Auffassung waren und sind, dass die Ganztagsschule kein gutes Schulmodell für ihr Kind sei und dass das Alte Gym–––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

nasium – so haben die Eltern auch argumentiert – bestimmte Voraussetzungen dafür nicht erfülle. Sie haben sich darüber beklagt, dass das Modell der Ganztagsschule eingerichtet worden ist, nachdem sie ihren Sohn dort angemeldet haben. Mit dieser Kritik muss man sich auseinandersetzen, das nehmen wir an dieser Stelle auch an. Ich finde es aber auch aus der Sicht des Jungen schade, dass er jetzt, mitten im laufenden Betrieb, die Schule wechseln musste – ich glaube auch, dass es für seine Klassenkameraden sicherlich nicht schön ist –, weil sich die Eltern vehement dagegen ausgesprochen haben, dass die Ganztagsschule am Alten Gymnasium für sie einen Weg darstellt. Ich habe auch mit der Schulleiterin, Frau Sanders-Terhorst, gesprochen, und ich habe den Eindruck, dass gerade auch das Alte Gymnasium sehr bemüht ist, den Eltern entgegenzukommen, auch Angebote von Dritten, also auch weiterhin den Konfirmandenunterricht, zu ermöglichen. Man ist sehr darum bemüht, auch sportliche Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler weiter zu ermöglichen und das auch mit dem Schulbetrieb zu verzahnen. Ich habe den Eindruck, das Alte Gymnasium bewegt sich an dieser Stelle, und ich finde es sehr schade, dass bei diesem Elternpaar so wenig angekommen ist, dass es gut für die Schüler ist, vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass, wenn der Junge jetzt nicht mehr die Ganztagsschule besucht, er nur eine Stunde weniger Unterricht hat. Das muss man sich bei diesem Fall auch noch einmal vor Augen führen. Die Eltern haben gesagt, es seien zu lange Schultage. Der Junge, der nun eine andere Schule besucht, hat eigentlich nur noch eine Stunde weniger Unterricht. Von daher verstehe ich in diesem Zusammenhang die Klage der Eltern nicht. In anderen Ländern sind Ganztagsschulen ein ganz normales Modell, also Schule bedeutet dort immer Ganztagsschule. Wir haben auch in Bremen längst festgestellt, dass das Lernen von Kindern und Jugendlichen am besten funktioniert, wenn man es über den Tag verteilt. In den erfolgreichen Schulen, die den Tag nutzen, wechseln sich Lern- und Freizeitangebote selbstverständlich ab. Lehrkräfte haben mehr Zeit für jeden einzelnen Schüler und jede einzelne Schülerin. Ich finde, diese positive Entwicklung hat nun in den letzten Jahren auch die Schulen in Bremen erfasst. Ich kann noch einmal darauf abheben, dass die rotgrüne Bundesregierung mit dem Ganztagsschulförderprogramm diese wichtige und auch richtige Entwicklung finanziell unterstützt hat und dass Bremen über 28 Millionen Euro in das Aufwerten und, ich sage auch einmal, wirklich sehr gute Herrichten von Schulen investiert hat. Das ist ein richtiger Weg, und ich finde, auch das Parlament sollte bei dieser Entscheidung bleiben!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die rot-grüne Koalition hat gesagt, sie will diesen Weg weitergehen. Wir haben die erste neue Bewerbungsrunde nun wieder begonnen, und die Nachfrage ist wieder riesig, weitaus größer als gedacht. Wir haben bereits über 35 Ganztagsschulen im Land Bremen, und erneut gibt es über 20 Schulen, die eine Interessensbekundung abgegeben haben, darunter natürlich auch Gymnasien, Herr Rohmeyer! Ich finde es ausgesprochen positiv, dass sich in Bremen viele Schulen auf diesen Weg machen wollen. Unser Ziel ist, die Zahl von Ganztagsschulen weiter zu erhöhen, aber auch dafür Sorge zu tragen, dass bestehende Ganztagsschulen sich weiterentwickeln können. Es ist auch in der vorherigen Debatte schon angeklungen.

Es wird also mehr Ganztagsschulen in allen Schulformen geben. Insbesondere auch an Gymnasien zeigt sich diese Entwicklung deutlich. Künftig macht man das Abitur an den Gymnasien in 12 statt in 13 Jahren, und das führt unweigerlich zu einer Verdichtung der bisherigen Stundentafel auf wöchentlich 36 bis 37 Stunden, und man kann schon sagen, dass diese Stundentafel mit solchen Regelungen gewissermaßen gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz verstößt. Es ist schon ein happiges Pensum, das Schüler absolvieren müssen.

Ich finde, wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, dass Schülerinnen und Schüler die Möglichkeiten haben, auch wirklich zu lernen, und dass man sich nicht nach 2 Jahren in einem absoluten Schulfrust befindet, weil man lernt, lernt, lernt und lernt. Schulen sollen eben keine Lernfabriken sein, sondern Schulen sind mehr. Wir möchten diesen Prozess weitergehen, dass sich Gymnasien in Ganztagsschulen umwandeln. Wir wollen rhythmisierten Ganztagsunterricht, ganz ausdrücklich auch an den Bremer Gymnasien.

Nicht nur die Pädagogen schätzen die Möglichkeiten der Ganztagsschulen, auch Eltern suchen und wählen Ganztagsschulen für ihre Kinder an. Das Alte Gymnasium hat sich auf den Weg gemacht und ist in den Ganztag gestartet. Ich habe eingangs schon gesagt, dass ein Elternpaar geklagt hat, es hat auch recht bekommen.

Wir werden den Antrag der CDU nun mit in die Deputation nehmen, um dort den ganzen Fall noch einmal zu beraten, uns von der Senatorin berichten zu lassen, wie die derzeitige Rechtslage ist. Ob der Paragraf 23 überarbeitet werden muss, kann ich im Augenblick noch nicht beurteilen. Ich habe auch den Eindruck, dass wir vielleicht nicht mehr an das Schulgesetz heranmüssen, sondern dass die Eltern eben aufgrund dieser speziellen Situation geklagt hatten. Sie haben ihren Sohn an einer Schule angemeldet, und erst hinterher kam die Entscheidung, dass sich die Schule zu einer Ganztagsschule umwandelt. Vielleicht erledigt sich das ganze Verfahren damit, denn andere Eltern und auch andere Schulen haben natürlich noch einmal in Umfragen erforscht, ob die

Eltern einverstanden sind, dass auf Ganztagsunterricht umgestellt wird.