Protocol of the Session on May 20, 2010

dium. Das liegt einerseits sicherlich an dem Informationsmangel, aber andererseits eben auch daran, dass es für sie überhaupt keine Selbstverständlichkeit ist, so etwas zu tun, und sie sehr häufig davon ausgehen, dass sie nicht gut genug sind.

Deshalb plädieren wir für eine Weiterentwicklung des BAföG und damit eben dafür, unabhängig für alle eine Möglichkeit der Förderung zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag der Koalition, das Stipendienprogramm der Bundesregierung abzulehnen, zeigt zweierlei: zum einen, dass sich Rot-Grün nicht zu schade ist, wider besseres Wissen falsche Behauptungen aufzustellen, und zum anderen, dass man noch immer nicht bereit ist, besondere Leistungen auch besonders zu honorieren!

(Beifall bei der FDP)

Es ist eindeutig, in Deutschland wird im Studium im Tertiärbereich zu wenig Geld aus privaten Quellen investiert. Wir haben keine ausgeprägte Stipendienkultur wie andere Länder, Private beteiligen sich noch zu wenig. Daher gilt es, den Einstieg in ein Stipendiensystem zu schaffen. Dafür hat die schwarzgelbe Koalition in Berlin einen guten Entwurf vorgelegt. (Beifall bei der FDP)

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, behaupten, dass der Entwurf sozial ungerecht ist und dass Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern bevorzugt werden. Dem halte ich entgegen: Stipendien werden nicht auf das BAföG angerechnet, sie sind also gerade für sozial Schwächere eine Verbesserung. Nicht allein Noten – bei denen Kindern aus wohlhabenden Elternhaus zumeist besser abschneiden – sind ausschlaggebend. Besondere Umstände, etwa aus familiärer Herkunft oder Migrationshintergrund, werden besonders berücksichtigt. Wir schaffen neben BAföG und Bildungsdarlehen eine dritte Säule der Studienfinanzierung, eben die Stipendien. Damit verbessern wir das Angebot und erleichtern Studieninteressierten, die aus finanziellen Gründen zögern, ein Studium aufzunehmen, die Entscheidung.

(Beifall bei der FDP)

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, liebe Frau Schön, wenden ein, dass vor allem Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern von den bisherigen Stipendien profitieren. Da eröffnen wir neue Stipendien und schließen neue Kriterien mit ein.

Eines ist aber sicher einzugestehen, wir haben ein großes Wahrnehmungsproblem bei den bisher vergebenen Stipendien. Frau Böschen, Sie sprachen das soeben zu Recht an, wer aus besser gestelltem Elternhaus kommt, hat auch eher Kenntnis von den Fördermöglichkeiten und nutzt sie intensiver. Wir müssen dafür sorgen, dass diese tollen Möglichkeiten auch bei Kindern aus Nicht-Akademikerhaushalten besser bekannt werden, weshalb wir sie intensiver bewerben müssen.

(Beifall bei der FDP)

Was Sie jetzt aber zeigen, ist nicht eine sachbasierte und konstruktive Kritik an einem guten Gesetzentwurf, sondern auch eine erschreckende Abneigung davor, Leistung anzuerkennen. Wir müssen die, die Überdurchschnittliches leisten, auch honorieren. Wir müssen akzeptieren, dass es einige gibt, die mehr arbeiten und Besonderes leisten. Es ist nicht verkehrt, Anreize zu schaffen, es ist der richtige Weg!

(Beifall bei der FDP)

Erstaunlich, liebe Frau Schön, liebe Frau Böschen, finde ich übrigens Ihren Hinweis darauf, dass es einige Stipendiaten der großen Stiftungen gibt, die auf eine Erhöhung des Büchergeldes bei ihren Stipendien verzichten wollen. Eine ziemlich arrogante Einstellung, wie ich finde! Da maßen sich einige Stipendiaten an, für sich eine Erhöhung abzulehnen, und leiten daraus Allgemeingültigkeit ab. Als Betroffener mit wenig Geld im Hintergrund wäre ich erstaunt, wenn mir der grüne Besserverdienernachwuchs sagt, dass eine Erhöhung des knapp bemessenen Geldes nicht nötig ist.

(Beifall bei der FDP – Abg. F e c k e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Das ist ja lächerlich!)

Vergessen wir nicht, die Betroffenen haben ihr Stipendium, weil sie besonders engagiert sind. Wer hier meint, zu viel Geld zu haben, kann übrigens auch bald selbst ein Stipendium vergeben, die Möglichkeit besteht ja jetzt. Mal sehen, wer dann bereit ist, von seiner Büchergelderhöhung etwas abzugeben.

(Beifall bei der FDP)

Einige kurze Anmerkungen noch zu ihrer sonstigen Kritik, Frau Schön, nur strukturstarke Regionen würden profitieren! Die Erfahrungen aus NordrheinWestfalen zeigen etwas anderes. Besonders erfolgreich waren etwa die Universitäten Duisburg-Essen und Bochum, nicht gerade die großen Unternehmenszentren des Ruhrgebiets.

(Beifall bei der FDP)

Die FH Gelsenkirchen war nicht weniger erfolgreich als die FH Köln.

Dann im Vorfeld der Einwurf, dass Fächer wie die Ingenieurswissenschaften besonders profitieren, Geisteswissenschaften hingegen weniger! Schauen Sie einmal nach, welches die klassischen Aufsteigerstudiengänge sind! Die Ingenieurswissenschaften, die Informatik! Schauen Sie einmal, wo wir besonderen Bedarf haben, wo es zu wenig Studienanfänger gibt, nämlich bei den Ingenieuren, bei den Naturwissenschaftlern, bei den Informatikern!

(Beifall bei der FDP)

Unterstützen Sie unseren Antrag und das Vorhaben der Bundesregierung! Lassen Sie sich nicht von falschen Vorurteilen leiten! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Spieß.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Vorrednerinnen aus den beiden Regierungskoalitionsparteien habe ich mich wirklich gefragt, was sie für den Wissenschaftsstandort hier in Bremen erreichen wollen. Das nationale Stipendienprogramm ist von Anfang an negativi dargestellt worden, ohne dass man sich mit den wirklichen Chancen, die dahinter stecken, inhaltlich auseinandergesetzt hat. Man hat hier nur argumentiert, es wäre eine soziale Ungerechtigkeit, und das ist es eben nicht!

(Beifall bei der CDU)

Ich habe ja schon die Antwort auf meine Frage in der Fragestunde gehört, Frau Senatorin, wie Sie dazu stehen, Sie werden das ja sicher gleich auch noch einmal begründen. Ich möchte jetzt hier Folgendes dazu sagen: Was von Ihnen als Argument angeführt wird, dass das BAföG nur um zwei Prozent erhöht wird, ist nicht die volle Wahrheit. Das 23. BAföGÄnderungsgesetz beinhaltet auch, dass der Einkommenssteuerfreibetrag um drei Prozent erhöht wird. Auch da gibt man mehr Kindern aus sozial vielleicht gerade nicht gut gestellten Familien die Möglichkeit, oder vielleicht auch so, dass sie gerade an der Grenze waren – –.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Was heißt vielleicht?)

Das sind Kinder, die jetzt vielleicht herausgerutscht sind, aber jetzt die Möglichkeit haben, das BAföG ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

zu erhalten. Wir haben mit diesem neuen Gesetz auch neue Möglichkeiten geschaffen, und das haben Sie hier mit keinem Wort erwähnt.

(Beifall bei der CDU)

Was heißt es, wenn ich ein Stipendium vergebe? Es heißt, dass ich jemanden fördern will. Ich finde, es ist ganz legitim, dass wir mit Stipendien nicht eine Streuung machen, sondern dass wir ganz gezielt jemanden fördern. Das ist das, was wir hier in Deutschland brauchen, und das ist auch das, was Bremen weiterbringen würde.

(Beifall bei der CDU)

Was verhindern wir denn? Wir verhindern, dass wir den Hochschulen die Möglichkeit geben, selbst auszuwählen. Hier wurde jetzt immer gesagt, wir haben ja auch private Mittelgeber dabei, die würden dann entscheiden, wie diese Stipendien vergeben werden. Das ist doch auch heute nicht der Fall. Was für eine Struktur haben wir denn in den Hochschulen? Wir haben die Möglichkeit, die jetzt in der Wirtschaft auch genutzt wird, den Bachelor oder den Master zu machen. Die Wirtschaft sucht sich doch schon Studierende aus. Ich sehe keinen Unterschied dazu. Die Hochschulen haben Möglichkeiten, ihre sehr guten Schüler auch an diesen Standort zu binden.

Frau Senatorin, Sie sagen immer, wir müssen Standortvorteile schaffen, und Sie sind dafür, besonders gute und engagierte Absolventen zum Professor zu machen. Jetzt sind Sie aber dagegen, leistungsstarke Studenten zu fördern und an die Hochschulen hier binden zu können, indem Sie den Hochschulen verweigern, diese Stipendienprogramme zu nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Sie unterstellen dabei den Hochschulen, die ja die Möglichkeiten haben, diese Stipendien zu vergeben, dass sie das nicht gerecht machen würden, und sagen immer, bundesweit wäre es so, dass besonders Kinder aus Akademikerfamilien diese Stipendien nutzen können. Jetzt haben Sie mit den zusätzlichen Kriterien Möglichkeiten, und mein Kollege Herr Ella hat das gerade erwähnt, nämlich den Migrationshintergrund. Wir haben es zum Beispiel in NordrheinWestfalen gesehen, das es bereits schon vorgemacht hat.

Hier habe ich eine Studie, die es bei den bereits vergebenen Stipendien zeigt. Ich zitiere aus einem Bericht des Ministeriums für Innovation, Forschung und Bildung in Nordrhein-Westfalen: „An den Universitäten Bielefeld und Paderborn und den Fachhochschulen Bielefeld und Ostwestfalen-Lippe wurden 139 Stipendiaten gefördert. An einer aktuellen

Online-Befragung des Studienfonds beteiligten sich 108 dieser Studierenden, 57,4 Prozent von ihnen stammen aus einem Elternhaus, in dem weder Vater noch Mutter eine akademische Ausbildung haben. 24,1 Prozent bekommen das Stipendium zusätzlich zum BAföG, und 37,5 Prozent studieren an einer Fachhochschule.“ Das sind genau die Potenziale, die wir mit diesem Stipendienprogramm erreichen wollen. BAföG wird nicht angerechnet, ich bekomme also zusätzlich zu diesem BAföG, wenn ich ausgewählt werde, die Möglichkeit, das Stipendium zu nutzen. Das ist nicht unwesentlich, das muss man einfach einmal so sehen, dass das den Studierenden hier zusätzliche Möglichkeiten schafft, die Sie von vornherein negativ charakterisieren und abschaffen wollen. Das halte ich, Frau Senatorin, für einen echten Nachteil für die Wissenschaftsstandorte, und das darf auch in keinem Fall passieren. (Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns die Struktur der Stipendienförderung anschauen, dann haben wir bis jetzt eine zweibis dreiprozentige Förderung der Stipendien, und die kommt nur zu einem Prozent aus privat geförderten. Das heißt, wir haben hier noch dringenden Nachholbedarf, auch diese mit einzubinden, Es ist auch eine Möglichkeit der Universitäten und Hochschulen, hier den Standort ein bisschen so zu etablieren, dass man Profilbildungen an den Hochschulen schafft und dass man diese auch mit der Wirtschaft zusammen nutzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwelche soziale Ungerechtigkeiten dagegensprechen. Frau Senatorin, Sie führen hier immer wieder an, dass dieses Programm sozial ungerecht wäre, dass man Leistung zum Beispiel nicht als Grund akzeptieren darf und dass man, auch wenn man andere Werte setzt, hier eben dieses Programm nicht unterstützen darf. Dann frage ich Sie aber, Frau Senatorin, wie Sie diesen Wissenschaftsstandort auch in dieser Profilbildung, die es durch dieses Stipendienprogramm hat, in diese Situation führen können. Das können Sie eben nicht, weil Sie die Mittel, die jetzt von Frau Schavan dankenswerterweise dafür zur Verfügung gestellt werden, sonst gar nicht so zur Verfügung hätten. Wir sehen es ja selbst: Im Wissenschaftsausschuss haben uns die Hochschulen und auch die Universität gezeigt, dass sie in der Lage sind, Drittmittel einzuwerben, und zwar nicht unerheblich. Darauf sind wir sonst immer stolz, heute hat es irgendwie gar nicht stattgefunden, dann ist natürlich auch der Grund zu sagen, das geht nicht und das funktioniert nicht, nicht gegeben, weil die Hochschulen es ja gezeigt haben, und sie werden es bei diesem Programm genauso zeigen können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dies ist ein gutes Beispiel, um an die vorherige Diskussion anzuknüpfen. Wir haben hier ein typisches Phänomen, dass die Gleichbehandlung des Ungleichen hier gefordert wird, ein typisches neoliberales Grundmodell, von dem ich hoffe, dass es sich in diesem Land nicht noch weiter durchsetzt.

Ja, es tut weh, es tut nicht nur Ihnen weh, es tut auch den Betroffenen weh, das haben wir hier schon von verschiedenen Seiten gehört. Wenn nämlich diejenigen, die aus Elternhäusern kommen, die nicht nur mehr Einkommen, sondern auch einen höheren Bildungsstand haben, entsprechend besser qualifiziert sind und nach Qualifikationsauswahl gefördert werden. Man braucht nur eins und eins zusammenzählen zu können, das können Sie ja auch, dass sich dadurch die soziale Ungleichheit im Bereich der Bildung verstärkt!

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Das ist eigentlich sehr klar. In diesem Fall kommt noch das hinzu, was gesagt wurde, dass sich natürlich die Ungleichheit der wirtschaftlichen Stärke der Regionen in unserem Land, in Deutschland insgesamt, selbstverständlich auswirkt, auch dies ist völlig offensichtlich. Das wird durch Ihre Politik, die sich hoffentlich langsam überlebt hat, verstärkt.

Die Leute in diesem Land merken, dass das nicht zielführend ist, auch nicht für die Anhebung des Gesamtniveaus. Auch um das Gesamtniveau anzuheben, brauchen wir den sozialen Ausgleich und die Förderung in der Bildung, damit wir eine Förderung in der Breite haben, um dann ein hohes Niveau insgesamt und auch Spitzenleistungen zu haben. So herum muss Bildungspolitik gemacht werden!

Nötig wäre, um diese Förderung zu gestalten, und das wurde hier schon angesprochen, ein Ansatz beim Thema BAföG. Zwei Prozent Erhöhung ist vergleichsweise ein Tropfen auf den heißen Stein. Dass das hier für die Betroffenen eine notleidende Situation ist, haben wir in Bremen, glaube ich, alle, die in dem Fach engagiert sind, mittlerweile mitbekommen. Wir haben mitbekommen, dass gerade die Anpassung an die tatsächlichen Studienzeiten nicht gegeben ist, dass viel schlimmer als die Regelungen im Hochschulgesetz die BAföG-Regelungen greifen und den Menschen, die dort studieren, Schwierigkeiten machen, wenn sie gleichzeitig arbeiten müssen, in Vollzeit arbeiten müssen und dann womöglich das Studium abbrechen müssen, weil die BAföG-Regelungen nicht angepasst werden.

Wir haben am 4. Mai dieses Jahres auf Bundesebene beantragt, dass die BAföG-Zeiten an die rea––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.