Protocol of the Session on May 20, 2010

Wir treten in die Aussprache ein.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kau.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist mir eine Freude, Herr Böhrnsen, dass Sie die Kultur zur Chefsache machen und zu jedem einzelnen Tagesordnungspunkt, den wir jetzt in dieser Woche aufgerufen haben, persönlich kommen. Es ist mir eine wahre Freude, mit Ihnen zu debattieren!

(Beifall bei der CDU)

Worum geht es bei diesem Thema? Es geht um das wichtige Thema „Finanzielle Förderung kultureller Einrichtungen“, und da bin ich sicher, und ich glaube, wir sind uns einig, dass ein bloßes „Weiter so“ in Zukunft nicht möglich sein wird. Wir haben sinkende Steuereinnahmen, wir haben weniger Mittel in den privaten Firmen, da einfach nicht das Geld verdient wird wie früher, die Sponsorengelder gehen zurück, und wir haben teilweise steigende Anforderungen. Es wird also wirklich ein schwieriger Spagat zwischen Einnahmen- und Ausgabenpolitik. Deswegen muss man mit diesen Mitteln, die übrig bleiben, sehr vernünftig, zielbewusst, zweckgebunden und pointiert umgehen, und da ist, glaube ich, eines der wichtigsten Themen, damit möchte ich beginnen, Herr Böhrnsen, Transparenz.

Zur Transparenz der Förderung kultureller Einrichtungen haben wir fünf Anspruchsberechtigte. Zum einen sind es die Bürger, denn die Bürger zahlen Steuern dafür, und sie zahlen Eintrittsgelder und nutzen Einrichtungen. Sie wissen inzwischen auch, was sie bezuschusst bekommen, wenn sie auf einem Theaterplatz sitzen, wenn sie die Weserburg aufsuchen, wenn sie in verschiedene Kultureinrichtungen gehen. Daher ist es wichtig, dass der Bürger weiß, wie wir Kultur fördern, was wir fördern und welche Mittel wir da hineinstecken.

Die zweiten Anspruchsberechtigten sind die Einrichtungen selbst, denn die Einrichtungen brauchen Verlässlichkeit dafür, dass sie mit ihren Geldern auch das machen können, was sie machen wollen und was

sie uns schulden. Sie wollen untereinander auch genau wissen: Was bekommt der eine, und was bekommt der andere? Warum bekommt der eine Millionenbeträge für Verluste, die er produziert, während der andere nicht einmal annähernd so große Budgets hat? Wir erwarten von ihnen, Herr Böhrnsen, ja auch eine Gegenleistung. Das heißt, sie haben Zielvereinbarungen, sie schulden uns einen Erfolg und sie müssen sich ja auch jeweils in Controllingberichten rechtfertigen.

Die dritte Einrichtung, die Transparenz benötigt, ist die Kulturbehörde, damit die linke Hand auch weiß, was die rechte tut. Wenn man für eine Einrichtung schon wieder mehr ausgeben muss oder wenn man sie kürzen muss und wenn unvorhergesehene Ausgaben kommen, dann will man wissen: Was bekommt diese Einrichtung grundsätzlich zum einen einmal an institutioneller Förderung und zum anderen aus Projektmitteln?

Die vierte Gruppe, dazu zähle ich mich, sind die Mitentscheidenden, wir, die in Deputationen sitzen, in Betriebsausschüssen sind, beim Wettmittelausschuss mitentscheiden sollen und dann einmal rasch Umlaufbeschlüsse entscheiden sollen, warum die Musikschule dies und jenes anmietet. Dazu möchte ich wissen: Aus welchen Töpfen, mit welchen Mitteln, mit welcher Tendenz wird welche Kultureinrichtung gefördert?

Sie haben uns dazu eine Antwort geliefert, und ich habe, um mir selbst einen Überblick zu verschaffen, dann das, was Sie uns einmal gegeben haben, in eine Übersicht gebracht. So sieht das aus, wenn man selbst verstehen will, was kulturelle Einrichtungen aus verschiedenen Töpfen in Bremen im Laufe der Zeit bekommen, und da muss man sich schon Zeit nehmen, um das zu verstehen.

Was ist unser Anliegen? Wir haben in dem Konzeptpapier, das schon von allen Seiten kritisiert, zerrissen, befürchtet ist, in dem auch schon Grußbotschaften von befreundeten Kulturtreibenden in der Zeitung produziert wurden, folgenden Vorschlag unterbreitet: Wir von der CDU-Fraktion wollen künftig eine saubere Trennung, auf der einen Seite von institutioneller Förderung und auf der anderen Seite von Projektmitteln. Warum? Die Einrichtungen brauchen einen Rahmen, mit dem klar ist, was sie für ihre Einrichtungen im laufenden Jahr zur Verfügung haben. Wenn Projektmittel vergeben werden, muss dies dem politischen Einfluss entzogen werden, wir brauchen fachliche und sachliche Jurys, bei denen sich Einrichtungen im freien Wettbewerb nach sachlichen Kriterien bewerben können, um dann in der Tat frei von Kungelei, Nähe, Sanktionen und politischem Einfluss an diese Mittel heranzukommen. Das ist bis heute so nicht gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben Doppel-, Drei- oder Vierfachbezuschussungen. Wir haben nach wie vor keine für die Einzelnen, die an Mittel herankommen könnten, klaren Vergabekriterien. Wir haben immer noch das Phänomen, dass die Schlauen wissen, wo die Töpfe sind und wie sie da herankommen und wie sie sich mühen müssen, um Zugang zu bekommen. Die vermeintlich Dummen, die die Kriterien nicht kennen, gehen leer aus.

Was ist unser Motiv dabei? Ich will, dass wirklich Transparenz eintritt. Transparenz, Herr Böhrnsen, heißt nicht, dass Sie und ich das verstehen. Dass der Insider Zahlen durchblickt, ist nicht entscheidend. Transparenz ist, dass die anderen wissen, es geht mit rechten und gerechten Dingen zu, und dass für die einzelnen Institutionen klar ist, was sie an institutioneller Förderung bekommen, was sie an Eigeneinnahmen haben, was sie an Drittmitteln vom Bund bekommen, was sie sich bei der Europäischen Union holen, was sie aus ABM-Kompensationsmitteln bekommen, was sie sich aus Wettmitteln holen, was der Beirat über Stadtteilmittel verteilt, und was irgendwelche Sponsoren zusätzlich bezahlen. Von dieser Gemengelage, Frau Krusche und Herr Senkal, wünsche ich mir, dass wir da künftig durch eine saubere Trennung dieser beiden Bereiche etwas mehr Transparenz, Verlässlichkeit und Klarheit hineinbringen.

Das heißt, es muss gezielt angestrebt werden, in einem fairen Wettbewerb planvoll nachvollziehbare, klare Kriterien zu entwickeln: Was bekommen die Einrichtungen an finanzieller Förderung als Grundrahmen aus institutionellen Mitteln, und was können sie, wenn sie etwas leisten und etwas belegen können, noch einmal zusätzlich bekommen? Das ist der Grund unserer Anfrage. Daher, denke ich, haben wir ein bisschen mehr Einblick bekommen, aber wir stehen erst am Anfang eines Prozesses, den wir in den nächsten Jahren noch gemeinsam vorantreiben wollen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wundere mich gerade ein bisschen, den so viel Transparenz, wie wir seit 2007 mit Rot-Grün haben, haben wir, glaube ich, lange nicht mehr gehabt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das, was sie für Jurys fordern, haben wir 2007 zum ersten Mal mit den Projektmitteln eingeführt. Wir haben Fachjurys, die das alles bewerten, die über den ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ganzen Einsatz der Gelder auch mit Fachleuten sprechen, wie was wo gemacht wird. Ich wundere mich sehr, aber ich wundere mich auch über die ganze Große Anfrage, die Sie an den Senat gestellt haben. Es hat mich zugegebenermaßen erst einmal überrascht, aber nicht überrascht, weil damit etwa die Verfehlung des Senats oder sonstige Probleme behandelt werden, sondern, weil Sie im Grunde nur eine Liste längst bekannter Zahlen fordern. Da wird in allen Details die gesamte öffentliche Finanzierung der Bremer Kulturszene abgefragt, als ob die CDU nicht selbst in der Kulturdeputation vertreten wäre und dort auch über alle finanziellen Fragen informiert wäre.

Wenn Sie, liebe CDU, sich also Ihre Unterlagen aus Ihrem Archiv genommen hätten, wäre es für Ihre eigenen Mitarbeiter überhaupt kein Problem gewesen, die meisten der gestellten Fragen selbst zu beantworten. Solch eine Fleißarbeit lässt man aber natürlich gern vom Senat erledigen. Klar, eine derartige Übersicht ist schön praktisch, da hat man alles auf einen Blick, und insofern ist diese Anfrage schon von einem gewissen Nutzen. Natürlich ist es auch Ihre Aufgabe als Opposition, das Handeln des Senats und der Koalitionsfraktionen kritisch zu überwachen. Sie wissen aber ebenso gut wie wir, dass wir uns im Rahmen der gemeinsam vereinbarten Schuldenbremse dazu verpflichtet haben, unseren Haushalt bis zum Jahr 2020 auszugleichen, daran müssen sich alle beteiligen, auch das Kulturressort. Für das Jahr 2011 muss Kultur einen Betrag von 400 000 Euro einsparen. Das ist kein Pappenstiel! Wir gehen hier keineswegs mit dem Rasenmäher heran, sondern versuchen möglichst wenig Beeinträchtigungen für die Bremer Kulturszene vorzugeben.

Die geplanten Einsparungen beim Musikfest sind richtig. Bremen unterstützt das Musikfestival bisher mit 700 000 Euro pro Jahr. Das ist kein kleiner Betrag, sondern für einen solch kleinen Etat wie Kultur eine ordentliche Summe. Gleichzeitig findet die Hälfte der Angebote und Konzerte überhaupt nicht in Bremen, sondern im Umland statt. Ich denke, vor diesem Hintergrund darf man zumindest die Frage nach einer Beteiligung unserer Partner in der Metropolregion stellen.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns im Rahmen der Beratungen über die Haushalte 2012 und 2013 sorgfältig überlegen, wie der weitere Kurs in der Bremer Kulturpolitik aussehen wird. Die Steuerschätzung hat gezeigt, dass die nächsten Jahre nicht einfach werden. Über die Gründe dafür und die steuerlichen Wunschträume einiger Leute auf Bundesebene möchte ich gar nichts weiter sagen, darüber haben wir auch hier schon oft debattiert. Sie werden aber ganz sicher nicht erleben, Herr Kau, dass wir hier schon einmal im vorauseilendem Gehorsam mit der Abrissbirne durch die

Stadt fahren und wahllos Kultureinrichtungen oder Initiativen einstampfen.

(Beifall bei der SPD – Abg. K a u [CDU]: Habe ich doch gar nicht gefordert!)

Im Übrigen haben Sie sich mit konkreten Einsparvorschlägen im Kulturbereich bisher vornehm zurückgehalten. Sie fordern von uns ein Konzept, verraten aber selbst nicht, wo Sie den Hebel ansetzen würden. Sagen Sie uns doch, welches Museum, welche Initiative oder welches Theater ist für die CDU überflüssig und kann geschlossen werden?

(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Sie regieren doch, oder nicht?)

Herr Kau und Herr Rohmeyer haben in der Kulturdeputation zu unseren Vorschlägen zu Kürzungen gesagt, das ist mutlos, was wir da tun mit den 150 000 Euro. Man darf also gespannt sein auf das Wahlprogramm ihrer Partei. Eines steht fest, wir werden nicht von oben herab irgendwelche Kürzungen verordnen.

(Abg. R o h m e y e r [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rohmeyer?

Nein! Herr Rohmeyer kann gern nach oben kommen und etwas sagen.

Gemeinsam mit den Einrichtungen werden wir nach Wegen suchen, wie man Doppelstrukturen abbauen und unnötige Abläufe vermeiden kann. Teure Eventkultur wird es mit uns auch nicht mehr geben. Insofern ist auch der Ausstieg aus der Finanzierung des Musicals richtig.

In Ihrem Konzeptpapier aus der letzten Woche haben Sie einige Vorschläge gemacht. Übrigens finde ich es gut, und das möchte ich an dieser Stelle auch einmal ausdrücklich erwähnen, dass die CDU auch einmal inhaltliche Vorschläge im Kulturbereich macht. Was aber die Betroffenen selbst von Ihren Vorschlägen halten, konnten wir dann in den letzten Tagen der Presse entnehmen, nämlich relativ wenig.

Es macht relativ wenig Sinn, zwei Theater unterschiedlicher Größe mit unterschiedlicher Ausrichtung fusionieren zu wollen. Außerdem würde das Pendeln des Personals zusätzliche Kosten und mehr Aufwand verursachen, die man durch das Einsparen einer Intendantenstelle bei Weitem nicht wieder hereinbekommen würde. Das Gleiche gilt für die Volkshochschule. Auch Ihre Vorschläge im Bereich kultureller Bildung, wie jedem Kind ein Instrument oder kostenfreier Eintritt für Jugendliche, klingen nur im ersten Moment gut. Davon abgesehen, dass die beiden Programme natürlich auch erst einmal Geld kosten und

Sie die Finanzierung verschweigen, ist auch der Nutzen fragwürdig. Solche Programme werden hauptsächlich von Menschen wahrgenommen, die ohnehin oft ins Museum gehen oder Kultur nutzen. Sie sparen dann eben den Eintritt beziehungsweise die Eltern das Geld für das Instrument des Kindes. Damit werden aber keine neuen Kulturnutzer gewonnen.

Außerdem ist es ja nicht so, dass wir solche Angebote in Bremen nicht schon längt hätten. Ich erinnere nur hier an die Musikwerkstatt der Bremer Philharmoniker. Viele Museen haben außerdem stark ermäßigte Eintrittspreise für Jugendliche. Kinder haben in der Regel sogar freien Eintritt. Konstruktive Vorschläge der CDU sind uns immer willkommen. Vorgezogener Wahlkampf gegen die Person unseres Kultursenators und Bürgermeisters ist aber durchschaubar, auch für die Kulturschaffenden.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Die CDU hat sich in den vergangenen Jahren im Kulturressort nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ich will hier gar nicht die Liste Ihrer Kultursenatoren vorlesen. Wir werden unseren Weg aus Sanierung und verlässlicher Kulturförderung fortsetzen. Auch wenn die kommenden Jahre sicher nicht einfach werden, wollen wir unserer Kulturszene Planungssicherheit und immer einen fairen und offenen Umgang miteinander ermöglichen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir geht es da wie Herrn Senkal. Ich bin etwas verwundert: Das war nichts! Die zur Debatte stehende Anfrage der CDU-Fraktion zur finanziellen Förderung kultureller Einrichtungen ist an und für sich keine Große Anfrage. Der werte Herr Senkal hat es gesagt, es sind in erster Linie bekannte Zahlen, die abgefragt wurden, kaum eine Frage bedarf der politischen Bewertung. Ebenso bekannt ist die strukturelle Unterfinanzierung in nahezu allen Bereichen, nahezu allen Einrichtungen und die zum Teil gerade damit einhergehende Angreifbarkeit der Kulturpolitik.

Wie passend, dass sich ausgerechnet jetzt die Christdemokraten mit einem Positionspapier zu Wort melden. Die Presse hat Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, schon vorgeworfen, damit lediglich ein Testfeld zum Wahlkampfvorglühen, so stand es im „Weser-Kurier“, ausgesucht zu haben. Es wird von diversen Seiten befürchtet, dass Sie mit Ihrem Vorgehen eine sachliche Diskussion unmöglich ma

chen und so der Kultur in unserem Land die Zukunft eher verbauen, als sie zu fördern.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich dürfen wir vor unserem Haushaltsproblem die Augen nicht verschließen. Kultur darf aber nicht instrumentalisiert werden und schon gar nicht das Sahnehäubchen für gute Zeiten sein.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Der kulturelle und kreative Sektor ist ein Wachstumssektor, der sich schneller entwickelt als die übrige Wirtschaft. Wir haben soeben den Kulturwirtschaftsbericht diskutiert. Für unsere Städte muss man in diesem Bereich von noch unentdecktem Kapital sprechen. Deshalb haben wir die Erstellung eines Kulturwirtschaftsberichts, wie er ursprünglich geplant war, ich glaube von grüner Seite, für das Land Bremen ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei der FDP)