Protocol of the Session on May 19, 2010

(Beifall bei der SPD)

Unsere Meinung hat sich seitdem nicht geändert. Ob wir die Sonntagsöffnung per Bundesrat oder hier per Landesrecht ermöglichen sollen, ist uns in der Sache egal. Wir Sozialdemokraten sind gegen eine weitere Aufweichung des Sonntags als arbeitsfreien Ruhetag.

Im zweiten Versuch wollen Sie nun eine Änderung des Bremischen Gesetzes über Sonn- und Feiertage, dass die Bibliotheken mit Videotheken gleichge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

stellt werden und somit auch sie an Sonntagen öffnen. Liebe CDU-Fraktion, selbst wenn wir inhaltlich keine Bedenken hätten, möchte ich einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit machen. Diese bremische Sonderöffnung für Videotheken ist in der Großen Koalition gemacht worden, das war im Juni 2004, hier explizit von Herrn Eckhoff gefordert worden mit der Begründung, dass Videotheken ausschließlich inhabergeführte Bereiche sind und somit keine gewerblichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon betroffen sind. Deshalb haben sie die Sondergenehmigung bekommen, und das wurde auch so im Gesetz festgeschrieben. Das heißt, dass lediglich bei den Videotheken nur die Inhaber an Sonntagen ihre Videotheken öffnen dürfen. Ich glaube, dass Sie mir hier zustimmen werden, dass eine Bibliothek keine inhabergeführte Einrichtung ist und somit dieser Vergleich beziehungsweise die Gleichstellung im Gesetz nicht zu realisieren ist. Daraus folgt, dass wir auch diesen Antrag ablehnen werden. In Hessen hat die Mehrheit von CDU und FDP im Parlament eine solche Änderung bereits beschlossen.

(Zuruf von der CDU: Was ist mit inhaber- geführten Museen?)

Dazu komme ich gleich! Die SPD hat im Landtag dagegen gestimmt. Trotzdem gibt es innerhalb der SPD in den Bundesländern hier keine einheitliche Meinung, das will ich gar nicht verheimlichen. Bei der CDU ist das aber nicht anders. Außer Hessen hat nach meiner Kenntnis bisher kein anderes Bundesland eine solche Änderung beschlossen. Außerdem hätten Sie mit Ihrer Mehrheit auf Bundesebene jederzeit eine deutschlandweite Änderung des Bibliotheksgesetzes beschließen können. Auch das ist bisher nicht passiert, also scheint auch in Ihrer Partei auf Bundesebene das Bedürfnis nach einer solchen Initiative nicht allzu groß zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Gern können wir das Thema hier in der Bürgerschaft bis zum Ende der Legislaturperiode bei jeder Sitzung aufrufen und diskutieren. Unsere Meinung dazu wird sich aber in der jetzigen Gesetzeslage nicht ändern. Wir haben uns hier in Bremen auf das sogenannte Vier-plus-zwei-Modell geeinigt, das heißt, die Stadtbibliothek hat die Möglichkeit, an vier Sonntagen die Zentralbibliothek und an zwei Sonntagen in den Zweigstellen zu öffnen. Das ist eine freiwillige Vereinbarung mit der Belegschaft. Darauf haben wir viel Wert gelegt. Die Öffnungen finden im Rahmen von Festen wie dem Freimarkt oder dem Viertel-Fest statt und werden da auch gut angenommen. Es ist aber keineswegs sicher, dass es auch an normalen Sonntagen zu solch guten Besucherzahlen kommen würde. Wenn man Bibliotheken sonntags öffnet, ist das auch mit höheren Kosten verbunden, schließlich möchte

die Belegschaft ihre zusätzliche Arbeitszeit auch bezahlt bekommen. Ich glaube, Sie stimmen mir zu, Herr Kau, da auch Sie mit mir im Betriebsausschuss der Stadtbibliothek sind – das haben Sie ja eben noch einmal dargestellt –, dass wir nicht mehr Personal bekommen werden, und das würde womöglich an anderen Tagen zu verringerten Öffnungszeiten führen. Solch eine Politik wäre ich nicht bereit zu vertreten!

(Beifall bei der SPD)

In wissenschaftlichen Bibliotheken besteht schon heute die Möglichkeit der Sonntagsöffnung. Darauf haben Sie in Ihrem ersten Antrag schon hingewiesen. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zwischen wissenschaftlichen und normalen Bibliotheken. Viele wissenschaftliche Bibliotheken sind Präsenzbibliotheken. Das heißt, man kann die Bücher nicht ausleihen, sondern nur vor Ort lesen. Eine Sonntagsöffnung hat hier also durchaus ihren Sinn. In der Stadtbibliothek kann ich aber die Bücher mit nach Hause nehmen und dann gern auch sonntags lesen. Zudem verfügt die Stadtbibliothek in Bremen über ein hervorragendes Online-Angebot, wo Sie mittlerweile auch von zu Hause viele Medien rund um die Uhr an 24 Stunden, egal an welchem Tag, ausleihen können. Das ist auch genau der Grund, warum andere kulturelle Einrichtungen wie Museen sonntags öffnen dürfen. Deren Bestände kann ich nur im Museum selbst anschauen, genauso ist es bei Theatern, Kinos oder Bibliotheken.

Der momentane Zeitgeist ist ein anderer, das ist uns bewusst. Der Trend geht hin zu einer durchgehenden Öffnung an 24 Stunden an 7 Tagen der Woche. Mit der Änderung des Ladenschlussgesetzes haben wir auch hier in Bremen dieser Entwicklung Rechnung getragen. Das ist uns in der SPD nicht leichtgefallen. Umso weniger wollen wir in einem weiteren Bereich jetzt auch noch den Sonntag angreifen.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss! Wir bewegen uns hier in der jetzigen gesetzlichen Lage. Ich habe Ihnen erläutert, wieso wir die beiden Anträge der CDU ablehnen werden, weil es uns mit dem derzeitigen Arbeitsschutzgesetz nämlich nicht möglich ist, diesen Anträgen zuzustimmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Hamburg hat eine Bundesratsinitiative gestartet, und wir werden hier die Türen zur Sonntagsöffnung nicht vollkommen schließen. Wir werden aufmerksam den weiteren Verlauf dieses Themas auf Bundesebene verfolgen. Wenn irgendwann eine solche bundesgesetzliche Regelung kommt, können und werden wir uns dem selbstverständlich nicht verschließen.

(Zuruf von der CDU: Das ist ja eine richtige Aktion!)

Wir wollen hier in Bremen aber nicht zu denen gehören, die den Stein ins Rollen gebracht haben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Krusche.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kau, ich habe lange keine so blasierte und arrogante Rede gehört wie gerade die von Ihnen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich kann Ihnen nur sagen, mit Ihrer Art von schwarzer Kulturpolitik werden Sie unsere rot-grüne Kulturpolitik nicht angreifen können, beileibe nicht,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

auch bei den Sonntagsöffnungen nicht!

Um es gleich vorweg zu sagen: Wir Grüne sind sehr dafür, dass Bibliotheken an Sonntagen geöffnet haben könnten.

(Beifall bei der CDU)

Ich freue mich auch über den Beifall der CDU, und es ist auch kein Geheimnis, dass wir an diesem Punkt mit der SPD einfach unterschiedlicher Meinung sind.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Ach! Da auch?)

Öffentliche Bibliotheken gehören für uns ebenso wie die Museen in unserer Stadt zur kulturellen Infrastruktur.

(Beifall bei der CDU)

Öffnungszeiten an Sonntagen würden vor allen Dingen den Familien nutzen, weil es ein Familientag ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Auch auf Bundesebene gibt es zunehmend Unterstützung für Sonntagsöffnungen. Sie können gern Beifall geben, das irritiert mich nicht weiter. Ich fin––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

de, wir sollten uns an der Sache orientieren. Klatschen Sie Beifall, das ist in Ordnung!

(Abg. K a u [CDU]: Das war ja ernst ge- meint! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wenn wir nicht klatschen würden, würden Sie ja gar keinen Beifall bekommen!)

Öffentliche Bibliotheken sind auf Bundesebene in der Debatte. Das Präsidium des Deutschen Städtetags hat zum Beispiel den Bund aufgefordert, Sonntagsöffnungen zu ermöglichen, und der Deutsche Kulturrat und ebenso der Rat der evangelischen Kirche in Deutschland haben eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, in der sie sich für eine neue Sonntagskultur aussprechen, und das beinhaltet auch die Öffnung von Bibliotheken. Das alles sind gute Signale, die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen.

Es wurde schon von meinem Kollegen Senkal darauf hingewiesen: Das geltende Bundesarbeitszeitgesetz erlaubt es nämlich nicht, dass Bibliotheken aus anderen Gründen als der Sonntagsöffnung zu besonderen Anlässen öffnen dürfen. Das ist die bundesgesetzliche Regelung. Also, werter Herr Kollege Kau, am besten wäre es doch – Sie regieren doch jetzt auf Bundesebene –, wenn Sie meinen, dass das so wichtig ist, dann starten Sie auf Bundesebene die Initiative, um dieses Bundesarbeitszeitgesetz zu ändern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dann haben Sie uns an Ihrer Seite, und wir können darüber hier in Bremen debattieren. Ansonsten finde ich das aber sehr polemisch, was Sie hier augenblicklich treiben.

(Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU])

Die Argumente der SPD gegen Sonntagsöffnung hat mein Kollege Senkal dargelegt. Ich habe hier deutlich gemacht, die Grünen haben an diesem Punkt eine andere Meinung, und ich glaube, es ist auch in der Öffentlichkeit heute nicht mehr so gut zu vermitteln, dass Familien zwar am Sonntag in Museen gehen können, aber nicht in die Zentralbibliothek Am Wall. Ich glaube, dass wir hier langfristig zu neuen Lösungen kommen müssen. Neben den Schulen ist die öffentliche Bibliothek ein entscheidender Bildungsort, deren Nutzen allen Bürgerinnen und Bürgern möglich sein muss und dafür eignet sich der Sonntag eben besonders gut.

An die CDU gerichtet sagen wir, wie bereits erwähnt: Sie haben es augenblicklich im Bund in der Hand. Bisher warten wir vergeblich auf Ihre Initia

tive. Ich finde, mit dem, was wir bisher in Bremen erreicht haben, sind wir auf einem guten Weg. Wir haben einen Kompromiss mit der SPD gefunden, den tragen wir auch gern mit, nämlich, dass die Zentralbibliothek an vier Sonntagen geöffnet hat und an zwei Sonntagen die Statteilbibliotheken und dass dies auch nur auf ehrenamtlicher Basis nach gesetzlichen Regeln möglich ist. Das heißt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich freiwillig melden, erst dadurch ist dies nach geltendem Gesetz rechtlich abgesichert. Wir finden, das ist ein erster Schritt. Es geht uns Grüne bei Weitem nicht weit genug. Wir würden uns freuen, wenn das Bundesarbeitszeitgesetz in der Weise geändert würde, wie ich es geschildert habe, nämlich dass Bibliotheken wie andere kulturelle Einrichtungen auch an Sonntagen öffnen können. Da haben Sie uns auf Ihrer Seite.

Herr Kau, zu guter Letzt möchte ich doch noch einmal an etwas erinnern: Sie haben ja gemerkt, und man kann es auch augenblicklich in den Zeitungen lesen, die Frage von Sonntagsöffnungen ganz allgemein – und zwar gleichgültig, ob es um Geschäfte geht oder aber um Bibliotheken – ist in dieser Stadt und in dieser Gesellschaft eine sehr grundsätzliche, weil hier zwei sehr unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen. Ich muss schon sagen, auch wenn wir Grüne ganz eindeutig hier für weitergehende Regelungen sind als die SPD, so muss man doch ernst nehmen, dass es hier auch Arbeitnehmerinteressen zu schützen gilt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

In diesem Konflikt befinden wir uns: einerseits den Schutz von Arbeitnehmerinteressen und andererseits mehr Kundenfreundlichkeit, sich mehr an sich ändernde gesellschaftliche Bedürfnisse anzupassen. An diesem Punkt sind wir, wir debattieren mit der SPD darüber, und ich hoffe, dass wir uns gemeinsam, alle Fraktionen zusammen, in die Richtung bewegen, dass Bibliotheken in Zukunft sonntags öffnen können. Ich nehme an, diese Debatte wird ein bisschen dazu beitragen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Bürgerschaftsantrag vom 14. April 2008 – wir haben es soeben von Präsident Weber gehört – wurde der Senat aufgefordert zu prüfen, welche Möglichkeiten das Land hat, eine Sonntagsausleihe in den öffentlichen Bibliotheken in die Wege zu leiten. Von einem Modellversuch zur Öffnung der Stadtbibliotheken Bremen und Bremerhaven war die

Rede. Jetzt, zwei Jahre später, sind wir noch keinen Schritt weiter, wie so oft fehlt es der Koalition an Mut und Durchsetzungskraft.

(Beifall bei der FDP)

Vertreter der SPD haben auch eben wieder in der Diskussion ganz offen eingeräumt, in dieser Angelegenheit nicht die Speerspitze bilden zu wollen. Abzuwarten in der Hoffnung, dass andere den ersten Schritt machen, reicht uns allerdings nicht.