Protocol of the Session on March 18, 2010

Herr Dr. Güldner, der Parlamentshaushalt ist doch nicht losgelöst vom Bremer Haushalt zu betrachten.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Sie sind doch nicht auf den Kopf gefallen, obwohl ich auch manchmal daran Zweifel habe.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Sie wissen nun, wenn Sie bei meinem Beispiel bleiben wollen, dass ich zukünftig, wenn ich neben der Parlamentstätigkeit auch noch meine Beamtentätigkeit ausübe – wir haben ja die Inkompatibilität heute aufgehoben –, auch noch arbeiten gehen kann

(Abg. Frau A l l e r s [CDU]: Oh, das ist aber tragisch!)

und dann zusätzlich zu den 4 700 Euro zusätzliches Geld erhalte. Da sagen Sie, es ist alles haushaltsneutral, nur weil es aus einem anderen Ressorttopf bezahlt wird. Da müssen Sie vielleicht noch einmal in die Nachhilfe und nachrechnen!

(Beifall bei der LINKEN – Abg. Frau A l - l e r s [CDU]: Ist das denn Ihr Problem, dass Sie arbeiten müssen? – Abg. Ö z t ü r k [Bündnis 90/Die Grünen] meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage. – Glocke)

Frau Nitz, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Öztürk?

Nein! – Ich sage Ihnen auch gern noch einen dritten Grund, warum wir uns heute gegen die 4 700 Euro wenden! 4 700 Euro sind zukünftig die höchste Abgeordnetenentschädigung in der Bundesrepublik Deutschland.

(Zurufe: Was?)

Ja, das rechne ich Ihnen auch gern vor, weil Sie hier anscheinend so unglaubwürdig daherkommen! Mit dem neuen Abgeordnetengesetz geht Bremen einen neuen Weg, den beispielsweise Nordrhein-Westfalen oder auch Schleswig-Holstein schon eingeschlagen haben. In Nordrhein-Westfallen beträgt die Abgeordnetenentschädigung

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen]: Die hatten wir nun in der Sit- zung, das wissen Sie!)

inklusive der monatlichen Versorgungsleistung genau 9 758 Euro und in Schleswig-Holstein ebenfalls inklusive aller Versorgungsleistungen 8 274 Euro.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Aber ohne Fahrgeld!)

Wenn wir das jetzt auf Bremen umrechnen! Wir können das Fahrgeld auch gern noch herunterrechnen, 20, 30 oder 40 Euro, ich weiß nicht, wie viel dafür angesetzt wurde.

(Zuruf)

Herunter von den Bremer Bezügen!

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Rechnen Sie das einmal dazu!)

Inklusive der Versorgungsleistungen, die in Bremen zukünftig monatlich bei 750 Euro liegen werden, erhält ein Mitglied der Bremischen Bürgerschaft zukünftig als Halbtagsparlamentarier 5 450 Euro. Das ist ganz seriös auf eine Vollzeitstelle umgerechnet ein Betrag von 10 900 Euro. Spätestens an diesem Punkt müssten Sie merken, dass genau das nicht zusammenpasst, dass Ihre Rechnung nicht aufgeht, weil Bremen sich damit tatsächlich an die Spitze der Parlamentsbezahlung stellt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was ist das denn für eine Statis- tik? – Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Die hat sie selbst gemacht!)

Die Abgeordneten des kleinsten Bundeslandes, und zwar Bremen mit den weitaus höchsten Schulden und den bereits jetzt höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für ihr Parlament, genehmigen sich die großzügigste Bezahlung aller Landesparlamente bei gleichzeitigen massiven Kürzungsorgien – davon hatte ich schon einmal gesprochen – in der öffentlichen Verwaltung und im gesellschaftlichen Miteinander des Landes.

(Beifall bei der LINKEN)

Das, meine Damen und Herren, geht so nicht, und da machen wir nicht mit! Das ist Ihnen einfach nur ein Dorn im Auge.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist gra- natenmäßiger Schwachsinn, den Sie da re- den! Granatenmäßiger Schwachsinn!)

Zu unserem Punkt eins noch einmal zusammenfassend: Stimmen Sie also unserem Änderungsantrag zu! Wahrscheinlich wird es eher nicht dazu kommen, wie Sie sich derzeit äußern. Doch damit spielen Sie in der bundesweiten Gehaltsliste immer noch auf Platz 1 der Champions League mit und ersparen sich und dem Land Bremen weitere berechtigte Kritik aus den anderen Bundesländern, wenn Sie nämlich – wie wir diese Woche auch schon debattiert haben – um weitere Hilfen für das Land nachsuchen. Auch hier ist Symbolpolitik ein wichtiges politisches Signal.

Zu unserem Punkt vier im Antrag! Wir sind ganz im Gegenteil zu Ihnen der Auffassung, dass es in unserem kleinen, überschaubaren, aber auch liebenswerten Bundesland nicht erforderlich ist, per Gesetz die Entschädigung für Funktionsträgerinnen und träger von Fraktionen festzuschreiben. Wir sehen uns darin auch nachdrücklich als Sachwalterin des Ur

teils des Staatsgerichtshofs zu dieser Problematik. Wir wollen nämlich mit unserem Änderungsantrag erstens erreichen, dass die Fraktionen auch in Zukunft festlegen können, wie viele Funktionsträgerinnen sie mit wie hohen zusätzlichen Funktionsträgerzulagen versehen wollen. Zweitens wollen wir damit erreichen, dass die Fraktionen in ihrer Fraktionsautonomie, ihrer Vorstandsstruktur selbstständig bleiben und diese auch selbst festlegen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Dies alles ist in der derzeitigen Gesetzesvorlage so nicht gegeben. Ganz im Gegenteil, Sie wollen jede Fraktion mit einem Fraktionsvorsitzenden und zwangsweise diesen mit 11 750 Euro plus einer Versorgungsleistung ausstatten. Damit liegen Sie auch hier an der Spitze fast aller Bundesländer in Vollzeitjobs. Gleichzeitig, Sie wollen zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende mit einem Monatsgehalt von 8 225 Euro plus Versorgungsleistung beglücken. Wir haben nun gehört, dass Sie auch einen alternativen Vorschlag gemacht haben, der es zumindest auch uns ermöglicht, eine Doppelspitze einzusetzen. Einkaufen können Sie uns damit aber nicht!

(Unruhe)

Wir wollen, dass auch zukünftig allein die Fraktionen darüber entscheiden, wie sie im Rahmen des verfassungsmäßig Zulässigen ihre Funktionsträger bezahlen.

In einem ausdrücklich als Halbtags-Parlament verfassten Parlament darf man nach unserer festen Überzeugung die zusätzliche, geradezu zwangsweise Entschädigung von Funktionsträgern nicht festschreiben.

Zu unserem Punkt fünf: Wir wenden uns dagegen, dass zukünftige Diätenerhöhungen nicht nur an der Öffentlichkeit vorbei, sondern auch am Parlament vorbei vorgenommen werden sollen. Dass Sie Angst vor der Öffentlichkeit haben, haben wir ja schon hinlänglich feststellen dürfen, auch heute in der Debatte.

(Unruhe bei der SPD – Abg. Frau M ö b i - u s [SPD]: Das ist wirklich albern!)

Ja, schreien Sie ruhig weiter, Sie können auch gern noch einmal nach vorn kommen, Ihre Argumente vortragen! Nicht umsonst mussten wir in dieses Parlament einziehen, damit die Ausschussberatungen endlich öffentlich gemacht wurden.

(Lachen bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben nichts dagegen, dass der von Ihnen erfundene Index als Grundlage einer Abstimmung im

Parlament für zukünftige Diätenerhöhungen festgelegt werden soll. Wir haben aber etwas dagegen, dass ohne jegliche Abstimmung im Parlament die Diäten mit Regelmäßigkeit an der Öffentlichkeit und sogar am Parlament vorbei als Ganzes erhöht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Da wir uns absolut sicher sind, dass genau diese Vorgehensweise gegen das verfassungsrechtlich gebotene Transparenzgebot verstößt, haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Kein Wunder, dass die im Osten über die West-LINKE stöhnen!)

Außer unter die Gürtellinie zu schießen, können Sie anscheinend gar nichts! Kommen Sie doch nach vorn und sprechen Sie noch einmal zu den Argumenten in den Punkten vier und fünf unseres Antrages!

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hilft ja nicht!)

Wir sind der Meinung, dass Sie wenigsten so viel Mut zur Öffentlichkeit haben sollten, dass Sie zukünftig über Ihre Diäten abstimmen und das nicht als Index schon festlegen sollten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns, finde ich, zu Recht darauf verabredet, uns mit dem Versuch der Linkspartei, hier ihre Position dem Parlament zu erklären, möglichst sachlich auseinanderzusetzen. Ich gebe zu, es fällt schwer, aber ich bin ja als ruhiger Debattenredner bekannt.

(Heiterkeit)

Deswegen will ich das gern noch einmal versuchen, Frau Nitz. Ich nehme das Angebot gern an, dass wir beide uns einmal Ihren Gehaltszettel anschauen. Ich wette mit Ihnen um eine Taschenbuchausgabe von Karl Marx, dass ich Ihnen nachweisen werde, dass Sie als zurzeit freigestellte Mitarbeiterin des öffentlichen Dienstes in Zukunft weniger Geld verdienen werden, als das heute der Fall ist.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Netto!)