Protocol of the Session on January 27, 2010

Ich möchte an der Stelle noch an einen anderen Punkt erinnern, der mich dabei nachdenklich stimmt. Frau Senatorin Jürgens-Pieper, Ihre Behörde ist das Ressort für Bildung und Wissenschaft. Wie dort gearbeitet und zitiert wird, entspricht nicht den Methoden guter wissenschaftlicher Praxis.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Wenn Sie eine Universität oder Hochschule wären, würden Sie damit Ihre Akkreditierung gefährden, und da ist wirklich viel zu tun und aufzuräumen. Insofern müssen Sie auch im Sinne eines Wissenschaftsressorts Interesse daran haben, dass hier richtig zitiert und richtig gearbeitet wird. (Beifall bei der FDP)

Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Das politisch Gewollte darf nicht mit irgendwelchen, sondern mit richtigen Argumenten durchgesetzt werden. Das muss sozusagen die Maßgabe sein.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir aber auch noch einige Aussagen zu der Frage, wie es mit den Tests weitergeht. Für die FDP-Bürgerschaftsfraktion steht fest, Sprachstandserhebungen sind notwendig. Alle Testverfahren weisen Fehler auf. Es geht darum, Testverfahren zu finden mit möglichst wenigen Fehlern, die möglichst gut aussagekräftig und valide sind und die eben dazu führen, dass wirklich herauskommt, wer der Förderung bedarf. Wir wissen doch, eine gute Sprachförderung, ein gutes Sprachbeherrschen sind Voraussetzung, um Nachteile im Bildungssystem überwinden zu können. Deswegen halten wir auch daran fest, es muss Tests geben bei aller Kritik und aller Verbesserungswürdigkeit, die wir auch sehen. Dazu muss es Nachberatungen geben, die sich insbesondere jetzt vor den neuen Erkenntnissen ergeben. Dies ist zwingend notwendig.

Es gibt Kritik an der Länge des Tests. Auch das sei in die Richtung des Kollegen Rohmeyer gesagt. Eltern sagen, eine Stunde vor dem Computer für einen Viereinhalbjährigen ist vielleicht nicht das Beste, das man ihm wünschen kann. Wenn der Test mit sprachlichem Nachgespräch gleich im Anschluss dann zwei Stunden dauert, kann ich mir das nicht vorstellen. Wir müssen darüber reden, wie man das sinnvoll gestaltet, damit der Test möglichst valide, zielgerichtet und aussagekräftig, auch für die Art der Förderung, wird. Insofern bleiben wir dabei, Sprachförderung ist notwendig, genauso notwendig wie eine Reform der Qualität der Antworten im Bildungsressort. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt Kritik! Es gibt Kritik an der Sprachstandserhebung Cito. Diese wird vom Bildungsres––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

sort und damit von der Senatorin verantwortet. Diese Sprachstandserhebung geht zurück auf einen gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen im Zuge der Schulentwicklung, das möchte ich in Erinnerung rufen. Die von der CDU und FDP beantragte Aktuelle Stunde greift die derzeit laut gewordene Kritik von Eltern am Cito-Test auf. Ferner wird die Senatorin für Bildung für eine fehlerhafte Senatsantwort kritisiert. Mittlerweile hat es Gespräche mit dem Zentralen Elternbeirat gegeben. Soweit mir bekannt, gab es einen ganz regen Austausch, und der Zentrale Elternbeirat hat gesagt, er boykottiert die Sprachstandserhebung nicht – das finde ich gut, und das finde ich richtig –, und er arbeitet weiter an der Verbesserung der Sprachstandserhebung mit. Das ist sehr positiv,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

weil wir natürlich alle Kräfte brauchen, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Kitas, die auch ein Interesse daran haben, eine gute Sprachstandserhebung auf die Beine zu stellen.

Die Senatorin selbst hat sich für die Falschinformation – und das ist vielleicht für einige hier im Hause noch neu – in einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden ausdrücklich entschuldigt. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Frau Senatorin, nimmt diese Entschuldigung auch an. Wir erwarten, dass das Ressort konstruktiv mit der Kritik, die laut geworden ist, umgeht. Es darf, und das will ich auch deutlich sagen, aber keinesfalls der Eindruck in der Öffentlichkeit entstehen, dass Argumente für oder gegen bestimmte Entscheidungen per se ausgehebelt werden. Es darf in der Öffentlichkeit auch nicht der Eindruck entstehen, dass es zur Verdrehung von Tatsachen kommt. Eine Vertreterin des ZEB-Vorstands sagte heute im „Weser-Kurier“: „Das kann doch nicht sein, dass die Dinge aufführen, die so gar nicht stimmen.“ Recht hat sie, das möchte ich hier unterstreichen. Das darf nicht sein!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Glocke)

Wahrheit, Klarheit, und Transparenz – ich komme zum Schluss – sind nicht nur Leitlinien für Haushälter. Das muss eigentlich für alle Abgeordneten und insgesamt für den Senat, für die gesamte Verwaltung, gelten. Das Ressort hat Fehler eingeräumt. Deshalb setze ich voraus, dass es zügig eine nochmalige Prüfung des Verfahrens zum Übergang der Kinder der Kooperationsklassen gibt. Dort ist heute Kritik an der Auslegung eines Urteils laut geworden. Die Bremische Bürgerschaft und alle Bürgerinnen und Bürger eingeschlossen müssen sich darauf verlassen können, dass das, was von Behörden schriftlich, von Senato

ren mündlich geäußert und von uns hier diskutiert wird, der Wahrheit entspricht. Dieser Anspruch, das möchte ich deutlich sagen, ist Anspruch unserer Fraktion, und ich denke, das teilen auch alle Abgeordneten hier im Hause, und damit möchte ich meine Rede beenden. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Güngör.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich nur 60 Sekunden Redezeit habe, fasse ich mich sehr kurz. Die fachlich nicht saubere Arbeit ist ärgerlich, aber kein Weltuntergang. Wir stehen geschlossen hinter der Senatorin, weil wir daran glauben, dass sie alles Notwendige dafür tun wird, die Fehler aufzuklären und uns darüber zu informieren.

(Beifall bei der SPD)

Außerdem unterstützen wir sie in ihren Bemühungen, die Probleme mit den Eltern gemeinsam zu lösen, und daran beteiligen wir uns selbst intensiv. Kein Test wurde ohne Probleme in irgendeinem Bundesland eingeführt. Den Cito-Test sollten wir hier heute auch nicht verteufeln. Jeder Test hat seine Vor- und Nachteile. In Bremerhaven setzen wir ihn im Übrigen schon seit ungefähr vier Jahren ein, und er wird auch in Nordrhein-Westfalen eingesetzt. Wir werden die DJI-Studie, die jetzt hier zitiert wurde, in der Deputation zu beraten haben, und wir werden Cito noch einmal in der Deputation zu beraten haben.

Das Ziel ist doch, Kinder so gut wie möglich zu identifizieren, die den Förderbedarf haben. Den perfekten Test wird es nicht geben, aber lassen Sie uns gemeinsam an dem Ziel Sprachförderung festhalten, da sind wir uns alle einig, und alles weitere in der Deputation beraten. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. G ü n t h e r [SPD]: Da sieht man, dass man sich auch kurz fassen kann!)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, mit einem Zitat beginnen: „Ich bedaure außerordentlich, dass unser Haus mit der Ant––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wort auf die Frage 9 der Großen Anfrage zum CitoTest auf die heute zu erlebende Weise in die Schlagzeilen geraten ist. Ich erkläre mich verantwortlich für diesen Teil der Senatsantwort und bitte Sie, die sich aus Ihrer Sicht daraus für mich ergebenden dienstlichen Konsequenzen zu ziehen. Zuvor bitte ich Sie aber auch, sich zu vergewissern, ob ich fahrlässig oder in Täuschungsabsicht oder fachlich unpräzise gearbeitet habe! Ich glaube, dass ich Letzteres deutlich machen kann, weiß aber auch, dass allenfalls gegenüber der Bürgerschaft, nicht aber gegenüber der Öffentlichkeit, der entstandene Eindruck zu reparieren ist.“

Dieses Zitat entstammt einem dienstlichen Vermerk mit weiteren Ausführungen. Ich erhielt ihn am vergangenen Freitagmorgen und bin selbstverständlich der Bitte des zuständigen Mitarbeiters, mich über die Zusammenhänge zu vergewissern, nachgekommen. Ich habe mich durch das Lesen der Studie und ein Gespräch mit dem Verfasser der Antwort vergewissert, dass der von mir zitierte Mitarbeiter weder in Täuschungsabsicht noch fahrlässig diese Antwort für den Senat gefertigt hat. Jede Fraktion, die ihn schon einmal als Fachreferenten eingeladen hat, weiß seine Fachkundigkeit zu schätzen. Ich will aber deutlich sagen, dass hier fachlich unpräzise gearbeitet worden ist. Das Versäumnis meines Hauses habe ich bereits in einem Brief – Frau Stahmann hat es erwähnt – dem Präsidenten, den Fraktionsvorsitzenden und auch dem Präsidenten des Senats mitgeteilt und erkläre auch hier, Sie werden an dieser Stelle auch noch die korrigierte Antwort bekommen.

Das Versäumnis meines Hauses besteht erstens in der Zitierweise. Es fehlte eine Seitenangabe hinter den kursiv gesetzten Testkriterien, was im Normalfall sein muss. So konnte der Eindruck entstehen, hier würde unmittelbar eine positive Aussage zum CitoTest getroffen.

Zweitens: In einer unpräzisen Darstellung der auf Seite 31 folgende der Expertise formulierten Einschätzungen zum Test wird in diesem Teil der Senatsantwort nicht hingewiesen – und dies hätte geschehen müssen –, dass in der Expertise von Frau Professor Fried eine zweisprachige Variante, deutsch-türkisch, des Cito-Tests analysiert wurde. Der in Bremen eingesetzte Test ist dagegen eine modifizierte Version, in der insbesondere die türkischen Teile des Tests keine Berücksichtigung finden. Beide Testversionen folgen allerdings den gleichen methodischen Grundzügen, sie wenden die gleiche computerbasierte Testmethode an, richten sich auch auf die gleichen vier Kompetenzbereiche und verwenden in weitgehendem Maße auch die gleichen Items.

Dafür will ich mich auch hier und heute vor der Bürgerschaft noch einmal entschuldigen. Ob das wirklich zu der Überschrift führen musste „Bürgerschaft erfährt die Wahrheit nicht bei einer Großen Anfrage“, bitte ich Sie, auch vor der korrigierten Antwort, vor der Studie und auch vor der Debatte, die

wir noch haben werden in der Deputation, dann selbst zu beurteilen und nicht anderen zu überlassen.

Ich habe mir deshalb die Freiheit genommen – ich habe es eben erwähnt –, unabhängig von der Aktuellen Stunde eine schriftliche Klarstellung und Entschuldigung an den Herrn Präsidenten der Bürgerschaft zu schicken, denn dies habe ich in jedem Fall für angezeigt gehalten, nachdem mir meine Pressesprecherin berichtet hat, dass der Elternbeirat der Kita Thedinghauser Straße auf die missverständliche Darstellung gestoßen war. In Gesprächen meiner Mitarbeiter mit diesen Kita-Eltern und der Zentralen Elternvertretung der Tageseinrichtungen für Kinder in Bremen, ZEV, wurde verdeutlicht, dass wir ihre Kritik ernst nehmen. Deshalb ist mit der Elternvertretung eine weitere Auswertungsrunde nach der zweiten Cito-Testrunde verabredet worden. Wie Sie sehen, ist der erste Teil des Themas der Aktuellen Stunde beantwortet.

Die Bildungssenatorin und die Wahrheit sind nicht zu trennen, im Gegenteil! Meine Mitarbeiter sind von mir vor den Gesprächen mit der ZEV gebeten worden, fachlich unpräzise Darstellungen nicht zu beschönigen, sondern die erforderlichen Klarstellungen vorzunehmen. Das ist auch bereits vor der Veröffentlichung im „Weser-Kurier“ und vor der Aktuellen Stunde in den Elterngesprächen geschehen. Wenn ich mir etwas vorzuwerfen habe, dann ist es das, dass ich nicht schneller auf die Klarstellung gegenüber der Bürgerschaft gedrungen habe.

So bleibt noch die Frage zu beantworten, was Cito für Bremen und Bremerhaven wirklich taugt. Hierzu gibt die Expertise zu Sprachstandserhebungen für Kindergartenkinder und Schulanfänger, Untertitel „Eine kritische Betrachtung“ von Lilian Fried sicher keine hinreichende Auskunft, aber doch wichtige Hinweise. Sie wurde erstellt im Rahmen des Projekts „Schlüsselkompetenz Sprache – bundesweite Recherche zu Maßnahmen und Aktivitäten im Bereich der sprachlichen Bildung und Sprachförderung in Tageseinrichtungen für Kinder“ vom Deutschen Jugendinstitut mit Unterstützung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und zwar vom 1. August 2003 bis 30. Juni 2004. Nach unserer Kenntnis ist dies bisher die einzige Expertise auf diesem Gebiet für Deutschland. Ich werde sie anlässlich der neuen Diskussion um die zweite Runde des Cito-Tests noch einmal der Deputation und auch der Öffentlichkeit gründlicher vorstellen. Dazu ist heute sicherlich nicht genügend Zeit.

Ich möchte mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus dem Resümee von Frau Professor Fried noch einmal zitieren: „Abschließend ist festzustellen, dass es einen beachtlichen Vorrat an Spracherfassungsverfahren gibt. Keines darunter kann allerdings beanspruchen, alle derzeit vorgebrachten Anforderungen an ein solches Instrument zu erfüllen. Damit sehen sich Erzieherinnen und auch Lehrerinnen vor die Aufgabe gestellt, aus dem gegebenen Repertoire dasjenige

Verfahren auszuwählen, das die ihm zugedachte Funktion am besten erfüllen kann.“

Frau Professor Fried resümiert sinngemäß weiter, dass Sprachtests gegenüber den in den Bundesländern beziehungsweise Stadtstaaten eingeführten Screeningverfahren verschiedene Vorteile bieten, vor allem, dass sie die Sprachentwicklung und bestimmte Sprachentwicklungsaspekte einigermaßen zuverlässig und auch valide messen. Deshalb meinen wir, Cito taugt für Bremen und Bremerhaven, insbesondere scheint Cito für Migrantenkinder im Gegensatz zu vielen anderen Tests gut geeignet zu sein. Der Test ist eine wichtige Grundlage für die Förderentscheidung, zu der aber auch, und das sagt auch Cito selbst, die Kenntnisse der Erzieherin über das Kind hinzukommen sollten.

Nach Kenntnis meines Hauses gibt es auch in diesem Jahr noch keinen einheitlichen Test in der Bundesrepublik, der rundherum zufriedenstellt, vielleicht, weil man viele Jahre sehr testkritisch war und hier international auch Nachholbedarf hat. Wir können aber nach den Erfahrungen aus Bremerhaven und den Rückschlüssen auf unsere Testvariante sagen, dass Cito eine akzeptable Grundlage für Förderentscheidungen darstellt. In diesem Sinne wünsche ich mir für die zweite Testrunde, dass alle Fraktionen weiterhin an der einstimmig verabschiedeten Empfehlung Nummer 2 im Schulentwicklungsplan zur Sprachförderung zum Einsatz von Cito festhalten, denn unser gemeinsames Ziel ist es doch, die Sprachkompetenz unserer Kinder schon vor der Einschulung zu verbessern, weil nun einmal Sprache die entscheidende Grundlage für Schulerfolg und Bildung ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aktuelle Stunde geschlossen.

Meine Damen und Herren, es ist jetzt 13.06 Uhr. Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) bis 14.40 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.06 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 14.41 Uhr.

Ich eröffne die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag). Wir setzen die Tagesordnung fort.

Weibliche Form berücksichtigen – Änderung der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 11. September 2007 (Drucksache 17/44)

Wir verbinden hiermit:

Änderung der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft

Bericht und Antrag des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses vom 20. Januar 2010 (Drucksache 17/1131)

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