Protocol of the Session on January 27, 2010

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ach, ja! – Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das liegt Ihnen ja ganz fern!)

Ich will versuchen – obwohl, man muss schon sagen, der Beitrag der Kollegin Frau Ziegert am Ende mit dem Fall, um den Ihnen es eigentlich ging, nicht mehr sehr viel zu tun hatte –, mich einmal mit dem eigentlichen Thema dieser Aktuellen Stunde zu beschäftigen, weil ich in der Tat glaube, dass es Sinn haben könnte, sich darüber zu unterhalten, wenn man es wirklich ernsthaft will.

(Beifall bei der FDP)

Mit einem Argument, das die Kollegin Frau Schön gebracht hat, möchte ich allerdings am Anfang schon ein wenig aufräumen. Sie haben zu Recht gesagt, ursprünglich diente Zeitarbeit zur Abfederung von Belastungsspitzen in den Betrieben. Aber die Gesetzeslage, die wir heute haben, ist – und das hat der Kollege Nestler eben schon angedeutet – zu Zeiten einer rot-grünen Bundesregierung unter ganz anderen politischen Maßgaben entstanden. Ihnen ging es damals explizit darum, dort zusätzliche Jobs entstehen zu lassen. Ich sage auch, das ist ein richtiges Ziel, das kann man so machen, es hat auch gewirkt. Ich begrüße ausdrücklich, dass es viele Zeitarbeitsunternehmen gibt, die seriös arbeiten, die vernünftige Löhne zahlen. Übrigens gibt es Zeitarbeit in allen möglichen Segmenten des Arbeitsmarktes und nicht nur dort, wo die von Ihnen kritisierte prekäre Arbeit vorherrscht.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich eines auch dazu sagen: Es ist in der Tat so, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die freiwillig und gern in Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt sind, dort höhere Löhne und Gehälter erzielen als bei einer Festanstellung in den Betrieben. Auch das ist ausdrücklich möglich und gerade im hochqualifizierten Bereich durchaus auch die Praxis in vielen Unternehmen.

Ich denke, wenn man über dieses Thema spricht, sollte man dies vorab auch anmerken, das ist tatsächlich die Realität in Deutschland. Es schadet nicht, wenn man sich einmal damit auseinandersetzt, damit nicht immer nur irgendwelche Schlagworte, die dann diskreditiert werden – –. Sie diskreditieren eine ganze Branche, und ich glaube nicht, dass das wirklich seriös ist, was Sie damit machen.

(Beifall bei der FDP)

Das zeigt auch Ihre politische Aktion heute hier, dass es Ihnen mehr darum geht, Dinge schlechtzureden, die sehr vielen Menschen dazu verhelfen, ihr Lohn und Brot – –.

(Unruhe – Zuruf des Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Das ganze Gerede über den Mindestlohn, lieber Kollege Dr. Güldner, tragen Sie doch auf dem Rücken der Menschen aus, die geringe Produktivität haben. Sie drängen sie mit solche Debatten aus dem Arbeitsmarkt hinaus.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Den Sie verhindern, Herr Kollege!)

Das ist in der Tat etwas, fragen Sie Ihre Nachbarin, sie hat vorhin darüber gesprochen, dass den sozialen Frieden gefährden würde. Ich glaube, der soziale Frieden wird in der Tat gefährdet, wenn die Grünen, die SPD und DIE LINKE diese Mindestlohnpolitik tatsächlich umsetzen würden. Ich halte das für absolut schädlich.

(Beifall bei der FDP – Unruhe)

Im Übrigen müssen Sie doch einmal sehen, welches Signal Sie damit setzen würden in einer solchen Branche!

Meinen Sie denn, dass sich die Zeitarbeitsunternehmen gerade dort, wo einfache Tätigkeiten ausgeführt werden, nicht sehr stark am Mindestlohn orientieren würden? Auch dort, wo bisher weitaus höhere Löhne und Gehälter gezahlt werden, wie zum Beispiel in dem genannten Unternehmen in Bremerhaven, wo es zu Recht weit über dem Mindestlohn liegende Gehälter gibt! Das ist auch gut so! Es besteht aber die Gefahr, dass sich das sehr schnell an den von Ihnen skizzierten Mindestlohnforderungen orientieren würde. Das wäre die fatale Folge davon.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen will ich auch noch einmal in Erinnerung rufen, warum Sie seinerzeit dafür waren, das Thema Zeitarbeit in dieser Form zu regeln und warum Sie bestimmte Vorschläge, die wir gemacht haben, nicht aufgegriffen haben. Sie waren nämlich nicht bereit, damals, in einer Zeit, in der wir über fünf Millionen Arbeitslose in Deutschland hatten, zu sagen, okay, wir gehen einmal zwei Schritte herunter bei dem wichtigen Thema Kündigungsschutz. Da hätte man in der Tat vieles flexibilisierend erleichtern können,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Alles zulasten der Arbeitnehmer! Schämen Sie sich!)

und nur deshalb haben Sie diese Regelung zur Zeitarbeit damals geschaffen. Meinetwegen können wir gern über Veränderungen bei der Zeitarbeit sprechen, wenn wir auch das Thema Kündigungsschutz im gleichen Atemzug behandeln, weil das nun einmal mit

einander kommunizierende Röhren an vielen Stellen sind.

Lassen Sie mich noch zwei Dinge deutlich machen! Zum einen geht es – –.

(Zurufe der Abg. Frau B u s c h [SPD])

Wir können uns gern noch einmal darüber verständigen, ob Sie jetzt reden oder ob ich rede, ich habe Ihnen auch zugehört. Offensichtlich fällt es Ihnen schwer, die Themen, die Sie selbst mit auf die Agenda gesetzt haben, dann auch hier zu diskutieren. Eines ist auch sehr deutlich geworden: Das, was Schlecker macht, widerspricht vielleicht der Vorstellung, die wir gemeinsam haben, es ist aber kein illegales Handeln,

(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Deshalb wollen wir das Gesetz ja auch!)

deshalb muss auch die Schlussfolgerung daraus sein – da bin ich in der Tat der Bundesarbeitsministerin sehr dankbar, übrigens auch den Koalitionspartnern im Bund –, dass wir sehr schnell dort reagiert haben und gesagt haben, das muss überprüft werden. Wenn es dort Missbrauch gibt, dann muss man sich das anschauen.

Im Übrigen ist der erste Schritt, sich die Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung anzuschauen, der Kollege Herr Nestler hat richtigerweise gesagt, dass man auch dort regelmäßig prüfen muss, worum es eigentlich geht, und ob das alles so passiert, wie es der Geist des Gesetzes war. Ich muss ehrlich sagen, ich traue dieser Bundesregierung mehr Durchsetzungsfähigkeit zu als all dem, was die SPD-geführten Arbeitsminister in den letzten Jahren gemacht haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Lobbyismus mit Sicher- heit!)

Wir werden dieses Gesetz, wenn es sein muss, auch noch einmal überarbeiten, das ist auch notwendig. Das kann man auch erwarten, wenn ein Missbrauch deutlich wird. Es steht nun aber am allerwenigsten der SPD und den Grünen an, die dieses Gesetz erlassen haben, was offensichtlich missbrauchsanfällig ist, sich hier darüber zu erregen und zu sagen, das sei jetzt ein großes Problem.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Es sind Ihre Gesetze, die diesen Missbrauch möglich gemacht haben, seien Sie sich dessen bewusst! Da

rum muss es gehen, dies zu diskutieren und nichts anderes.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: So ein Haiopei! Der hat noch nichts geleistet!)

Die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung ist da sicherlich in überhaupt keiner Weise infrage zu stellen. Es ist sehr schnell reagiert worden, das entnehmen Sie ja auch der öffentlichen Debatte, dass das in die richtige und, wie ich finde, auch gute und faire Diskussion geht: Zeitarbeit nicht verteufeln, aber eben gesetzliche Regelungen schaffen, die wirklich für Fairness im Arbeitsmarkt sorgen! Da bin ich sehr optimistisch. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle von Ihnen gehaltenen Reden waren richtig niedlich und herzzerreißend, nun wollen wir aber einmal zur Sache kommen.

Frau Troedel, Ihre Rede war auch wirklich herzzerreißend, Sie haben zum Teil recht, Sie haben nur vergessen zur erwähnen, dass überall dort, wo die linken Salonkommunisten regieren, es auch Schlecker-Filialen sowie soziale Ungerechtigkeit gibt. In den Bereichen, wo Sie die politische Macht haben, hätten Sie die Möglichkeit gehabt, Ihre hier aufgestellten Forderungen politisch umzusetzen. Das haben Sie aber nicht gemacht. Ich bin einmal gespannt, wie Sie es hier machen wollen.

Frau Ziegert, Sie haben viel geredet, aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer glauben Ihrer SPD zu Recht schon lange nicht mehr.

Nun einmal zur FDP! Herr Dr. Buhlert, Herr Dr. Möllenstädt, in einer Sache haben Sie ja recht: Ihre FDP hat Arbeitsplätze geschaffen, aber für sich selbst. Sie haben in Ihren 400 Sparvorschlägen – natürlich vor der Wahl, das ist klar – jedem alles versprochen, zum Beispiel einen Abbau von gut verdienenden, zum Teil unnötigen Staatssekretären. Vorher hatten wir 70 Staatssekretäre in der Bundesregierung, jetzt haben wir mit der FDP nach der Wahl circa 75 Staatssekretäre. Ihr Bundesminister Herr Niebel wollte das Amt Entwicklungshilfe vor der Wahl meines Wissens abschaffen, weil es zu teuer sei, jetzt ist er Minister für Entwicklungshilfe.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was hat das mit dem Thema zu tun?)

Nur so viel zur Ehrlichkeit und zu den politischen Aussagen der FDP!

Meine Damen und Herren, zu diesem Thema der Aktuellen Stunde „Konsequenzen aus dem Fall Schlecker ziehen – Leiharbeit nicht für Lohndumping und Abbau von Stammbelegschaften missbrauchen“ kann ich mich aus folgenden Gründen kurz fassen: Erstens sind die Leiharbeiter als sogenannte Sklavenarbeiter mit Lohndumping schon zu lange missbraucht worden, um Stammbelegschaften abzubauen. Das dürfte Ihnen schon lange bekannt sein, sodass man mit Sicherheit in diesem Bereich, und das nicht nur bei der Firma Schlecker, nicht mehr von einer Aktuellen Stunde sprechen kann. Zahlreiche diesbezügliche Pressemitteilungen in der Vergangenheit sprechen eine eindeutige Sprache.

Insofern hätte ich mir von Ihnen schon lange, gerade zu diesem wichtigen Thema, eine wirkliche Aktuelle Stunde gewünscht. Denn, wie schon erwähnt, es gibt schon lange zahlreiche Unternehmer und Unternehmen, sogenannte Billigdiscounter, die Leiharbeiter quasi als Sklavenarbeiter mit Billiglöhnen dazu missbrauchen, um ihre Stammbelegschaft abbauen zu können.

Lieber Herr Dr. Güldner, leider habe ich von Ihnen zum wirklich aktuellen Thema, Lohndumping und Abbau von Arbeitskräften der Hafenarbeiter in Bremerhaven fast gar nichts gehört. Das wäre wirklich eine Aktuelle Stunde wert gewesen, die den Namen Aktuelle Stunde auch zu Recht verdient gehabt hätte, denn hier und heute werden unzählige Familien mit dem fast halbierten Stundenlohn von 9 Euro gnadenlos und rücksichtslos in den finanziellen Ruin getrieben. Hinzu kommt dann noch der unsoziale Stellenabbau von Arbeitskräften in diesem für Bremerhaven und Bremen wichtigen Arbeitsbereich. Das ist eine wirkliche aktuelle Schweinerei sondergleichen, die sogar noch von der Gewerkschaft ver.di auf Kosten und zulasten vieler Mitglieder, sprich den Hafenarbeitern, ohne Rücksicht auf Verluste brutal mit umgesetzt worden ist.

Selbstverständlich müssen wir schnelle und schon längst überfällige Konsequenzen aus dem Fall Schlecker ziehen, aber auch in anderen Bereichen haben wir solche Vorfälle, denn sehr viele Leiharbeiter sind schon zu lange Sklavenarbeiter der Nation, die zu Billiglöhnen zum Abbau von Stammpersonal und zum großen finanziellen Nachteil ihrer Familien schamlos missbraucht und ausgenutzt werden. Dem muss sofort ein Riegel vorgeschoben werden, das ist ganz klar. Hier sind politische Maßnahmen dringend erforderlich, und es kommt mir leider so vor, als wenn eine solche Sklavenarbeit heutzutage schon im Interesse vieler Unternehmen zur Normalität verkommen ist.

Hier werden unzählige Menschen mit einem kaum überlebensfähigen Billiglohn abgespeist und von einigen sogenannten Arbeitervertretern, den gut ver

dienenden und wohlgenährten Gewerkschaftsfunktionären – nicht von allen, das betone ich ausdrücklich! – auch noch im Stich gelassen und damit unweigerlich ihre Familien finanziell ruiniert. Das darf nicht sein! Darum werde ich selbstverständlich alle, aber auch alle politischen Maßnahmen und Anträge uneingeschränkt unterstützen,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Sie?)

die dazu beitragen, dass eine solche große soziale Schweinerei schnellstens zum Wohle der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgeschafft wird, und ich fordere Sie hiermit auf, endlich schnellstens effektive politische Maßnahmen einzuleiten, sprich effektive Anträge einzubringen und auch umzusetzen, denn Leiharbeit muss gesetzlich insgesamt gegen Missbrauch viel sicherer gemacht werden.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ein Trauerspiel, was Sie da machen!)