Protocol of the Session on January 27, 2010

Vielleicht ist für Sie der wichtigste Teil die Frage, welche Voraussetzungen es denn für eine steuerliche Entlastung geben muss. Das ist wahrscheinlich die Frage, die Sie am meisten interessiert. Es gibt mehrere Voraussetzungen. Entscheidend ist zunächst die wirtschaftliche Entwicklung, das ist eine der wesentlichen Voraussetzungen. Zweitens sind die daraus resultierenden steuerlichen Einnahmen für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen, die sich aus der wirtschaftlichen Entwicklung ergeben, wesentlich. Wichtig ist auch als Rahmen die Einhaltung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Schuldenbremse. Der vierte Punkt ist die notwendige strukturelle Haushaltskonsolidierung auf allen Ebenen.

Diese vier Punkte sind Voraussetzung für eine entsprechende Entlastung. Ene nachhaltige Finanzpolitik kann unseres Erachtens nur gemeinsam mit Setzen von steuerlichen Anreizen zusammen erfolgen.

Dies ist eine Voraussetzung. Steuerentlastungen werden selbstverständlich zu einem Wachstum führen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Präsidentschaft Bush zum Beispiel!)

Wir reden über die Bundesrepublik Deutschland, Herr Dr. Kuhn! Es war immer so, und deswegen gibt es zurzeit keinen Anlass zu glauben, dass diese Voraussetzung auch nicht eintritt. Man muss nur aufpassen, dass nicht ausschließlich Steuerentlastungen erfolgen, sondern die anderen Dinge, die ich eben genannt habe, gleichzeitig auch gemacht werden: Man muss auch sparen, man muss konsolidieren, das heißt, man muss eine Vielzahl von Maßnahmen gleichzeitig erreichen und nicht nur eine oder zwei Maßnahmen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Koalition in Berlin möchte ich sagen: Wir haben verabredet, bis 2011 eine Steuerstrukturreform vorzunehmen. Wir haben dabei gesagt, wir wollen uns die Steuerschätzung im Mai 2010 anschauen. Dass das bei drei Koalitionspartnern, beim Bund, bei den Ländern und auch bei der kommunalen Ebene, schwierig ist und alle unterschiedliche Auffassungen und Ideen haben, kann man sich gut vorstellen.

Dies ist ein nicht so ganz einfacher Prozess. Wenn man aber einmal das Jahr 2009 betrachtet, nämlich Mai und November 2009, dann hätte sich wahrscheinlich keiner vorgestellt, dass am Ende des Jahres 2009 die Situation keinesfalls so dramatisch war, wie man sich dies am Anfang des Jahres, nämlich zum Zeitpunkt der Steuerschätzung, noch vorgestellt hat. Das heißt mit anderen Worten, die Situation in 2009 hat sich wider Erwarten deutlich verbessert. Warum? Weil wir Maßnahmen wie Konjunkturpaket, Kurzarbeitergeld und Steuerveränderung im Mittelstandsbereich durchgeführt haben, um dadurch zu einer wirtschaftlich besseren Situation zu kommen.

Nun wird ein Minuswachstum von fünf Prozent erwartet. Alle wissen das offensichtlich sehr genau. Keiner weiß aber, wie sich denn bei einem Minuswachstum von fünf Prozent – unterstellen wir einmal, das würde eintreten – der Arbeitsmarkt entwickeln wird. Keiner weiß das! Auch im letzten Jahr, in 2009, wussten alle schlauen Köpfe sehr genau, welches Minuswachstum wir haben würden, aber keiner konnte Aussagen über den Arbeitsmarkt machen. Das ist heute noch genauso. Heute weiß keiner genau, wie sich der Arbeitsmarkt im Jahr 2010 entwickelt.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Warum erzählen Sie das alles?)

Herr Dr. Kuhn, wenn man die Zahlen auf der Bundesebene betrachtet, machen 100 000 Arbeitslose mehr oder weniger zwei Milliarden Euro Differenz

aus. Damit komme ich zum Punkt, warum ich gern eine Entscheidung nach der Steuerschätzung im Jahr 2010 haben wollte.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Der Wahl, ja!)

Lieber Herr Dr. Kuhn, nicht nach der Wahl! Vielleicht, dass Sie es auch noch einmal im Kalender nachsehen: Die Steuerschätzung findet immer an einem bestimmten Termin statt, auch im Jahr 2010. Die Wahl in Nordrhein-Westfalen wird nicht an einem bestimmten Termin vorgenommen, sondern wird zufällig im Jahr 2010 nach der Steuerschätzung gemacht. Stellen Sie sich das einmal vor! Ja, so ist das nämlich. Völlig überraschend! Das heißt, das Argument, dass die Wahl geschoben wird, um der Steuerschätzung willen, ist doch völlig verrückt. Mit der Steuerschätzung im Jahre 2010, können wir dann sehr klar und sehr viel besser entscheiden, welche Möglichkeiten wir für alle danach liegenden Maßnahmen haben, in welcher Höhe und in welchem Zeitraum. Sie müssen einfach die Geduld aufbringen. Dass Sie vielleicht jetzt nicht in jeder Bürgerschaftssitzung, die noch stattfindet, nämlich im Februar, im März und im April, immer dieselben Diskussionen – –.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])

Deswegen sage ich, um es nur vorwegzunehmen, es gibt eine Steuerschätzung, und dann schauen wir, wie es weitergeht.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Ich bin auch am Ende meiner Ausführungen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Woltemath.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Finanz- und Wirtschaftskrise bekämpfen, Bundesratsinitiative für ein gerechtes und solidarisches Steuersystem zur Rettung der Landesfinanzen starten“, das ist der Antrag, zu dem wir hier eigentlich debattieren wollten. Leider hat DIE LINKE uns den ja noch nicht vorgestellt. Ich habe ihn aber gelesen und kann Ihnen sagen, wir von der FDPFraktion werden den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, so kann man keine Wirtschaftskrise bekämpfen, indem man ganz einfach Bundesratsin

itiativen an andere Leute adressiert und versucht, damit politisches Profil zu gewinnen.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte aber zu dem ersten Satz, und was mich daran in erster Linie stört, kommen. Der sagt nämlich: In der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise zeige sich ein gravierender Mangel an echter Demokratie und Handlungsfähigkeit des demokratischen Gemeinwesens. Dazu muss ich sagen, nach den vergangenen Monaten mit den Rettungspaketen für die Banken, mit der gesamten Marktstabilität und mit der gesamten Gesetzgebung, die wir dazu über alle Parteigrenzen hinweg gefasst haben, bezweifle ich das. Ich bezweifle massiv, dass dieser Satz in irgendeiner Form überhaupt stimmt! Ich weise ihn jedenfalls für meine Fraktion zurück.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben als FDP-Bürgerschaftsfraktion immer gesagt, und dazu stehen wir auch, dass wir für eine Vereinfachung und für ein gerechteres Steuersystem stehen. Wir haben begrüßt, dass wir die Bundestagswahl gewonnen haben. Ich denke einmal, Rot-Grün und vor allem insbesondere Sie, verehrter Kollege Dr. Kuhn – den ich an anderer Stelle sehr schätze –, müssten dies eigentlich irgendwann einmal akzeptieren. Ich finde, diese Reden hier können Sie gern nach Berlin schicken. Sie brauchen die nicht an uns zu adressieren.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Doch!)

Nein, Sie brauchen sie nicht an uns zu adressieren! Denn ich habe hier schon in der Bürgerschaft erklärt, wir stehen zu drei Punkten bei Bremen. Der erste Punkt ist: Eigenleistung. Der zweite Punkt ist: Wir müssen sehen, dass wir ein gerechtes Steuersystem und Finanzverteilungssystem in der Bundesrepublik bekommen, um unsere Eigenständigkeit zu sichern.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe erklärt, wir können uns die Steuererleichterungen, die durch Bundesgesetzgebung gewährt werden, die den Städten und Gemeinden Schwierigkeiten bereiten, weil das bislang so in unserer Finanzverfassung festgeschrieben ist, nicht zurechnen, und dagegen können wir gar nicht ansparen. Das haben wir immer erklärt! Da müssen Sie uns überhaupt nicht weiser machen, als wir es sind. Da sind wir nämlich weise.

(Beifall bei der FDP)

Das haben wir so erklärt! Die Versuche, jetzt durch die Hintertür immer wieder zu sagen, da versuchen

sie sich herauszutricksen, und da haben sie deswegen irgendeinen Termin gewählt, damit sie nicht die Wahrheit sagen müssen – –. Die Grünen, die SPD und sogar die Linkspartei in Bayern haben im vergangenen Wahlkampf die sieben Prozent bei der Pension- und Hotelübernachtung gefordert. Sie haben nämlich gesagt, unsere Hotels und Pensionen sind benachteiligt, und wir wollen eine Verbesserung haben. In Baden-Württemberg ist diese Forderung übrigens auch erhoben worden. Jetzt im Nachhinein, da die Bundesregierung dies jetzt umsetzt – über die Umsetzung kann man sich streiten, und man kann sich auch über Details streiten –, herauszukommen und zu sagen, das ist aber alles nur gemacht worden, weil man jetzt das soziale Gefüge in Deutschland auseinanderbringen will, das finde ich absolut unsinnig.

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Schlanker Staat?)

Schlanker Staat? Den müssen wir doch auch in Bremen machen, das haben Sie selbst doch hier in den Haushaltsberatungen gesagt!

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen einen schlanken Staat, um Kosten zu sparen und ihn effizienter zu machen. Wir debattieren morgen über unseren Antrag zum nichtständigen Ausschuss. Da haben wir das auch gesagt. Sie müssen uns die Weisheit nicht vermitteln, wir haben sie selbst!

(Beifall bei der FDP)

Wir sagen, wie wir uns den schlanken Staat vorstellen, und Sie können ihr Konzept auch darlegen.

Nun wollen wir doch wirklich einmal zum Punkt kommen, warum Sie hier herumdebattieren. Hier ist wieder die wunderbare Geschichte: Haltet den Dieb! Rot-Grün, insbesondere die SPD, schaue ich immer an. Sie sagen, wir sind an gar nichts schuld, wir haben hier zwar 60 Jahre regiert, aber Schuld sind die anderen, wir haben damit überhaupt nichts zu tun.

Wir haben das heute Morgen schon bei einer anderen Geschichte gehabt: Hartz IV, Ein-Euro-Jobs, Ich-AGs. Wer hat das denn gemacht? Rot-Grün! Ich kann ja noch einmal aufzählen: Da war Gerhard Schröder Bundeskanzler, Wolfgang Clement, mittlerweile nicht mehr in der SPD, war Wirtschaftsminister, zwischendurch war Oskar Lafontaine, auch nicht mehr in der SPD, Finanzminister, und Joschka Fischer war meines Wissens Bundesaußenminister, zum Bundeskanzler hat er es nicht ganz geschafft, das kann ja aber noch kommen.

Man muss doch zu seinen Fehlern in der Vergangenheit auch stehen! Man muss diese auch akzeptieren und kann jetzt nicht sagen, wir haben die

Bundestagswahl verloren, nun versuchen wir, das jetzt hintenherum noch einmal wieder aufzumachen. Nein! Wir stehen zu Bremen, zur bremischen Selbstständigkeit und zu einer soliden Finanz- und Haushaltspolitik, und zwar hier in Bremen in der Bürgerschaft, weil wir hier gewählt worden sind.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann ja unsere Forderungen noch einmal wiederholen. Sie kennen sie alle! Ich wiederhole sie gern noch einmal, weil wir sie ja jeden Tag hier hören: Gewoba-Verkauf, Privatisierung der Brepark – dazu steht heute übrigens ein schöner Leserbrief in der Zeitung: Warum brauchen wir die denn? –, Flughafen.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Haben Sie ihn selbst geschrieben?)

Nein, das brauchen wir überhaupt nicht! Wir sind im Gegensatz zur SPD eine wachsende Partei. Wir haben Mitgliederzuwachs. Die SPD bangt ja um den Status als Volkspartei, von daher gesehen haben wir es nicht nötig, Leserbriefe in Auftrag zu geben. Sie brauchen einen Abteilungsleiter aus dem Sozialressort, der Leserbriefe schreibt,

(Beifall bei der FDP)

um uns noch einmal erklären zu wollen, dass Bremen im Länderfinanzausgleich benachteiligt wird. Das brauchen Sie! Den müssen Sie irgendwie anleiten, damit er einen Leserbrief schreibt, zweimal sogar in unterschiedlichen Gazetten. Wir brauchen das nicht, denn unsere Ideen sind gut. Deshalb werden die Leute uns auch schreiben. Das ist doch völlig klar!