Protocol of the Session on November 19, 2009

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hinners, wenn ich Ihnen gerade zugehört habe, muss ich sagen, fühle ich mich doch in einer rot-grünen Regierungskonstellation unheimlich wohl

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

und habe auch überhaupt keine Wünsche, irgendwo anders hinzugehen. Die Ansichten der CDU im Be

reich der Integrationspolitik finde ich definitiv nicht mehrheitsfähig.

Die Altfallregelung sollte damals eine Perspektive darstellen. Geduldete sollten die Chance haben auf einen längerfristigen und langfristig gesicherten Aufenthalt. Voraussetzung, so der damalige Gedanke, sollte eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts sein. Schon damals haben wir Grünen diese Regelung kritisiert, weil für uns die Gedanken, die dahintersteckten, nämlich zu sagen, entweder du hast einen Job, oder du musst dieses Land verlassen, keine Alternative ist, und solche Dinge werden wir auch zukünftig nicht mitmachen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Gleichwohl haben Grüne und SPD – auch der Situation der Mehrheitsverhältnisse zum damaligen Zeitpunkt im Bund geschuldet – im Mai 2009 einen gemeinsamen Antrag eingebracht, in dem wir den Senat aufgefordert haben, auf Bundesebene mit einer Bundesratsinitiative aktiv zu werden, um diese Bleiberechtsregelung zu verlängern. Das macht ja durchaus auch Sinn, denn wer jetzt heute die Tageszeitung liest oder die der letzten Tage, der stellt fest, dass überall in diesem Land Menschen in Kurzarbeit geraten, dass überall Menschen von Entlassungen bedroht sind, dass sich Politiker landauf, landab Gedanken machen, mit intelligenten und auch weniger intelligenten Vorschlägen, wie sie dieser Krise begegnen. Hier gerade von den Schwächsten in der Gesellschaft zu fordern, ihr müsst aber einen Job haben, das ist aus unserer Sicht, damals SPD- und Grünenintern, ein ganz klar falsches Zeichen gewesen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

So gesehen, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, muss ich Ihnen auch sagen, dass Ihr Antrag natürlich definitiv zu spät kommt –

(Abg. Frau C a k i c i [DIE LINKE]: Nur eine Erinnerung!)

ach, es ist eine Erinnerung, gut, Frau Cakici! –, denn natürlich hat der Senat bereits in der Sitzung im Mai ein Mandat zum Handeln erhalten.

(Abg. Frau C a k i c i [DIE LINKE]: Das war auch gut!)

Wenn die Innenministerkonferenz zu keinem po

sitiven Beschluss im Sinne des Beschlusses der Bremischen Bürgerschaft kommt, dann erwarten wir, dass der Senat den Beschluss der Bürgerschaft umsetzt und eine entsprechende Bundesratsinitiative für die Sitzung des Bundesrates Mitte Dezember auch einbringen wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ansonsten würde ich mir wünschen, dass man schon jetzt – und da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass Sie dazu auch gleich noch Ausführungen machen werden, Herr Senator Mäurer – im Dialog mit anderen Ländern steht. Ich glaube, da gibt es durchaus sehr vernünftige Ansichten in den anderen Bundesländern, damit wir gemeinsam zu einer Lösung kommen, denn – da bin ich dann auch wieder mit der LINKEN in einem Boot – die Situation, die wir jetzt den Menschen zumuten, ist definitiv nicht hinnehmbar. Dass wir das jetzt teilweise im Maximalfall auf den 11. Dezember, auf die nächste Sitzung des Bundesrates verschieben, ist nicht hinnehmbar, so kann man mit Menschen nicht umgehen. Dagegen werden wir uns wehren. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden hier über eine Altfallregelung. Ich halte den Begriff für höchst problematisch. Wir reden hier über Menschen, die seit vielen Jahren in der Bundesrepublik zu Hause sind, die hier ihre Familie gegründet haben, deren Kinder zur Schule gehen und die am 31. Dezember dieses Jahres nicht wissen, wie es weitergeht. Es sind Tausende, die dieses Schicksal tragen.

Deswegen haben wir gemeinsam mit der Bürgerschaft dieses Thema Anfang des Jahres auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz gesetzt, weil uns klar war, dass die Zeit uns davonläuft. Es gab eigentlich einen Konsens unter allen, die gesagt haben, wir müssen irgendetwas machen. Das war der kleinste gemeinsame Nenner, aber es war auch sehr deutlich, dass die CDU-geführten Länder gesagt haben, vor dieser Bundestagswahl fassen wir dieses Thema nicht mehr an. Das war der alleinige Grund, warum es damals zu keiner Lösung gekommen ist. Das mag jeder bewerten, wie er will.

Jetzt ist die Zeit vorangeschritten, und wir haben nur noch wenige Wochen. Wir haben versucht, im Rahmen der Koalitionsverhandlungen, an denen wir nicht beteiligt waren, darauf einzuwirken, dass dieses Thema platziert wird, und wir sehen in der Tat, dass sich auch die jetzige Koalition den Realitäten

nicht mehr entzieht. Es wird eine Regelung geben, die Frage ist nur: Wie sieht diese aus? Ich habe bei der letzten Debatte gesagt, ich halte sehr wenig davon, dass wir uns hier in die Augen schauen und sagen, wir verschieben das Problem um ein Jahr. Ich gehe jede Wette ein, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt in einem Jahr nicht viel anders darstellen wird als heute.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Der Kollege Fecker hat es ja auch angesprochen, wie viele Millionen Bundesdeutsche keine Arbeit haben. Dass wir nun gerade denjenigen, von denen wir anerkanntermaßen wissen, welche Probleme sie haben, in der Schule aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten, beim Finden einer Ausbildungsstelle und dann letztlich bei der Aufnahme der Arbeit, apodiktisch sagen, wenn ihr keinen Job habt, müsst ihr Deutschland verlassen, nachdem ihr zehn Jahre in der Bundesrepublik gewesen seid, das halte ich für unerträglich.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Deswegen brauchen wir eine Regelung, die in die Zukunft weist. Wir müssen daran denken, dass inzwischen weitere Tausende von Menschen in der Situation sind wie diejenigen, die damals in diese Altfallregelung hineingegangen sind. Es sind wieder Tausende, die mehr als zehn Jahre in dieser Bundesrepublik sind, und dieses System der Stichtagsregelung führt dazu, dass wir uns von einem Problem zum nächsten bewegen. Ich halte es für sinnvoll, stattdessen ein rotierendes System einzusetzen. Sinngemäß kann man sagen, wer zehn Jahre lang in dieser Bundesrepublik gelebt hat, der muss auch bleiben können.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Wir haben uns dann im Kreis der A-Minister überlegt: Was kann man noch an Brücken bauen? Dass man nur auf die Berufstätigkeit abstellt, halten wir für unzureichend. Wir haben den Kompromiss formuliert, dass wir gesagt haben, bei jedem, der sich ernsthaft bemüht, Arbeit zu finden, muss man dies auch anerkennen. Wir haben darüber hinaus gesagt, für uns ist einfach wichtig, dass jemand sich mit dieser Gesellschaft identifiziert, und das kann man in ganz verschiedenen Formen zum Ausdruck bringen. Wir haben gesagt ehrenamtliche Tätigkeit. Das bedeutet nicht unbedingt, dass man nun in einem Fußballverein Trainer sein muss. Das kann man im Kindergarten, das kann man in der Schule. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich in dieser Gesellschaft einzubringen, und ich halte das nicht für diskriminierend, sondern im Gegenteil, das zeigt auch hier, dass die Be

treffenden bereit sind, sich für diese Gesellschaft zu engagieren. Im Gegenzug, denke ich, ist es dann auch allemal angemessen, ihnen einen akzeptablen Status zu geben. Dies ist das, was wir versuchen.

Ob wir in Dezember nun bei der Innenministerkonferenz in Bremen erfolgreich sein werden, weiß ich nicht. Ich habe so das Gefühl, dass man diese alte Strategie auch jetzt mit der Beteiligung der FDP kaum verändert, sondern dass man wieder kleine Lösungen sucht, etwas um ein Jahr verlängert, und dann ist das Problem erneut da. Ich sehe da keinen großen Wandel, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich doch so viele finden, die bereit sind, mit uns für eine vernünftige Regelung zu kämpfen. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Ich lasse nun zuerst über die Ziffer 1 des Antrags abstimmen.

Wer der Ziffer 1 des Antrags der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/995 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP, Abg. M ö h l e [parteilos], Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt die Ziffer 1 des Antrags ab.

Nun lasse ich über die Ziffer 2 des Antrags abstimmen.

Wer der Ziffer 2 des Antrags der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/995 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE und FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, Abg. M ö h l e [parteilos], Abg. Ti m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt die Ziffer 2 des Antrags ab. Jetzt lasse ich über die Ziffer 3 des Antrags abstimmen. Wer der Ziffer 3 des Antrags der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/995 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! (Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!