Protocol of the Session on November 18, 2009

Wir brauchen einen entschiedenen Ausbau der Ganztagsbetreuung. Das ist ein Schlüssel, um diese Probleme mit zu lösen, und wenn Sie auf Bundesebene etwas tun wollen, wenden Sie sich doch einmal als Senat gegen die Grenzsteuerbelastungen im Bereich der Ehegattenbesteuerung! Das wäre ein Thema, mit dem man auch etwas tun könnte, um deutlich zu machen, dass wir nicht wollen, dass immer die Frau in die geringere Beschäftigung, in die Teilzeitbeschäftigung, abgedrängt wird. Ebenso kann man auch sagen, dass die beitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten zu dem gleichen Effekt führt, wenn Sie so wollen. Sie können das beliebig breit diskutieren, wenn Sie es nur wollen.

(Beifall bei der FDP)

Mein Vorschlag wäre, dass wir in den nächsten Jahren hier sachlicher diskutieren. Von diesen absurden Vorschlägen, man könne das Gleichstellungsgesetz des Bundes, das für seinen öffentlichen Dienst gilt, auf sämtliche Unternehmen der Privatwirtschaft ausweiten, kann ich wirklich nur abraten, das ist völliger Unsinn! Im Übrigen, liebe Frau Schön, kann man da sehr laut tönen, aber was Sie in Bremen gemacht haben, ist nun auch nicht, dass Sie das Landesgleichstellungsgesetz auf alle Unternehmen ausgedehnt haben. Sie haben die Gesellschaften, an denen Bremen beteiligt ist, dazu verpflichtet, Frauenbeauftragte zu benennen. Ich finde das ziemlich rückschrittlich, das müssen sogar die machen, in denen überhaupt keine Frauen arbeiten. Das hier als Fortschritt zu verkaufen finde ich wirklich sehr schwach! Ich glaube, es gibt eine Menge Maßnahmen, die sinnvoller und dem Ziel dienlicher wären als all das, was Sie hier vor

gebracht haben, und deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Troedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal ganz knapp und deutlich: Ich finde es natürlich, dass die Arbeit bewertet wird, ich finde es unnatürlich, dass das Geschlecht bewertet wird, und das habe ich gesagt! – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 17/1041 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 17/974, auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.

Atomtransporte durch das Land Bremen

Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE

vom 7. Juli 2009 (Drucksache 17/857)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 27. Oktober 2009

(Drucksache 17/973)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Nagel, ihm beigeordnet Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Ich gehe davon aus, Herr Senator Nagel, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage nicht mündlich wiederholen möchten.

(Senator N a g e l : Nein!)

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren die Antwort auf unsere Große Anfrage zu Atomtransporten in Bremen und Bremerhaven, also im Land Bremen. Ich muss mich an dieser Stelle zunächst einmal bei den Kollegen der Linksfraktion in Hamburg und auch im Bundestag bedanken und auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz, die uns bei der Formulierung dieser Anfrage sehr geholfen haben, weil es doch eines sehr tiefen Sachverstands bedarf, um die richtigen Fragen zu stellen. Wir bedanken uns auch beim Senat und bei den entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass wir die doch sehr umfangreiche Antwort jetzt vorliegen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte die umfangreiche Antwort jetzt nicht in ihrer Gänze wiederholen, und ich möchte auch nicht auf eine Reihe von Details eingehen, die noch der Nachfragen bedürfen. Wir werden noch eine Nachfrage nachstellen! Es gibt Ungleichmäßigkeiten in der Statistik und ein paar Dinge, bei denen wir noch nicht genau einschätzen können, was damit gemeint ist. Möglicherweise sind es Schreibfehler oder Ähnliches, damit möchte ich nicht anfangen.

Ich möchte damit anfangen, dass es einige sehr wichtige und meines Erachtens bemerkenswerte Besonderheiten gibt. Für mich ist eine der wichtigsten, dass im Zeitraum 2006 bis 2007 ungefähr 16 Tonnen Uran und zwei Tonnen Plutonium in Form von Brennstäben durch Bremen in das Kernkraftwerk Brokdorf transportiert worden sind. Das ist etwas – das hat Herr Bürgermeister Böhrnsen im September dieses Jahres gesagt –, was Bremen nicht mehr mitmacht! Er hat sich deutlich gegen diese Form von Atomtransporten gewandt; er hat gesagt, wir wollen nicht Ersatz für die Atomindustrie beziehungsweise für andere sein, die die Transporte nicht machen wollen, und er hat auch gesagt, Bremen steht für einen Atomausstieg. Das finde ich ehrenwert, und das ist eine Haltung, die wir auch vonseiten der LINKEN deutlich unterstützen, vor allem, weil man sich meines Erachtens ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

noch einmal vergegenwärtigen muss, womit wir es eigentlich zu tun haben.

Als ich 16 oder 17 Jahre alt war, war für mich die beeindruckendste Erkenntnis, dass sich die Atomindustrie nicht scheut, mit einem der giftigsten und gefährlichsten Stoffe, die die Technik überhaupt künstlich erzeugen kann, zu hantieren: mit Plutonium. Plutonium hat eine Halbwertszeit von 25 000 Jahren, das heißt, eine Tonne Plutonium braucht 25 000 Jahre, bis sie sich zur Hälfte zersetzt hat, dann noch einmal 25 000 Jahre, um auf 250 Kilogramm zu kommen, noch einmal 25 000 Jahre, um auf 125 Kilogramm zu kommen. Das sind Zeiträume, die jenseits unserer Planung liegen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Nächste Legislaturperiode, sozu- sagen!)

Plutonium hat eine chemische Toxizität, ist also giftig. 25 Milligramm Plutonium reichen wahrscheinlich, um einen Menschen umzubringen. Das heißt, mit einer Tonne Plutonium kann man ungefähr 40 Millionen Menschen vergiften, wenn man sie fein verteilt. Das weitere Problem ist: Eine tausendfach geringere Menge reicht wahrscheinlich aus, um bei einem Menschen mit einer nahezu hundertprozentigen Sicherheit Krebs zu erzeugen. Das heißt, mit einer Tonne Plutonium kann man nicht 40 Millionen, sondern 40 Milliarden Menschen vergiften. Das Risiko, dass man sie fein verteilt, ist aufgrund der Tatsache, dass Plutonium ein Stoff ist, der tatsächlich eine sehr niedrige kritische Masse hat, zu Atomexplosionen neigt oder bei einer Form von Unfall in die Atmosphäre getragen werden kann, nicht so klein. Deswegen ist es hoch wichtig, dass man diese Form von Transporten einfach verbietet, weil auch der Umgang mit diesem Stoff nichts ist, das man der Menschheit zumuten darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Interessante ist, dass Herr Bürgermeister Böhrnsen mit seiner Einlassung im September den Eindruck erweckt hat, als wäre Bremen grundsätzlich weitgehend frei von Atomtransporten, und die Landesregierung hätte eine Haltung, die das deutlich kritisiert. Die Anfrage belegt das Gegenteil: Bremen ist eine Drehscheibe für internationale Atomtransporte. Wir haben in den Jahren 2004 bis 2008 400 nach Atomrecht genehmigte Transporte mit circa 3 300 Tonnen Kernbrennstoffe durch Bremen und Bremerhaven geführt. Umgerechnet ist das ungefähr alle vier Tage ein Transport. Im Jahre 2008 waren es 88 Transporte, das bedeutet, 2008 war es alle vier Tage ein Transport mit einer durchschnittlichen Kernbrennstoffmasse von 7 Tonnen.

(Glocke)

Das Interessante dabei ist nicht nur, dass diese Transporte praktisch durch Bremerhaven, die Cherbourger Straße, gehen, sondern interessant sind auch die Ziele und die Absender. Die Atomtransporte gingen nach Südkorea, Russland, Kasachstan, USA, Kanada, Brasilien, Argentinien, Südafrika, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Belgien, Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, Spanien, Schweiz und Deutschland. Nicht allein die Tatsache, dass diese Transporte dort hingehen – –.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Die Redezeit ist zu Ende. Dann melde ich mich gleich noch einmal. – Vielen Dank! interjection: (Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dennhardt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE und die Antwort des Senats darauf sind sehr umfangreich, auch Herr Rupp hat dies schon hervorgehoben. Im Grundsatz hätten Sie von der Fraktion DIE LINKE auch schon aus den Antworten des Senats auf die Fragen von meinem Fraktionskollegen Herrn Günthner und mir in der Fragestunde des Landtags vom 2. Juli 2008 ersehen können, in welchem Ausmaß höchst unterschiedliche Atomtransporte über die bremischen Häfen erfolgen und welche Gefährdungen davon für die Bevölkerung ausgehen. Die Nachrichten sind also nicht wirklich neu.

Die SPD-Fraktion wünscht sich allerdings vom Senat endlich eine übersichtliche Darstellung nach Höhe der radioaktiven Belastung und Zweckbestimmung beziehungsweise Herkunft des radioaktiven Materials. Ich habe jedenfalls vergeblich danach in der Antwort des Senats gesucht. Es ist eine lange, ausführliche Auflistung, aber es ist keine übersichtliche Zusammenfassung, wo das Ganze auch einmal in Kategorien dargestellt und geordnet wird. Die Bürgerinnen und Bürger stellen sich natürlich die Frage, ob diese Transporte sicher sind. Zu den Sicherheitsrisiken hat Herr Rupp einiges ausgeführt. Manche Materialien sind hoch radioaktiv, manche Transporte müssen durch die Polizei geschützt werden. Die Senatsantwort zeigt jedoch, dass sich über die grundsätzlichen Risiken hinaus in Bremen und Bremerhaven keine Sicherheitsmängel in der letzten Zeit gezeigt haben.

Die Kritik von Herrn Rupp bezieht sich darauf, dass Atomtransporte durch das Land Bremen Atomenergie ermöglichen. Die SPD hat in der Vergangenheit die Atomenergie mit auf den Weg gebracht. Der Atomkonsens unter der rot-grünen Bundesregierung sieht

keinen Sofortausstieg, sondern nur eine Begrenzung der Laufzeiten vor. Für einen Großteil der atomaren Brennstoffe und der atomaren Abfälle aus der Atomenergie tragen die SPD und auch ihre Wählerinnen und Wähler damit Verantwortung.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Das sind ja nicht so viele!)