Herr Güngör, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass eine erneute Nachfrage in diesem Sommer beim Institut der Deutschen Wirtschaft nach den Kosten für dieses Projekt ergeben hat, dass es keineswegs 50 000 Euro kosten muss, sondern dass es Einstiegsmöglichkeiten und Fördermöglichkeiten gibt?
Das kann gut sein, aber wir haben gesagt, auch die Anschubfinanzierung oder die Vorfinanzierung muss eben durch Sponsoren gegeben sein, diese müssen erst einmal gefunden werden, und diese haben wir im Augenblick nicht. Im Übrigen hat die Senatorin, glaube ich, sehr ausführlich erläutert, dass wir in diesem Bereich schon sehr viel machen und dass wir Projekte auch einfach verstetigen müssen.
Ich glaube, Bremen ist gut damit beraten, das Landesinstitut für Schule weiter darin zu unterstützen, es weiterzuentwickeln, was wir an den neuen Oberschulen auch tun, und auch einmal zu überprüfen, ob es schon in den Grundschulen ein Thema sein kann. All diese Projekte sind in der Planung, und Sie sind herzlich eingeladen, das konstruktiv zu begleiten. – Danke!
Hier ist Überweisung zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Wirtschaft und Häfen, federführend, und die staatliche Deputation für Bildung beantragt worden.
Wer dieser Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/880 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen und auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Gruppe von amnesty international begrüßen. Seien Sie ganz herzlich willkommen! Ich vermute, dass Sie den nächsten Tagesordnungspunkt mitverfolgen wollen.
Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und DIE LINKE vom 18. November 2009 (Neufassung der Drucksache 17/1038 vom 17. November 2009) (Drucksache 17/1046)
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass wir einen gemeinsamen Antrag vorlegen können, einen Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ die Grünen und DIE LINKE. Der Fall, der Mensch Abu-Jamal steht exemplarisch für eine erschreckend hohe Anzahl von Todesurteilen weltweit, nicht nur in den USA, in China, Iran, sondern in viel zu vielen Ländern der Welt. Die Dringlichkeit des Antrags ist geboten, da ab jetzt mit der zweiten separaten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA zu rechnen ist.
Anfang dieses Jahres lehnte der Oberste Gerichtshof den Antrag von Mumia Abu-Jamal auf ein neues Verfahren ab. Der parallel laufende Antrag des Staats
anwalts von Philadelphia auf die Wiedereinsetzung des Hinrichtungsbefehls gegen Mumia Abu-Jamal vor demselben Gericht ist noch nicht entschieden. Seit 1995 kämpft Abu-Jamal um die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Das wurde erst möglich durch eine weltweite Solidaritätsbewegung, die auch Spenden sammelte. Davon konnte ein Team von Vertrauensanwälten finanziert werden. Juristisch schwinden die Aussichten auf einen neuen und fairen Prozess, seit der Oberste Gerichtshof der USA am 6. April 2009 die Wiederaufnahme des Verfahrens ohne jegliche inhaltliche Begründung endgültig abgelehnt hat.
Nun geht es nach der Gerichtssommerpause ab Oktober 2009 nur noch um die Frage, ob sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Todesstrafe durchsetzt oder der Oberste Gerichtshof anordnet, dass in einem neuen Prozess zumindest noch über das Strafmaß – möglicherweise lebenslänglich – verhandelt wird. Das würde der Verteidigung und der internationalen Solidaritätsbewegung wenigstens die Möglichkeit geben, weiterhin für die Freiheit Abu-Jamals zu kämpfen. Entscheiden die obersten Richter aber auch in dieser Frage gegen Abu-Jamal, wäre die letzte Instanz Gouverneur Ed Rendell, der einen neuen Hinrichtungsbefehl zu unterzeichnen oder das Todesurteil auszusetzen hat. Ed Rendell ist aber derjenige, der früher als Staatsanwalt gegen den kritischen Journalisten ermittelt hat.
Abu-Jamal ist 1981 für ein Verbrechen verurteilt worden, das er nach eigener Aussage nicht begangen hat. Auch viele Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international sind von seiner Unschuld überzeugt. Die Verteidigung wäre heute nach jahrelangen eigenen Recherchen in der Lage, zahlreiche Unschuldsbeweise vorzulegen. Abu-Jamal soll den weißen Polizisten Daniel Faulkner getötet haben, nachdem dieser bei einer Fahrzeugkontrolle seinen Bruder misshandelt hat. Dabei wurde auch er angeschossen und nach Eintreffen der Polizei heftig geschlagen. Zum Tathergang gibt es unterschiedliche Zeugenaussagen, die diverse Ungereimtheiten aufzeigen. Hingegen steht fest, dass der Prozess, der AbuJamal vor 27 Jahren gemacht wurde, von rassistischen Äußerungen des Richters sowie der Manipulation des Verfahrens durch Ablehnung von afroamerikanischen Geschworenen geprägt war. Der Satz des Richters zum Staatsanwalt, er würde ihm helfen, „den Nigger zu grillen“, ist von der Gerichtsschreiberin belegt. 13 von 15 afroamerikanischen Jurymitgliedern wurden wegen Unglaubwürdigkeit nicht zugelassen.
Wer ist nun dieser Mumia Abu-Jamal? Abu-Jamal wurde als Wesley Cook am 24. April 1954 in einem Armenviertel in Philadelphia geboren. Er organisierte sich früh in der Black Panther Party und wurde seit seinem 16. Lebensjahr wegen dieser Aktivitäten vom FBI observiert. Seit 1970 war er als Radio- und Kolumnenjournalist tätig. Das war unter der Amtszeit des Bürgermeisters Frank Rizzo, der wegen seines Rassismus berühmt-berüchtigt war. Abu-Jamal setzte sich
gegen Rassismus und die daraus resultierende ZweiKlassen-Gesellschaft und Brutalität ein und war als die Stimme der Unterdrückten, der Stimmlosen bekannt.
Nach seinem Prozess ließ sich Abu-Jamal nicht entmutigen. Auch im Todestrakt arbeitete er weiter als Journalist und Autor. Dem kämpferischen Journalisten, der auch heute noch regelmäßig Kolumnen schreibt, wird aus Sicherheitsgründen eine Schreibmaschine verwehrt. Er schreibt dennoch, über Frauenrechte, Kinderarmut, Rassismus, Notlagen, die Lage von Unterdrückten in der Welt und vieles andere – und auch über die Situation der über 3 000 Inhaftierten in den Todestrakten der USA.
Abu-Jamal ist die Symbolfigur gegen die Todesstrafe geworden. Diese schlimmste Form der Folter ist nicht vereinbar mit der Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Die Würde des Menschen, darauf beruht unser Grundgesetz. Aus den Erfahrungen unserer eigenen Geschichte wurde der Artikel 1 formuliert. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ Auch für die Abschaffung der Todesstrafe überall in der Welt.
Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen der FDP und der CDU, sich unserem Antrag gegen die Todesstrafe und in Solidarität mit Abu-Jamal anzuschließen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eben gerade von Frau Troedel gehört, wie eine international bekannte Person zur Todesstrafe verurteilt worden ist und seit 27 Jahren in der Todeszelle sitzt. Das ist ein Beispiel für die Dringlichkeit – deswegen debattieren wir das heute auch –, die direkt an der Person liegt. Aber wir haben noch wesentlich mehr Menschen auf der Welt, die in Todeszellen auf eine Todesstrafe warten müssen. Es sind über 20 000 Menschen weltweit. Wir haben 2008 2 300 Menschen auf der Welt gehabt, die hingerichtet worden sind, und es gab 2008 8 864 Verurteilungen. Es ist leider eine steigende Zahl, obwohl es immer weniger Staaten – nämlich 58 – sind, die weiterhin eine Todesstrafe aussprechen und auch vollstrecken.
Zur Todesstrafe sagt amnesty international auf ihrer Website Folgendes, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Wo sich der Staat zum Richter über Le
ben und Tod aufschwingt, nimmt nicht Gerechtigkeit ihren Lauf, sondern es wird Rache und Vergeltung geübt.“ Ich glaube, das sagt alles aus, was man zur Todesstrafe sagen muss. Es ist ein auslaufendes Modell, auch das sagt amnesty, es sind immer weniger Staaten. Trotz alledem geht es aber um jeden einzelnen Menschen, der verurteilt wird, wartet und dann teilweise auch hingerichtet wird.
Ich möchte an dieser Stelle amnesty international auch für 30 Jahre Engagement zu diesem schweren Thema sehr danken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt aber noch eine andere konkrete bremische Dringlichkeit, weshalb wir heute über dieses Thema sprechen. Im Anschluss an unsere Sitzung, um 18 Uhr, findet auf dem Marktplatz eine Aktion „Städte für das Leben, Städte gegen die Todesstrafe“ statt. Es gibt eine Initiative seit 2001, die in über 80 Städten Deutschlands und in über 700 Kommunen in der Welt im November – wir machen das am 18. November, sonst ist es häufig am 30. November – diesen Aktionstag begeht. Die Initiative, die aus Italien stammt, wünscht sich, dass wichtige Denkmäler oder Gebäude beleuchtet werden, um ein sichtbares Zeichen gegen die Todesstrafe zu setzten. Sie wünscht sich auch, dass es dazu einen politischen Beschluss gibt, der das noch einmal unterstützt sowie auch gerade die Menschen unterstützt, die diese politische Arbeit meistens ehrenamtlich durchführen.