diese Pleitenummer verhindern kann? Sich dann hinterher in die Kulturdeputation zu stellen und zu sagen, ich habe das alles gewusst, aber ich hatte keine Möglichkeit, das zu verhindern, das ist doch nicht nur peinlich. Das ist wirklich nicht erträglich!
Da muss ich wirklich sagen: Ein Bürgermeister, der nicht einmal als Kultursenator ein 3,8 Millionen-Desaster verhindern kann, obwohl er sagt, er hätte das im Blick gehabt, wird mir nicht erzählen können, dass er den Rest des Haushalts in den Griff bekommt!
Das ist das Kulturressort! Dann können wir sagen, weil wir eine Sozialsenatorin haben, die ihr Ressort nicht im Griff hat, braucht man dort auch noch einmal zwei Staaträte. Warum denn? Es geht auch mit einem Staatsrat!
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir debattieren über den Bundes- koalitionsvertrag!)
Es gibt riesige Landesministerien, die das mit einem Staatssekretär machen, aber wir brauchen für jeden, der es nicht allein geregelt bekommt, zwei Staatsräte. Ist das ein Vorschlag zum Sparen?
Nein, aber das ist rot-grüne Politik: Macht einmal schöne Vorschläge, aber die passen uns allen nicht! Wir haben schon in der letzten Debatte gehört, dass der Verkehrslärm die Stadt sozial spaltet. Machen Sie einmal wirklich Vorschläge, wie Sie dieses Land aus dieser Krise führen wollen, wie Sie sparen wollen! Dann sind wir an Ihrer Seite. Wir können diese Versuche nicht konterkarieren, indem sie auf der anderen Seite wieder abgeschöpft werden. Das haben wir immer erklärt.
Verehrter Herr Kollege Dr. Kuhn, Ihre Zwischenrufe waren auch schon einmal besser! Heute schwächeln Sie ein bisschen auf dieser Position.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Er macht wenigstens welche, im Gegensatz zu Ihnen!)
Ich spreche ja gerade! Soll ich jetzt einen Zwischenruf machen? Bravo, das war endlich einmal eine klare Rede!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die rot-grüne Mehrheit in diesem Haus versucht zu vermitteln, als ob man aus dem Koalitionsvertrag über die Frage, wann und wie und welche Steuererleichterungen tatsächlich umgesetzt werden – dazu habe ich schon gesagt, da ist das letzte Wort ja noch nicht gesprochen –, das Ende des Sanierungskurses des Landes Bremen herleiten könnte. Doch der Titel Ihrer Aktuellen Stunde heißt „Gefährdung des Sanierungskurses durch SchwarzGelb“. Meine Damen und Herren, Sie haben in dieser Regierung, der Sie angehören, kein Problem von 163 Millionen Euro durch Schwarz-Gelb, Sie haben ein Problem durch 900 Millionen Euro Ihrer eigenen Regierungsverantwortung, die Ihnen fehlen!
Deswegen sage ich an dieser Stelle ganz nachhaltig: Sehr geehrter Herr Bürgermeister Böhrnsen, Ihre Partei hat ja den letzten Versuch zur überparteilichen Verständigung auf ein Sanierungspaket für unser Land abgelehnt, indem Sie die Enquetekommission morgen nicht mittragen werden. Sie sind als Bürgermeister gewählt worden mit rot-grüner Mehrheit in diesem Bundesland, um Verantwortung für dieses Bundesland zu übernehmen, und Sie sind nicht gewählt worden, um die Verantwortung für das Scheitern Ihrer Regierungspolitik anderen in die Schuhe zu schieben. Diesen Versuch werden wir nicht zulassen!
Deswegen kann ich nur sagen: Nehmen Sie diese Verantwortung endlich wahr, sorgen Sie dafür, dass dem Bund und den anderen Ländern nachgewiesen werden kann, dass Bremen sich zur Sanierung seiner Haushalte aus eigener Kraft mit Unterstützung des Bundes auf den Weg gemacht hat! Dann bin ich sicher, dass Sie am Ende auch die anderen davon überzeugen werden, dass wir über Steuermindereinnahmen sprechen können. Aber doch nicht erst meckern und nichts tun, sondern erst selbst arbeiten und dann schauen, wie einem andere helfen können, das ist doch alte Bremer Tradition. Das hätte ich von Ihnen verlangt, und nicht das Gegenteil!
Deswegen will ich auch nur ganz kurz zu dem, Herr Tschöpe, etwas sagen, was Sie gesagt haben zur sozialen Spaltung! Ich komme aus einem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus, und ich habe von zu Hause immer mitbekommen, dass die SPD die Partei ist, die sich um die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kümmert. Das Gegenteil
aber, Herr Tschöpe, ist bei Ihrer Partei mittlerweile der Fall, und das ist auch Ihr Problem: Sie kümmern sich nicht mehr um diejenigen, die die Sozialkassen durch ihre eigene Arbeit füllen, Sie kümmern sich nicht mehr um diejenigen, die dafür sorgen, dass überhaupt noch Steuern gezahlt werden. Sie kümmern sich nur noch darum, wie das Geld anderer Menschen ausgegeben wird. Das ist die Sackgasse der Sozialdemokratie.
Deswegen will ich auch noch einmal ganz bewusst sagen, was uns vom System her unterscheidet: Der Werftarbeiter, der Arbeitnehmer in der Fischindustrie in Bremerhaven in der Nahrungsmittelindustrie, derjenige, der im Hafen arbeitet, musste durch Kurzarbeit, durch Verlust von Beschäftigung, durch Verlust von Einkommen – insbesondere auch beim GHB, aber auch bei anderen – seinen Beitrag dafür bezahlen, dass wir die Banken gerettet haben und dass wir Konjunkturpakete finanziert haben. Das haben wir alles über Schulden finanziert, überall über Schulden, und das werden diese Menschen mit ihren Steuern und ihren Abgaben noch über Jahrzehnte abzahlen müssen.
Was sagen Sie eigentlich den Menschen, Herr Tschöpe, die in Kurzarbeit sind, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben? Was sagen Sie eigentlich, was dieser Staat, der ihnen das Geld nimmt, um anderen zu helfen, für sie tut? Sie haben einen Anspruch darauf, dass sich dieser Staat, nachdem er sich um die Banken und um die Konjunktur gekümmert hat, jetzt auch um die Menschen kümmert, die den Wohlstand dieses Staates ausmachen. Das ist die Politik dieser schwarz-gelben Regierung, und die ist richtig, Herr Tschöpe!
Natürlich steht es darin! Da steht zum Beispiel darin, dass wir die Mehrbedarfe in den Sozialversicherungssystemen, die wir haben, weil wir Beschäftigungsrückgänge haben durch Bankenkrise und Wirtschaftskrise, eben nicht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufbürden, dass sie eben nicht durch Sozialversicherungsbeiträge finanziert werden, sondern dass wir sie in Solidarität der Gemeinschaft aller Bürgerinnen und Bürger dieses Landes genauso finanzieren, wie wir die Bankenrettung und die Konjunkturpakete bezahlt haben. Die Menschen auf den Werften, in den Fabriken und in den Unternehmen können nichts für die wirtschaftliche Situation, und deswegen sollen sie sie auch nicht allein bezahlen,
sondern das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die über Steuern finanziert werden muss. Das ist der richtige Weg dieser Koalition.
Ihre Politik führt dazu, und das wird heute wieder einmal deutlich, dass Sie denjenigen, die mit ihren Beiträgen zu dem Sozialversicherungssystem beitragen und mit ihren Steuern die Einnahmen des Staates und der Systeme noch finanzieren, immer mehr wegnehmen wollen,
anstatt sich endlich darauf zu konzentrieren, dafür zu sorgen, dass immer mehr Menschen ihre Beiträge leisten. Das ist doch der Weg! Deswegen sage ich abschließend: 100 000 Arbeitsplätze mehr bringen zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen in die Sozialversicherungssysteme in Deutschland und in den öffentlichen Haushalt. Deswegen ist es die Aufgabe dieser Regierung und deswegen ist es auch die feste, unverrückbare Position der CDU Bremen, dass wir unsere Staatsfinanzen und unsere Sozialversicherungssysteme nicht dadurch in den Griff bekommen, dass wir, wie Sie das wollen, denjenigen, die bisher bezahlt haben, immer mehr abknöpfen, sondern dass wir den Faktor Arbeit entlasten und dafür sorgen, dass immer mehr Menschen überhaupt von eigener Hände Arbeit leben können und damit eben auch ihren Beitrag zur solidarischen Finanzierung unseres Gemeinwesens finanzieren können. Das ist der Richtungswechsel!
Nicht verteilen, sondern vermehren, das hat sich diese Regierung auf die Fahnen geschrieben! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann im Grunde genommen nur froh sein, dass wir eine solche Debatte hier in diesem Haus auch in dieser Schärfe führen, damit klar wird, wer tatsächlich welche Position im Bund und im Land Bremen vertritt!
Wer hat eigentlich Bedenken, dass das, was Sie da in steuerpolitischer Hinsicht tun, verheerend für die Länder sein könnte? Ich sage Ihnen, wer Bedenken hat! Am 19. Oktober, das ist jetzt noch nicht einmal zwei Wochen her, haben Herr Dr. Schrörs und seine ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Kollegen aus den Bundesländern, die finanz- und haushaltspolitischen Sprecher der CDU-Landesfraktionen, hier in Bremen getagt und eine sehr bemerkenswerte Resolution verabschiedet. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten aus der Resolution der christdemokratischen haushalts- und finanzpolitischen Sprecher: „Die haushalts- und finanzpolitischen Sprecher betonen, dass Steuersenkungen nicht einseitig zulasten der Länder geschnürt werden dürfen, und appellieren an die Verantwortung des Bundes, die Konsolidierungsbemühungen in den Ländern nicht durch zusätzliche Einnahmeausfälle zu erschweren.“
Da hat jemand Panik, weil er weiß, was in der eigenen Partei und auf Druck der FDP beschlossen werden sollte. Eine Woche vor dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen haben Sie das beschlossen, weil Sie wussten, dass in den Ländern, und das haben Ihre Kollegen CDU-Finanzminister ja auch schon massiv in der Öffentlichkeit kritisiert, die Einnahmen wegbrechen werden, wenn der Bund dies hier beschließt. Sie haben es offensichtlich vorher gewusst. Diese Resolution spricht Bände, die die CDU-Haushaltspolitiker dort verabschiedet haben.
Es ist in der Tat ein Problem, das wir auch in Bremen noch einmal aufgreifen wollen. Wir werden es morgen und natürlich in den Haushaltsberatungen immer wieder diskutieren. Was Sie versuchen, Herr Röwekamp, ist Folgendes: Sie sagen, wenn ich hier kein symbolträchtiges, öffentliches Schlachtfest veranstalte, indem ich das privatisiere, das verkaufe, die Einrichtung schließe, das zusammenlege und so weiter, dann wird nicht gespart. Das ist aber eine völlig falsche Darstellung!
In Bremen wird seit Jahren unter Ihrer Ägide – und unter unserer Ägide ganz genauso –, massiv gespart. Sie können doch nicht einerseits, wenn es Probleme und Engpässe beim Stadtamt und überall gibt, die aufgrund einer jahrelangen PEP-Quote, einer sogenannten Personaleinsparquote, verursacht werden, dagegen protestieren, dass diese Engpässe entstehen, und dann kommen Sie andererseits hierher und tun so, als ob nicht gespart würde. Natürlich ist das ein Ergebnis von massiven Sparanstrengungen, die in Bremen gemacht werden. Sie haben bei den Investitionen darüber geklagt, dass wir gespart haben. Beim Personal klagen Sie an vielen Stellen darüber, dass wir sparen. Bei den konsumtiven Ausgaben für viele Einrichtungen klagen Sie darüber, dass wir sparen, und dann kommen Sie hierher und sagen, diese Regierung spart nicht, weil sie nicht das von Ihnen im Übrigen mit lauter Ladenhütern bestückte Schlachtfest veranstalten will!
Diese Regierung spart, bis es kracht und bis es wehtut. Es ist eine ganz schwierige Geschichte in Bre
men, Haushalte aufzustellen, die genau dieses umsetzen, weil wir schon lange mit diesem Sparkurs in Bremen zu tun haben. Insofern tun Sie doch nicht so, als ob diese Finanzsenatorin, dieser Bürgermeister und diese Koalition hier in Bremen nicht sparen würden.
Dann zu Ihrem Punkt mit dem Kindergeld und den Freibeträgen! Ich finde, das sind genau die Themen – der Kollege Tschöpe hat es auch angesprochen –, bei denen wir uns hier ganz deutlich auseinanderentwickeln. Es bringt überhaupt nichts, 20 Euro zusätzlich an die Familien zu verteilen. Es bringt überhaupt nichts, bei hohen Einkommen prozentual den Kinderfreibetrag zu einer erhöhten Einsparung zu führen. Wir brauchen in Deutschland gut ausgebildete Kinder und Jugendliche, die in den Schulen und in den Hochschulen ausgebildet werden. Sie wissen ganz genau, was das kostet. Das kostet den Staat enorme Anstrengungen, enorme Geldmittel.
Wir brauchen eine Kinderbetreuung, die es den Eltern ermöglicht, auch arbeiten zu gehen. Denn es ist völlig richtig, dass Arbeit das Rückgrat dieser Wirtschaft und dieser Gesellschaft ist. Dafür müssen wir die Einrichtungen von der Unter-DreijährigenBetreuung, über die Kita, Schule und Hochschule stärken. Der Staat kann das definitiv nicht, wenn Sie ihm durch Steuersenkungen den Boden unter den Füßen wegziehen. Das ist die Auseinandersetzung, die wir hier in der Bürgerschaft führen müssen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. F r e h e [Bündnis 90/ Die Grünen]: Kein Betreuungsgeld!)
Jetzt kommt etwas ganz Interessantes in die Debatte, sowohl vom Kollegen Woltemath als auch vom Kollegen Röwekamp. In Wirklichkeit ist das alles vielleicht gar nicht so gemeint, wie es darin steht. Vielleicht kommt es ja gar nicht so, vielleicht kommt es ganz anders. Wir müssen ja noch einmal darüber reden! Ich greife das einmal positiv auf: Ich habe den Koalitionsvertrag so gelesen: ganz viele Kommissionen, ganz viele Prüfaufträge, ganz viele Ideen und vielleicht ab dem Jahr 2011 und vielleicht auch nicht und so weiter. Wir werden diese Vagheit- und Unsicherheit umdrehen, die Sie verursachen, und werden in allen gesellschaftlichen Bereichen kämpfen, dass bestimmte Dinge so, wie Sie es jetzt beschlossen haben, nicht zustande kommen.