Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst vorweg: Ich hatte befürchtet, dass wir hier eine sehr platte, schwarzweiß geführte Symboldiskussion bekommen würden, und freue mich, Herr Strohmann, dass wir hier doch in einer relativ sachlichen Diskussion darüber reden können, wie wir wirksame Maßnahmen für Lärmschutz erreichen, und da müssen wir über die besseren Argumente streiten.
Die SPD-Fraktion setzt sich intensiv für den Lärmschutz in Bremen ein, der CDU-Antrag selbst weist auf das von der rot-grünen Koalition auf den Weg gebrachte, 2010 startende Schallschutzfensterprogramm für die in Bremen am stärksten von Lärm Betroffenen hin. Es ist gut, dass wir auch mit dieser Debatte noch einmal dafür werben können. Außerdem hat die rot-grüne Koalition das Konjunkturprogramm II genutzt, um mit knappem Geld an der Falkenstraße und an der Tiefer für möglichst viele stark Betroffene konkrete Lärmminderungen zu erreichen.
Die Deputationen für Umwelt und Energie sowie für Bau und Verkehr haben den Umweltsenator mit ihren Beschlüssen vom 27. November und 4. Dezember 2008 auf Antrag der Koalitionsfraktionen, aber letztlich auf Initiative der SPD-Fraktion, aufgefordert, den Mitte 2008 vorgelegten Aktionsplan zur Lärmminderung noch zu verbessern. Unter anderem sollten Mehrfachbelastungen berücksichtigt werden. Inzwischen liegen endlich auch die damals noch fehlenden Daten des Eisenbahnbundesamts vor. Außerdem haben wir um eine eindeutige Priorisierung der einzelnen Maßnahmen nach dem Handlungsbedarf gebeten. Wichtig war uns auch, dass wir vom Umweltsenator eine Zeit- und Finanzplanung für die geplanten Maßnahmen zur Lärmminderung erhalten. Kurz––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Die Lärmkartierung hat ergeben, dass wir in Bremen eine Reihe von Orten haben, an denen wir insgesamt einen Dauerschallpegel von mehr als 70 Dezibel haben und nachts einen von mehr als 60 Dezibel. 70 Dezibel entsprechen etwa einem Rasenmäher in sieben Meter Entfernung, 60 Dezibel entsprechen einem auf Zimmerlautstärke eingestellten Fernseher in etwa einem Meter Entfernung. Das Gesundheitsamt empfiehlt, dass wir bereits ab einem Dauerschallpegel von 65 Dezibel insgesamt und 55 Dezibel nachts lärmmindernd tätig werden. Wo die größte Belastung herrscht, muss zuerst gehandelt werden. Deshalb fangen wir bei den 70 und 60 Dezibel an. Besondere Priorität hat für uns die möglichst störungsfreie Nachtruhe.
Die Hauptursachen dieser hohen Lärmbelastungen sind der Straßenverkehrs- und der Eisenbahnlärm. Beim Straßenverkehr ragen die Autobahnen mit ihren Lärmbelastungen insbesondere dort, wo noch keine Lärmschutzmaßnahmen ergriffen wurden, hervor. Deswegen werden wir voraussichtlich auch nicht umhinkommen, uns im Landtag ernsthaft mit Lärmschutzmaßnahmen zu beschäftigen. Doch die Aktionsplanung zur Lärmminderung ist eindeutig Aufgabe der Kommunen. Erst nachdem auf kommunaler Ebene die Bedarfe ermittelt und die Handlungsmöglichkeiten dargestellt wurden, ist hier der Ort, um über die Maßnahmen zu sprechen, die außerhalb der Macht unserer beiden Stadtgemeinden stehen. Ein besonders absurder Übergriff auf die Zuständigkeiten der Stadtgemeinden ist das Ansinnen, im Landtag Beschlüsse über Tempo 30 zu fassen.
Ihr Antrag von der CDU ist ein billiger Versuch, Profit aus einer Diskussion zu schlagen, in der sich die CDU-Fraktion bisher nicht mit Ruhm bekleckert hat.
Ich hatte aber eingangs erwähnt, Herr Strohmann, möglicherweise war Ihr heutiger Redebeitrag der Beginn einer ernsthafteren Diskussion der CDU zu diesem Thema.
Um zu erreichen, dass es im Land und in der Stadtgemeinde Bremen keine generellen Tempolimits zur Lärmminderung geben wird, ist Ihr Antrag überflüssig.
Die SPD-Fraktion hat längst klargestellt, dass es pauschale Tempolimits zur Lärmminderung mit der SPD in Bremen nicht geben wird.
Auf der einen Seite müssen wir die Gesundheitsinteressen und den Wunsch unserer Bürgerinnen und Bürger nach guter Wohnqualität berücksichtigen. Unser verkehrspolitischer Sprecher, Reimund Kasper, und ich haben uns am Montag vergangener Woche am späten Abend umgehört und zum Beispiel gezielt überprüft, wie es sich am Arberger Dorfplatz anhört – auch Herr Strohmann hatte diesen Bereich angesprochen –, wenn die Räder der Lkws auf der Autobahn jaulen, ein Güterzug vorbeirattert und gleichzeitig ein Flieger landet. Hier besteht Handlungsbedarf.
Lärm trifft vor allem diejenigen, die sich ruhigere Wohnlagen nicht leisten können. Darüber hinaus brauchen wir schon wegen der Einwohnerwertung im Länderfinanzausgleich möglichst viele attraktive Wohnlagen, damit wir keine Einwohner an das niedersächsische Umland verlieren. Auf der anderen Seite brauchen wir aber gerade als Industrie- und Logistikstandort auch ein leistungsfähiges Verkehrssystem. (Beifall bei der SPD)
Diesen Interessenkonflikt kann man nicht einseitig mit pauschalen Tempolimits lösen, dann macht man es sich zu einfach. Tempolimits sind nur ein Mittel zur Lärmminderung, neben Lärmschutzwänden, Flüsterasphalt, Ersatz von Kopfsteinpflaster durch Asphalt, Verbesserungen bei der Wegeführung für Lkws und so weiter. Wir wollen den Lärm gezielt bekämpfen, und zwar dort, wo er auftritt, und mit geeigneten Mitteln. (Beifall bei der SPD)
Die CDU fordert in ihrem Antrag in Punkt 12, dass der Senat sich beim Bund dafür einsetzt, dass es in Deutschland zu einer verstärkten Forschung für lärmreduzierte Antriebstechniken für Pkw und Lkw kommt. Das ist gut, aber es wirkt erst in Zukunft. Bei den höchsten Belastungen müssen wir aber bereits jetzt beginnen, den Lärm zu reduzieren. Union und FDP wollen Deutschland gemeinsam regieren.
Helfen Sie mit, setzen auch Sie sich mit Ihren beiden Bundestagsabgeordneten und über Ihre Parteien dafür ein, dass an den Bundesautobahnen im Lande Bremen die Lärmschutzwände, die Sie eben selbst gefordert haben, gebaut werden und Flüsterasphalt zum Einsatz kommt, wo Wohnbebauung von hohen Lärmbelastungen betroffen ist!
Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er zu Teilen überflüssig ist, zu Teilen nicht in den Landtag gehört und Dinge vorwegnimmt, die in den Zusammenhang der Aktionsplanung zur Lärmminderung gehören. Wichtig ist jetzt statt verfehlter Symbolpolitik die konkrete Auseinandersetzung mit Vorschlägen für wirksame Lärmschutzmaßnahmen. Dabei müssen auch unsere Interessen als Wirtschaftsstandort berücksichtigt werden. (Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Das ist jetzt an die Grünen gerichtet, oder?)
Ich bin gespannt auf die Beiträge der CDU zur Diskussion der Aktionsplanung zur Lärmminderung in der städtischen Deputation für Umwelt und Energie. – Vielen Dank!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich bin, ehrlich gesagt, sehr gespannt auf die Rede der Grünen!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal zu Herrn Strohmann! Ich glaube, dass das Thema von Herrn Dr. Loske nicht wieder aufgegriffen wurde, liegt daran, dass er heute Morgen selbst im Stau stand und etwas zu spät kam. Insofern wäre Fließgeschwindigkeit 30 ganz gut, aber nicht Höchstgeschwindigkeit! interjection: (Beifall bei der FDP)
Ich glaube aber, nach dem Schnellschuss der Grünen kurz vor der Bundestagswahl und dem schnellen Rückpfiff des Koalitionspartners ist nun der Antrag der CDU-Fraktion die logische Folge, wobei ich mich noch frage, ob der Vorstoß, der maßgeblich wohl von der Kollegin Dr. Schaefer ausging, nur als naiv einzustufen ist oder tatsächlich ernst gemeint war. Ich stufe ihn eher als Wahlkampfkalkül ein, schließlich sind wir hier in Bremen und nicht in Absurdistan.
(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Haben Sie eigentlich unseren Antrag gelesen?)
Es geht um ein sehr ernsthaftes Problem in unseren beiden Städten. Lärm beeinträchtigt nicht nur die Wohnqualität, immer mehr beeinträchtigt Lärm auch die Gesundheit, auch wenn die Weltwirtschaftskrise derzeit etwas Ruhe auf den Bahntrassen und den Autobahnen, die durch unsere Wohngebiete führen, gebracht hat. Wir sind uns aber hoffentlich darüber einig – mit Ausnahme vielleicht der Kolleginnen und Kollegen auf der ganz linken Seite –, dass diese Krise hoffentlich bald überwunden ist und dass dann auch wieder der CT 4 voll ausgelastet ist. Das bedeutet dann auch wieder mehr Güterverkehre auf der Autobahn und auf den Bahntrassen, die in der Tat mitten durch unsere Wohngebiete führen. Schwerlast- und Güterverkehre führen durch die Wohngebiete nicht tagsüber, sondern in der Regel nachts, und nachts wollen die Menschen schlafen, auch wenn derzeit auf EU-Ebene darüber nachgedacht wird, dem Güterverkehr Vorrang vor dem Personennahverkehr einzuräumen. Aber ob das gut wäre, wenn der Personennahverkehr von der Schiene verdrängt wird, wage ich auch zu bezweifeln.
Hallo? War bei den Grünen irgendwann von Bahnverkehr oder von Straßenbahnen die Rede? Vielleicht habe ich tatsächlich nicht alles gelesen, ich habe ja das meiste nur aus den Zeitungen und aus den Medien. Dort habe ich nichts von immer mehr verdichteten Taktzeiten an 24 Stunden am Tag gelesen, von Fluglärm. In Verlautbarungen der Grünen habe ich davon ebenfalls bisher nicht so richtig etwas wahrnehmen können. Übrigens ist das auch ein Manko des CDU-Antrags, meine ich. Er ist auch leider viel zu kurz gesprungen, aber, sagen wir einmal, im Eifer des Gefechts verzeihbar, und, keine Sorge, wir werden dem Antrag auch zustimmen.
Lärm kennt eben nicht nur die Quelle Pkw- und Lkw-Verkehr, das darf nicht vergessen werden. Ich war übrigens gerade vor zwei Wochen bei einem sehr interessanten Dreitage-Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung in Schloss Eichholz, übrigens steht die Konrad-Adenauer-Stiftung allen offen, nicht nur den CDU-Mitgliedern. Das Thema war Netzplantechnik und Projektsteuerung. Erkenntnis: Komme niemals mit einem halbfertigen Produkt auf den Markt, es wird sich rächen. Effektiv war das Seminar, dazu noch kostengünstig und, wie bereits gesagt, es steht allen offen.
Aber keine Sorge, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich habe es eben schon gesagt, auch wenn Ihr Antrag wirklich noch nicht das Gelbe vom Ei ist, weil er schlicht und ergreifend viele Facetten der Lärmproblematik ausklammert und viele Fragen offen lässt, er findet selbstverständlich unsere Unterstützung und kann auch jederzeit nachgebessert werden.
Nicht nur die CDU-Fraktion, auch die SPD, Teile der Grünen – oder beschränkt sich das vielleicht auch nur auf ehemalige Grüne, aber Herr Möhle hat sich ja noch zu Wort gemeldet –, die Handelskammer und die FDP-Bürgerschaftsfraktion halten den Vorschlag der Grünen, schärfere Tempolimits für Lastwagen und Autos einzuführen, zumindest wenn es eine generelle Einführung ist, darauf ist Herr Dennhardt auch schon eingegangen, für reine Propaganda.
Die Grünen versuchen, ihre Anti-Auto-Kampagne fortzusetzen, die mit dem autofreien Sonntag begonnen hat, und ich glaube, Dienstag in der Stadtbürgerschaft haben wir uns auch mit dem Thema Kosten beschäftigt, der eine Tag hat allein mehr als 100 000 Euro gekostet, oder war es nicht so? Doch, oder?
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, der ist bei der Bevölkerung super angekommen! Super ist der angekom- men bei der Bevölkerung! Darüber freuen Sie sich doch, oder?)
Tempolimits führen nur zu einer Verdichtung des Schilderwalds, da schaue ich einmal wieder den Kollegen Strohmann an: Mit der Windrichtung, das fand ich ganz spannend. Wie soll das denn funktionieren? Wollen wir dann auf die Schilder schreiben, bei Nordwind bitte Tempo 30? Das war jetzt ein Scherz! Es führt nicht nur zu einer Verdichtung des Schilderwalds, sondern auch zu einem Mehr an Überwachung, und das, obwohl schon heute Polizisten für die Verfolgung von Straftaten fehlen.
Die Bürger werden nicht nur durch den von Lkws und Pkws verursachten Lärm belastet, ich sagte es bereits, sondern auch durch Flug- und zunehmenden Bahnverkehr. Über einzelne Tempolimits nachzudenken ist erlaubt, jedoch allein zu kurz gesprungen, sie leisten keinen nennenswerten Beitrag zur Lärmreduzierung. An Schnellstraßen, Autobahnen und Bahnstrecken sind lückenlose Lärmschutzwände und -wälle das derzeit einzig wirksame Instrument zur Lärm