Dann wie Zieten aus dem Busch zu kommen und zu sagen, wir machen da aber ja schon einiges, das kann ich auch in die Antwort des Senats durchaus hineinschreiben, das ist ein ernsthaftes Thema und überhaupt kein Thema für politische Spielereien, wo Sie hier jetzt auch gerade versucht haben, da noch einmal die Haushaltsdebatte aufzumachen. Ich finde, das ist diesem Thema überhaupt nicht angemessen. Natürlich kann man Geldfragen debattieren, aber doch nicht diesen Redeschwall produzieren und sagen, wir haben hier irgendeinen Widerspruch. Natürlich kostet das Geld, aber man kann das auch hier hineinschreiben und sagen, dass wir davon profitieren, was das BKA macht.
Darin steht doch überhaupt nichts! Das ist doch unpräzise! Wir setzen das um, und wir profitieren davon,
und wir würden uns wünschen, dass wir noch mehr machen könnten. Das kann man in so einer Antwort schreiben. Diese ganze Antwort ist ein sehr großes Wischiwaschi, und die Debatte, wie wir sie heute geführt haben, führt an der Ernsthaftigkeit des Themas völlig vorbei, vor allen Dingen von der Regierungskoalition aus zu sagen, wir machen das alles. Natürlich machen wir das, weil wir dazu verpflichtet sind und weil wir unseren Kindern und den Eltern verpflichtet sind, aber dann so eine Debatte hier zu führen, das verstehe ich nicht. Ich glaube, wer diese Debatte mit anhört, wie in vielen anderen Bereichen auch, die wir hier heute Morgen auch hatten, der muss an einigen Punkten an der Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung zweifeln. Das wollte ich hier noch einmal zu Protokoll geben.
darüber gibt es doch überhaupt keine Debatte. Deshalb können wir doch hier aber einmal deutlich sagen, wie wir im Einzelnen mit dem BKA zusammen
arbeiten und welcher Rückfluss an Informationen da kommt. Was der Kollege Hinners angesprochen hat – und das sehe ich genauso –, das ist doch zu sagen, wenn wir nur Informationen über Strafverfolgung bekommen und diese Details da laufen, dann gehen bestimmte Entwicklungen, die im Täterbereich vollzogen werden, an uns eventuell vorbei, weil der Senat nicht beantwortet hat, wie er das auswertet und wie er das weiterverfolgt. Das ist doch der Hintergrund. Wo sind neue Entwicklungen? Das müssen wir doch wissen, wir können doch keine Präventionsarbeit leisten, wenn wir gar nicht wissen, wo die neuen Entwicklungen im Internet sind, und die entwickeln sich in der Regel – das ist gerade das Traurige daran – natürlich an dieser Schnittstelle zwischen Legalität und Illegalität, weil da immer versucht wird, Profit zu machen.
Natürlich gibt es da keinen Dissens, aber ich will das hier noch einmal klar unterstreichen. Dann so eine Debatte über diese große Nummer aufzumachen geht, finde ich, wirklich am Thema vorbei. – Vielen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksachen-Nummer 17/866, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Lebenslagen im Land Bremen Armuts- und Reichtumsbericht der Freien Hansestadt Bremen 2009 Mitteilung des Senats vom 23. Juni 2009 (Drucksache 17/851)
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter, ihr beigeordnet Herr Staatsrat Dr. Schuster.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bezogen auf die Bundesrepublik wissen wir, wie Reichtum und Lebenschancen verteilt sind. Das reichste Zehntel der Bevölkerung besitzt fast zwei Drittel des gesamten Vermögens, dagegen verfügen mehr als zwei Drittel der Bevölkerung nur über einen Anteil am Gesamtvermögen von weniger als zehn Prozent. Knapp 30 Prozent besitzen gar nichts oder haben Schulden. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Schere sich nicht weiter öffnet. Das zentrale Problem ist bekannt. Zwischen Armut und Reichtum scheiden sich die Lebenschancen der Menschen. Wo auf der einen Seite große Ressourcen zur Lebensgestaltung schon in der Herkunftsfamilie angelegt sind, haben wir auf der anderen Seite, der Armut, einen extremen Mangel an Ressourcen zur Lebensgestaltung. Ein Mehr an finanziellen Ressourcen bedeutet im Kern mehr Bildung, mehr soziale Sicherheit, größere soziale Netzwerke, soziale Teilhabe und bessere Gesundheit.
Heute debattieren wir den Bericht des Senats zu Armut und Reichtum in unserem Land Bremen. Endlich ist es gelungen, einen solchen Bericht für Bremen zu erstellen. Dieser Bericht ist über 400 Seiten stark und schildert dezidiert die realen Lebenslagen für die Menschen in unserem Land bezogen auf demografische Rahmenbedingungen, er bezieht sich auf Teilhabemöglichkeiten für die Bereiche Einkommen, Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit, Bildung, Wohnen, Gesundheit und Partizipation. Der Bericht beschreibt auf dieser Grundlage die sozialen Chancen und Teilhabemöglichkeiten für einzelne Personengruppen wie Kinder, Jugendliche, ältere Menschen, Frauen, Alleinerziehende, Obdachlose, Migranten und Menschen mit Behinderungen. Er macht auch überdeutlich, Armut bedroht die Menschen auf ganz existenzielle Art. Dort, wo in Bremen materielle Armut herrscht, wird ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
deutlich kürzer gelebt. So unterscheiden sich beispielsweise die Lebenserwartungen im vergleichsweise wohlhabenden Schwachhausen zum weniger privilegierten Stadtteil Gröpelingen bei den Männern um fast acht Jahre und bei den Frauen um gut fünf Jahre. Diese Benachteiligung durch Armut lässt sich über alle Lebensbereiche verfolgen. Ungeschönt und faktenreich klärt der Bericht über die soziale Situation in unserem Land auf. Er beleuchtet die sozialräumliche Situation in den Stadtteilen, Ortsteilen und Wohngebieten. Letztlich bietet er für uns alle ein umfangreiches Strategie- und Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Armut und Armutsfolgen, welche sich in schon begonnene und perspektivisch zu entwickelnde Maßnahmen unterteilt.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle loben wir den Senat ausdrücklich und in aller Deutlichkeit, denn dieser Bericht beschreibt die Unterschiedlichkeit der sozialen Lebenslagen in unserem Bundesland in einer Klarheit, die für uns von der SPD als Auftrag zum weiteren Handeln verstanden wird.
Der Bericht benennt für alle von Armut bedrohten oder betroffenen Personengruppen die jeweils konkrete Lebenssituation und zeigt die Teilhabebarrieren genau auf. Er legt sozusagen den Finger in die Wunde und begnügt sich aber nicht damit, sondern weist auf schon vorhandene und bereits begonnene oder neu zu entwickelnde politische Handlungsfelder und Maßnahmen hin. Genau darum geht es! Wir sind jetzt gefordert, gemeinsam weiter daran zu arbeiten, den schon begonnenen Weg weiter zu gehen. Dieser Prozess kann nur erfolgreich sein, wenn es uns gelingt, ressortübergreifend abgestimmte Strategien zu entwickeln.
Ich möchte an einem ausgewählten Beispiel des Kapitels im Bericht zu der Problemlage von Alleinerziehenden deutlich machen, dass sich der Unterstützungsbedarf über alle Ressorts zieht. Natürlich hat das Sozialressort dabei eine entscheidende Rolle. Für Alleinerziehende ist es eine zentrale Frage, wie die Versorgung von Kindern in der Kindertagesbetreuung oder die Lage in den Schulen ist, ob wir ausreichend Ganztagsschulen haben oder nicht.
Für das Bauressort zum Beispiel stellt sich die Frage, ob es für Einelternfamilien angemessenen bezahlbaren Wohnraum gibt. Wie ist das Wohnumfeld und das gesamte Quartier bezogen auf ihre Lebenslage? Warum werden die Grundrisse von Wohnungen nicht an den Bedürfnissen von Einelternfamilien ausgerichtet?
Bildung: Gibt es für die Kinder eine gut erreichbare Ganztagsschule, damit die Mutter sich qualifizieren oder berufstätig sein kann?
Wie können wir sicherstellen, dass junge Frauen trotz früher Schwangerschaft ihren Ausbildungsweg entwickeln können?
Kultur: Gibt es im Wohnumfeld kulturelle Angebote für Einelternfamilien, die bezahlbar sind? Gesundheit: Wie können wir sicherstellen, dass Alleinerziehende aufgrund zeitlicher fehlender Ressourcen ihre gesundheitlichen und psychischen Belastungen für sich und ihre Kinder vermindern können? Sport: Gibt es im Stadtteil bezahlbare und kostenlose Angebote für die Mütter und Kinder?
Arbeit: Gibt es ausreichend Möglichkeiten für Alleinerziehende bezogen auf Ausbildung, Umschulung und Nachqualifizierungsmaßnahmen? Müssen wir gezielter fördern und Angebote entwickeln? Ist die Datenlage ausreichend, um passende Handlungsoptionen entwickeln zu können? Welche Strategien brauchen wir zusätzlich, um Armut trotz Arbeit zu verhindern?
Hinzu kommt die Zeitarmut, vieles, was in Paarfamilien unproblematisch ist, ist im Alltag Alleinerziehender mit hohem Organisationsaufwand verbunden.
Unter dem Strich kann man feststellen, dass Einelternfamilien besonders stark von Armut bedroht oder betroffen sind. Das Risiko, in Langzeitarmut zu geraten, ist doppelt so groß wie im Bevölkerungsschnitt. Jedes weitere Benachteiligungsmerkmal potenziert das Armutsrisiko. Für Bremen heißt das, dass 30 Prozent aller Familien Einelterfamilien sind. 88,5 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen, in mehr als jedem vierten Haushalt ist der Haushaltsvorstand eine alleinerziehende Mutter. Mehr als jede zweite Einelternfamilie im Land Bremen ist abhängig von Transferleistungen nach dem SGB II. Der Frauenanteil dabei liegt bei 95,2 Prozent. Bei der Analyse von Armut und gesellschaftlichen Ungleichheiten verweist das hohe Niveau der Kinderarmut im Land Bremen auf die prekären Lebenssituationen ihrer Mütter. Es gilt also, die Lebenssituation alleinerziehender Frauen zu optimieren, um wirksam etwas gegen Kinderarmut tun zu können.
Insgesamt gehören Frauen überproportional der wachsenden Bevölkerungsgruppe an, die von dauerhafter Armut und sozialer Exklusion betroffen ist. Erzielen Frauen ein Erwerbseinkommen, so liegt dieses deutlich unter dem der Männer. Diese Differenz ist auch von der Anzahl der Kinder abhängig. Das
ist auch eine Konsequenz von geschlechtlicher Arbeitsteilung und Geschlechterrollen. Frauen sind häufiger in frauentypischen Berufen und Branchen mit schlechter Bezahlung tätig. An diesen Beispielen wird deutlich, wie wir den Lebenslagenbericht verstehen müssen. Er bietet uns eine genaue Beschreibung, Daten und Handlungsfelder, mit denen wir politisch umgehen, Ziele formulieren können und müssen.
Nun möchte ich zu unserem Dringlichkeitsantrag kommen, der mit diesem Tagesordnungspunkt verbunden ist! Für uns war besonders wichtig, dass dieser Bericht nicht für vier Jahre in der Schublade verschwindet.
Unser gemeinsamer Antrag „Politik zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts“ zielt darauf ab, den Lebenslagenbericht zur Grundlage für unser weiteres politisches Handeln zu machen. In vielen Bereichen haben wir uns schon auf den Weg gemacht, wie zum Beispiel bei der Schwerpunktsetzung beim Kita-Ausbau auf sozial benachteiligte Gebiete, das kostenlose Mittagessen, die Einführung eines Sozialtickets ab 2010, die Ausweitung der WiN-Gebiete in Bremen und Bremerhaven, den kontinuierlichen Ausbau von Ganztagsschulen, und wir sind auf dem Weg, die Lebenssituation von Migrantinnen und Migranten genauer zu analysieren und für eine bessere Integration zu sorgen sowie die Inklusion behinderter Kinder voranzutreiben. Wir werden weiterhin auf Bundesebene alle Möglichkeiten nutzen, unsere sozialpolitischen Initiativen einzubringen. Uns geht es sowohl um Initiativen auf Bundesebene als auch um eine zielgerichtete Politik für den Zusammenhalt im Land Bremen.