Protocol of the Session on August 26, 2009

Ja, ich will das ruhig so sagen, der Mut, den die Gesamtschule Ost gehabt hat, hier dieses Thema mit Schülerinnen und Schüler in der Schule aufzugreifen, hat uns ein Stück weit gezeigt, welche Thematik, welche Aufgabe für uns darin steckt, und wir sollten und dürfen diese Chance gar nicht vertun, dass

sich junge Menschen auf den Weg machen, hier auch etwas für die gesamte Gesellschaft zu erreichen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Genau das wollen wir hier: Nicht nur den Ball aufgreifen, sondern den Ball weiter ins Rollen bringen, und ich denke, dass hier auch die richtigen Initiativen ergriffen worden sind, und ich unterstütze das sehr! – Vielen herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/895 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU)

Stimmenthaltungen?

(FDP und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 17/879, Kenntnis.

Beschäftigungssituation an Bremer und Bremerhavener Schulen

Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 12. Mai 2009 (Drucksache 17/776)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 4. August 2009

(Drucksache 17/869)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache

17/869, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Frau Senatorin Jürgens-Pieper, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll.

Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Das Wort hat der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen in letzter Zeit sehr viel über die Notwendigkeit, das Bildungssystem zu verbessern. Ein zentraler Aspekt ist dabei selbstverständlich auch die Situation der Beschäftigten an den Schulen. Hier ist es schon seit der Großen Koalition gelegentlich darum gegangen, im Bildungsbereich Kosten zu senken. Da ist dann an der falschen Stelle gespart worden. Das betrifft die Bereiche, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht im öffentlichen Dienst, sondern über freie Träger angestellt sind. Wir wollten über die Situation einmal genauer Bescheid wissen und haben eine Anfrage gestartet. Das Ergebnis hat selbst uns überrascht. Wir wollten vom Senat wissen, in welchem Umfang an öffentlichen Schulen Beschäftigte arbeiten, die nicht regulär bei der Senatorin für Bildung und Wissenschaft angestellt sind, sondern bei anderen Trägern.

Nach Auskunft des Senats betrifft das 1 300 Beschäftigte. Verglichen mit 6 200 Lehrerinnen und Lehrern, die regulär im Land angestellt sind, befinden sich etwa 17 Prozent der Beschäftigten an Schulen in anderen Beschäftigungskonstruktionen, davon ein Großteil als Betreuungskräfte, Assistenz- und Förderkräfte, aber auch über 200 Lehrerinnen und Lehrer, davon 39 als Klassenlehrer, zum Teil länger als ein Jahr. Eine vollständige Aufschlüsselung nach unseren Fragen wird bezeichnenderweise als nicht möglich dargestellt. Sie wissen es selbst nicht ganz genau. Wir haben uns natürlich gefragt, was dies für die Beschäftigten und für die Schülerinnen und Schüler bedeutet. In der Regel werden die Beschäftigten schlechter bezahlt und sind unsicher beschäftigt. Zwar werden die meisten nach TV-L bezahlt, aber sie erhalten keine vermögenswirksamen Leistungen, keine Jahressonderzahlungen, und TV-L heißt dann nicht viel, wenn die Eingruppierung nicht kontrolliert werden kann.

Die Eingruppierung wird aber seitens des Landes nicht überprüft, wie wir aus der Antwort erfahren. Wir erfahren weiterhin, dass mehr als die Hälfte derjenigen Beschäftigten, die bei freien Trägern angestellt sind, befristete Verträge haben, dass 92 Prozent in ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Teilzeit arbeiten, also ist dies alles in allem eine prekäre Beschäftigungssituation im großen Ausmaß. Die Betroffenen sind, wie so oft in solchen Situationen, 75 Prozent Frauen. Diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fehlt es im Übrigen auch an Vertretung und Kontrolle durch den Personalrat. Gerade in der von hier aus gesehenen linken Hälfte des Hauses schätzt man ja die Arbeitnehmerrechte und den Schutz durch den Personalrat, der auch die Einhaltung von Vorschriften und Tarifverträgen kontrolliert. Dies fällt bei diesen 1 300 Kolleginnen und Kollegen weg, hier kann, wie die Antwort des Senats lautet, der Personalrat nur beratend hinzugezogen werden. Wir finden, zusammengefasst ist das eine unhaltbare Situation.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier wird ein erheblicher Anteil der Arbeit an Schulen in Arbeitsverhältnisse ausgelagert, die unsicher und schlecht bezahlt sind. Der Zweck ist einzig und allein, Kosten zu sparen, und zwar ohne Rücksicht auf Arbeitsverhältnisse und Qualität der Bildung. Auf jeden Fall ist dies der weit überwiegende Zweck, ich komme auf die Ausnahme noch zu sprechen. Unsere Forderung lautet deswegen: All diesen Beschäftigten muss die Übernahme in ein reguläres, unbefristetes Anstellungsverhältnis beim Land angeboten werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben Ähnliches schon bei den Honorardozenten gefordert. Eine vergleichbare Situation haben wir hier im Schulbereich, und es gibt noch einige andere Bereiche. Prekäre Beschäftigung wollen wir alle zusammen, wenigstens die linke Hälfte dieses Hauses, zurückdrängen. Mein Appell: Machen Sie das an den Schulen, stellen Sie sich gegen eine Tendenz der Ausweitung dieser Beschäftigungen!

(Beifall bei der LINKEN)

Wer an öffentlichen Schulen arbeitet, muss die Möglichkeit haben, beim öffentlichen Arbeitgeber angestellt zu werden. Wenn es Befristungsgründe aus den Beschäftigten heraus gibt oder wenn es wirklich bestimmte Projekte sind, ist das etwas anderes. Aber 1 300 Gründe aus den Beschäftigten heraus, das werden Sie mir nicht erzählen können, auch nicht aus bestimmten Projekten heraus, nein! Hier werden Kettenverträge aneinandergereiht, ohne dass Sie mir beantworten können, wie viele und ob das Arbeits-, Teilzeit- und Befristungsgesetz dabei immer eingehalten wird. Wir haben also hier eine Zersplitterung von Arbeitsverhältnissen, die nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Schülerinnen und Schüler zu spüren bekommen.

Wer öfter in Versammlungen auf Beiratsebene ist, weiß, dass die Eltern mit einer Gestaltung von insbesondere Ganztagsschulen, auch gern als Billigganz

tagsschulen, die sie lieber überhaupt nicht hätten, ganz erheblich unzufrieden sind. Lieber verlässlich bis Mittag und gute Qualität, als das, was die Eltern dort oft erleben! Das ist, was wir zu hören bekommen, aber auch was Sie zu hören bekommen.

Meine Damen und Herren, wir finden, dass diese Situation beendet werden muss. Die positiven Ausnahmen sind, dass Sie punktuell zusätzlich Künstler und Wissenschaftler beschäftigen, aber insgesamt sind Sie in eine Sackgasse geraten. Mit noch mehr solcher Beschäftigungen im Zuge des Ausbaus der Ganztagsschulen kann das so nicht weitergehen oder sogar noch ausgeweitet werden, davor warnen wir ganz erheblich. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die flächendeckende Einführung der verlässlichen Grundschule, die Schaffung von jetzt fast 40 Ganztagsschulen und viele andere unterstützende Maßnahmen im Schulbereich sind trotz der anfänglichen Vorbehalte, die von vielen geäußert wurden, ein richtiger Erfolg im Land Bremen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Betreuungs- und Unterstützungsangebote sind nur mit ganz unterschiedlichem Personal umzusetzen. Das heißt zum Beispiel mit Lehrkräften, mit Assistenzkräften, mit pädagogischen Förderkräften oder Betreuungskräften. Zu diesem Personal zählt auf der einen Seite der Frührentner, der eine Schach-AG am Nachmittag in einer Ganztagsschule betreut, die Ergotherapeutin, die sich um ein Kind mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom kümmert, und die Lehrerin, die im Vertretungsunterricht tätig ist.

Diese Menschen haben alle sehr unterschiedliche Aufgaben, aber auch sehr unterschiedliche Arbeitgeber, das ist eben festgestellt worden. Mit diesen unterschiedlichen Arbeitgebern sind leider häufig auch unterschiedliche Arbeitsverträge verbunden, obwohl es natürlich auch unterschiedliche Interessen bei diesen Personen gibt. Ähnlich wie bei den Honorarkräften in der Weiterbildung sind einige ganz klar im Nebenerwerb tätig, so zum Beispiel die Studierenden, die innerhalb ihres Studiums die eine oder andere Stunde ableisten, oder Menschen, die neben ihren häuslichen oder anderen beruflichen Verpflichtungen wirklich nur ein paar Stunden arbeiten wollen. Wir wollen aber nicht darum herumreden, es gibt auch andere, die müssen davon leben, und zum Beispiel von einem 400-Euro-Job kann man nicht leben; wenn man nichts anderes hat, muss man mehrere Jobs annehmen.

Neben den vielen Unterschiedlichkeiten haben wir auch eine Menge von Gemeinsamkeiten. Erstens handelt es sich überwiegend um Frauen, zweitens haben sie überwiegend eine qualifizierte Ausbildung, auch wenn sie jetzt nicht unbedingt der Ausbildung entspricht, die für diese Tätigkeit notwendig ist. Fast 90 Prozent der Beschäftigten werden nach dem TV-L bezahlt, und die überwiegende Mehrheit muss in Teilzeit arbeiten und, das ist hier eben auch schon angesprochen worden, leider in Zwangsteilzeit. Das heißt, selbst der Wunsch nach Aufstockung ist hier nicht unbedingt umzusetzen. Ich habe schon gesagt, dass viele dieser Beschäftigten bei unterschiedlichen Trägern beschäftigt sind, und damit sind unterschiedliche Arbeitsverhältnisse, das heißt Arbeitsbedingungen, verbunden.

Die Kooperationszeit, die an manchen Stellen notwendig ist, wird in die Arbeitszeit eingerechnet oder auch nicht. Die Vorbereitung für diese Tätigkeit oder auch der Feriendienst wird unterschiedlich gehandhabt, und das schafft natürlich Unzufriedenheiten. Ich finde, da muss man sehen, wie man dem begegnet. Wir haben in diesen wenigen Jahren, ich habe das geschildert, eine Situation an den Schulen, was die Unterstützung angeht – meine Damen und Herren, das hätten wir uns vor zehn Jahren nicht träumen lassen –, da sind wir richtig vorangekommen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)