Protocol of the Session on August 26, 2009

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 17/862, Kenntnis.

Bericht des Petitionsausschusses Nr. 24 vom 10. August 2009

(Drucksache 17/873)

Wir verbinden hiermit:

Bericht des Petitionsausschusses Nr. 25 vom 18. August 2009

(Drucksache 17/887)

Eine Aussprache ist nicht beantragt worden.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Wer der Behandlung der Petitionen in der empfohlenen Art zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Meine Damen und Herren, somit sind wir auch schon am Ende der Tagesordnungspunkte, die mir jetzt hier ohne Debatte vorliegen und die noch vor der Mittagspause zu behandeln waren.

Ich unterbreche die Landtagssitzung bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.51 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet. Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Seniorengruppe der Heilig-Geist-Kirche Neue Vahr Nord und Auszubildende der Gesundheitsund Krankenpflege in Bremen. Herzlich willkommen in unserem Hause!

(Beifall)

Wir setzen die Tagesordnung fort.

Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen und der Freien Hansestadt Bremen zu einer grenzüberschreitenden Raumordung und Landesentwicklung Mitteilung des Senats vom 11. August 2009 (Drucksache 17/878) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Loske. Wir kommen zur ersten Lesung. Die Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ziel dieses Gesetzes und vor allem des damit verbundenen Staatsvertrages ist eine zukunftsorientierte und vernünftige Zusammenarbeit zwischen dem Land Bremen und den benachbarten Gebieten, eine Zusammenarbeit in der Region. Damit wird an das angeknüpft, was wir seit vielen Jahren – man muss ja eigentlich deutlich sagen, Jahrzehnten, einige beginnen ihre Berichterstattung über dieses Thema sogar mit dem Jahre 1930, aber, ich denke, allein der Rückblick auf die letzten Jahrzehnte macht das schon deutlich – dort mit gemeinsamer Landesplanung Bremen/Niedersachsen und vielen anderen Themen begonnen haben. Ich denke, die heutige Entscheidung, die hier die Bremische Bürgerschaft mit diesem Gesetz über diesen Staatsvertrag zu treffen hat, ist schon eine Schlüsselentscheidung für die Verbindlichkeit, die diese Zusammenarbeit in Zukunft haben soll. Wir werden damit, und das ist jedenfalls der Geist, der diesen Staatsvertrag auszeichnet, ein Signal setzen, aber auch Maßnahmen entwickeln, um die Bürgermeisterkonkurrenz zu beschränken, um zu verhindern, dass die einen gegen die anderen versuchen, Vorteile zu erlangen, aber das Große und Ganze dabei nicht vorankommt.

Ich sage auch, dass man sich die Frage stellen muss, worin denn unser bremisches Interesse liegt, weil sehr häufig gerade mit dieser Konkurrenz verbunden war, dass viele die Sorge hatten, dass kleinere Gemeinden und kleinere Landkreise in den Nachbarregionen Vorteile haben könnten. Meines Erachtens liegt das bremische Interesse sehr eindeutig darin, dass wir darauf setzen müssen, dass der Nordwesten insgesamt eine Entwicklungsperspektive bekommt und sich der Nordwesten – der ja mit dem Status der Metropolregion Bremen/Oldenburg in den letzten Jahren ein Etikett bekommen hat – weiterentwickeln kann, sodass wir in der Konkurrenz im überregionalen Bereich eine Ausstrahlung und ein Profil gewinnen. Unsere spezifisch bremische Rolle besteht doch darin, dass wir das Oberzentrum dieser Region sind. Bremen ist die Schaltzentrale und der Motor und muss der Motor in diesem Bereich sein. Ich bin sehr davon überzeugt, dass wir insgesamt von einer positiven Entwicklung in der Metropolregion und einer positiven, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Entwicklung in diesem Raum des Nordwestens als Hauptstadt des Nordwestens den Vorteil ziehen und profitieren werden. Das gilt hier für die Stadt Bremen, aber weiter nördlich genauso auch für Bremerhaven als die große Stadt an der Unterweser.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Die größte Stadt an der Nordsee! – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Die zweitgrößte des Landes!)

Die größte Stadt an der Nordsee, weiß Kollege Günthner sicher zu berichten!

Wenn man sich den Vertrag anschaut, sieht man, dass der zentrale Regelungsinhalt darin besteht, dass die Raumordnung angefasst werden soll, zu Deutsch soll damit geregelt werden, dass wir zu einem gemeinsamen Handeln bei der Frage von Gewerbe und Handel, bei der großen Frage, wie viel Handel in welcher Größe an welchen Orten, zu gemeinsamen Planungen auch im Bereich des Siedlungswesens und Wohnungsbaus, aber vor allem auch des Verkehrs kommen.

Im Verkehr – das muss man ja an der Stelle sagen – haben wir schon in den letzten zwei Jahrzehnten einen großen Schritt nach vorn gemacht. Ich finde, es wird immer wieder unterschlagen, dass wir den Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen haben, der diese Region schon zusammenführt und in dieser Region schon wichtige Strukturen als Zweckverband setzt. Das ist eigentlich ein Vorbild oder ein Vorläufer, will ich eher sagen, für das, was jetzt an Arbeit und Aufgaben dort vor uns liegt. Das wird am Ende gegossen und wird dann hier auch die Bürgerschaft, die Stadtbürgerschaft, aber auch die Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven tangieren, wenn man darüber redet, wie die Flächennutzungsplanung abzustimmen ist, und wenn – auch das sagt der Vertrag hier sehr deutlich – die Raumordnungsplanung

Niedersachsens und die Flächennutzungsplanung Bremens in Übereinstimmung zu bringen ist und wir am Ende des Tages sogar darauf achten werden müssen, wie einzelne Bebauungspläne zueinander passen und wir nicht zu zweckwidrigen Gegeneinanderentwicklungen und Auseinanderentwicklungen kommen. Diese neue Zielsetzung muss jetzt durch den Beschluss beider Landesparlamente verbindlich gemacht werden – auch in Hannover wird dieser Vertrag zur Beschlussfassung vorliegen –, und durch den schon erfolgten Beschluss der beiden Kabinette ist eben dieser riesige Schritt nach vorn getan.

Ich möchte gern auch den zweiten, etwas kleineren Punkt in diesem Staatsvertrag ansprechen, der eigentlich nur zwei, drei Zeilen umfasst und davon spricht, dass das Ziel auch in einer Verfahrensbeschleunigung der Infrastrukturmaßnahmen liegt. Ich will damit eigentlich ein bisschen den Blick darüber hinaus werfen, weil ich der Auffassung bin, dass dies eigentlich erst der Anfang einer klugen und für uns als Bundesland Bremen sehr existenziellen Zusammenarbeit ist. Verfahrensbeschleunigung ist eine klare Sache, die wir jetzt zum Teil schon praktiziert haben, indem wir Planungsaufgaben als Land Bremen auch mit übernommen haben, ich erinnere nur an die Verlängerung von Straßenbahnlinien, wo Bremen dies ja tut, spreche aber natürlich auch das große Vorhaben der A 281 an. Wir sind uns hier im Hause sicher, dass wir auch die Anbindung nach Brinkum haben möchten, das geht dann mit diesem fünften Bauabschnitt über niedersächsisches Gebiet. Dazu brauchen wir dieses gemeinsame Herangehen und die gemeinsame Planung, um dies schnell und zügig realisieren zu können.

Die Zukunftsmusik wird aber meines Erachtens darin liegen, dass wir große Infrastrukturvorhaben, große strukturpolitische Herangehensweisen und Themen aufgreifen und vorantreiben müssen. Eines, das schon läuft und von eminenter Bedeutung ist, ist natürlich die Entwicklung im Bereich der Hafenwirtschaft mit dem JadeWeserPort in Wilhelmshaven, womit wir die bremische Hafenpolitik um ein drittes Standbein neben Bremen selbst, Bremerhaven, jetzt auch Wilhelmshaven, ergänzen, und es für uns ein wesentliches Interesse sein muss, dies im Zusammenhang in der Region zu entwickeln.

Weitere positive Dinge gibt es im Bereich der Energiepolitik, wo es jetzt gerade in diesen Monaten nicht nur eine Verschränkung auf der Unternehmensebene in stärkerer Weise gibt, sondern wir insbesondere auch mit der Windenergie einen wichtigen strukturpolitischen Akzent setzen, der eine enorme auch ökologische Bedeutung hat und für die das Setzen auf regenerative Energien von großer Bedeutung ist, dass wir dort ganz vornweg sind.

Es gibt mittlerweile Branchendialoge im Bereich der Ernährungswirtschaft, des Automobilbaus, des Tourismus und viele anderer Dinge mehr. Das steht nicht im Staatsvertrag, ist aber eigentlich das, was

dem Ganzen das Leben einhaucht und Sinn und Zweck gibt, deshalb wird man an der Stelle auch weiterdenken müssen. Aus meiner Sicht muss die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten Bremen und Oldenburg, die jetzt als eine bilaterale Angelegenheit begonnen hat, weiter dahingehend vorangetrieben werden, dass wir die Universitäts- und Forschungslandschaft insgesamt im Nordwesten miteinander verschweißen. Ich glaube, die Zeit ist darüber hinweggegangen, dass man allein in den Bundesländern Wissenschaftspolitik machen kann. Wenn wir Wissenschaftspolitik in Niedersachsen betrachten, hatte sie schon immer einen traditionellen Schwerpunkt im Bereich Göttingen, Hannover und Braunschweig. Wir haben die Chance, wenn wir hier auch entsprechende strukturelle Schritte nach vorn machen, zu einer gemeinsamen Wissenschaftspolitik für den Nordwesten zu kommen und damit wichtige Zukunftsfelder und wichtige Arbeitsplätze schaffen zu können, aber vor allem auch ein wichtiges Profil für diese Region auf den Weg bringen zu können.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Nicht zuletzt will ich sagen, dass wir meines Erachtens auch über Weiteres nachdenken können, was die öffentliche Aufgabenerbringung insgesamt betrifft. Wir werden in Bremen weiter unter einem sehr starken Haushaltsdruck stehen. Ich finde es klug, wenn auch darüber nachgedacht wird, ob es nicht Felder gibt, in denen wir in kluger Arbeitsteilung in der Region zu einer gemeinsamen Form der Erbringung kommen. Ich weiß nicht, ob vielleicht die Grünpflege dort ein Thema sein könnte oder ob es im ganzen Bereich des Bürgerservices nicht gute Möglichkeiten gäbe, mehr herauszuholen und mit weniger Aufwand den Service, die Dienstleistungen und die Leistungen der öffentlichen Hand für die Menschen aufrechtzuerhalten. Auch im Bereich der Kultur gibt es da aus meiner Sicht eine ganze Reihe von Anwendungsfeldern. Es ist klug, wenn wir uns hier in der Bürgerschaft, als Land Bremen, diesen Aufgaben stellen und nach vorn geblickt über die nächsten zehn Jahre frühzeitig eine solche Politik anfangen und uns danach ausrichten.

Wie kommt man dahin, und was ist dort die Strategie, die man einschlagen muss? Ich empfehle sehr, dass wir uns als Motor verstehen, dass wir die Vorschläge aus Bremen heraus machen, weil – noch einmal, wir sind das Oberzentrum – wir die Hauptstadt des Nordwestens sind und wir einen solchen Staatsvertrag mit Leben ausfüllen müssen. Ich rate sehr davon ab, nach Zauberlehrlingen zu rufen, da muss man sehr aufpassen, dass man hinterher nicht in der Gefahr steht, die Geister nicht wieder loszuwerden, die man gerufen hat. Deshalb empfehle ich, dass wir politisch auf die eigene Kraft setzen und dafür sorgen, dass in dieser Zusammenarbeit Bremen der Koch und nicht der Kellner ist. Das ist eine wichtige Herange

hensweise, und das schafft man nur, wenn man eigene Vorschläge, eigene Konzepte vorlegt und eigene Projekte entwickelt.

Dieser Vertrag, den wir heute beschließen – und ich hoffe, dass wir ihn einstimmig in diesem Hause beschließen – ist eine wichtige Grundlage dafür. Es ist der Ausgangspunkt, aber es ist auch ein neuer Startpunkt. Wir werden daraus nur etwas für die Zukunft unserer Region, aber auch vor allem für die Zukunft unseres Landes machen können, wenn wir ihn aufnehmen und in weiteren Feldern entwickeln, mit Leben ausfüllen und gestalten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir Grüne begrüßen diesen Staatsvertrag beziehungsweise das hier heute zur Abstimmung stehende Gesetz ausdrücklich. Es ist ein entscheidender Schritt, dem muss man sich bewusst sein, aber noch nicht der allerwichtigste, hier endlich einmal zu verbindlichen Regelungen und verbindlichen Vereinbarungen zwischen Bremen und Niedersachsen zu kommen. Damit soll das Konkurrenzprinzip endlich überwunden werden, und Bremen und Bremerhaven streben mit ihrem jeweiligen Umland und in der Nordwestregion eine Aufgabenteilung und Funktionsergänzung an. In Zusammenarbeit und nicht in Konkurrenz liegt die Zukunft in der Region, und das ist, glaube ich, hier die Basis, um in dieser Richtung, wie auch schon von Herrn Dr. Sieling dargelegt wurde, voranzukommen.

Es gibt eigentlich drei wesentliche Inhalte des Staatsvertrages, drei Neuerungen. Das eine ist, dass Niedersachsen Bremen und Bremerhaven als Oberzentren anerkannt hat und sie raumordnungsrechtlich mit den Oberzentren in Niedersachsen gleichgestellt werden. Der zweite Punkt, den Herr Dr. Sieling auch als den oder einen zentralen Punkt bezeichnet hat, ist, dass man die Basis, die Grundlage für eine verbindliche, regionale Zusammenarbeit geschaffen hat. Diese Aufgabe ist noch nicht erledigt, sondern es ist jetzt die Möglichkeit vorhanden, dass man mittels raumordnerischer Verträge Verbindlichkeit festschreibt.

Ein erster raumordnerischer Vertrag ist zurzeit im Bearbeitungs- und Aushandlungsprozess. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiges Feld, in dem das passiert, es geht hier nämlich um die Frage des großflächigen Einzelhandels. So muss und soll vor allem auch die Ansiedlung beziehungsweise auch Nichtansiedlung von großflächigem Einzelhandel verbindlich geregelt werden. Das ist eine Sache, die mehr als über

fällig und Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung in der Region ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir vom Bündnis 90/Die Grünen wollen, dass der zurzeit im Verfahren befindliche raumordnerische Vertrag zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels spätestens 2010 zum Abschluss gebracht wird, und in diesem Sinne bin ich vielleicht etwas anderer Meinung, ich sehe das nicht wie mit Koch und Kellner, sondern ich glaube, dass wir auch nachbarschaftlich auf gleicher Augenhöhe miteinander verhandeln und reden müssen. Es ist wirklich auch mein Appell sowohl an unsere Nachbargemeinden als auch an den Senat, hieran zu arbeiten, dass wir sehr schnell zu den notwendigen Beschlüssen kommen, dass die Kommunalparlamente sehr schnell diesen raumordnerischen Vertrag beschließen, sodass wir dann endlich das haben, was wir immer gewünscht haben oder wollen, nämlich dass wir die Verbindlichkeit haben und kein Ausscheren mehr möglich ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Mir war das noch einmal wichtig. Ich finde, man muss an der Stelle schon schauen, wo wir im Prozess stehen, und man muss einfach auch redlicherweise sagen, dass es in der Tat dann zum Schwur kommt, wenn dieser raumordnerische Vertrag in den jeweiligen Kommunalparlamenten zur Abstimmung steht.

Ich wollte noch einmal in Erinnerung rufen – ich glaube, Frau Krusche kennt das sehr gut, sie war ja in diesen Regionalgremien vorher für unsere Fraktion; aber auch viele andere, die hier im Parlament sind, erinnern sich ja vielleicht noch daran –, dass wir am 9. Dezember 2004 INTRA, also das Interkommunale Raumstrukturkonzept Region Bremen, in der Bürgerschaft debattiert und auch einstimmig beschlossen haben. Hierauf sattelt jetzt dieser raumordnerische Vertrag auf, er soll die notwendige Verbindlichkeit herstellen. Ich will Bremerhaven natürlich nicht außen vor lassen. Auch für den Verflechtungsraum Bremerhaven gibt es analoge Strukturkonzepte, die dort unter dem Begriff Regionalforum entwickelt wurden.