Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Vertreter der Medien. Seien Sie herzlich willkommen!
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen von einem Schreiben des Präsidenten des Senats, Herrn Bürgermeister Böhrnsen, Kenntnis geben, in dem er mitteilt, dass der Senat Frau Bettina Sokol in seiner gestrigen Sitzung zur Präsidentin des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen ernannt hat.
Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes und Nachtragshaushaltsplans der Freien Hansestadt Bremen für das Haushaltsjahr 2009 (einschließlich Än- derungen im Produktgruppenhaushalt)
Meine Damen und Herren, ich möchte noch darauf hinweisen, dass in diese Aussprache auch die Beratung des Stadthaushalts einbezogen werden soll.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat legt Ihnen heute den zweiten Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2009 vor. Der erste Nachtragshaushalt beinhaltete das Konjunkturprogramm, das in Bremen auch ganz gut anläuft und mit dem wir beim jetzigen Stand zufrieden sein können.
Der zweite Nachtragshaushalt – niemand macht es gern! – bittet Sie darum, dem Senat 218,25 Millionen Euro zusätzliche Kreditermächtigung zu erteilen, damit wir die notwendigen Ausgaben tätigen können. 218 Millionen Euro zusätzlicher Kreditbedarf, damit steigt die Kreditaufnahme des Jahres 2009 auf den sagenhaften, unangenehmen Betrag von über 800 Millionen Euro. Das ist bitter, weil 2008 ein so gutes Jahr war, ein gutes Jahr, in dem die Steuereinnahmen sprudelten und in dem wir für das Land und die Stadtge
meinde Bremen nur 360 Millionen Euro Kreditbedarf hatten, und jetzt mehr als eine Verdoppelung! Im Jahr 2008 bedeutete das, dass wir einen positiven Primärsaldo hatten. Wenn man die Zinsausgaben abzieht, dann hätten wir nämlich sogar einen Überschuss erwirtschaftet, und unser Haushalt war 2008 verfassungskonform. Jetzt sieht die Welt leider wieder ganz anders aus.
Die Gründe für den zusätzlichen Kreditbedarf – Sie können es in den Zeitungen lesen, es ist auch in allen Bundesländern und beim Bund dasselbe – sind massive Einbrüche bei den Steuereinnahmen. Obwohl wir beim Haushalt 2009 die Steuereinnahmen vorsichtig kalkuliert haben und sie unter den tatsächlichen Einnahmen des Jahres 2008 gelegen haben, müssen wir trotzdem mit 157 Millionen Euro Steuermindereinnahmen zurechtkommen. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass davon über die Hälfte, nämlich 80 Millionen Euro, auf Steuersenkungsgesetze, die Bremen dann nachvollziehen muss und hier weitere Steuermindereinnahmen nach sich ziehen, zurückzuführen sind. Also: Einbrüche bei den Steuereinnahmen in einer Größenordnung von 157 Millionen Euro und zusätzlich ein Sachverhalt, den wir nicht ändern können! Zusätzlich müssen wir mit 20 Millionen Euro geringeren Einnahmen wegen der Sozialhilfeleistungen zurechtkommen. Das liegt im Wesentlichen daran, dass uns der Bund geringere Erstattungsbeträge gewährt, die vor allem mit den Kosten der Unterkunft zusammenhängen. Auch das ist etwas, mit dem Bremen durch bundesgesetzliche Eingriffe zurechtkommen muss beziehungsweise was Bremen hier verarbeiten muss.
Weitere 38,2 Millionen Euro des Nachtragshaushalts sind darin begründet, dass wir einen zusätzlichen Bedarf in der Sozialhilfe haben. Der Senat weiß, dass wir uns dem Sozialhilfehaushalt verstärkt widmen müssen, nicht wie in den letzten Jahren, wo völlig unrealistisch gesetzte Größen auf dem Papier erreicht werden sollten und man sich hinterher wunderte, wenn es nicht geklappt hat. Wir müssen uns genauer anschauen, wie eigentlich die Sozialleistungen mit anderen Leistungen des Staates, insbesondere im Bereich Bildung und Justiz, verzahnt sind, und schauen, ob nicht darüber letztendlich ein Aufbrechen der Hilfeleistungen, die immer nur am Ende, wenn jemand schon Hilfe braucht, wirken können, ob darüber nicht Veränderungen möglich sind, dass wir Zeit brauchen.
Die Sozialhilfeleistungen haben sich in den letzten 20 Jahren in Bremen verdoppelt. Wie keine andere Leistung des Staates ist dort eine Explosion passiert. Dieser Senat wird niemals eine Politik machen, die es denjenigen, die auf die Hilfe angewiesen sind, in die Schuhe schieben wird oder Ressentiments dagegen schürt. Trotzdem müssen wir uns aus finanziellen Gründen dieser Entwicklung intensiver widmen. Wenn man sieht, dass die Verdoppelung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, trotzdem in vielen
Bereichen dazu führt, dass immer weiter Bedarf angemeldet wird – und in vielen Fällen wird das auch gut begründet –, müssen wir uns über die ganze Frage der Architektur des Sozialstaates Gedanken machen. Ein System, das immer nur dann hohe Kosten erzeugt und wirkt, wenn es den Menschen schon nicht mehr gut geht, wird auf Dauer so gar nicht zu finanzieren sein, und wir haben da, glaube ich, großen Bedarf zu diskutieren und andere Konzepte zu entwickeln.
Allein im Bereich Jugendhilfe gibt es 50 Prozent Fallzahlsteigerung, und da gibt es auch zwei Nachrichten: Die gute ist, dass wir jetzt sicherstellen, dass alle Kinder, die Hilfe brauchen, sie auch bekommen. Während vorher Deckel auf dem Haushalt waren oder die Jugendhilfe schlicht und einfach nicht mehr zu erreichen war, hat der Fall Kevin und die darauf folgende politische Bearbeitung dazu geführt, dass wir das tun, was wir gesetzlich auch müssen und was gesellschaftlich richtig ist, nämlich empfindsam zu sein, erreichbar zu sein und den Kindern die Hilfe zu gewähren, die sie brauchen. Wenn man dann 50 Prozent Fallzahlsteigerung zu verzeichnen hat, kann man sich vielleicht vorstellen, was da vorher los gewesen ist. Trotzdem müssen wir uns den Bereich genauer anschauen. Wir müssen schauen, dass der richtige Mix zwischen ambulanter und stationärer Betreuung eingehalten wird, und vor allen Dingen müssen wir genauere Zielvorgaben an die Jugendhilfe machen, die jetzt natürlich auch durch die vielen Fälle, die hinzugekommen sind, stark belastet ist, um sicherzustellen, dass das Geld auch dort ankommt, wo es hingehört, nämlich bei den Kindern und Jugendlichen und ihren Familien.
Die 50 Prozent Fallzahlsteigerung ist in den 38,2 Millionen Euro zusätzlichem Sozialhilfebedarf enthalten. Zusätzlich bittet der Senat darum, dass Sie die Kreditermächtigung für 22 zusätzliche Stellen im Bereich Jugendhilfe erteilen, denn es ist völlig klar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dort jetzt arbeiten, ihre Arbeit nicht qualitativ hochwertig machen können, wenn so viele Fälle hinzugekommen sind. Das ist auch richtig angelegtes Geld, denn wenn man mit zu wenig Personal arbeitet, ist das Ergebnis nur, dass sich Jugendliche oder Kinder zum Beispiel zu lange in Einrichtungen befinden. Das sind Lebenslagen dieser Kinder und Jugendlichen, wo man sehr schnell reagieren und sehr engen Kontakt zu ihnen halten muss, um einen ordentlichen Hilfeplan in diesen wichtigen Lebensjahren hinzubekommen; deshalb 22 zusätzliche Stellen, die selbstverständlich Basiseffekte für die Haushalte 2010 und 2011 bedingen werden.
Der letzte große Brocken für den Nachtragshaushalt sind 37 Millionen Euro zusätzliche Personalkosten. Bei der Aufstellung des Haushalts 2009 haben wir
damit kalkuliert, dass wir eine Steigerung der Personalkosten von 1,8 Prozent bekommen werden. Der Tarifabschluss für den TV-L ist so, dass 40 Prozent Sockelbetrag plus 3 Prozent Tarifsteigerung bezahlt werden. Diese Steigerung können wir in dem laufenden Haushalt nicht unterbringen, zumal wir uns entschlossen haben, ihn eins zu eins auf die Beamten zu übertragen. Das Leistungsentgelt, das bei den Angestellten, für die der TV-L gilt, durch den Tarifabschluss weggefallen ist, haben wir bei den Beamtinnen und Beamten abgezogen. Deshalb beträgt der Sockel dort nicht 40, sondern nur 20 Euro, und die Übertragung haben wir zeitnah und inhaltsgleich auf die Beamten vorgenommen. Ich kann Ihnen sagen, das hat lange Diskussionen mit den Fraktionen und auch im Senat bedeutet, ob wir die Übertragung auf die Beamten durchführen wollen. Letztendlich haben wir uns entschieden, es zu machen, weil man nicht von der Hand weisen kann, dass diese Beschäftigtengruppe in den letzten Jahren vor allem dadurch, dass in den höheren Besoldungsbereichen das Weihnachtsgeld weggefallen ist, besondere Lasten getragen hat. Nichtsdestoweniger ist es so, dass Beamtinnen und Beamte in allen Besoldungsgruppenbereichen immer noch deutlich mehr verdienen als Angestellte. Trotzdem haben wir uns auch nach den Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der letzten Tarifsteigerung entschlossen, diesen Betrag so zu übernehmen. Ich glaube auch, dass das richtig war.
Einräumen müssen wir schon, dass einem aus fiskalischer Sicht natürlich immer ein bisschen die Finger kribbeln, weil man durch Verschiebungen in dem Bereich für den Haushalt relativ einfach, ohne dass man strukturell Verheerung anrichtet, Geld sparen kann. Das tun wir nicht, das ist eine Geste des Senats, auch um auf der Ebene zu zeigen, dass wir die Arbeit wertschätzen und dass wir auf jeden Fall das Versprechen einhalten wollen, dass es nicht zu weiteren Abkopplungen gegenüber den Beamtinnen und Beamten im norddeutschen Raum kommt.
Die Föderalismusreformkommission hat uns da eine Autonomie beschert, die für die armen Bundesländer eine ganz große Last und Schwierigkeiten bedeutet, und ich bin mir auch sicher, dass die Auseinandersetzungen über diesen Bereich noch nicht zu Ende sind. In den 37 Millionen Euro ist auch ein Beitrag für die Tarifsteigerungen im Theater – dort ist ein Kontrakt abgeschlossen, der die Tarifsteigerung nicht beinhaltete –, in den Kindertagesheimen und in den Hochschulen, weil wir in diesen Bereichen das Geld für die Tarifsteigerung obendrauf geben und nicht möchten – dafür ist in den jeweiligen Plänen auch keine Vorsorge getroffen –, dass in diesen Bereichen aus dem Personalbestand weitere Einsparungen erwirtschaftet werden müssen. So kommt dieser Betrag von 37 Millionen Euro zustande.
Was wir abziehen können, wenn man das alles zusammenrechnet, würde ich hier gern darstellen: einen anderen Umgang mit unseren Zinsgeschäften. Der Staat, das wissen Sie, muss hohe Mengen an Krediten aufnehmen, und wir haben Regularien, um diese Kredite aufzunehmen, die dafür sorgen, dass wir einen organischen Aufbau der Kreditaufnahme haben, also nicht alles auf einmal oder die Verträge nicht so gestalten, dass die Laufzeiten so sind, dass dann sehr große Summen auf einmal aufgenommen werden müssen. Es gibt eine ganze Abteilung bei mir im Haus – ich glaube, das sind diejenigen, die Bremen am allermeisten Geld erwirtschaften und ersparen, obwohl sie die Kredite aufnehmen –, die mit großem Sachverstand und viel Engagement versuchen, so günstige Kredite aufzunehmen, wie wir es irgendwie hinbekommen können, und die vor allen Dingen versuchen, ständig die Kreditinstitute so zu nutzen, dass wir immer das Günstigste erwischen.
Wir haben uns jetzt entschieden, an den Regelungen, die für die Kreditaufnahme gelten, ein bisschen etwas zu verändern, auch im Einvernehmen mit dem Rechnungshof, und natürlich berichten wir dem Haushaltsausschuss darüber. Die Veränderung hängt damit zusammen, dass wir versuchen wollen, an der im Moment sehr günstigen Zinsentwicklung etwas mehr teilzuhaben, als es nach den Regularien bisher möglich gewesen wäre. Um kein unverantwortliches Risiko einzugehen, machen wir Zinssicherungsgeschäfte, die dann dafür sorgen, dass nicht zukünftige Regierungen, wenn sich der Zinsmarkt anders entwickelt, als er im Moment dasteht – im Moment steht er sehr niedrig –, auf einmal in große Probleme kommen. Dieses Umorganisieren sorgt dafür, dass wir 30 Millionen Euro zu den Haushaltsveränderungen beitragen können. Diese 30 Millionen Euro ziehen wir also von dem zusätzlichen Kreditbedarf, den wir hier heute anmelden, ab.
Was wäre die Alternative? Wenn Sie heute sagen, nein, die 218 Millionen Euro wollen wir hier nicht nachbewilligen, hätten wir nur die Wahl, die Investitionstätigkeit des Staates abzuwürgen, und das wollen wir nicht. Das Konjunkturprogramm funktioniert, es gibt auch gute Rückmeldungen darüber, und wir haben uns auch noch einmal angesehen, was eigentlich andere Bundesländer machen. Beim Bund und allen anderen Bundesländern, es sei denn, sie haben Kreditermächtigungen, die weit über den Bedarf hinausgehen, das gibt es auch, zum Beispiel in Sachsen-Anhalt, werden überall Nachtragshaushalte gemacht. In keinem Bundesland wird versucht, über ein Abwürgen der Investitionstätigkeit des Staates die Haushaltsprobleme auszugleichen, und wir machen das hier auch nicht.
Bremen hat schnell reagiert. Die Haushaltssperre ist Ihnen bekannt, und der Senat hat beschlossen, 8,8 Millionen Euro per Umlage zu finanzieren. Diese 8,8 Millionen Euro sind von dem Nachtragshaushaltswunsch nicht abgezogen worden, den wir hier äu
ßern, und zwar deshalb, weil das Ergebnis unsicher ist. Wir haben einen Weg gefunden, wo wir für die 8,8 Millionen Euro, orientiert am Vorgehen in Bayern, Niedersachsen und auch Schleswig-Holstein, nämlich über die sächlichen Verwaltungskosten, einen Umlageschlüssel ermitteln, und dann weiß jedes Ressort, welchen Betrag es bis Ende des Jahres noch einsparen muss. Es wird Ressorts geben, die das schaffen, und welche, die das nicht schaffen, deshalb wissen wir nicht, ob die 8,8 Millionen Euro zusammenkommen. Aber es ist ganz sicher, dass am Ende des Jahres der Teil des Haushaltes, den wir über die Umlage einbringen können – Zielgröße sind 8,8 Millionen Euro, vielleicht auch etwas weniger –, selbstverständlich die Kreditaufnahme senken wird.
In der Öffentlichkeit kann man vielleicht im Moment zwei Dinge wahrnehmen, das eine ist: Ihr schafft es nicht! Darüber will ich gleich am Ende meiner Rede noch einmal etwas sagen. Die andere Aussage ist: Ihr spart ja gar nicht! Es ist richtig, dass der Senat darauf verzichtet hat, auf diese Steuermindereinnahmen so zu reagieren, dass wir mit großen, neuen Giftlisten die ganze Stadt auf den Baum scheuchen. Das machen wir auch nicht, weil die wesentlichen Möglichkeiten, noch Geld zusammenzusammeln, darin bestehen würden, dass wir in den Bereichen, die nicht gesetzliche Leistungen sind – bei allen anderen können wir das ja nicht –, Tabula rasa machen. Das trifft dann in aller Regel den Kulturbereich, das betrifft Initiativen in den Stadtteilen, Beirätemittel, WiNMittel, dort überall kann man theoretisch mit großem Getöse noch Geld einsparen. Das wollen wir nicht, weil wir davon überzeugt sind, dass das der falsche Weg wäre, und weil wir sicher sind, dass gerade die kleinteiligen Hilfestrukturen, die wir in Bremen in vielen Bereichen haben und die hohes ehrenamtliches Engagement in den Stadtteilen binden, die Bausteine sind, die wir brauchen, um eine weitere Explosion der Sozialleistungen zu verhindern.
Wenn man aus den Ausgaben die Sozialhilfe, das Konjunkturprogramm und die Personalkostensteigerung herausrechnet, dann kann man sehen, dass wir im Jahr 2009 27 Millionen Euro geringere Primärausgaben haben als im Jahr 2008. Das heißt, in den Bereichen, die wir steuern können, sparen wir, dort senken wir ab, aber unser Haushalt ist in einem ganz hohem Maße von Bundesgesetzen gestaltet und abhängig und eben auch von Steuermindereinnahmen, für die wir hier nichts können. Wir haben eine Steigerungsrate vom Haushalt 2008 auf 2009 von 1,3 Prozent, das ist niedriger als die anderen Stadtstaaten. Vom Jahr 2008 auf 2009 hat Berlin 1,7 Prozent Steigerung und Hamburg sogar 6,5 Prozent. Darauf muss man nicht stolz sein, weil mir die Debatte, ihr koppelt euch immer weiter von dem Niveau der anderen Stadtstaaten ab, sehr wohl bekannt ist, und wir
werden auch ein Auge darauf haben, wie das eigentlich weitergeht. Nur eine genauere Analyse der Ausgabensteigerung gibt uns allerdings Anhaltspunkte dafür, ob wir uns in den Leistungen für die Bevölkerung wirklich abkoppeln oder das, was der Senat vorhat, klappt, nämlich dass wir unsere internen Abläufe so weit verbessern, dass wir darüber auch Geld einsparen können, das ist ja das Ziel. Den Vorwurf, ihr spart nicht, weise ich also zurück. Wir können nachweisen, dass es so ist. Wir haben auch im Jahr 2008 trotz sprudelnder Einnahmen, die dann natürlich Begehrlichkeiten wecken, unsere Primärausgaben nur um 0,8 Prozent gesteigert. Das ist auch viel besser als in den anderen Bundesländern. Wie geht es weiter? Die Haushaltsentwürfe 2010 und 2011, wo wir auch versuchen, die Steuereinnahmeneinbrüche abzubilden, die in noch höheren Teilen als in diesem Nachtragshaushalt 2009 auf Steuersenkungen zurückzuführen sind, werden dem Parlament zugeleitet. Wir werden dann als Senat die Entwürfe im August einbringen. Die Steuerschätzung vom November hängt wie ein Damoklesschwert über uns, wir hoffen, dass es nicht zu weiteren Einbrüchen kommt, aber wissen kann man das nicht. Es gibt vielleicht auch zarte Hinweise darauf, dass die Talsohle der Konjunkturprobleme erreicht ist. Wann und inwieweit sich das dann steuerlich niederschlägt, wissen wir nicht, darüber kann man heute nur spekulieren, was auch dazu führt, dass wir bei der Finanzplanung, die wir Ihnen vorlegen, selbstverständlich immer und überall sagen, dass es sich um Plandaten handelt, die mit ganz hohen Unsicherheiten behaftet sind. Die zweite politische Auseinandersetzung im Moment in Bremen hängt damit zusammen: Wie geht es eigentlich weiter? Wie könnt ihr eigentlich vor dem Hintergrund, dass die Kreditaufnahme möglicherweise, wenn man den gesamten Stadtstaat betrachtet, über eine Milliarde Euro betragen wird, sagen, dass ihr am Ende des nächsten Jahrzehnts einen kreditfinanzierungsfreien Haushalt hinbekommen könnt? Bremen wird sich verpflichten müssen, das zu schaffen, und der Senat hat die Aufgabe, und dieser wird er auch gerecht werden, Wege zu zeigen, was wir schaffen können und was nicht. Ich bin auf keinen Fall dafür, jetzt auf der Basis von Zahlen, die im Moment in der Tat sehr unangenehm aussehen, die Flinte ins Korn zu werfen. Wir werden uns mit unseren Prognosen, was die Steuereinnahmen betrifft, selbstverständlich mit dem Bund und den anderen Bundesländern abstimmen. Selbstverständlich wird der Senat auch alles tun, damit nicht kalkulatorische Prognosen letztendlich die Politik bestimmen. Das heißt, wir werden Gelenke einbauen in die Frage, wie entwickeln sich die Steuereinnahmen, was passiert eigentlich, wenn die jetzige Methode, jeder nicht eingebrachte Steuereuro ist ein guter Euro, also Steuersenkungen, auf Teufel komm raus, welche Folgen das für die öffentlichen Haushalte auch hat, weitergeht. Bürgermeister Böhrnsen hat gestern bei der
Arbeitnehmerkammer gesagt, dass Bremen sich vorbehält, dann vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Wir können keine weiteren Steuersenkungen verkraften.
Ich werde mich auch ganz bestimmt nicht hinstellen und den Menschen einen Sanierungsweg erklären, von dem ich dann alle drei Tage sagen muss, April, April, leider hat der Bund uns schon wieder eine Steuersenkung oder eine Sozialhilfemindererstattung ins Kontor gehagelt, und das werden wir jetzt hier zu Lasten der Stadtteilpolitik erbringen.
Wir werden jetzt verhandeln. Wenn am Ende des Jahres das Gutachten des Bundes über die Frage vorliegt, was eigentlich die konjunkturellen Probleme, und was die strukturellen Probleme der Haushalte der Sanierungsländer sind, werden wir hier darüber selbstverständlich berichten und auch mit allen darüber sprechen, auch mit Bremerhaven, wie der Bremer Weg geht, das haben wir ja gestern schon miteinander besprochen. Ich bitte alle, sich jetzt nicht in Defätismus zu ergehen oder die Flinte ins Korn zu werfen. Wir sind nicht allein, überall auf breiter Front brechen die Einnahmen ein, und im Moment hat man den Eindruck, dass doch eine sehr ernsthafte Debatte darüber geführt wird, was die Ausstattung für einen funktionierenden Staat sein soll, und das ist auch eine Chance für Bremen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Finanzsenatorin hat den Nachtragshaushalt vorgestellt und aus ihrer Sicht noch einmal die Notwendigkeit deutlich gemacht. Ich will die Zahlen nicht wiederholen, sie sind vorgestellt. Trotzdem muss man sich natürlich Gedanken darüber machen, wenn man über Mai-Steuerschätzungen, über Personalkosten oder über Sozialleistungen spricht, dass diese plötzlichen Einbrüche, nicht völlig unerwartet gekommen sind. Wenn man diese Situation als Privatmann betrachtet, würde man es doch wahrscheinlich so machen, dass, man bei Erwartung eines absinkenden Einkommens Vorsorge trifft. Im richtigen Leben ist das eigentlich so.
Das ist leider offensichtlich bei dem Senat nicht so. Dieser hat leider keine Vorsorge getroffen, obwohl er genau wusste, dass die Steuerschätzungen schlecht werden würden. Dies hätte man spätestens Anfang
des Jahres erkennen müssen, eigentlich auch schon im letzten Jahr. Dies gilt für die ebenso wie für die Sozialleistungen. Bei dem vorliegendem Nachtragshaushalt kann man feststellen, dass es nur Ausgabeerhöhungen gibt, von Sparen ist nicht die Rede. Meine Damen und Herren, ein aktuelles Beispiel ist das Sozialticket, ein vergünstigtes Ticket für Bus und Bahn. 1,75 Euro Millionen Mehrkosten! Sie wollten eine soziale Wohltat, geschafft haben Sie nur Ungerechtigkeiten!
Der Empfängerkreis sind ausschließlich Arbeitslosengeld-II-Empfänger, allein erziehende Mütter und Väter werden nicht berücksichtigt. Sie wissen ganz genau, dass es viele in dieser Personengruppe der allein erziehenden Mütter und Väter gibt, die nur wenige Euro über der Armutsgrenze leben, aber sie müssen einen vollen Betrag für das Bus- und Bahnticket zahlen. Meine Damen und Herren, das Sozialticket ist unausgegoren und unsozial!
Was ist eigentlich mit der Haushaltssperre? Sie haben vor drei Wochen eine Haushaltssperre verhängt und deutlich gemacht, dass es dabei lediglich um freiwillige Maßnahmen gehen kann.