Was ist eigentlich mit der Haushaltssperre? Sie haben vor drei Wochen eine Haushaltssperre verhängt und deutlich gemacht, dass es dabei lediglich um freiwillige Maßnahmen gehen kann.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Am 1. Januar 2010 geht es los! Das hat mit dem Haushalt 2009 nichts zu tun! Falscher Haushalt!)
An dieser Stelle, Herr Dr. Güldner, merkt man schon, was eigentlich hier bezweckt worden ist. Was ist aber eigentlich in Wahrheit aus Ihrem Modell geworden? Sie wollten ein Sozialticket, ein richtiges Sozialticket. Daraus geworden ist ein Sozialticket, ich nenne es einmal Sozialticket light. Sie haben keine Zuwendungen im Bereich der kulturellen Einrichtungen vorgesehen. Sie haben keine Schwimmbäder dazugenommen. Das war einmal Ihr Modell, was Sie haben wollten. Herausgekommen ist ein völlig anderes Modell. Man mag ja der Auffassung sein, dass dies richtig ist, aber ich sage Ihnen ganz deutlich, die Zeit ist nicht da, Wohltaten zu verteilen, meine Damen und Herren. Wir haben leere Kassen, und wir haben einbrechende Steuereinnahmen.
(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Hätten wir nun mehr oder weniger machen sollen?)
Ein Letztes zu dem Sozialticket! Andere Städte haben dieses Ticket erwogen, aber aus finanzpolitischen Gründen nicht umgesetzt. So, meine Damen und Her
Typisch für diese Koalition ist, sparen kommt nicht infrage, weiter so in die Schulden! Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel sagen, nämlich das Beispiel Unterhaltsvorschussgesetz; ein schönes Beispiel, wie ich finde. Denn in diesem Gesetz ist Bremen im bundesweiten Vergleich bei der Rückholquote mit einer Quote von 10,4 Prozent deutlich, und zwar ganz deutlich, auf dem letzten Platz. Der Bundesdurchschnitt liegt an dieser Stelle bei 19 Prozent. Berlin und Hamburg – eine ähnliche Konstellation wegen der Situation in Großstädten – liegen immerhin noch bei 14 und 16 Prozent. In diesem Bereich gibt es Rückstände von etwa 9,1 Millionen Euro. Diese 9,1 Millionen Euro sind Fälle, in denen die Schuldner grundsätzlich als leistungsfähig eingestuft werden, das heißt, all diejenigen, die leistungsunfähig sind, sind bereits herausgerechnet. Überlegen Sie sich nur bitte einmal, wenn die Sozialverwaltung nicht so lax wäre und sich stattdessen um dieses Thema zu kümmern würde, welche Möglichkeiten hätten wir hier schon, Geld einzusparen!
Meine Damen und Herren, säumige Mütter und Väter gibt es auch in anderen Bundesländern! Daher ist es nicht zu verstehen, warum es in Bremen so gehandhabt wird und in anderen Städten anders. Wenn Sie darüber vielleicht auch einmal nachdenken würden! Strukturelle Veränderungen sind aber notwendig. Das ist der entscheidende Teil, der Bremen ein Stück weiterbringt.
Ich will ein weiteres Beispiel nennen: Es gibt in vielen Ressorts Benchmarking mit anderen Bundesländern über die jeweiligen Fachbereiche. Kommt vielleicht jemand aus der Koalition einmal auf die Idee, Benchmarking einmal nicht unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, wir müssen immer an die Spitze, sondern denkt vielleicht auch einmal darüber nach, den Standard, den wir in gewissen Teilen haben, einfach abzusenken?
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Bei den Polizeibeamten? Machen Sie doch einmal Vorschläge!)
Wir sind ein Haushaltsnotlageland! Wissen Sie, lieber Herr Dr. Güldner, es ist Ihre Aufgabe als Senat, Vorschläge zu machen.
Sie schütteln mit dem Kopf. Dies ist genau die Situation, die wir haben. Sie schütteln mit dem Kopf, weil Sie nicht bereit sind, irgendwann wirklich einmal
ernsthaft darüber nachzudenken, was man machen soll und was man machen kann. Auch ein Land wie Bremen muss an bestimmten Stellen auch einmal bereit sein – um das Beispiel der Bundesliga zu nehmen –, auch mit einem unteren Tabellenplatz zurechtzukommen. Dies ist auch für die Außenwirkung gegenüber den anderen Ländern vielleicht nicht ganz so schlecht.
Beginnen Sie endlich mit der Erstellung einer Sparliste! Die Hoffnung, die Sie haben, dass die Einnahmen irgendwann steigen, ist trügerisch. Bezüglich der Einnahmen, auf die Sie spekulieren – das war auch der Hinweis der Finanzsenatorin auf Steuereinnahmen oder -erhöhungen, hat die Große Koalition über viele Jahre geglaubt, dass die Einnahmen, die wir geplant haben, auch kommen würden. Leider, meine Damen und Herren, sind sie in der Zeit nicht gekommen.
Dies, Herr Dr. Güldner, sollte eine Lehre sein – man kann ja auch aus der Vergangenheit lernen –, sich nicht darauf zu verlassen, dass die Einnahmen garantiert kommen, sondern man sollte sich lieber darauf verlassen, was man einsparen kann.
Es ist eine echte Herausforderung, und auch für die Koalition ist es eine echte Herausforderung. Sie müssen bereit sein umzudenken. Sie kennen nur eine Schraube, an der Sie drehen wollen: Das ist die Schuldenschraube. Meine Damen und Herren, Sie müssen den Mut haben, den Gürtel enger zu schnallen! Der Nachweis an den Bund und an die anderen Länder, bis zum Jahr 2020 einen nicht kreditfinanzierten Haushalt aufzustellen, muss erbracht werden! Die Finanzsenatorin hat auf die Notwendigkeit hingewiesen, bei Spareinschränkungen ausschließlich auf die Ausgabenseite zu blicken, weil das die eigentliche Sicherheit ist.
Meine Damen und Herren, wir wiederholen es noch einmal, der Fraktionsvorsitzende hat es vor einem halben Jahr gesagt, ich wiederhole es an dieser Stelle noch einmal: Die CDU ist bereit, mit Ihnen gemeinsam an dieser Stelle etwas zu tun, nur, das Rollenverhalten wollen wir nicht verändern. Der Senat und die
Regierungsfraktionen machen die Vorschläge, und wenn sie gut sind, unterstützen wir sie. So geht die Reihenfolge und nicht umgekehrt!
Wie will der Senat mit seiner derzeitigen Einstellung ein Konsolidierungsprogramm, das bis zum Jahr 2020 gilt, vorlegen? Mit den jetzigen Sparmaßnahmen wird es ihm nicht gelingen. Fangen Sie endlich an zu handeln! (Beifall bei der CDU)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute und werden den zweiten Nachtragshaushalt beschließen. Es ist der zweite Nachtragshaushalt, den wir hier vorlegen müssen. Es geht diesem wie dem ersten Nachtragshaushalt: Beide sind Folgen der Finanzmarktkrise, die wir zu bewältigen haben, die wir nicht verschuldet haben – ganz im Gegenteil –, die von außen nicht nur Bremen, sondern weltweit die öffentlichen Haushalte, aber natürlich vor allem viele Menschen, viele Arbeitsplätze erreicht hat.
Wir haben mit dem ersten Nachtragshaushalt die bremischen Maßnahmen für das Konjunkturprogramm II finanziert, und bei diesem ersten Nachtragshaushalt natürlich auch, weil das alle hier wussten, diese Finanzierung über eine erweiterte Kreditaufnahme dargestellt. Diesen Weg müssen wir auch beim zweiten Nachtragshaushalt gehen, die Finanzsenatorin hat es als eine bittere Entwicklung bezeichnet. Es ist in der Tat eine bittere Entwicklung, aber es ist eine Entwicklung, der wir uns nicht so entgegenstellen können, dass wir es aus eigener Kraft lösen können. Beim ersten Nachtragshaushalt hatten wir hier noch einen breiten Konsens, dass es so ist. Dieser Konsens scheint an dieser Stelle zu bröckeln. Das finde ich ausgesprochen bedauerlich, weil wir heute wieder, zumindest in der ersten Oppositionsrede, natürlich keine weiteren Vorschläge gehört haben. Ich gehe darauf gleich noch einmal ein, weil es ja Vorschläge gibt.
Wir haben keine Vorschläge gehört, sondern nur das pauschale „Sparen, Sparen, Sparen!“ gehört. Wir wissen aber doch, dass dies in keinem anderen Bundesland, auch nicht auf der Ebene des Bundes, mit Spar- oder Kürzungsmaßnahmen aufgefangen werden kann. So gesehen, meine Damen und Herren, ist es ein solider Vorschlag, den der Senat uns hier vorlegt, und ein Vorschlag, den wir heute auch in erster Lesung beschließen werden.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)
Ich will gern in diesem Zusammenhang einen ersten Punkt aufgreifen, den Sie, Herr Dr. Schrörs, hier angesprochen haben: Das war der Vorwurf, diese Regierung hätte für solche Situationen keine Vorsorge getroffen. Das finde ich ausgesprochen abenteuerlich, weil wir alle hier im Hause den Haushaltsabschluss für das Jahr 2008 auch kennen. Die Finanzsenatorin hat das angesprochen, wir haben im Jahr 2008 noch eine hervorragende, überdurchschnittliche und unerwartet positive Einnahmesituation gehabt. Mit diesen Einnahmen ist Vorsorge betrieben worden, nämlich für solche Situationen insofern, als sie konsequent für die Reduzierung unserer Schulden eingesetzt worden sind. Damit ist Schuldentilgung betrieben worden. Das ist aktive Vorsorgepolitik! Wir können uns doch nicht ein Kästchen schaffen, in das wir das Geld legen, das wir im einen Jahr erwirtschaften, damit wir für andere Dinge dann die Ausgaben tätigen! Nein, so war es der richtige Weg. Daher ist es, finde ich, abenteuerlich, uns hier vorzuwerfen, wir hätten für solche Situationen nicht das getan, was man tun kann. Das ist geschehen!
In der weiteren Diskussion ist natürlich immer der Vorwurf formuliert worden, wir müssten mehr machen. Hier ist gesagt worden, auch eben in der Debatte, Bremen sei ein Haushaltsnotlageland. Das ist richtig. Bremen müsste damit auch einmal in Kauf nehmen, einen unteren Tabellenplatz einzunehmen. Herr Dr. Schrörs, ich wäre froh, wenn wir einen unteren Tabellenplatz nur hätten! Wir haben einen ausgesprochen weit unten liegenden Tabellenplatz. Wir haben über die Föderalismusreformkommission eine sehr solide und von allen Ländern akzeptierte Auflistung unserer Leistungen. Das Benchmarking, das dort gemacht worden ist, hat gezeigt, dass wir in allen wichtigen Bereichen, von der Sozialversorgung bis zur öffentlichen Sicherheit, der Finanzierung der Polizei, ganz weit unten stehen mit dem Geld, das wir dafür ausgeben. Die Finanzsenatorin hat hier noch einmal dargelegt, wie gering unsere Steigerungsraten auch in diesem Jahr wieder sind, auch im Vergleich zu den anderen Stadtstaaten, insbesondere übrigens gegenüber Hamburg, wo bekanntlich die CDU regiert. Dort werden richtig viele Mehrausgaben getätigt!
Ich sage, dafür haben wir Belege, damit müssen wir doch – da würde ich auch sehr an alle drei Oppositionsfraktionen appellieren – das aufnehmen und aus bremischem Interesse heraus damit arbeiten, dass wir eben schon alles Mögliche in den letzten Jahren getan haben. Das sind doch Erfolge, die wir erzielt haben, in der Verbesserung der Haushaltssituation und in der Verbesserung der strukturellen Ausstattung unserer Arbeit. Das darf man auch in einer solchen Debatte nicht kleinreden! Wenn man darüber redet, wo wir noch keinen unteren Tabellenplatz, sondern einen Spitzentabellenplatz haben, wissen Sie
auch, dass das die Investitionen sind, wofür wir auch viel getan haben, da geben wir auch richtig viel aus im Verhältnis zu anderen Ländern, und natürlich im Bereich der Zinsausgaben. Das ist wohl eine Selbstverständlichkeit, wenn man leider diese hohen Schulden hat. Das ist ein Punkt, an dem wir an der Stelle wenig drehen können. Das ist ja das eigentliche Problem.
Ich weise ausdrücklich zurück, dass wir endlich auf einen unteren Tabellenplatz gehen müssen, uns endlich anstrengen müssen! Wir sind soweit, dass in dieser Republik akzeptiert wird, dass Bremen alles und vieles getan hat. Darum hat der Bürgermeister 300 Millionen Euro Hilfe erstreiten können. Das war die Grundlage dafür.
Ich habe ja erwartet, dass wir hier eine Diskussion über das Sozialticket führen werden. Ich habe auch die Presse dazu verfolgt und muss erst einmal sagen, ich finde es sehr abenteuerlich, dass man uns hier sagt, das Sozialticket sei eine Wohltat und sei falsch, das dürfe man gar nicht machen, um dann auf der anderen Seite zu sagen, es sei aber ungerecht, weil wir eigentlich noch ein Kulturticket vorschlagen müssten und ein Ticket für die Schwimmbäder und so weiter. So kann es natürlich nicht gehen! Man kann nicht auf der einen Seite sagen, macht weniger, und auf der anderen Seite uns damit schlagen wollen, dass das, was wir tun, wiederum zu wenig wäre! Das ist eine Rede mit gespaltener Zunge! Das geht nicht!
Dem Vorschlag Sozialticket hier vorzuwerfen, er sei ungerecht, weil er nicht alle Personengruppen, die man immer noch addieren könnte, einbezieht, und dann vorschlägt, die Personengruppen auszuweiten, das finde ich auch nicht redlich, weil wir uns bemüht haben, hier einen Einstieg vorzunehmen und einen finanzierbaren Vorschlag zu erarbeiten. Das hat richtig viel Arbeit auch in den Verhandlungen um den Kontrakt mit der BSAG gekostet. Es ist ein Vorschlag, bei dem ich sagen würde, da ist das Glas ziemlich voll. Ich lasse mir nicht sagen: Ihr macht doch da nur halb leere Gläser! Das Glas Sozialticket ist nicht halb voll, sondern es ist schon dreiviertel voll, und leer ist es erst recht nicht!
Damit wir mit einer Mär aufhören: Ich weiß, es gibt natürlich Städte, die vom Sozialticket Abstand genom
men haben. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Städten, die das machen. Ich will einmal darauf hinweisen, dass Berlin ein Sozialticket hat, Dortmund hat ein Sozialticket und eine entsprechende Maßnahme, Frankfurt hat eine CDU-Oberbürgermeisterin, die Stadt kennt einen Frankfurt-Pass mit deutlich verbesserten Kosten für den ÖPNV, es gibt den HannoverPass, es gibt in Köln – auch ein CDU-Oberbürgermeister bis vor kurzem – etwas Vergleichbares, und in der Stadt Nürnberg, die solide und stabil sozialdemokratisch regiert wird, gibt es natürlich einen NürnbergPass. Meine Damen und Herren, wir machen hier keine Einzeltat, wir machen hier etwas, was für die soziale Gerechtigkeit, für die Ausgewogenheit wichtig ist. Darum ist das Sozialticket eine gute Entscheidung dieser Regierung, und die 1,7 Millionen Euro sind gut angelegt.
Jetzt darf ich in diesem Zusammenhang das Thema – das kann ich mir nicht ganz verkneifen, weil es noch einmal ein bisschen Dynamik bekommen hat – der Vorschläge, die hier immer diskutiert werden, ansprechen. Es ist ja nicht so, Herr Dr. Schrörs, dass es aus Ihren Reihen keine Vorschläge gäbe. Herr Röwekamp, der – das ist ja hier eine wichtige Debatte – jetzt auch in dieser Debatte hier bei uns ist und mit hinzugekommen ist – –.