Protocol of the Session on May 27, 2009

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn Sie das mit Ihrer Aktuellen Stunde bezweckt haben, Herr Kollege Rupp, dann sollten Sie das bitte auch so sagen!

Ebenso wenig weiter hilft in dieser Situation doch der reichlich verengte Blick auf Bremen allein. Bremen ist keine Insel. In einem Anzeigenblatt in Bremen haben sich letzte Woche CDU und DIE LINKE mit dieser Sichtweise regelrecht überboten. Gipfel der Provinzialität war dann am Ende jedoch die Feststellung aus dem Haushalts- und Finanzausschuss letzte Woche, Herr Röwekamp, die Krise wäre auch zu meistern, wenn wir endlich via Kommunalverfassung härtere Daumenschrauben in Bremerhaven anlegen würden. Das wird Bremen bestimmt nicht retten. Das hat auch in der CDU nicht zu größerer Zustimmung ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

geführt, vor allem nicht in Bremerhaven, Herr Bödeker.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Da hat er ein- mal eben locker Bremerhaven verraten, wo er herkommt!)

Was zeigt nun die neueste Steuerschätzung wirklich, meine Damen und Herren? Die globale Krise ist in den öffentlichen Haushalten angekommen, auch in Bremen und Bremerhaven. Die Steuersenkungen, die versuchen sollten, die Konjunktur anzukurbeln, machen einen großen Teil, ein Drittel bis die Hälfte der Mindereinnahmen, aus. Die Haushaltssperre, die der Senat ausgesprochen hat, ist nur ein Mittel, um der derzeitigen Situation beizukommen. Sie dient dazu, jede Ausgabe darauf zu überprüfen, ob sie den Anforderungen der Wirtschaftskrise genügen kann. Das ist Sinn dieser Haushaltssperre, Herr Rupp, nicht das pure Hinterhersparen hinter Einnahmelöchern, die wir hier in Bremen weder verschuldet haben noch allein werden stopfen können. Insofern sind die Ausgaben des Konjunkturprogramms von der Sperre natürlich ausgenommen.

Kein Mittel kann jedoch sein, den derzeitigen Einnahmeausfällen brutalstmöglich hinterherzusparen, wie es seitens der CDU und der FDP immer wieder gefordert wird. Sicher, wir haben mit oder ohne Krise in Bremen – das haben Sie eben auch gesagt, Herr Rupp – ein strukturelles Haushaltsproblem, dem wir auch zu Zeiten der Großen Koalition und jetzt auch mit Rot-Grün mit einer restriktiven Ausgabenpolitik begegnen, da haben Sie Recht. Die konsumtiven Ausgaben sind seit zehn Jahren nicht gestiegen, der letzte Haushalt 2008 war im Primärsaldo ausgeglichen. Da müssen wir das Sparen, glaube ich, nicht extra von der CDU lernen. Dennoch ist es innerhalb der Beratungen der Föderalismuskommission gelungen, dass uns bundesweit bescheinigt worden ist, am Ende der Fahnenstange angekommen zu sein und, was die Ausgaben betrifft, überwiegend unter dem Bundesdurchschnitt zu liegen. Wir werden uns nicht vom Bundesdurchschnitt abkoppeln können, weil wir damit an dem grundgesetzlichen Ziel der gleichwertigen Lebensbedingungen kratzen würden. Das gilt mit oder ohne Krise.

Der derzeitigen Krise werden wir im Nachtragshaushalt mit neuen Schulden begegnen, das ist richtig. Wir werden aber auch nicht den Sozialstaat zusammensparen, sondern wir werden den Sozialstaat gerade in diesen schwierigen Zeiten sichern.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich glaube, die CDU glaubt das, was sie mit ihrer restriktiven Ausgabenpolitik fordert, eigentlich auch selbst nicht. Wenn man sich das aktuelle Grundsatzprogramm durchliest, das sie soeben beschlossen hat,

darin stehen Dinge, die Mehrausgaben erfordern werden: Ganztagsschulen, beitragsfreies Kindergartenjahr, Kulturförderung, Förderung der Hochschulen. Das ist alles nicht für einen Apfel und ein Ei zu haben. In der Bundespolitik ist es ähnlich. Da werden erst Steuersenkungen versprochen, dann der Ausgleich des Haushalts und dann noch Investitionen in Innovation und Familie. Das ist die Erfindung der Eier legenden Wollmilchsau oder noch besser des Goldesels, und, glaube ich, das nimmt ihr am Ende des Tages auch niemand mehr ab.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Jetzt aber eine überregional so dramatische Lage zu benutzen, einmal wieder alles in Bremen auf den Prüfstand stellen zu wollen, was an Rot-Grün in Bremen schon immer gestört hat, kommunale Krankenhäuser, unprivatisierte Reinigungskräfte et cetera, das finde ich, Herr Röwekamp, ist jetzt grob fahrlässig.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zu was führt diese Rhetorik der CDU, wir müssten jetzt gemeinsam den Gürtel enger schnallen? Wenn uns einerseits die Staatseinnahmen durch Steuergeschenke fehlen, wir dann andererseits aber deswegen an den Staatsausgaben sparen sollen, haben wir am Ende einen schwachen Staat. Es dürfte bekannt sein, dass die Steuer- und Abgabenpolitik der letzten Jahre die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands zwar im Durchschnitt entlastet hat, aber eben nur im Durchschnitt. Angekommen ist das überwiegend in den oberen und mittleren Einkommensgruppen. Es dürfte ebenso bekannt sein, dass sinkende Staatsausgaben den Geringverdienern schaden. Die können sich eben privat keine Beratungsleistungen oder Nachhilfe für die Kinder leisten. Sozialer Zusammenhalt ist in der Krise wichtiger denn je. Das werden wir nicht wegsparen.

(Beifall bei der SPD)

Ein schwacher Staat ist mit uns ebenso wenig zu machen wie die Schwarzmalerei der LINKEN. Beides dient nicht dazu, in einer Krise wie dieser das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Staat und Politik, in die Demokratie zu erhalten, beides ist zurzeit aber bitter nötig.

Bremen steht nicht vor dem Ruin, Bremen wird sich auch nicht in den Ruin hineinsparen. Wir gehen nicht vor den Problemen in die Knie, sondern stellen uns ihnen, und wir sind und bleiben handlungsfähig. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Woltemath.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es sind wahrlich schwierige Zeiten, und die Auswirkungen der tief greifenden Wirtschafts- und Finanzkrise verunsichern die Menschen in unserem Lande, damit meine ich die Bundesrepublik und die Menschen auch in Bremen. Deshalb glaube ich, helfen uns weder auf der einen Seite markige Sprüche noch auf der anderen Seite Schwarzmalerei.

(Beifall bei der FDP)

Ich bedanke mich zwar ausdrücklich bei dem Kollegen Rupp für diese Fleißarbeit, aber, ich glaube, ich muss mir das noch einmal in Ruhe anschauen, und, liebe Kollegin Kummer, nicht nur Ingenieure können alles so hinrechnen, dass es am Schluss wieder passt und aufgeht.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nein, das funktioniert nicht! – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Ihre Statik hält!)

Ich finde das auch immer sehr schön. Der Herr Kollege Rupp fängt an und schaut sich erst einmal die FDP aus. Ich habe einen Satz noch nicht zu Ende gesprochen und schon versuchen hier einige NichtIngenieure, mich zu belehren. Sie müssen sich einmal entscheiden, ob Sie jetzt Ingenieure wollen oder Statiker! Wir haben auch noch nicht darüber gesprochen, ob es nach der Berechnung am Ende halten soll. Wir haben erst einmal davon gesprochen, ob die Rechnung stimmt, und jetzt will ich noch einmal sagen, es gibt auch andere, die das können, und wir haben gerade in der Politik dieses Landes immer wieder gesehen, dass es viele Rechnungen gab, die am Ende des Tages nicht aufgegangen sind. Wir würden viele dieser Debatten hier heute nicht führen und führen müssen, wenn am Ende des Tages auch die Sanierungspolitik aufgegangen wäre.

(Beifall bei der FDP)

Sie hat im Moment auch noch keinen genauen Plan. Ich finde, dazu kann man stehen. Ich sage ausdrücklich, Respekt vor dieser offenen Haltung, und

dazu muss man erst einmal abwarten, wie es denn im Juni weitergeht, und wir werden das sehr aufmerksam verfolgen. Das sage ich ganz deutlich, und Kollege Rupp, da können Sie sicher sein, dass ich das jetzt auch vortragen werde, die FDP bleibt sich immer treu und hält da Kurs, und gerade in solchen Zeiten, wie wir sie haben, müssen wir ganz einfach auch Kurs halten!

(Beifall bei der FDP)

Da können wir nicht ständig hin und her schwanken und wunderbare, schöne Rechnungen an die Wand werfen, sondern wir müssen ganz klar klare Linien und die Leitplanken aufzeigen. Bremens Ruin an die Wand zu malen – ich glaube, das hilft uns überhaupt nicht weiter –, halte ich und hält vor allem auch die FDP-Bürgerschaftsfraktion für absolut verantwortungslos.

(Beifall bei der FDP)

Krisenzeiten sind auch für die Politik dazu da, sie zu meistern, und manche sagen sogar, in der Krise liegt die Chance. Wir müssen diese Chance nutzen. Wir von der FDP sprechen das noch einmal ganz deutlich an. Wir sehen Chancen in der Vermögensveräußerung und.

(Beifall bei der FDP – Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Moment, Moment, das habe ich gewusst! Es ist nicht so, dass man das nicht im Laufe der Zeit auch schon weiß. Das ist reflexartig, lieber Kollege Fecker, das finde ich auch in Ordnung. Das können wir so machen. Ich sage noch einmal Vermögensveräußerung.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben schon gesagt, lassen Sie uns doch einmal die BREPARK anschauen, die brauchen Sie doch überhaupt gar nicht dafür. Da haben wir keine sozialen Schieflagen, das können wir uns anschauen, darüber können wir einmal diskutieren. Wir können uns auch den Flughafen anschauen. Jetzt haben wir auch gelernt, wir müssen nicht immer wieder das Gleiche wiederholen. Ich sage, bei der Gewoba müssen wir darauf setzen, wenn hier in den nächsten Jahren eventuell die Mehrheiten so bleiben – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Schön, dass Sie sich schon darauf einstellen! Das finden wir gut!)

Eventuell betone ich jetzt! Bei der Gewoba müssen wir darauf setzen, Unternehmenswertsteigerungen

herbeizuführen, damit wir dann erst einmal schauen, was wir in Zukunft damit tun.

(Beifall bei der FDP)

Der Applaus kann ruhig lauter ausfallen.

Dann sagen wir auch, das haben wir auch immer wieder gesagt: Sparpotenziale ausschöpfen! Dazu sage ich, wir können auch eine engere Zusammenarbeit mit dem Umland anstreben. Die Umlandgemeinden – das haben wir in vielen Bereichen gesehen, wir sehen es beim ÖPNV mit der Linie 4 – sind durchaus dazu bereit, und man muss auch nicht immer darauf warten, dass man jetzt den riesengroßen Wurf macht, sondern dass man erst einmal schaut, ob es auch kleinere Lösungen gibt? Ich glaube, an Aufgabenkritik kann ich mich in der bremischen Politik die letzten 25 Jahre erinnern, da können und sollten wir weiter machen.

Jetzt komme ich zu dem, was wir auf alle Fälle und unbedingt brauchen, und andere Bundesländer haben uns vorgemacht, dass es auch geht: Wir brauchen eine Verwaltungsreform an Haupt und Gliedern, und wir brauchen auch eine Strukturreform.

(Beifall bei der FDP)

Dazu sagen wir, da braucht man nicht abzuwinken, das ist eine große Aufgabe, und ich habe auch nicht gesagt, dass wir jetzt den Knopf drücken, und morgen sprudelt da Geld heraus, das habe ich nicht gesagt! Wir brauchen aber diese Reform, weil wir ganz genau sehen, dass es da Reibungsverluste gibt. Mit dieser Reform – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Welche Reform?)

Was heißt, welche Reform? Es ist doch völlig klar, diese Struktur, wie sie da ist, mit diesen wunderbaren unterschiedlichen Senatsressorts, die sich wunderbare Briefe hin- und herschreiben, muss endlich einmal auf den Prüfstand.

(Beifall bei der FDP)

Wir machen jetzt keinen Dialog, ich rede zu Ende, und dann können Sie sich ja alle melden und dazu etwas sagen.

Das Nächste, was wir uns auf die Tagesordnung schreiben müssen, ist eine Parlamentsreform, denn wir können uns selbst davon nicht ausklammern.