Protocol of the Session on January 21, 2009

Dabei handelt es sich um die Leistungsträger der Gesellschaft, und denen muss man sagen, wir sind dazu bereit, euch zu entlasten. Wir brauchen ein einfaches Steuersystem, und das bedeutet auch ein Steuersystem ohne Schlupflöcher, das alle gerecht besteuert, das übrigens bei uns bei Null anfängt, weil wir vier Schritte haben. Wir brauchen aber auch ein Bürgergeld, das den Leuten, die sich nicht selbst helfen können, unter die Arme greift,

(Beifall bei der FDP)

und wir brauchen natürlich auch nachhaltigen Subventionsabbau.

(Beifall bei der FDP)

Ich stimme den Rednern zu, die gesagt haben, die Casinomentalität – und das habe ich ja hier in der Debatte auch schon gesagt –, die an den internationalen Finanzmärkten vorgeherrscht hat, hat uns in diese Krise geführt. Diese Casinomentalität, das haben aber, glaube ich, mittlerweile alle verstanden, muss der Vergangenheit angehören. Wir brauchen, und dafür ist der Staat zuständig, und das haben wir

auch immer unterstrichen, klare Regeln für den Banken- und Finanzsektor.

(Beifall bei der FDP)

Diese Regeln dürfen aber nicht nur in Gesetze geschrieben werden, sie müssen auch knallhart, und ich unterstreiche hier das Wort knallhart, kontrolliert werden.

(Beifall bei der FDP)

Der Staat darf und soll nicht auf Dauer Unternehmer sein. Die Landesbanken haben ja gezeigt, dass gerade die hohen Renditeerwartungen der Politik – –.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Auf Dauer nicht, aber manchmal schon!)

Auf Dauer nicht! Wir haben ja die Situation, dass es im Moment so ist, das können wir ja nicht wegdiskutieren. Wir können ja nicht an der Realität vorbeidiskutieren. Die Landesbanken haben aber – und gerade die Landesbanken, die unter hohen Renditeerwartungen ihrer Landesregierungen gestanden haben, das war in Nordrhein-Westfalen, in Bayern und teilweise in Schleswig-Holstein –, um überhaupt noch Gewinne generieren zu können, sich genau auf diese gefährlichen Finanzmarktpapiere eingelassen. Landesbanken, die in Ruhe gelassen worden sind und in Ruhe arbeiten konnten, wie die Norddeutsche Landesbank und die Bremer Landesbank, haben ja offensichtlich einen anderen Weg beschritten, und dieser Weg, und darüber sind wir natürlich ausgesprochen froh, hat sich als der richtige erwiesen.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung, um die Wirtschaft, die Konjunktur und den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Daran führt kein Weg vorbei. Ich glaube, über die Einzelheiten des Konjunkturprogramms kann man lange streiten. Die Abwrackprämie ist heute mehrfach erwähnt worden, und wenn ich Herrn Dr. Kuhn jetzt richtig verstanden habe, dann scheint sie ja auch bei den Grünen mehr oder minder vom Tisch zu sein.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Unser grüner Umweltsenator hat ja auch schon gesagt, dass er das nicht für richtig hält. Ich denke, da sind wir uns alle einig darüber, das ist heute auch schon vorgerechnet worden: Wer sich neun Jahre lang kein neues Auto kaufen konnte, der wird jetzt nicht durch diese Prämie plötzlich auf ein neues Auto umsteigen, beziehungsweise wird er eventuell auf ein

billigeres ausländisches Modell zurückgreifen, was letztendlich keine Beschäftigung in Deutschland sichert.

Was wir nicht haben wollen, das habe ich in der letzten Debatte auch schon einmal gesagt, und da richte ich mich an die Partei DIE LINKE, wir brauchen in keiner Weise eine Systemdebatte. Die soziale Marktwirtschaft hat eine krisenhafte Situation zu überstehen, aber die soziale Marktwirtschaft hat genug Instrumentarien, mit dieser Situation fertig zu werden.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube auch nicht, dass es sich im Moment um eine Renaissance des Staates handelt. Der Staat ist gefordert, der Staat muss seine Rolle übernehmen. Die hat er in der Vergangenheit in bestimmten Bereichen nicht übernommen, er hat sich um andere Bereiche gekümmert und ist in andere Bereiche vorgedrungen. Aus diesen Bereichen muss er sich zurückziehen und sich auf seine eigentliche Rolle als Überwacher des Finanzmarktes besinnen.

(Beifall bei der FDP)

Ich sagte schon, Schuldzuweisungen helfen uns nicht weiter. Was wir brauchen, und das ist heute auch schon gesagt worden, ist eine Sicherung der Arbeit und der Beschäftigung. Deshalb ist es gut, wenn Qualifizierung unterstützt wird, wenn die Belegschaften zusammengehalten werden, wenn vor allen Dingen auch das Know-how der Belegschaften zusammenbleibt und wenn sie mit einer Zukunftsperspektive ausgestattet werden.

(Beifall bei der FDP)

Investitionen in Infrastrukturprojekte, das habe ich gesagt, sind richtig, genauso richtig wie Investitionen in Schulen, Universitäten und Kindergärten, vor allen Dingen, wenn man sich anschaut, wie es in unseren Schulen aussieht. Bei dieser Debatte aber darf man natürlich auch nicht die Verantwortung außer Acht lassen. Dieser Sanierungsstau hat sich in den vergangenen Jahren natürlich unter Beobachtung aufgebaut. Zudem müssen wir die Mittel für Investitionen in die kommunale Infrastruktur sicherstellen, und diese müssen in nachhaltige Projekte fließen. Wir werden als FDP genau prüfen, dass die Gelder auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Nach dem Gießkannenprinzip sollte in jedem Fall nicht verfahren werden.

(Beifall bei der FDP)

Zur Schuldenbremse haben wir relativ widersprüchliche Aussagen des Senats in den vergangenen Wochen gehört: Während sich der Bürgermeister dafür

ausgesprochen und sozusagen seine Liebe dazu entdeckt hat, hat sich die Bürgermeisterin und Finanzsenatorin eher zurückhaltend geäußert.

Wir haben uns deutlich dafür ausgesprochen, dass es zu einem deutlichen Konnexitätsprinzip kommt. Auch wenn die Investitionen in die kommunale Infrastruktur längst überfällig sind, kann das Konjunkturpaket eine echte allgemeine Finanzreform nicht ersetzen.

(Beifall bei der FDP)

Notwendig ist es, den Kommunen langfristig einen finanziellen Spielraum zu eröffnen, kurzfristige Finanzspritzen können allenfalls die schlimmsten Symptome lindern.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir Liberalen hätten uns statt der jetzt angeschobenen Ausgabenpolitik, ich sagte es schon, eine grundlegende Steuerreform gewünscht, damit alle Steuerzahler und vor allem auch kleine und mittlere Unternehmen in Bremen von dem Programm profitieren könnten. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Wir werden weiter darauf achten, dass der Mittelstand, die Mitte der Gesellschaft, bei allen Überlegungen nicht außer Acht gerückt wird. In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In weiten Teilen war ja die Debatte insbesondere in den Teilen, die sich auf Bremen bezogen haben, doch auch sehr konsensual, und selbst in den Dingen, die politisch hoch umstritten sind, wie beispielsweise Stichwort Abwrackprämie, gibt es ja ganz überraschende Übereinstimmungen. Nichtsdestoweniger gibt es, und auch das ist in der Debatte deutlich geworden, Unterschiede. Diese Unterschiede sind mit einer auch sehr unterschiedlichen Eloquenz, aber auch unterschiedlicher Vehemenz hier vertreten worden, und deswegen will ich an der einen oder anderen Stelle schon noch einmal sagen, was uns als CDU-Bürgerschaftsfraktion auch ordnungspolitisch von dem unterscheidet, was hier teilweise gesagt worden ist.

Herr Dr. Sieling, Sie haben dem Kollegen Kau, der für eine deutsche Großbank tätig ist, entgegengerufen: Sie sind doch auch froh, dass Sie den Staat als Gesellschafter haben. Ich glaube, dass das grundlegend falsch ist und dass das auch nur durch eine bestimmte ideologische Brille, die Sie tragen, erklärbar

ist. Wir wissen ziemlich genau, dass der Staat eben gerade nicht der bessere Unternehmer ist.

(Zuruf des Abg. D r. S i e l i n g [SPD])

Ein Großteil der Instabilität, die wir an den Finanzmärkten haben, ist im Übrigen dem Umstand geschuldet, dass insbesondere die im ausschließlichen Staatseigentum befindlichen Landesbanken an diesem globalen Monopoly teilgenommen haben. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer.

(Beifall bei der CDU)

Das ist aus meiner Sicht auch das – ich bin ja Jurist, Sie sind ja Ökonom –, was uns grundlegend unterscheidet: Marx ist eben nicht Keynes, Herr Dr. Sieling! Deshalb ist es falsch zu sagen, nur weil wir eine bestimmte konjunkturelle Entwicklung haben, in der sich der Staat zusätzlich engagieren muss, bedeutet das, dass der Staat automatisch in Zukunft in unserer Wirtschaft eine stärkere Rolle spielen will. Ich bin explizit anderer Auffassung.

(Beifall bei der CDU)

Ich bleibe dabei, der Staat muss sich aus der Wirtschaft heraushalten und auf die Rahmenbedingungen konzentrieren. Das ist im Übrigen auch das, Herr Dr. Kuhn, weshalb ich sage, das, was wir bei der Commerzbank beispielsweise als Kapitaleinlage geleistet haben, ist für mich keine Beteiligung in dem Sinne, dass ich sage, ich will auf die Geschäftspolitik und den geschäftlichen Erfolg, auf die Beschäftigungsverhältnisse und Kontoführungsgebühren dieses Unternehmens Einfluss nehmen. Nein, ich will es nicht! Ich verstehe es so, dass wir als Treuhänder des Staates die Verantwortung dafür haben, dafür zu sorgen, dass mit unserer Einlage die Finanzmarktstabilität und die Teilnahme der Commerzbank daran auch in Zukunft gesichert ist und dass wir dafür sorgen, dass das Geld, das wir dort hineingeben, möglichst verzinst, aber vor allem möglichst schadlos wieder zurückfließt an die Menschen, die es zur Verfügung gestellt haben, nämlich die Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen mit der Einlage kein Geld verdienen, wir wollen den Finanzmarkt stabilisieren. Deswegen ist es aus meiner Sicht erstens zwingend befristet, und zweitens sollten wir uns aus dem Unternehmertum auch in der Commerzbank zurückhalten und darauf achten, dass die Verfehlungen, die es in der Vergangenheit gegeben hat, nicht wieder passieren. Aber es ist zeitlich begrenzt und inhaltlich beschränkt! Das ist der Unterschied, der uns ausmacht, aber ich glaube,

das ist aus meiner Sicht auch völlig klar, das kann nur die Position der CDU-Bürgerschaftsfraktion sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin sehr dankbar dafür, dass einer der Vorredner auch angesprochen hat, dass wir bei der Frage Konjunkturprogramm nicht nur darüber reden, was der Staat investieren kann. Wir haben gerade in Bremen eine große Erfahrung und Tradition damit, dass wir einen ganz wesentlichen Teil der Daseinsvorsorge auch über freie Träger, über freigemeinnützige Einrichtungen organisieren. Deswegen setze ich die Hoffnung darauf, dass es uns gelingt, in dem Konjunkturprogramm Bremens und Bremerhavens nicht nur die städtischen Kliniken und die staatlichen Schulen zu berücksichtigen, sondern dass wir das Engagement und insbesondere die finanzielle Leistungsfähigkeit der vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich in und für Bremen und Bremerhaven engagieren, auch nutzen und sagen: Wenn in einer freigemeinnützigen Schule noch in diesem Jahr ein Investitionsbedarf umgesetzt werden kann, dann muss er Bestandteil des Konjunkturprogramms dieser Regierung werden. Das ist auch Auffassung der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

(Beifall bei der CDU)

Eine ganz unterschiedliche und auch sehr grundsätzliche Diskussion – ich finde es sehr gut, dass man sich darüber auch außerhalb von Bundestagswahlkämpfen austauschen kann – gibt es, glaube ich, auch bei der Frage der steuerlichen Gerechtigkeit solcher Programme. Ich will noch einmal ausdrücklich sagen: Die Maßnahmen, über die wir hier reden, dienen der Stabilisierung der Wirtschaft, der Sicherung von Beschäftigung, das ist aus meiner Sicht zwingend erforderlich, und sie dienen dazu, dass wir die Binnennachfrage durch eine Entlastung erreichen.

Meine Damen und Herren, das Konjunkturpaket II ist bei allen Interpretationsversuchen, die hier stattgefunden haben, eben kein Sozialprogramm. Die soziale Schlagader dieser beiden Städte unseres Landes ist in den eineinhalb Jahren der Regierungszeit dieser Regierung hinreichend betont worden. Jetzt geht es wirklich einmal darum, die Leistungsträger anzureizen, sie zu Leistungen und zu Investitionen aufzufordern und zur konjunkturellen Nachfrage anzureizen. Das ist Aufgabe dieses Pakets. Es geht nicht um die Umverteilung, wie viele es wissen wollen, sondern es geht darum, Anreize für die Belebung der Binnennachfrage zu setzen, und da setzen wir auf die Leistungsträger.