Protocol of the Session on November 13, 2008

lung der Kinder- und Jugendhilfe getan hat. Aber, Frau Senatorin Rosenkötter, das Notruftelefon allein reicht natürlich nicht aus, um die bessere Erreichbarkeit des Jugendamts sicherzustellen.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Es gibt ja auch ein bisschen mehr!)

In Krisensituationen ist das Jugendamt jetzt erreichbar, aber Sie stellen nicht sicher, dass Fallmanager für Eltern, Erzieherinnen, Mitarbeiter der freien Träger und Ärzte dieser Stadt auch außerhalb von akuten Krisen erreichbar sind. Alle beteiligten Einheiten im Jugendhilfesystem müssen sich darauf verlassen können, dass sie den zuständigen Fallmanager oder eine Vertretung erreichen können. Genau dies hat jedoch bisher in der Realität keine Umsetzung gefunden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie, Frau Senatorin, lassen ausgerechnet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allein, auf die es ankommt. Den Kindern ist eben nicht mit der Bewilligung einer Maßnahme geholfen, sondern der Erfolg entscheidet. Der wird aber gar nicht kontrolliert. Es gibt weder einheitliche Standards noch eine Erfolgskontrolle noch eine regelmäßige Kontrolle der Aktenführung durch die Vorgesetzten. Auch die Qualitätsvereinbarung mit den freien Trägern der öffentlichen Jugendhilfe befindet sich nach wie vor im Tiefschlaf. Über den Erfolg und die Qualität einer eingeleiteten Leistung der Hilfen zur Erziehung entscheidet noch immer, in welchem Stadtteil und damit in welchem Sozialzentrum die Betreuung erfolgt. Ist das wirklich das, was Sie politisch wollen?

Gleiches gilt auch für die Bezahlung von Tagesmüttern: Nicht ihre Leistung entscheidet darüber, ob sie pünktlich und vollständig ihre Auslagen ersetzt bekommen, sondern welches Sozialzentrum für sie zuständig ist. Diesen Mangel verwalten Sie, Frau Senatorin, seit Amtsantritt, und es hat sich nichts getan.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie mir bitte noch einige Anmerkungen zur Personalführung und zur Mitarbeitermotivation! Unser Vertrauen in Ihre Fähigkeiten, Frau Rosenkötter, ist besonders an dieser Stelle Stück für Stück geschwunden. Da werden, wie vorhin erwähnt, Geschäftsführer in den Kliniken eingestellt, die offensichtlich nicht über die notwendigen Qualifikationen verfügen. Da misslingt die Kündigung des im Fall Kevin verantwortlichen Sachbearbeiters, der durch schlampige Aktenführung aufgefallen war und klammheimlich genau mit dieser Aufgabe wieder betraut wurde. Der Mann wird erst auf öffentlichen Druck suspendiert. Und ein Senatsbeauftragter, der für die

Sanierung des KBM eingesetzt worden war, erfährt aus der Zeitung von seiner Entlassung.

Frau Senatorin, diese Liste ließe sich fortsetzen, aber neben den fachlichen Versäumnissen ist es für die CDU-Fraktion ausschlaggebend, dass wir das Vertrauen in Ihre Amtsführung verloren haben.

(Beifall bei der CDU)

Und nicht nur wir, so hatte der Innensenator bei der Beratung des Konzepts „Stopp der Jugendgewalt“ zugegeben, dass er sich von Ihrem Ressort alleingelassen fühlt. Bevor Sie sich um das Thema Sprachförderung gekümmert haben, bedurfte es der öffentlichen Rüge durch die Bildungssenatorin. Kollege Frehe vom Bündnis 90/Die Grünen spricht vom ganz normalen Verwaltungschaos in Ihrem Zuständigkeitsbereich.

(Beifall bei der CDU)

Enttäuscht müssen übrigens auch Bremens Beschäftigte jenseits der Altersgrenze von 45 Jahren sein. Frau Rosenkötter, Sie als 55-Jährige halten der Kassenärztlichen Vereinigung allen Ernstes vor, der Altersdurchschnitt sei mit 45 Jahren zu hoch, daraus könnten sich erhöhte Fehlzeiten ergeben. Demnach treten Sie allerdings als Schirmherrin bei einer Preisverleihung auf, bei der Firmen geehrt werden, die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Chance gewähren. Wer soll solch einer Arbeitssenatorin vertrauen?

(Beifall bei der FDP)

Sie, Frau Rosenkötter, vertrauen auch niemandem mehr. Und wer niemandem vertraut, genießt auch kein Vertrauen. Informationen im Krankenhausausschuss gibt es nur nach rechtlichen Stellungnahmen des Wissenschaftlichen Dienstes.

(Abg. S c h i l d t [SPD]: Quatsch!)

Die für Bündnis 90/Die Grünen früher so wichtigen Akteneinsichtsrechte von Abgeordneten werden heute je nach Gutachtenlage einmal gewährt und einmal verwehrt. Erinnern Sie sich noch, Frau Bürgermeisterin Linnert? Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich: „Je länger die Große Koalition regiert, desto mehr schwindet das Bewusstsein dafür, dass man ein Parlament nicht belügen darf. Mit einem Arsenal von Stolpersteinen hat der Senat versucht, die Akteneinsicht zu behindern. Die vielen kleinen Könige in den staatlichen Gesellschaften müssen hinnehmen, dass die Kontrollrechte des Parlaments nicht an ihrer Tür enden.“

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Auf einmal sind es kleine Könige!)

Zitat von Frau Linnert, „Grün aktuell“, November 2005! Danke, Frau Linnert! Wie wahr, kann ich nur sagen!

(Beifall bei der CDU)

Und wie verhalten Sie sich heute? Notwendige Informationen im Krankenhausausschuss werden nur nach rechtlicher Aufforderung erteilt. Akteneinsicht wie in der letzten Woche mit rot-grüner Mehrheit erst versagt, am Tag danach per Pressemitteilung wieder zugesagt. Die von Ihnen kritisierten „kleinen Könige“ sitzen ja heute als Geschäftsführer in der GesundheitNord und verweigern die parlamentarische Kontrolle!

(Beifall bei der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der SPD und der Grünen, trauen Sie – –?

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Ich war es nicht! – Heiterkeit bei der SPD)

Ich finde so einen Vormittag wirklich gar nicht lustig!

(Beifall bei der CDU)

Ich muss sagen, auch der Opposition ist da nicht zum Lachen zumute. Ich habe das, glaube ich, ausreichend erläutert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trauen Sie dieser Senatorin angesichts der aufgezeigten Missstände und Versäumnisse wirklich zu, die Kurve zu kriegen? Trauen Sie ihr das zu? Sie hatte Gelegenheiten genug, Fehlentwicklungen zu korrigieren, doch sie hat durch Untätigkeit ständig neue produziert, Fehlentwicklungen in hoch wichtigen Bereichen, die sich das Land nicht leisten kann. Wir können trotz Ihrer Bemühungen keinen glücklichen und keinen erfolgreichen Ausgang erkennen. Unser Misstrauensantrag wird heute vielleicht nicht die Mehrheit des Parlaments finden,

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen)

das ist parlamentarische Demokratie, und das ist Alltag in einer Koalition, aber das Vertrauen des Parlaments und das Zutrauen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land genießen Sie, unabhängig vom Ergebnis der heutigen Abstimmung, nicht.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin mir, wie damals der Kollege Dr. Güldner im „Weser-Kurier“ am 11. Oktober 2006 vor dem anstehenden Misstrauensantrag gegen Karin Röpke, sicher:

Wenn nach bestem Wissen und Gewissen abgestimmt würde, müsste es für unseren Antrag eine große Mehrheit geben.

(Beifall bei der CDU)

Wer heute in der Wahlkabine der Senatorin nicht das Misstrauen ausspricht, übernimmt die Mitverantwortung für alle Fehler und Versäumnisse der Senatorin in der Vergangenheit und für die Zukunft.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Mohr-Lüllmann, ich finde, nach dieser Rede kann sich nicht nur dieses Haus, sondern die ganze bremische Öffentlichkeit bei Ihnen für diese doch außerordentlich transparente Rede bedanken. Ich darf das deutsche Wort für Transparenz verwenden: Das war durchsichtig, Frau Dr. Mohr-Lüllmann, das war ausgesprochen durchsichtig, wie mühsam Sie hier die Argumente zusammenziehen, um solch einen Misstrauensantrag zu konstruieren, nachdem Sie mit Ihrer Missbilligung gerade vor vier Wochen gescheitert sind.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Lassen Sie das sein, sparen Sie uns diese Zeit! Die Einleitungsworte waren ja schon beeindruckend, mit dem Hinweis darauf, dass ein solcher Misstrauensantrag die schärfste Waffe der Opposition sei, um dann nachzuschieben, man wolle diese Regierung mit einem solchen Misstrauensantrag hier gar nicht angehen. Ich habe noch nie gehört, dass man einen Misstrauensantrag so begründen kann. Der einzige Grund dafür, so einzusteigen, ist der, dass Sie ja rechtfertigen müssen, warum der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Herr Röwekamp, sich nicht traut, sich hier hinzustellen, und warum er Sie jetzt auf diese Ebene schickt, damit Sie reden dürfen. Sie argumentieren hier nur auf der Ebene des persönlichen Gezänks mit der zuständigen Senatorin. Frau Dr. MohrLüllmann, das reicht nicht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es reicht nicht, Oppositionspolitik so zu fahren, dass man sich gern für die bessere Senatorin, die es nun leider aufgrund von neuer Politik und richtiger Politik hier nicht geworden ist, dies anzugehen. Ich will hier gleich sagen, ich habe – und ich denke, das ist das Empfinden, das wir alle hier im Haus haben – noch

nie einen so schlecht vorbereiteten Angriff auf eine Regierung erlebt. Sie haben es ja selbst prognostiziert: Dem gescheiterten und missglückten Missbilligungsversuch des Oktobers folgt heute der verstolperte Misstrauensantrag im November.

Sie haben ja nicht nur das geschafft, dass Sie das Ziel, was Sie eigentlich verfolgen – darum legt man Anträge vor, – nicht erreicht haben. Aber Sie haben etwas anderes geschafft: Die Reaktionen im Vorfeld, die überraschte Äußerung vom Kollegen Woltemath nämlich, und die Aussagen der Fraktion DIE LINKE zeigen, Sie haben es auch geschafft, mit Ihrer Aktion die Opposition zu spalten, statt sie zusammenzuführen. Das zeigt auch Ihre Regierungsunfähigkeit. Sie können nicht zusammenführen und nicht gestalten, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich will mich aber nicht lange damit aufhalten, weil ich finde: Wenn wir hier in diese Debatte schon gezwungen werden, dann wollen wir das wenigstens nutzen und zu ein paar inhaltlichen und in der Stadt und in unserem Land diskutierten Punkten Aufklärung leisten und sagen, wie die Angelegenheiten sind. Ich will dies nur an den zwei Themen Kliniken und natürlich ganz kurz Jugendhilfe und finanzielle Situation und Auskömmlichkeit des Sozialetats machen, weil an der Stelle ja ständig die verqueren Informationen kommen!

Wenn man darüber redet, dann geht es natürlich nicht, dass man bei einer solch großen Aufgabe – Wiederneugestaltung und Neustrukturierung unserer Kliniken in der Stadt Bremen – beigeht und meint, die Welt habe erst im Mai 2007 angefangen sich zu drehen, und leugnet, welche Mitverantwortung man selbst hatte durch die Maßnahmen und durch die Politik, die Sie in der Großen Koalition mit uns gemacht haben.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)

Deshalb ist es mir eine Freude, auch darauf hinweisen zu dürfen, dass sich die Politik der CDU immer dadurch ausgezeichnet hat, im Krankenhauswesen dafür zu werben und darauf zu drängen, dass es private Beteiligungen gibt und die Tür dafür zu öffnen. Ich könnte hier eine lange Liste von Zitaten vortragen, ich werde mich vor allem auf wenige aus dem Untersuchungsausschuss beschränken, wo der ehemalige Senator Eckhoff sehr deutlich gesagt hat, dass die CDU sich immer für die Privatisierung der Kliniken eingesetzt hat. Dafür haben Sie geworben, und darauf haben Sie auch in der Großen Koalition gedrungen, dass wir das schwierige Experiment eingehen.

Wir als Sozialdemokraten sind den Schritt mitgegangen, für den Neubau Klinikum-Mitte ein PPPModell anzugehen. Wir haben erkannt, und eigentlich haben wir alle gewusst, dass es nicht mehr geht. Und wir haben es zuzeiten der Großen Koalition gewusst. Deshalb hätten wir damals mit dem Ausstieg früher anfangen können. Sie haben das verhindert, und Sie, Frau Dr. Mohr-Lüllmann, als Mitglied des Aufsichtsrats tragen persönliche Verantwortung für jeden Tag, den wir heute hier an dieser Stelle verschenken.