Protocol of the Session on July 4, 2007

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Nach uns die Sintflut!)

aber wir haben Arbeitsplatzverluste, und wir haben Steuereinnahmenverluste, und das sind alles Gründe, die dazu führen müssen, dass wir eine positive Entscheidung fällen und das Kraftwerk gebaut werden kann.

Es muss eine Entscheidung fallen bis Ende August, und wir fordern Sie hiermit auf, dass Sie bis Ende August das auch machen! Selbst, wenn Sie dort jetzt 2 Gutachten einholen wollen, dann machen Sie es eben so, dass es bis Ende August erledigt ist und dass wir bis Ende August Planungssicherheit für die swb haben, damit sie in die Lage versetzt werden, dann die entsprechenden Verträge einzugehen, damit das Kraftwerk gebaut werden kann. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Garling.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Focke, wenn man Ihnen so zuhört, könnte man glauben, dass spätestens heute Abend in Bremen und bei der swb die Lichter ausgehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zuruf des Abg. F o c k e [CDU] – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ist hier heute Morgen ja schon passiert!)

Jetzt einmal ganz ruhig! Ich kann Sie beruhigen: Wir stehen in engem Kontakt mit dem Unternehmen und im Übrigen auch mit dessen Beschäftigten, und wir sind uns unserer besonderen Verantwortung durchaus bewusst.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Dann nehmen Sie sie auch wahr!)

Ich habe gestern noch ein Gespräch mit dem Betriebsratsvorsitzenden der swb geführt und habe mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen müssen, dass Sie bisher überhaupt noch keinen Kontakt zu diesem Betriebsrat hatten.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Ich weiß, dass Sie das vielleicht nicht gern machen, aber ich empfehle Ihnen einfach einmal: Wenn Sie denn schon für die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer kämpfen, dann sollten Sie vielleicht auch einmal mit der Arbeitnehmervertretung Kontakt aufnehmen!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Im Übrigen ist es so, dass auch der Betriebsrat dieses Prüf- und Moderationsverfahren gut findet, was hier im Koalitionsvertrag festgelegt worden ist, weil hier nämlich die richtigen Fragen gestellt werden; und es sind die richtigen Fragen, nicht nur vor dem Hintergrund des Kraftwerksvorhabens der swb, sondern, wie wir heute alle in der Zeitung haben lesen können, auch in Bremerhaven wird ein Kraftwerkstandort diskutiert. Dann haben wir das von Ihnen heute Morgen angesprochene E.ON-Kraftwerk in der Pipeline. Gerade deshalb ist es wichtig, dass hier die Kernfragen geklärt werden, und das wird über dieses Moderationsverfahren sichergestellt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie machen es sich wirklich etwas zu einfach, wenn Sie schlichte Anträge formulieren, die leider nur die halbe Wahrheit verkünden. Als ich mir den Antrag der CDU und der FDP angesehen habe, fand ich ihn auf den ersten Blick gar nicht so schlecht. Auch in diesem Antrag werden Feststellungen gemacht, die wir uneingeschränkt teilen können, zum Beispiel, dass die Energieversorgung in Deutschland sicher, umweltfreundlich und wirtschaftlich sein muss. Das sehen wir genau so.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Dann ist Ih- nen eingefallen, dass Sie mit den Grünen regieren!)

Zu der von Ihnen geforderten Wirtschaftlichkeit gibt es allerdings das Prognos-Gutachten, welches auch Ihnen bekannt sein müsste, und dieses zweifelt die Wirtschaftlichkeit eines Kohleblocks an. Auch, dass ein breit gefächerter und ausgewogener Energiemix wichtig ist, sehen wir genauso.

(Beifall bei der FDP)

Laut Antrag der CDU und der FDP soll der Einsatz fossiler Energieträger so klimaverträglich wie möglich gestaltet werden. Spätestens an dieser Stelle müssten eigentlich auch Ihnen Bedenken kommen, aber wahrscheinlich verfolgen Sie im Gegensatz zu der von Ihnen gescholtenen Regierungskoalition nicht aufmerksam genug die breit geführte Diskussion dazu in sämtlichen Medien, oder es ist Ihnen schlicht egal.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Arbeitsplätze sind uns nicht egal!)

Sprechen Sie doch einmal mit den Menschen auf der Straße! Fragen Sie doch einmal! Da können Sie fragen, wen Sie wollen: Wenn Sie das Kohlekraftwerk ansprechen, dann werden fast alle Menschen, mit denen man spricht, sagen, dass sie an der Stelle Bedenken haben.

(Zurufe von der CDU)

Dann würden Sie auch merken, dass es eine große Besorgnis gibt angesichts des Klimawandels, der inzwischen für uns alle spürbar ist. Der Anstieg des Meeresspiegels ist doch kein Ökogespinst, sondern Realität, und welche Entscheidungen treffen wir heute für die Zukunft unserer Kinder? Es ist doch berechtigt, dass der Bau eines Kohlekraftwerks dabei zumindest infrage gestellt werden kann.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Und warum hat sich Ihre Meinung so ge- ändert in den letzten 6 Wochen?)

Ach, da hat sich überhaupt nichts geändert! Sie stellen sich hier einfach hin und sagen: Wunderbar, bauen wir ein Kohlekraftwerk, machen wir einen Haken daran und winken wir das Projekt durch!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

So ein Verhalten führt in der Bevölkerung dazu, dass die Politikverdrossenheit immer größer wird!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Deshalb haben Sie auch ein so hervorragen- des Wahlergebnis bekommen!)

Ja, haben wir, in der Tat! Deshalb gehen viele Menschen nicht mehr zur Wahl, weil sie glauben, sowieso nicht ernst genommen zu werden und dass der Gang zur Wahl sich nicht lohnen würde.

Ihnen müsste bekannt sein, dass es sowohl unter Fachleuten als auch in Teilen der Bevölkerung erhebliche Bedenken und Zweifel gibt, ob der Bau eines

Kohlekraftwerks sinnvoll ist. Wenn Sie wollten, könnten Sie jeden Tag die Leserbriefe verfolgen, in denen die Sorgen deutlich abzulesen sind, aber das interessiert Sie nicht! Wir machen im Gegensatz zu Ihnen an dieser Stelle noch nicht Schluss mit dem Nachdenken.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Jetzt gibt es eine rot-grüne Koalition und nicht mehr eine Regierung unter der Beteiligung der CDU, und das ist auch gut so!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Wir werden politische Prozesse anders organisieren und nicht einfach die Augen und Ohren schließen, sondern mehr den Dialog suchen. Lesen Sie doch einmal die Presseerklärung der swb! Sie ist erstaunlicherweise differenzierter als Ihr Antrag!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist allerdings nicht erstaunlich!)

Dort wird darauf hingewiesen, dass das Moderationsverfahren die richtigen Fragen stellt, und die Kernfrage ist: Sind moderne Kohlekraftwerke in Deutschland ökonomisch und ökologisch sinnvoll?

Mit dem im Koalitionsvertrag entwickelten Verfahren werden genau diese Fragen geklärt, und dabei werden sowohl die swb einbezogen als auch Umweltverbände über öffentliche Anhörungen, und die swb ist bei der Erarbeitung des Koalitonsvertrags auch immer sehr eng an der Seite der Vertragsverhandelnden gewesen. Mit dem im Koalitonsvertrag entwickelten Verfahren werden genau diese Fragen geklärt, und dabei wird die swb einbezogen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Sagten Sie bereits!)

Wir wollen die Menschen ernst nehmen, sie einbeziehen, wir werden einen Prozess in Gang bringen, der transparent ist, aufklärt und im Ergebnis von möglichst vielen getragen werden kann. Sie werden sich daran gewöhnen müssen, dass die rot-grüne Koalition jetzt neue Wege geht, die die Menschen in die Entscheidungsprozesse einbeziehen und nicht ausgrenzen, auch, wenn es Ihnen schwerfällt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Obwohl ich davon ausgehe, dass Sie den Koalitionsvertrag aufmerksam gelesen haben, wie zum Bei

spiel die Kolleginnen und Kollegen von der Linken, wie wir letzte Woche durch den Vortrag von Herrn Erlanson erfahren durften, will ich noch einiges zu den Eckpunkten des Verfahrens sagen! Das ergebnisoffene Prüf- und Moderationsverfahren wird mit Experten der dena und dem Ökoinstitut Freiburg unter Einbeziehung der swb AG durchgeführt. Im Rahmen des Verfahrens werden Institutionen und Verbände in öffentlichen Anhörungen Stellung nehmen können. Die zu bearbeitenden Fragen sind im Vertrag festgelegt, zum Beispiel die Frage der dezentralen Stromversorgung oder wie der Bau eines Gaskraftwerkes unter den zu erwartenden veränderten energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu bewerten ist.

Ganz wichtig hierbei ist auch die Frage, welche Rolle der Neubau eines Kohlekraftwerks kurz-, mittelfristig in einer nationalen Energie- und Klimaschutzstrategie spielt: Wie würde die regionale Verteilung der Standorte unter dem Gesichtspunkt der Standorteignung aussehen? Sollte es zum Neubau von Kohlekraftwerken in Deutschland kommen? Insgesamt handelt es sich um 15 Fragen, die bearbeitet werden. Ich will sie hier nicht alle aufzählen, aber wer sich dafür interessiert, den Koalitionsvertrag kann man im Internet herunterladen. Das betrifft möglicherweise auch die Zuhörer im Fernsehen oder Radio.

Wir werden den gemeinsamen Antrag der CDU und der FDP natürlich ablehnen, nicht, weil wir grundsätzlich gegen Kohlekraftwerke sind,

(Abg. F o c k e [CDU]: Doch!)

sondern weil er nur die halbe Wahrheit darstellt und die andere Hälfte schlicht ignoriert. Unserem eigenen Antrag von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen stimmen wir natürlich zu.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Abschließend gebe ich gern zu, dass der Prozess sicher nicht einfach wird, auch nicht für die swb und deren Beschäftigte. Wenn die zentralen Fragen im Moderationsverfahren für den Kraftwerkstandort positiv beantwortet sind, werden wir Sozialdemokraten uns dafür einsetzen, dass das Genehmigungsverfahren zügig eingeleitet wird. Wir machen im Gegensatz zu Ihnen keine Politik der einfachen Antworten, sondern wir sehen uns in der Verantwortung, auf komplexe Herausforderungen differenzierte und angemessene Antworten zu finden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)