Protocol of the Session on September 10, 2008

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt den Ziffern 2, 4 und 5 zu.

(Einstimmig)

Zum Schluss lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/ 533 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Klassenfrequenz in den Profilklassen der Sekundarschule

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 30. April 2008 (Drucksache 17/378)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Heute kommt es alles etwas happig zum Thema Bildung! Das ist ja auch gut so, es sind wichtige Themen, zum Teil haben wir sie selbst eingebracht, zum Beispiel in diesem Fall. Wir haben, um es kurz zu sagen, den Antrag hier eingebracht: „Der Senat wird aufgefordert, die Profilklassen A der Sekundarschulstufen 9 und 10 bei einer Klassenfrequenz von maximal 20 Schülerinnen und Schülern zu belassen.“ Hintergrund ist, dass wir eine Einteilung haben in der Sekundarstufe zwischen den Klassen, die den Praxisanteil des Unterrichts extern haben und denen, die ihn integriert haben. Bei denen, die ihn extern haben, ist es so, dass es einen Betriebstag gibt, und der bedeutet dann, dass man die Praxis eben nicht in der Schule hat. Das wird anscheinend zum Anlass genommen, die Zahl der Schülerinnen und Schüler in dem Fall, weil man keine Praxisarbeitsplätze braucht, auf 25 zu erhöhen.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Der Antrag ist schon im April von uns gestellt worden. Wir haben Informationen, dass das Problem noch besteht. Wenn das Problem zwischendurch erledigt worden ist – Kollegin Stahmann, ich weiß nicht, ob Sie darauf gerade hinauswollten – oder Sie sagen, nein, machen wir gar nicht, dann soll mir das recht sein. Für uns war es jetzt einmal wichtig, hier auch diejenigen Schulen und Situationen in den Vordergrund und auch in die Bürgerschaft, nicht nur in die Deputationen, zu bringen, die eben keine so starke Lobby haben. Wenn die Klassenfrequenz von 20 auf 25 in der Sekundarschule erhöht wird, brauche ich wohl nicht zu erläutern, wieso das unverantwortlich ist. Ich bin gespannt, ob sich das Problem hier als gelöst herausstellt oder ob wir noch daran arbeiten müssen. – Danke schön! (Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Auch wenn es ein Deputationsproblem oder -thema ist, kommen wir ja nicht daran vorbei, das dann hier zu debattieren, wenn so ein Antrag vorliegt!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal ganz kurz auf die Zeit vor der Sekundarschule zurückgehen: Wir hatten damals die sogenannte Dreiteilung in Hauptschule, Realschule, Gymnasium und auch in die Gesamtschulen, und wir mussten feststellen, dass die Attraktivität der Hauptschulen dramatisch abgenommen hatte, dass eine Anwahl der Eltern mit den Füßen stattgefunden hat und sich die Hauptschule im Prinzip zu einer sogenannten „Restschule“ entwickelt hatte. Das hatte mit den großen Problemen zu tun, die die Jugendlichen hatten, die eben dann tatsächlich noch auf der Hauptschule waren. Diese Probleme führten dazu, dass innerhalb der Klassen der Hauptschule im Prinzip keine Vorbilder für diese Jugendlichen mehr waren. Wie wir hier in Bremen aus diversen Vorträgen mitbekommen haben, wurde auch das Anspruchsniveau an Jugendliche in den Hauptschulen weiter reduziert, als es eigentlich angemessen gewesen wäre. Darauf hat damals die Große Koalition reagiert, sie hat die Hauptund Realschulen abgeschafft und die Sekundarschulen eingesetzt – aus meiner Sicht eine richtige Entscheidung.

Die Klassenfrequenzen in der Hauptschule haben damals 20 betragen, in der Realschule 30, und der Sekundarschule, die sich ja zusammensetzt aus Schülern der Hauptschule und der Realschule, wurde die Klassenfrequenz von 25 zugewiesen, allerdings innerhalb einer Bandbreite von 20 bis 25 Kindern pro Lehrkraft, sodass die einzelnen Schulen durchaus flexibel damit umgehen können.

Nun befinden wir uns in der Situation, dass die Klasse 9 der Sekundarschule zum ersten Mal tatsächlich jetzt an den Schulen vorhanden ist. Hier, in der Klasse 9, haben wir wieder eine Zuordnung, eine Aufspaltung in ein Profil A, nämlich dem allgemeinbildenden Profil, und ein Profil B, einem sogenannten berufsbildenden Profil, und hier gibt es wiederum unterschiedliche Klassenfrequenzen: Das berufsbildende Profil umfasst Klassenfrequenzen zwischen 16 und 18 Schülerinnen und Schülern, und im Teil A haben wir eine Klassenfrequenz von 25 Schülern.

Wenn wir jetzt einmal schauen, wer im Profil B sitzt, stellen wir fest, dass – und das war nicht unsere Absicht – hier wieder überwiegend diejenigen Schülerinnen und Schüler zusammenkommen, die die größten Probleme haben. Es ist gut, dass sie eine so geringe Klassenfrequenz haben. Es ist gut, dass die Möglichkeit der engen Verzahnung hier mit Betrieben, mit praktischer Arbeit stattfindet, aber, ich sage einmal, wir müssen natürlich zusehen, dass wir hier erfolgreiche Berufsvorbereitung betreiben. Im A-Profil der Sekundarschule sitzen also diejenigen Schülerinnen und Schüler, die in der Regel weniger Probleme haben; diejenigen, die früher die Realschule bestückt haben, die einmal eine Klassenfrequenz von 30 hatte, sitzen jetzt in diesem Profil mit 25 Schülerinnen und Schülern.

Ich denke, dass man mit der Forderung, die Klassenfrequenzen zu reduzieren, natürlich bei ganz vielen Menschen auf Zustimmung stößt, das ist gar keine Frage. Warum Sie aber jetzt einen Antrag formulieren, der ausdrücklich auf eine, sage ich einmal, Bildungsrichtung abhebt, erschließt sich mir nicht, denn ich sagte schon: Wir haben auch in der Primarstufe 25 Kinder in einer Klasse, wir haben in einer Gesamtschulklasse eine Klassenfrequenz von 25. Wenn man also das Thema Klassenfrequenzen angeht, meine ich, sollte man das insgesamt tun.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Natürlich haben Klassenfrequenzen auch einen Einfluss auf Unterricht. Wir wissen aber, dass das nicht der einzige Einfluss ist, sondern dass Unterricht sich aus sehr vielen unterschiedlichen Komponenten zusammensetzt, und wenn wir noch einmal schauen, was eigentlich unser Anliegen mit der Einrichtung der Sekundarschule war, dann war für uns im Vordergrund, dass praktisches und theoretisches Lernen miteinander verzahnt werden, dass hier Schule und Betrieb sehr viel enger miteinander zusammenarbeiten und dass in diesen Klassen eine sehr viel stärkere Berufsorientierung, eine Vorbereitung auf Lebensentscheidungen stattfindet.

Ich bin der Meinung, dass das Konzept der Sekundarschule dort auf dem richtigen Weg ist. Wir begleiten diesen Weg intensiv. Wenn sich herausstellt, dass an der einen oder anderen Stelle Veränderungen vor

genommen werden, was ich überhaupt nicht ausschließe, werden wir dieses System selbstverständlich weiterentwickeln. Wir befinden uns aber zurzeit in Bremen in einem breiten Diskussionsprozess über Veränderungen in unserem Schulsystem insgesamt, und wenn Sie jetzt mit einem Antrag kommen, der sich ausschließlich auf eine isolierte Maßnahme der Senkung der Klassenfrequenzen bezieht, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, wie man das umsetzen soll, sondern da müssen wir gemeinsam schauen, wohin der Weg hier in Bremen gehen wird. Dann werden wir alles gemeinsam vielleicht noch einmal überprüfen oder vielleicht sogar an der einen oder anderen Stelle verändern.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. B e i l k e n [DIE LIN- KE] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Frau Abgeordnete Böschen, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Beilken?

Bitte, Herr Beilken!

Frau Kollegin, ich stelle fest, die Situation ist tatsächlich so, wie sie uns bekannt geworden ist. Finden Sie nicht, dass es eine besonders schwierige Situation ist? 25 Schülerinnen und Schüler in der Sekundarschule! Können Sie sich diese Situation vorstellen, und stimmen Sie nicht zu, bei allem was wir wissen über diese Schulsituation, dass dies ein besonders schwieriger Fall ist, bei dem man wirklich auch im Sinne einer Sofortmaßnahme etwas versuchen und nicht sagen sollte, ja, das regeln wir ganz allgemein?

Herr Beilken, zunächst einmal hängt die Schwierigkeit einer Situation von der tatsächlichen Situation ab. Die Zahl 25 als Klassenfrequenz gibt darüber keine Auskunft. Fakt ist aber, dass wir in Bremen eine tatsächliche Klassenfrequenz in der Sekundarschule Klasse 9 von 22,3 haben. Als Stadtstaat sind wir damit ganz unten. Der Durchschnitt in der Bundesrepublik liegt über 23. Ich will gar nicht ausschließen, dass in bestimmten Klassen durch eine bestimmte Zusammensetzung dadurch exorbitante Schwierigkeiten entstehen. Ich sagte aber auch schon, dass es ein Bandbreiten-Modell gibt, also durchaus die Möglichkeit besteht, hier innerhalb einer Schule, wenn denn solche Situationen bestehen, selbstständig Veränderungen vorzunehmen. – Vielleicht diskutieren wir das in der Bildungsdeputation!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Frau Stahmann das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! DIE LINKE hat einen Antrag gestellt mit dem Datum 30. April 2008. Das ist ja schon einige Monate her, und wir wissen, wie sich die Klassenfrequenz in der Sekundarschule entwickelt. Seitdem, Kollege Beilken, haben wir in der Bildungsdeputation in jeder Sitzung die Chance gehabt, dieses Thema auch nachzufragen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir haben zwei ausführliche Vorlagen gehabt mit Anwesenheit der beiden Fachreferenten, die jede Frage, wirklich jede Frage, in der Deputation beantwortet haben.

(Zurufe von der CDU)

Ich muss sagen, dieser Antrag kommt doch wirklich – –. Ich will ja nicht zu streng sein, aber es ist doch wirklich reinste Effekthascherei, mit diesem Antrag hier zu kommen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das ist nun ein Thema, das wirklich in die Deputation gehört!

Neben der Deputation haben wir jetzt auch noch einen Fachausschuss, der faktisch wöchentlich tagt, wo wir all diese Themen herauf und herunter diskutieren, und dass Sie hier daherkommen und behaupten, man würde sich hier nicht für alle Schüler interessieren und besonders nicht für die Schüler und Schülerinnen, die in der Sekundarschule sind, ist absolut falsch. Da haben Sie bei der Debatte gestern anscheinend geschlafen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Denn das ist ja das, was ich dem Kollegen Rohmeyer vorgeworfen habe,

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Bitte?)

dass sich die CDU anscheinend nur für die Kinder interessiert, die im Gymnasium sind, und aus dem Blick verliert, dass wir auch noch 75 Prozent andere Schüler haben, die wir auch zu höheren Bildungsabschlüssen bringen wollen. Dazu gehört ganz ausdrücklich ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

auch die Sekundarschule, an der wir als Grüne und auch die SPD nicht festhalten wollen.

Ich lese den Antrag ein bisschen so, als wenn DIE LINKE gefallen gefunden hat an dem Modell Sekundarschule, und damit bin ich absolut nicht einverstanden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)