Protocol of the Session on April 9, 2008

Gestatten Sie mir abschließend noch einige konstruktiv kritische Anmahnungen! Wir unterstützen diesen Gedenkort, wir glauben aber, es muss mit Behutsamkeit und Sensibilität vorgegangen werden. Man sollte das ruhig angehen und nicht vorschnell Publizität erzeugen. Auf den Bund Druck zu machen, weil in Bremen etwas sinnvoll erscheint, allein wird als Konzept nicht reichen. Hier müssen Nachhaltigkeit und ein fundiertes, klares Konzept her, und es muss ein Brückenschlag aller gesellschaftlichen Gruppen und Anstrengungen werden, um diese unrühmliche Geschichte in die Gegenwart und vor allen Dingen auch für unsere Kinder und Enkel in die Zukunft zu tragen, denn es ist eine erinnerungswürdige Stätte.

Was man, das wurde eben einmal ganz kurz angedeutet, nicht aus den Augen verlieren darf: Es handelt sich ja nun auch nicht nur um eine Opferstätte, sondern auch um eine Täterstätte. Daher wäre es schon wichtig, dass wir dort nicht irgendwelche Militaria-Fans oder irgendwelche U-Boot-Freaks anlocken, die dort ein Erlebnis haben wollen und diesen Bunker abenteuerlich besuchen wollen, sondern wir wollen würdige Besuchergruppen, die das Elend dieses Bunkerbaus angemessen würdigen.

Daher eine klare Aussage: Wir unterstützen die Bestrebungen, das Gedenken an den Bunker in Farge zu erhalten, aber wir erwarten tragfähige Konzepte

und würden sie im Zweifel, wenn sie darstellbar sind, natürlich konstruktiv begleiten. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich nehme zunächst einmal erfreut zur Kenntnis, dass es hier im Hause eine große Übereinstimmung in der Frage gibt, was mit dem Bunker passieren soll, nämlich dass es eine Gedenkstätte geben soll.

Ich will auf Herrn Kau nur noch kurz eingehen. Ich glaube, dass dieser Ort sozusagen eben nicht eine rein bremische Angelegenheit sein kann und auch nicht sein wird. Es ist sozusagen in einer Wahnsinnsstrategie des Deutschen Reichs der Nazis tatsächlich genau auf der Ebene anzusiedeln, und auf der Ebene muss auch das Gedenken organisiert werden, und ich bin fest davon überzeugt, dass der Bund einen Anteil leisten muss.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Das hat nichts damit zu tun, dass wir als Bundesland Bremen irgendwelche aberwitzigen Forderungen an den Bund stellen, sondern ich glaube, es ist auch inhaltlich richtig und wichtig, dass der Bund sich an dieser Stelle engagiert. Ich glaube auch, dass es sehr viele gute konzeptionelle Ansätze derzeit schon gibt. Ich habe hier nicht die Zeit gehabt, in der Aktuellen Stunde über diese Konzepte, die es gibt, länger zu reden, aber ich weiß davon, dass es einige sehr gute Konzepte gibt, und ich hoffe, dass die Umsetzung dieser Konzepte in Gang kommt.

Niemand, auch ich nicht, fordert, dass der U-BootBunker instand gesetzt werden muss, dass er in Gänze begehbar ist. Das wäre meiner Meinung nach nicht richtig, sondern ich glaube, man muss das Bauwerk so, wie es da jetzt steht, zum Gedenken organisieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In diesen Wochen und Monaten vor 75 Jahren begann der staatliche Weg Deutschlands in die Nazi-Herrschaft. Wir erinnern uns an die sogenannte Machtergreifung, an das Ermächtigungsgesetz, an die ersten Boykotte jüdischer Geschäfte ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

und Einrichtungen, an das Verbot von Parteien und Gewerkschaften. Das alles war der Weg zu Verfolgung und Vernichtung, und das alles geschah auch in Bremen.

Der Bunker Valentin in Farge ist ein ganz bedrückendes Zeugnis von Größenwahn und Menschenverachtung der Nazi-Herrschaft, und ich will es noch einmal sagen, bei seinem Bau sind Tausende von KZHäftlingen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen durch Entkräftung, Krankheiten, Misshandlungen und Erschießung ums Leben gekommen. Deswegen, und das nehme ich auch aus dieser Debatte als Einmütigkeit mit, kann es doch überhaupt keinen Zweifel geben, dass der Bunker Farge ein Erinnerungsort, ein Gedächtnisort und ein Gedenkort für die Opfer der Nazi-Herrschaft sein muss und sein wird.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der Linken und bei der FDP)

Übrigens, und Kollege Möhle hat das angesprochen, werden die Zeitzeugen weniger. Wir haben heute einen eindrucksvollen Artikel im „Weser-Kurier“ über die Stolpersteine und die Erinnerung gelesen, wie wichtig das ist, und wir wissen auch, dass diese Erinnerung das ist, was wir den Opfern geben können, mehr als die Erinnerung können wir ihnen heute nicht mehr geben. Weil die Zeitzeugen auch künftige Generationen nicht mehr mahnen können, brauchen wir ein mahnendes Zeichen, auch in Bremen, und das mahnende Zeichen heißt „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“. Das muss in Farge deutlich werden.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, tragen wir alle Verantwortung dafür. Lieber Kollege Kau, wir haben ein so gutes Verhältnis, kollegial und fair in der Kulturdeputation, und deswegen erlaube ich mir zu sagen, dass ich Teile Ihrer Rede für dem Thema nicht ganz angemessen halte. Wenn Sie zum Beispiel die Kulturstaatsrätin ansprechen, muss ich darauf hinweisen, dass die Zuständigkeit für dieses Thema nicht in den Bereich Kultur gehört, sondern in den Bereich der Landeszentrale für politische Bildung, und dafür trage ich die Verantwortung. Attackieren Sie mich, aber nicht die Kulturstaatsrätin!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, auch ich – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Dafür tragen Sie auch die Verantwortung!)

Hier trage ich keine Rahmenverantwortung, sondern eine echte Verantwortung, weil sie von Herzen kommt! Das sage ich Ihnen zu diesem Thema.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Aber auch ich möchte gern erwähnen und würdigen, dass es ganz viele gibt, die sich engagieren. Der Verein Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker Valentin e. V. ist bereits angesprochen worden, die Landeszentrale für politische Bildung, die uns im letzten Jahr diese eindrucksvolle Ausstellung „Denkort Farge“ im Rathaus bereitet hat, die jetzt übrigens im Bunker Farge zu sehen ist. Ich will nicht vergessen zu erwähnen, weil ich es persönlich mehrfach sehr positiv erlebt habe: Es sind die vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr gewesen, die zahllose Besuchergruppen in ihrer Freizeit durch den Bunker geführt haben. Das war ein gutes Zeichen für eine Armee in einer demokratischen Gesellschaft, wie man sich dort verhalten hat!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Meine Damen und Herren, schwierig ist die Lage geworden, als das Bundesverteidigungsministerium im November 2004 in der Stationierungsentscheidung festgelegt hat, dass das Marinedepot 2010 gewissermaßen auszieht und damit die seit den Sechzigerjahren bestehende Präsenz der Bundeswehr beendet ist. Was bedeutet das für die Zukunft? Der Bund ist Eigentümer dieses Bunkers als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches, und der Eigentümer hat Pflichten und auch eine moralische Verpflichtung. Ich habe versucht, in einem persönlichen Gespräch beim Bundesverteidigungsminister in Berlin und in verschiedenen Briefen ihn zu überzeugen, diese Stationierungsentscheidung rückgängig zu machen, weil, so ist meine feste Überzeugung, diese Immobilie, auch wenn es aus Berliner Sicht so scheint, nicht irgendein Bunker ist, eine Kaserne, ein Depot wie irgendein anderes in Deutschland, das man aufgeben und dann dem Immobilienmarkt überlassen kann, sondern damit muss man anders umgehen, das ist meine Bitte nach Berlin gewesen. Ich habe leider den Bundesverteidigungsminister nicht überzeugen können, dass die Bundeswehr nach 2010 dort bleibt.

Jetzt ist die Frage, wie bleibt der Bund, und das müssen wir von ihm verlangen, in seiner Eigentümerverantwortung, in seiner historischen, in seiner moralischen Verantwortung für den Bunker. Das müssen wir von ihm erwarten. Was mich im Moment umtreibt, ist, dass man in Berlin die Zuständigkeit dafür zwischen den verschiedenen Stellen wie eine heiße Kartoffel hin- und herschiebt. Der Bundesverteidigungsminister sagt: Wir haben nichts mehr damit zu

tun ab Ende 2010, dann geht das ins allgemeine Grundvermögen über. Der Bundesfinanzminister sagt: Das ist bei uns noch gar nicht angekommen, das gehört uns ja noch gar nicht. Der Kulturstaatsminister verweist, formal korrekt, Gedenkstättenarbeit sei Aufgabe der Länder.

Aber es ist doch klar, Bremen kann sich diese Immobilie doch nicht vom Bund schenken lassen. Wir sind gar nicht in der Lage, die Bewachung, die Sicherheitsdinge mit dieser Immobilie zu regeln. Das ist unmöglich! Nicht nur der Kosten wegen von 700 000 Euro! Wenn ein solches Objekt in eine zivile Nutzung gerät, dann werden baupolizeiliche Vorschriften und vieles andere mehr plötzlich relevant, wir können gar nicht damit umgehen. Wir müssen deswegen den Bund bitten, von ihm einfordern, dass er auch in seiner Eigentümerverantwortung bleibt, und wir wollen unseren Teil der Verantwortung natürlich mit der Gedenkstättenarbeit wahrnehmen.

Wir haben ein Konzept erarbeitet, und wir haben dem Kulturstaatsminister auch einen entsprechenden Projektantrag vorgelegt. Das hat mich übrigens ein wenig geärgert, am 31. März hat er in Bremen-Nord erklärt, Bremen solle doch endlich einen solchen Antrag vorlegen. Er selbst hatte Bremen gebeten, bis zum 14. März einen solchen Antrag vorzulegen, und bis zum 14. März lag auch ein solcher Bremer Antrag vor. Aber gut, das kann passieren, das ist Büroversehen.

Ich bitte ganz herzlich darum, dass wir mit bremischer Einmütigkeit und mit all unseren Möglichkeiten, die wir in Berlin haben, die Berliner Stellen auffordern, sie bitten, mit uns gemeinsam diese Verantwortung zu tragen. Das unwürdige Schauspiel, dass man sich dort die Verantwortung hin- und herschiebt, muss ein Ende haben im Interesse, im Sinne der Opfer und der Erinnerungsarbeit. Um das noch einmal ganz deutlich zu machen, wird der Senat in der kommenden Woche in den Bunker Farge gehen, um noch einmal ein klares Zeichen zu setzen. Bremen steht zu seiner Verantwortung, aber wir erwarten dasselbe auch vom Bund! – Danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Meine Damen und Herren, damit wäre das erste Thema in der Aktuellen Stunde behandelt.

Regio-S-Bahn – Nein zu unzulässiger Einflussnahme und Geiselhaft des Ausbesserungswerkes Sebaldsbrück!

Meine Damen und Herren, in Paragraf 30 Absatz 7 sind die Redezeiten geregelt. Insgesamt darf die Redezeit pro Fraktion auch bei mehreren Themen 15 Minuten nicht überschreiten. Ich sage Ihnen jetzt, wie

viel Redezeit noch für die jeweilige Fraktion geblieben ist: Für die SPD-Fraktion noch 9 Minuten, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 9 Minuten, für die CDU 9 Minuten, für die Fraktion Die Linke 8 Minuten, für die FDP-Fraktion noch 11 Minuten. Uns ist bekannt, das der Senat eine unbeschränkte Redefrist hat. Alles, was über 15 Minuten geht, dürften die Fraktionen dann untereinander aufteilen, aber ich denke, dass sich der Senat auch an seine Redezeit hält.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Focke. – Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 7. März hat die staatliche Deputation für Umwelt, Bau und Verkehr einen Bericht des Senators über das Vergabeverfahren zur Erbringung der SPNV-Leistungen im Netz der künftigen Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen für einen Zeitraum von zehn Jahren zur Kenntnis genommen. Dabei hat sich herausgestellt, dass ein Bieter nach den Kriterien der Preis- und Qualitätsauswertung oder -bewertung eindeutig überlegen war, und wir wissen alle, wer das war und wer dann auch den Zuschlag bekommen hat, es war die Nord-West-Bahn GmbH. Wir, die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, haben überhaupt keinen Anlass, an der Rechtmäßigkeit des in Verantwortung des Verkehrssenators liegenden Vergabeverfahrens etwas auszusetzen.

(Beifall bei der CDU)

Jedem ist es natürlich offen, dagegen Einspruch einzulegen, wenn er sich falsch behandelt fühlt. Das Verhalten der Bahn, meine Damen und Herren, und auch des SPD-Landesvorsitzenden Beckmeyer, massiv in das Verfahren einzugreifen, noch bevor es beendet worden ist, finden wir skandalös.

(Beifall bei der CDU)

Insbesondere auf dem Rücken von Mitarbeitern Ränkespiele auszutragen, finden wir noch schlimmer, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das glaube ich!)

vor allen Dingen, wenn man weiß, dass das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun hat und die Mitarbeiter in dem Eisenbahnausbesserungswerk Sebaldsbrück bereits in den letzten Jahren mit Gehaltsverzicht und anderen Dingen erheblich dazu beigetragen haben, dass aus dem ehemals in Schwierigkeiten geratenen Werk wieder ein erfolgreiches Werk geworden ist,

(Beifall bei der CDU)

mit hoher Auftragslage und überhaupt keiner Gefährdung. Dass dies jetzt zusammengemischt wird, ist schon ein beispielloser Vorgang.

Wenn man die Schlagzeilen ansieht: Kurz vor der Vergabe ließ Beckmeyer Verfahren notfalls anhalten, er ist mit massiven Vorhaltungen dort hineingegangen, dass das alles nicht mit rechten Dingen zugegangen und das Vergabeverfahren falsch aufgebaut worden wäre. Bürgermeister Böhrnsen ist hier auch zitiert worden, das sei alles in der Hand von dem ehemaligen Senator Ronald-Mike Neumeyer gewesen, und das Ergebnis müssten wir jetzt abwarten.

Herr Bürgermeister, ich weiß ganz genau, das Verfahren ist sehr genau mit Ihnen abgesprochen worden, und gerade vor dem Hintergrund der sinkenden Regionalisierungsmittel, weil sie ja vom Bund gekürzt worden sind, war man sich einig, dass der Preis eine besondere Rolle spielen muss, wenn wir das Angebot so gut wie möglich haben wollen.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das ist genauso banal wie die ganze Rede!)